Zum Weiterdenken
Auf dieser Seite stellen wir Ihnen die Texte zur Verfügung, die - zumeist - aus der Mitte unseres Kirchenkreises für die Hofgeismarer Allgemeine und die Wolfhager Allgemeine erstellt werden - zum Nachlesen, Nachdenken und Weiterdenken.
3. Juni
Glaubenssache:
Wie bitte?
Von Pfarrer Oliver Jusek
Ich versteh dich einfach nicht!
Die Argumente sind ausgetauscht. Die Standpunkte klargemacht. Wie um alles in der Welt kann mein Gegenüber jetzt nicht zu dem gleichen Schluss kommen wie ich? Das geht doch gar nicht. Es ist nicht zu verstehen. Ich würde am liebsten in das Gegenüber hineinschauen. Was geht darin vor?
Was fühlt mein Gegenüber?
Menschen können so kompliziert sein. Ich verstehe das nicht.
Selbst bei Menschen, die mir nahestehen. Die mir wichtig sind. Die ich liebe. Ich habe eine Ahnung vielleicht, was in ihnen vorgeht. Eine Idee. Aber verstehen? Gar durchschauen? Eher nicht.
Wenn ich schon Menschen nicht verstehe, wie soll ich das dann erst bei Gott schaffen?
Ich erwische mich zu oft bei Gedanken wie: Warum lässt Gott das zu? Warum hat er die Welt so geschaffen, wie sie ist und nicht, wie ich sie für logisch halten würde?
Ich bin sicher, dass Gott viel zu groß ist für den menschlichen Verstand. Paulus ist übrigens der gleichen Meinung, wenn er an die Korinther schreibt: Unser Wissen ist Stückwerk.
Gott kann man nicht verstehen. Muss man aber auch gar nicht. Das ist eine sehr befreiende Nachricht für mich. Ich muss nicht alles bis ins Kleinste verstehen. Muss nicht jede Handlung Gottes nachvollziehen können.
Das hilft mir auch im Blick auf meine Mitmenschen. Ich als Mensch kann nie vollständig verstehen, was Gott ist und was Gott tut. Und so kann ich mich zwar mit meinen Mitmenschen über so manches streiten, aber wer letztlich recht hat, weiß allzuoft nur Gott allein. Damit kann ich meinem Gegenüber in Liebe und Offenheit begegnen. Denn zu verstehen ist das nicht.
27. Mai
Gedanken zum Sonntag:
Zweifeln ist angesagt
Von Arno Backhaus
Wer im richtigen Moment zweifelt, tut andern gut, baut sie auf, sichert ihnen Freiheit, schützt Beziehungen, spart Energie, hält die Umwelt sauber und sein eigenes Herz auch. Es gibt zu Wenige die gut zweifeln!
Viele glauben gerne schlechten Neuigkeiten. Einen bösen Verdacht nehmen sie sich liebend gern zu Herzen. Mit dem Guten tun wir uns zuweilen schwerer. Und definitiv schwer haben es alle, über die wir schlechte Neuigkeiten und Verdächtigungen entgegennehmen. Sie laufen immer häufiger gegen eine unsichtbare Wand. Sie sehen nicht, was ihr Leben schwerer macht, aber sie spüren es auf Schritt und Tritt. Uns liegt das Schlechte gut. Aber es tut nicht gut! Das weiß Gott. Er sagte deshalb deutlich: Sag nichts Unwahres über deinen Nächsten! Mein Rat: Zweifle richtig gut!
Wann immer du etwas Schlechtes über einen andern hörst: Zweifle daran, dass du es richtig verstanden hast. Zweifle, dass du genug weißt. Zweifle an deinem Urteilsvermögen. Denke an Gott! Er ist dein Herr. Er als Schöpfer aller Menschen wird sie letztlich beurteilen. Du kannst ohne Nachteile die Finger davonlassen. Denke an dich! Gott hat dich mit einer Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Güte ausgestattet.
Glaubenssache:
Pusteblume
Von Lektorin Anja Mueller-Opfermann
Ja, ich gebe es zu. Auch ich bin ihm in diesem Frühjahr wieder mit Messer und Ausstecher zu Leibe gerückt. Dabei sieht er doch ganz hübsch aus, der Löwenzahn.
Erst leuchtet jede Blüte wie eine kleine gelbe Sonne auf der Wiese, später verwandelt sich diese in eine weiße, flauschig leichte Kugel aus lauter kleinen Schirmchen.
Diese Samen der Pusteblume erinnern mich an Pfingsten und den Heiligen Geist. Nachdem Jesus die Jünger an Himmelfahrt verlassen hatte, saßen diese oft zusammen und erinnerten sich an die Zeit mit Jesus. Frei von Ihrem Glauben zu erzählen, trauten sie sich nicht. Sie waren müde und kraftlos.
Eines Tages hörten die Jünger und Jüngerinnen ein Rauschen, ihre Herzen öffneten sich, und sie fühlten eine neue und starke Energie, die sie in Bewegung setzte. In der Bibel heißt es dazu, dass die Jünger vom heiligen Geist ergriffen wurden. Sie spürten den Drang, an die Öffentlichkeit zu gehen. Keiner von ihnen war mehr ängstlich Sie begannen in allen möglichen Sprachen Gott zu preisen und von Jesus zu erzählen. Das alles gab ihnen den Mut sich auf den Weg zu machen und den Glauben an immer mehr Menschen weiterzugeben.
So ist das auch mit der Pusteblume. Zunächst sind alle Schirmchen eng miteinander verbunden. Pustet man daran gehen die Samenschirmchen auf Reisen und Verbreiten sich. Die Samen finden immer wieder einen Platz, wo sie aufgehen, wachsen und blühen können. Genauso ist es auch mit dem Glauben: Er wurde und wird immer noch weitergetragen. Überall auf der Welt hat sich das Christentum inzwischen verbreitet.
20. Mai
Glaubenssache:
Damit es weiter summt…
Von Pfarrerin Katharina Ufholz
Heute ist Weltbienentag, hätten Sie es gewusst? Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat 2014 den 20. Mai zum World Bee Day ausgerufen. Denn wir haben den kleinen pelzigen Tierchen einiges zu verdanken. 75 % aller Nahrungspflanzen auf der Erde sind von der Bestäubung insbesondere durch Bienen abhängig. Eine Welt ohne Bienen ist also undenkbar.
Es fasziniert mich immer wieder, was in diesen kleinen Insekten steckt. Um ein einziges Glas Honig zu produzieren, fliegt ein Bienenvolk bis zu 3 Millionen Blüten an und legt dabei eine Strecke zurück, die etwa dreimal um die Erde reicht. Was für ein Wunder! Mich erfüllt das mit Ehrfurcht vor dem Leben und vor Gottes Schöpfung.
Wie treffend finde ich da eine Aufschrift am Ratzeburger Dom in Schleswig-Holstein. Dort steht in einer Mauernische ein steinerner Bienenkorb und über ihm die Worte: „Deus in minimis maximus“ – „Gott ist in den Kleinsten der Größte“.
Aber diese Kleinsten sind gefährdet. Schon seit langem ist das Bienensterben in aller Munde. Und in manchen Teilen Deutschlands sind in den letzten dreißig Jahren etwa Dreiviertel aller Insekten verschwunden. Das ist eine Katastrophe!
In der Schöpfungsgeschichte in der Bibel erhalten die Menschen den Auftrag, die Erde zu bebauen und zu bewahren (Gen 2,15). Es ist unsere Aufgabe, das Leben zu beschützen.
Gut also, dass es Tage wie den Weltbienentag gibt, die uns daran erinnern. Wir alle können etwas tun, damit es weiter summt.
13. Mai
Gedanken zum Sonntag:
Zum Muttertag
Von Pfarrer i.R. Karl Christian Kerkmann
Wir, meine Frau und ich, sind jetzt im Lebensabschnitt der Großeltern. Eine liebe Bekannte sagte vor kurzem: „Die schönste Erfindung ist: Großeltern zu sein!“ Auf einer Karte, die uns Weihnachten erreichte, stand – unter einem Babyfoto: „Ein Kind – das sieht Gott ähnlich!“ Gott zeigt sich uns – in dem Kind von Nazareth. Gott wird einer von uns und kommt uns ganz nah.
Ich bin überzeugt: ein Kind – und wir alle – sehen Gott ähnlich. Ganz am Anfang der Bibel steht: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde!“ Darum: Gott sei Dank! Und den Müttern sei Dank!
Und die Frage stellt sich mir: Was ist eine Mutter? Vor kurzem stand in der HNA im Leitartikel: auf der Internetseite der ARD war, statt von Mutter, von einer „entbindenden Person“ die Rede.
„Etwas so Elementares, unauflöslich mit der Natur des Menschen und seiner Daseinsweise Verbundenes sollte hier bestritten werden.“
Wie auch immer das Verhältnis zur eigenen Mutter war oder ist: Allein in dem Wort „Mutter“ drückt sich ganz viel aus. Da schwingt mit: der Inbegriff von Liebe, Geborgenheit und Verlässlichkeit. Dies wird erfahren und gelebt von Mütter und Vätern, von Großmüttern und Großvätern.
Und das, was wir mit dem Wort Mutter verbinden, „geschieht darüber hinaus in Familien, Partnerschaften, unter Freunden, unter einander Zugewandten, zwischen Menschen mit warmen, offenen Herzen.“
In der Bibel, beim Propheten Jesaja, wird in diesem Sinne ein Gotteswort überliefert: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“
So möge der ‚Muttertag‘ nicht nur ein Tag des Dankens, sondern auch eine Ermutigung zu „mütterlich/göttlichem“ Handeln sein.
Glaubenssache:
Alt wie ein Baum
Von Pfarrer Jens Holstein
Dieser Tage wurde berichtet, dass die Lebenserwartung in Deutschland im westeuropäischen Vergleich niedrig ist. Die Männer werden gut 78 Jahre alt, Frauen können im Durchschnitt auf 83 Jahre hoffen. Das ist gut biblisch.
Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre. So lautet die bekannte Weisheit aus dem 90. Psalm. Es heißt dann aber weiter: und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe. Aber ist das heute noch richtig?
Die moderne Medizin und die sozialen Systeme ermöglichen der älteren Generation unserer Tage meist einen gesicherten und rüstigen Ruhestand. Vor allem ist da Raum, das Leben zu gestalten. Viele Ruheständler genießen die Zeit mit Kindern und Enkeln oder haben die Möglichkeit auf Reisen zu gehen. Nie zuvor war diese Altersgruppe so aktiv. Das E-Bike hat viele Menschen in Bewegung gebracht, die sich sonst eher auf die Ofenbank als aufs Fahrrad setzen würden.
Vor einigen Jahren wurde gar von der silbernen Kirche gesprochen. Menschen sind zwar ergraut, können aber aktiv das Leben in der Kirche und darüber hinaus mitgestalten. All das ist Grund, mit Dank und Freude das Leben zu schätzen, das uns von Gott geschenkt ist. Das gilt es zu genießen, aber auch zu würdigen. Zugleich möge das Ansporn sein, die Ressourcen im Alter zu nutzen, um etwas zu bewegen. Das kann in der Familie sein aber auch im Engagement für das Gemeinwohl.
Wenn wir unserem Leben damit einen Sinn geben, dann lohnt es sich alt wie ein Baum zu werden, wie es einst die deutsche Rockgruppe Puhdys besungen hat.
6. Mai
Gedanken zum Sonntag:
Singt!
Von Pfarrer Enwood Longwe
Ich weiß nicht, wie es ihnen mit dem Singen geht, aber für mich hat das Singen immer eine befreiende Kraft. Wenn ich Sorge oder eine Krise habe gehe ich in die Küche, mit Händen spüre ich unser Geschirr und singe meine Sorgen weg. Im Singen bekomme ich neuen Mut, spüre eine Kraft in mir, die mir hilft meine Krisen zu bewältigen. Singen öffnet verschlossene Türen: Gesang erhebt unser Inneres über unseren Körper hinaus. Singen erhebt unseren Geist und Körper aus uns heraus. “ Singen bereitet uns auf Gottes Wunder vor hat Oma uns Kindern immer gesagt.
Klimawandel, Corona, Krieg, Hunger, Steigende Kosten, Hass Verschwörungstheorien, Kulturkämpfe. Die Welt….wir befinden uns im Krisenmodus. Die Krisen sind so eng verzahnt, dass ein Zurück zu gewohnter Stabilität nicht zu erwarten ist. Und wo finde ich in so einer Situation Klarheit, Kraft, Hoffnung. Ich singe! „Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben. Die Töne, den Klang hast du mir gegeben, von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen, du Zukunft des Lebens. Dir sing ich mein Lied,“ heißt es in meinem Lieblingskirchenlied aus Brasilien. Kantate(Singt!) heißt es diesen Sonntag. Was ist ihr Lied? Bleiben Sie behütet!
Pfarrer Enwood Longwe ist evangelischer Seelsorger aus Hofgeismar.
Glaubenssache:
„Und vergiss nicht…!“
Von Jürgen Krackrügge
Vermutlich kennen Sie die Werbung, in der für ein Arzneimittel gegen die Vergesslichkeit geworben wird. Natürlich hat der Ehemann, der dieses Mittel auf seiner Einkaufsliste stehen hatte, den Einkauf nicht vergessen.
Ich durfte in dieser Woche meinen Geburtstag feiern. Bei fortschreitendem Alter muss ich gestehen, dass ich schon mal beim Einkauf etwas vergessen habe. So war es kürzlich die „Rote Grütze“ Packung, die meine Frau sehnlichst erwartete, um diesen leckeren Nachtisch für eine Feier anbieten zu können. Peinlich, aber leider gab es diese Packung nicht bei uns im Bürgerladen. Dort hätte man sie ja schnell holen können. Ich vermute, dass Sie ähnliche Situationen kennen.
Mir fiel spontan zur Überschrift eine Satzergänzung aus der Bibel ein. Da heißt es im Psalm 103: „Und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Der Psalmdichter fordert zum Lob Gottes auf und sagt, dass es gut sei, sich daran zu erinnern, was Gott nicht schon alles Gute für uns getan hat. Da möchte ich auch gerne in dieses Lob einstimmen. Ich möchte bekennen, dass Gott mir sehr viel Gutes in meinem Leben gegeben hat.
Dabei fällt mir noch eine Bibelstelle ein, die ausdrückt, dass es bei Gott keine Vergesslichkeit gibt: Der Prophet Jesaja drückt es so aus (Jesaja 49 V.15): „Kann eine Mutter ihren Säugling vergessen? Bringt sie es übers Herz, das Neugeborene seinem Schicksal zu überlassen? Und selbst wenn sie es vergessen würde – ich vergesse dich niemals!“ Das ist Gottes fantastisches Versprechen auch für Sie und mich. Gott sei Dank dafür.
29. April
Glaubenssache:
Bunte Fingernägel
Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs
Seine Hände waren mir gleich aufgefallen: Alle Fingernägel knallbunt lackiert, jeder Nagel in einer anderen Farbe. Ein Blickfang! Und jeder in der Kneipe schaute tatsächlich hin, wenn er Geld kassierte oder das Bier brachte. Ihn schien das nicht zu stören. Er war sich seiner selbst sicher. Bewundernswert, denn nicht alles, was wir von uns zeigen, stößt auf Gegenliebe. Manchmal kann die Reaktion auch heftig sein.
Ich war Mitte 20, als ich mit einem Ohrring nach Hause kam. Für mich damals ein Versuch auszudrücken, wie ich mich fühlte, wie ich gesehen werden wollte. Aus Sicht meines Vaters aber eine Unmöglichkeit für einen Mann. Die Folge: Gesprächsabbruch für lange Zeit! Wer sich zeigt mit dem, was in ihm ist, der muss damit rechnen, dass sich Menschen von ihm abwenden – vor allem, wenn es um mehr als nur einen Ohrring geht. Das tut weh. Aber was Gott ganz bewusst nur in mir angelegt hat, das ist dafür wieder ein Stückchen sichtbarer geworden. Und natürlich wird es andere geben, denen das gefällt, was sie zu sehen bekommen! Auf einmal finde ich Verbündete und stehe mit meiner Meinung nicht mehr allein da.
Gegenseitig stärken wir uns den Rücken und ermutigen andere, sich ebenfalls mit dem zu zeigen, was sie unverwechselbar macht. Und manchmal ist es auch einfach „dran“, sichtbar zu machen, für was und zu wem man steht, wenn man sich an die Seite eines Freundes stellt, der öffentlich angegriffen wird. Denn das gehört zum Wesen von Freundschaft, dem Freund die eigene Stimme zu leihen, damit auch er gehört und erkennbar wird. So kann sichtbar werden und zur Entfaltung kommen, wie Gott einen jeden und eine jede von uns gemeint hat.
15. April
Gedanken zum Sonntag:
Wer's glaubt wird selig?!
Von Pfarrerin Hannah Tinnefeld
Der erste Sonntag nach Ostern hält uns Situationen vor Augen, die viele von uns kennen. Vielleicht eine Situation wie diese: Da erzählt ein Kollege auf der Arbeit eine unglaubliche Geschichte. Eigentlich wirklich interessant, aber schnell werden die ersten Stimmen laut, die fragen: Wer's glaubt wird selig?! Wo ist eigentlich der Beweis? Also ich glaube ja nur, was ich wirklich sehe.
Solche Aussagen sind natürlich oft kein böser Wille, sondern ein Ausdruck unserer Gesellschaft. Als Menschen liegt es in unserer Natur die Hintergründe von Phänomenen und Aussagen zu erfragen. Wie gut! Sonst wären vielen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen wohl niemals solch große Durchbrüche, wie beispielsweise die Erfindung des Telefons oder des Internets gelungen. Diese "Ich glaube nur, was ich sehen kann"-Mentalität kann jedoch auch zu einer echten Herausforderung werden.
Gerade erst haben Christen und Christinnen auf der ganzen Welt das Osterfest gefeiert und damit ein Fest, in welchem es um etwas völlig Unfassbares, die Auferstehung geht. Da kommen viele an ihre Grenzen.
Auch die Jünger und Jüngerinnen staunten wohl nicht schlecht, als da am Abend des ersten Tages der Woche ein Mann vor ihnen stand, "Friede sei mit euch" sprach und ihnen seine Hände mit den Kreuzesmalen zeigte. Sein Jünger Thomas konnte es erst glauben, als er die Wunden Jesu auch wirklich berührt hatte. Jesus versteht die Sorgen und Ängste seiner Freunde und Freundinnen. Behutsam hilft er Thomas in dieser Geschichte seinen Glaube wiederzufinden. So konnte er später auch das glauben, was er nicht sofort sehen und verstehen konnte.
Durch diese Geschichte wird noch heute für uns deutlich: Der Geist Gottes zeigt sich auf unterschiedliche Art und Weise in unserer Welt. Nicht alles ist sofort fass- oder verstehbar. Manches braucht Zeit, damit eine andere Perspektive auf die Dinge möglich wird.
Wie gut, dass wir glaube dürfen! "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben", verspricht uns Jesus.
Glaubenssache:
Wie neu geboren
Von Dekan Wolfgang Heinicke
Opas Ansage war klar: "Erst wenn du alt genug bist, darfst du mit in den Stall, wenn ein Kälbchen geboren wird." Und irgendwann war ich alt genug, um leise zu sein, dass die Kuh keinen Schreck bekommt; um den Erwachsenen nicht im Weg zu stehen, wenn sie Geburtshilfe leisten. Der erfahrenste Nachbar übernahm die Untersuchung: Er wusch sich die Hände, ölte den Arm mit Speiseöl ein und tastete sich voran. Erleichterung, als er melden konnte: "Et ligget richtich röm" – Das Kalb liegt richtig, mit Vorderbeinen und Kopf voran, dann wird hoffentlich alles gutgehen. Und es ging alles gut.
Als unsere Töchter geboren wurden, habe ich versucht, meine Frau zu unterstützen und der Hebamme nicht im Weg zu stehen. Ich habe Ängste um Frau und Kind ausgestanden. Und dann der Moment, als nach großer Anstrengung erst der Kopf und dann sehr schnell das ganze Kind in unserer Mitte war. Ein Wunder, "ein Blick in die Schöpfungsstunde" singt Reinhard Mey von diesem Augenblick.
In diesen Tagen werden wir unsere Mutter begraben. Mich tröstet dabei ein Gedanke Luthers: "Es geht beim Sterben zu, wie wenn ein Kind aus der kleinen Wohnung in seiner Mutter Leib mit Gefahr und Ängsten in diesen weiten Himmel und diese weite Erde geboren wird. So geht der Mensch durch die enge Pforte des Todes aus diesem Leben. Und obwohl die Welt, in der wir jetzt leben, groß und weit scheint, ist sie doch gegen den zukünftigen Himmel viel enger und kleiner als der Mutter Leib gegen den Himmel, den wir heute sehen."
Darum heißt das Sterben der Christen eine "neue Geburt".
8. April
Gedanken zum Sonntag:
Ostern in Zeiten des Krieges
Von Pfarrerin Ulrike Bundschuh
Wie ein Sturm wirbelt der Geist der Auferstehung die Soldaten durch die Luft. Ihre Waffen und ihre Panzer haben keine Macht. Der Marmorsarg bricht auf; der Tod kann Christus nicht festhalten. Das Leben behält den Sieg, die Hoffnung auf Frieden lässt sich nicht zerstören.
Der Maler Matthias Grünewald stellt auf dem Isenheimer Altar in Colmar dar, wie der auferstandene Christus sich befreit aus seinem Grab und die Wächter ihn nicht festhalten können.
Was heißt das in dieser besonderen Situation, in der das Völkerrecht täglich gebrochen wird, in der Menschen im Krieg sterben, fliehen und ihre Lebensgrundlagen verlieren?
Dass Christus lebt, heißt: wir geben die Hoffnung nicht auf, dass Menschen in Frieden auf dieser Erde leben! Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass Menschen ein Leben führen in Würde, in Freiheit und Gerechtigkeit.
Dass Christus lebt, heißt: wir lassen uns nicht entmutigen, selbst wenn die Aufgaben zu groß scheinen: wir üben uns in Gastfreundschaft und nehmen die Menschen auf, die kein Zuhause mehr haben, wir teilen z.B. mithilfe der Tafeln; wir unterstützen, wo es nötig ist; wir öffnen unsere Räume und Herzen.
Der Glaube an die Auferstehung lässt uns Wege suchen, die der Kriegslogik von Macht und Gewalt widerstehen:
Seit Jahrzehnten üben wir in unseren Orten, unseren Gemeinden, in Schulen, in Sportvereinen, wie wir miteinander unser Leben im Frieden gestalten können. Wie das Leben in der einen Welt für alle gehen kann: gewaltfrei und lösungsorientiert. Es sind die kleinen Mosaiksteine, aus denen ein Ganzes wird!
„Christus ist unser Friede!“ Aus dieser österlichen Kraft leben wir – auch und gerade in dieser Zeit!
Christ ist erstanden – er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!
Glaubenssache:
Schlag auf Schlag
Von Prädikant Günther Dreisbach
Vorgestern Gründonnerstag, gestern Karfreitag, heute Karsamstag, morgen Ostern. Übermorgen Ostermontag. Es geht Schlag auf Schlag in diesen Tagen. Und manche konnten Ostern gar nicht abwarten. Osterfeuer schon am Gründonnerstag. Die Freude, das Fest der Auferstehung Jesu Christi zu feiern, ist nicht zu bremsen. Und das ist gut so. Das ist schön!
Aber heute ist erst einmal Karsamstag. Ein komischer Tag. In den Geschichten von der Passion Jesu wird der Tag als Sabbat bezeichnet, an dem die frommen Juden nach dem Gesetz ruhten. Da kennt der Fromme keinen Spaß. Am Sabbat arbeitet er nicht. Das ist ein ganz altes Gebot. Und danach wird sich gerichtet. Und danach richten sich auch die, die das Geschehen um den Tod Jesu auf Golgatha begleiten. Denn in der Ruhe scheint die Kraft zu liegen. Natürlich weiß ich: Ruhe nach dem Gesetz ist »out«. Und auch dass es in der Bibel empfohlen wird, ist »out«. Die Frauen am Grab Jesu, die in der Ruhe Kraft bekommen haben, das schöne Ereignis zu feiern, das vor ihnen liegt, würden heute ja nur noch müde belächelt.
Aber die haben sich auf Ostern gefreut. So wie wir uns darüber freuen. Mit sogar einem zusätzlichen freien Tag. So wichtig ist uns allen die Auferstehung Jesu, der Sieg des Lebens über den Tod! Das feiern wir Ostern. Betrachten wir den zusätzlichen freien Tag doch als Gabe Gottes. Und am besten danken wir ihm das, wenn wir einen der vielen Gottesdienste besuchen, die angeboten werden – auch in dieser Zeitung. Es ist Ostern: Der Herr ist auferstanden, Halleluja! Er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja!
1. April
Gedanken zum Sonntag:
Nähe und Geborgenheit
Von Pfarrer David Seibel
Als hoffnungslos und lebensbedrohlich können wir die aktuelle Weltlage beschreiben. Nur drei Beispiele: Wieder wird von einer Bankenkriese gesprochen. Beim Klimaschutz verhärten sich die Fronten. In Europa ist seit über einem Jahr Krieg und es ist kein Ende in Sicht.
Mit dem Einzug Jesu in Jerusalem am Palmsonntag beginnt die Karwoche. Die Menschen damals sind ganz aus dem Häuschen. Der Retter, der Friedensbringer, der wahre König kommt! Und dann werden sämtliche Hoffnungen zerschlagen. Leben wird zerstört. Doch so endet die Geschichte Jesu nicht. Es ist die Erfahrung von Nähe und Geborgenheit, die damals neues Leben möglich macht. Die Jüngerinnen und Jünger spüren an Ostern, dass Jesu mitten unter ihnen ist. Durch die Verbundenheit mit ihm und untereinander fühlen sie sich geborgen. Das gibt ihnen Kraft. Statt Hoffnungslosigkeit und Tod spüren sie das Leben und einen tiefen Glauben: Gottes Liebe ist stärker als der Tod.
Die Erfahrungen von Bedrohung und Resignation treffen uns Menschen im Innersten. Sie machen Angst. Die wirksamsten Gegenmittel sind Nähe und Geborgenheit. Und das können wir uns immer schenken, egal wie verrückt die Welt gerade spielt. Wir können uns einander zuwenden. Wir können aneinander denken. Und wem es möglich ist, der kann für andere beten. Schon die kleinsten Zeichen von Nähe und Geborgenheit reichen, um unsere Welt zu verändern. Damit Menschen neue Hoffnung schöpfen und gut leben können. Und damit wir alle Ostern feiern können.
Glaubenssache
Von Pfarrer i.R. Ulrich Trzeciok
„Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt“, man muss nicht erst an einer bipolaren Störung leiden, um zu wissen, wie es einem in solch einer Gefühlslage ergeht. Diese hält uns auch die Passionswoche bereit, morgen mit dem Palmsonntag beginnend.
Jesus von Nazaret zieht zum Paschafest feierlich in Jerusalem ein: Menschenmassen am Wegesrand umjubeln ihn „Hosanna dem Sohne Davids“, Palmwedel werden geschwungen, , Textilien über den Straßendreck gebreitet. Aber es ist kein roter Teppich, denn wenige Tage später ist alles vorbei: „Ans Kreuz mit ihm“. Tiefer als ins Grab am Karfreitag kann man dem Tod nicht kommen. Und seine Anhängerschaft ist zu Tode betrübt verschwunden.
Christen, die –gleich welcher Konfession- ihren Glauben ernst nehmen, werden sich in den kommenden Tagen dieser Spannung stellen. Sie wissen: Jesus zieht nicht wie ein irdischer Triumphator dahin, wie ein Ritter auf seinem Schlachtross, er reitet auf einem Esel, dem Arbeitstier der einfachen Leute, er kommt als sanftmütiger Friedenskönig – wie der Prophet Sacharja es angekündet hatte. Am Karfreitag scheint seine Friedensbotschaft der Gewalt zu erliegen. Christen haben erfahren, dass zu Ostern nicht wieder ein vergängliches „Himmelhoch jauchzend“ folgen darf, sondern das Bemühen, den zugesagten Frieden in der Welt weiter zu geben. So wie ein wenig Sauerteig eine große Menge Mehl zu genießbarem Brot werden lässt; Lebensbrot.
Ulrich Trzeciok ist Stadtpfarrer im Ruhestand und Geistlicher Rat aus Naumburg.
25. März
Gedanken zum Sonntag
Von Pfarrer Andreas Schreiner
Langsam nähert sich auch in diesem Jahr die Fastenzeit ihrem Ende. Wir begehen an diesem Sonntag schon den fünften Sonntag der Fastenzeit, „Passionssonntag“ oder „Judica“ genannt. „Judica“ nach dem lateinischen Eröffnungsvers der Liturgie an diesem Sonntag, „Verschaff mir recht, o Gott“. Passionssonntag, weil nun der Schwerpunkt in der Liturgie bis Ostern auf der Passion, dem Leiden Christi liegt.
In der deutschen katholischen Kirche kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: es ist in jedem Jahr am fünften Fastensonntag der Misereorsonntag. Misereor ist die Organisation der deutschen Bischöfe für Entwicklungszusammenarbeit. Früher sagte man auch „Entwicklungshilfe“. In vielen, vielleicht in meisten Gemeinden wird der Gottesdienst an diesem Sonntag besonders unter diesem Gesichtspunkt gestaltet, oft als Abschluss einer längeren Fastenaktion.
„Frau. Macht. Veränderung.“ ist das Leitmotiv in diesem Jahr. Und Misereor stellt besonders Frauen auf Madagaskar in den Mittelpunkt, die um Veränderung in ihrer Gesellschaft ringen. Madagaskar ist eines der am wenigsten entwickelten Länder dieser Erde. Dabei hat es viele natürliche Ressourcen, fruchtbares Ackerland und vor allem unglaublich viel Potential in seinen jungen Menschen.
Madagaskar, so wie alle ärmeren Länder dieser Erde, die ja meist auf der Südhalbkugel liegen, hat viel mehr mit Nahrungsmittelkrise, steigenden Energiekosten und Inflation zu kämpfen als die reicheren Länder des Nordens. Und deswegen möchte ich Ihnen an diesem Wochenende Misereor und all die anderen Organisationen und Hilfswerke ans Herz legen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, unsere Erde für alle Menschen lebenswerter und schöner zu machen.
Andreas Schreiner ist katholischer Pfarrer in Immenhausen, Vellmar, Ihringshausen und Reinhardshagen.
Glaubenssache:
Unerzählte Geschichten
Von Pfarrerin Isabell Paul
Schon vorbei? Dieses Gefühl habe ich oft nach Filmen und Büchern, die mich begeistert haben. Da bleiben viele Fragen in mir zurück. Ich denke an den Nebencharakter, den ich gerne näher kennengelernt hätte. Was ist mit seiner Geschichte? All diejenigen, die nicht im Fokus einer Erzählung stehen, die aber meine Aufmerksamkeit erregt haben und deren Geschichten offenbleiben – was ist mit denen?
Genau an dieser Stelle setzt die Fantasie ein – das finde ich großartig. Hier eröffnen sich plötzlich so viele Möglichkeiten.
Was hat die Stiefschwester aus „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ zu der gemacht, die sie ist?
In biblischen Texten ist das auch so – es gibt Nebenfiguren, die neugierig machen und Dinge, die offen bleiben. Im Johannesevangelium gibt es einen Namenlosen. „Lieblingsjünger“ wird er genannt. Er ist der, der immer wieder im engen Kontakt mit Jesus steht, der die wichtigen Fragen stellt und der Jesus erkennt, wenn andere es nicht tun. Um ihn ranken sich viele Fragen – Wer war dieser Lieblingsjünger? Der Text beantwortet sie nicht.
Ich glaube, das ist der Grund, wieso die unerzählten Geschichten so viel Reiz haben. Diese offenen Stellen lassen die Gedanken frei – Was wäre wenn?
Wenn Aschenbrödels Stiefschwester nur so getan hat, als wäre der Schuhe zu klein, weil sie den Prinzen gar nicht wollte?
Wenn der Lieblingsjünger dir etwas über dich erzählt? Was, wenn der Lieblingsjünger deinen Namen trägt? Du bist jemand, der etwas von Gott in der Welt entdeckt, wo andere es nicht tun. Jemand, der die wichtigen Fragen stellt.
Was wäre, wenn ich diesen Gedanken mit in die Woche nehme?
18. März
Gedanken zum Sonntag:
Angst und Beten
Von Pfarrer Dr. Jochen Gerlach
Er sitzt vor mir und ich spüre den Druck, unter dem er steht. Der Personalmangel, der Krankenstand, der Kostendruck, das lastet auf ihm. Wir suchen nach dem nächsten möglichen Schritt. Menschen, die Verantwortung für Dienstpläne und Abläufe tragen, haben derzeit in vielen Branchen Schweres zu bewältigen. Klar, vieles kann hier nur politisch gelöst werden. Persönlich hilft es, eine andere Haltung einzuüben.
Psalm 27 bietet uns Worte an, die ein Mensch vor 2500 Jahren unter Druck und in Angst gebetet hat. Er spricht von seiner Angst, seinen Kämpfen, vom Gefühl, dass Gott fern ist und davon, dass er verlassen ist.
„Gott ist mein Licht und meine Freiheit, vor wem sollte ich mich fürchten?“, so beginnt das Gebet. Wenn ich bete, suche ich die Stille, finde Worte für meine Situation. Ich lasse mich auf das Auf und Ab der Gefühle und Gedanken ein. Ich spreche die Angst aus. Das ist der erste Schritt sie zu regulieren. Wenn ich dann „Gott“ sage, die alles durchdringende Macht, die weder bewiesen noch geleugnet werden kann, dann weite ich meinen Blick. Wenn ich „Gott“ sage, dann blicke ich auf meine Situation von außen. Dann wird alles entmachtet und an seinen Platz gerückt: Zwänge, Menschen, ich selbst. Beten schenkt mir ein Stück Freiheit.
Glaubenssache:
Sieben Wochen ohne
Von Lektorin Maryam Parikhahzarmehr
„Sieben Woche ohne Verzagtheit“ ist das diesjährige Motto der evangelischen Fastenaktion. Das ist schön gesagt. Aber es fällt mir nicht leicht, nicht verzagt zu sein. Meine Gedanken sind bei den Mädchen im Iran, auf die Giftattacken ausgeübt werden. Während in Deutschland Konzepte zum Wohl der Schülerinnen und Schüler erstellt werden, sehen wir, wie im Iran Schulmädchen vergiftet werden. Warum? Es gibt keine Erklärung. Kann ich da unverzagt sein? Ich kann es nicht. Der iranische Präsident macht die Feinde des Iran dafür verantwortlich. Und er meint die USA und Israel. Eltern fühlen sich ratlos, wollen ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken. Ich bin dankbar, dass unsere Außenministerin Annalena Baerbock diesen Skandal, der an iranischen Mädchen geschieht, deutlich beim Namen genannt hat. Und ich bete dafür, dass den Mädchen geholfen wird, Mädchen, die so alt sind wie meine Töchter.
Ich tue mich schwer mit „Sieben Wochen ohne Verzagtheit“. Aber ich bete. Ja, ich bete. Ich vertraue darauf, dass Jesus, an dessen Leidensweg wir in dieser Passionszeit denken, mein Beten hört. Ich will ihm in den Ohren liegen. Ich will ihm von meiner Verzagtheit erzählen. Und ich hoffe, dass er mein Gebet hört und hilft.
Zu den Themen der Aktion „Sieben Wochen ohne“ gehört auch das Segnen. Das ist die Zuversicht, dass Gott uns nicht allein lässt. Meine kleine Tochter hat kürzlich das Segenszeichen, das Kreuz, für sich entdeckt. Manchmal zeichnet sie uns ein Kreuz auf die Stirn. Das lässt uns hoffen: Gott lässt uns nicht allein. Und die bedrohten Mädchen in meiner Heimat auch nicht.
11. März
Gedanken zum Sonntag:
Sehnsucht nach...
Von Pfarrer Jonathan Bergau
Schnee, Kälte, Schmuddelwetter. Ich habe die Schnauze voll vom Winter. Ich sehne mich nach Sonne, Wärme, nach Frühling. Auch die Tulpen auf dem Esstisch können meine Laune nicht heben. „Ab in den Süden, bloß weg von hier“, denke ich manchmal.
Ich denke an den vergangenen Sommer zurück. Damals saß ich schwitzend hier am Schreibtisch. Die Sonne spiegelte sich in meinem Bildschirm und erschwerte das Arbeiten. Ich hatte die Schnauze davon voll und ersehnte Abkühlung. „Ab in den Norden, bloß weg von hier“, dachte ich damals manchmal.
Vielleicht denken Sie, dem kann man es auch nicht recht machen. Im Winter will er es wärmer haben und im Sommer kälter. Ich gebe zu, ich erschrecke selbst über mich. Nicht nur bei der Frage nach dem Wetter, auch in vielen anderen Bereichen geht es mir so. Ich spüre eine tiefe Sehnsucht nach Dingen, die ich gerade nicht haben kann. Wohin mit dieser Sehnsucht? Eine Reise in den Süden oder in den Norden je nach Jahreszeit könnte meine Sehnsucht nach Wärme oder Kälte zumindest teilweise befriedigen. Die Sehnsucht nach der Lösung der großen Fragen des Lebens lässt sich nicht so einfach stillen. Ich sehne mich nach heilen Beziehungen, nach Gesundheit, nach dem Ende der Kriege, … .
Als Fragender, als Sehnsüchtiger stimme ich ein in das Lied: „Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir. Wir hoffen auf dich, sei da, sei uns nahe, Gott.“ Ich stimme mit meinen Sehnsüchten ein auch für die, denen die Stimme wegbleibt.
Glaubenssache:
Männer an den Herd!
Von Pfarrer Johannes Heicke
Zwei Termine fallen jedes Jahr nah zusammen: Der Weltfrauentag am 8. März und der Weltgebetstag am ersten Freitag im März, der von Frauen überall aus der Welt vorbereitet wird. Ich finde es erstaunlich, wie progressiv die Bibel in diesen Fragen ist – jedenfalls wenn man sie vor ihrem historischen Hintergrund betrachtet: „Hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr seid allesamt einer in Christus“ (Galater 3, 28) steht da zum Beispiel oder „Ordnet euch einander unter“ (Epheser 5, 21). Leider hat die Kirche viel zu oft auf die vielen anderen Stellen geschaut (und tut es noch heute), die der damaligen Männerherrschaft verhaftet waren – anstatt darauf zu sehen, wie revolutionär auch Jesus mit den Frauen umging.
Beim Lesen der Artikel zum Weltfrauentag fiel mir allerdings eine Schieflage auf: Da wird von Politik und Arbeitgebenden gefordert, in männerdominierten Berufen zum Beispiel in der Industrie dafür zu sorgen, dass Familie und Beruf besser zu vereinbaren sind, damit auch Frauen in diesen Berufen arbeiten können. Mein Eindruck ist, dass die fehlende Familienfreundlichkeit nicht nur an der Politik und den Arbeitgebenden liegt, sondern auch daran, dass wir Männer oft selbst nicht dafür kämpfen, die gleichen Kinder-Betreuungszeiten in Anspruch zu nehmen wie unsere Frauen. Am Ende ist uns unsere Karriere eben doch wichtiger als Gleichberechtigung und Familie, und wir geben unseren Frauen nur wohl oder übel, was sie fordern. Unbewusst gehen wir doch davon aus, dass sie den Großteil des Haushalts und der Erziehung übernehmen. Zuerst müssen wir uns also an unsere eigene Nase fassen.
4. März
Gedanken zum Sonntag:
Engel ohne Grenzen
Von Dekan Wolfgang Heinicke
Am 4. März 1948, heute vor 65 Jahren, starb sie an Krebs im Alter von 59 Jahren: Elsa Brandström. Ihr Vater war schwedischer Offizier im Auslandsdienst im russischen Sankt Petersburg. Dort wuchs sie auf, war Teil der höheren Gesellschaft. Sie meldet sich zu Beginn des 1. Weltkriegs freiwillig als Krankenschwester der russischen Armee. 1915 soll sie für das schwedische Rote Kreuz für die deutschen Kriegsgefangenen in Sibirien eine medizinische Grundversorgung organisieren. Die Lager sind völlig überfüllt und unterversorgt, bis zu 80 % der Menschen sterben. Im Kampf gegen diese Zustände ist sie erfolgreich. In einem Lager sinkt die Sterblichkeit auf 18 %. Kein Wunder, dass sie „Engel von Sibirien“ genannt wurde.
Nach dem 1. Weltkrieg organisiert sie in Deutschland ein Sanatorium für ehemalige Kriegsgefangene, betreibt ein Kinderheim. Sie ist sehr anerkannt, erhält die Ehrendoktorwürde der Universität Tübingen. Die Nazis hätten sich gerne mit ihr geschmückt; aber mit ihnen will sie nicht zusammenarbeiten. Gemeinsam mit ihrem Mann, einem deutschen Hochschullehrer und Sozialisten, und ihrer Tochter Brita geht sie 1933 in die USA. Sie kümmert sich dort um Menschen aus Deutschland und Österreich, die vor dem Nazi-Terror fliehen müssen.
Wie gut, wenn mutige Menschen sich durch Grenzen aller Art nicht aufhalten lassen, einander beizustehen. Wir brauchen sie gerade sehr.
Glaubenssache:
Nicht aufgeben.
Von Pfarrerin Pille Heckmann-Talvar
Als ich Kind war, hatte ich vor zwei Sachen fürchterliche Angst: vor dem Zahnarzt und vor der Erbsensuppe. Immer Ende September fuhr ein großer
Bus auf den Schulhof. Nach der ersten Erfahrung mit diesem Bus, als nämlich die Zahl meiner Milchzähne dabei gründlich reduziert wurde, bekam ich Angst. Bis ich einmal strahlend in die Klasse zurückkehrte: „Alles
in Ordnung“. Zahnarzt musste sein!
Aber Erbsensuppe! Die Sache machte noch schlimmer, dass die Lehrerin, die daneben stand, mit ihrem knochigen Zeigefinger auf meinen Kopf klopfte: „Da gibt es noch etwas!“ Natürlich gab es da noch etwas: diese hässlichen Möhrenstücke mit Zwiebeln. Ich verzichtete auf diese Suppe. Stattdessen ging ich zu Onkel Alex in seine Werkstatt. Er sah mich kurz an, als ich mich auf meinem Hocker zusammenkroch. Kein Wort hat er gesagt, hämmerte oder hobelte weiter, dann begann er ganz leise zu singen. „Kindlein, Kindlein, alles gut, mein Kindlein.“ „Was, du warst beim Alex?“ Hat man mich gefragt. „Er ist ein Gläubiger!“ Das klang wie: „Der ist ja ein Verrückter“.
Beim nächsten Besuch fragte ich Alex: Was bedeutet das, ein „Gläubiger“? Er deutete an das kleine Kreuz an der Wand. Es hing zwischen den Sägen und Hämmern. Es war immer da. Ich dachte, es ist so eine Art Werkzeug, deshalb habe ihn ihm keine besondere Bedeutung beigemessen. „Gläubig sein“, sagte Alex, „bedeutet, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass es trotz allem wieder gut wird.“ Und er begann wieder zu summen: „Kindlein, Kindlein…“. Wie gut, dass es Onkel Alex gab. Mit ihm habe ich die schlimmsten Zeiten mit der Erbsensuppe gut überstanden. Das Kreuz aber, auf das er damals deutete, das ist zum Begleiter meines Lebens geworden. Mit den Worten des Liederdichters Eckhard Bücken: „Kreuz, zu dem ich fliehe aus der Dunkelheit; statt der Angst und Mühe ist nun Hoffnungszeit.“
So einen schlichten Glauben, wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen, in dieser so unsicheren Zeit.
25. Februar
Glaubenssache:
Grenzen verschieben
Von Pfarrer Sascha Biehn-Tirre
Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt lautet dieser Tage das Motto. Gerade noch faschingsfröhliche Ausgelassenheit, jetzt Fasten und Rückschau auf die eigenen Fehler. Natürlich: Ich kann Jahreslauf Jahreslauf sein lassen. Doch dann entgeht mir die tiefere Bedeutung hinter den Zeiten und das, worauf sie mich vielleicht hinweisen.
Im Fasching kann ich im Spiel die Grenzen überschreiten: Auf Zeit und in der Gewissheit, dass ich zu ´Normal´ zurückkehren werde. Anders sein, als es mir sonst aufgegeben ist. Was belastet, wird auf die Schippe genommen oder an den Rand gestellt. Gesellschaftliches, das sonst ohnmächtig macht, wird aufgegriffen, angeprangert, verurteilt. Die Fastenzeit hingegen fokussiert uns auf das Wesentliche. Jährlich erinnert sie uns, dass eine Umkehr, ein ´Anders´, ´Besser ´, ´Jetzt Richtig´ möglich ist. Wer leben will, muss beides: Immer wieder Grenzen überschreiten, um über sich hinauszukommen. Und auf das Richtige und Wesentliche zurückkehren. In der Religion fließt beides zusammen: Wenn im römischen Reich des ersten Jahrhunderts Herren und Sklaven, Frauen und Männer als Gemeinde Gesellschaftsunterschiede überwinden, sich gleichberechtigt begegnen. Wenn Menschen sich im Krieg gegen Angreifer wehren müssen, als Christen aber am Frieden als Maßstab und göttlichem Ziel für uns festhalten. Wenn der furchtbare Nachbar trotz allem mein Nächster ist und wir gemeinsam von Gott geschaffen und damit gewollt sind.
Die Grenzen zu verschieben, immer mehr zum Wesentlichen, darauf kommt es an. Der Glaube setzt uns dazu in Bewegung. Sind Sie dabei?
18. Februar
Gedanken zum Sonntag:
Liebe - Brot und Rosen
Von Pfarrer Karl Waldeck
Mit dem Rosenmontag startet die kommende Woche. Nicht jeder feiert Karneval, doch Rosen lieben alle: ihre Schönheit und ihren Duft. Die Rose ist Symbol der Liebe - am vergangenen Dienstag war Valentinstag.
Doch steht die Rose nicht nur für romantische Liebe. Von Nächstenliebe, Brot und Rosen erzählt eine Geschichte, die 800 Jahren alt ist. Ihre Hauptperson ist die junge Thüringer Landgräfin und spätere Heilige Elisabeth - eine tatkräftige Freundin der Armen. Eines Tages geht Elisabeth von der Wartburg in die Stadt Eisenach, um den Armen Brot zu bringen – einen ganzen Korb voll! Ein solcher Ausflug und so viel Barmherzigkeit werden von ihrer adligen Verwandtschaft nicht gern gesehen. Auf dem Weg trifft sie ihre Schwiegermutter - manche sagen auch ihren Mann. Elisabeth wird gefragt, was sie in ihrem Korb trägt. „Rosen“, antwortet Elisabeth – und lüftet das Tuch: Tatsächlich enthält der Korb nur Rosen – ein Wunder! Die Armen vergisst Elisabeth dabei nicht.
Eine schöne Legende ist das, und sie hat eine gute Botschaft: Hilfe - Brot - und Schönheit - Rosen - gehen gut zusammen: Genauso ist es mit der Liebe: Mein Herz kann ich einem einzelnen Menschen schenken und zugleich offene Augen und tätige Hände für meine Mitmenschen haben – als Nächstenliebe.
11. Februar
Gedanken zum Sonntag:
Prinzessin sein
Von Pfarrerin Irmhild Heinicke
Sie ist so gerne Prinzessin. Meine Enkelin Charlotte trägt das Prinzessinnenkleid im Grunde seit Weihnachten am liebsten jeden Tag. Es steht ihr gut. Bei den kommenden Karnevalsfeiern werden auch viele andere kleine und große Prinzessinnen zu sehen sein.
Prinzessin sein: etwas Besonderes sein, hübsch, angesehen, ohne irgendwelche Belastungen und Sorgen des Alltags. Davon kann man träumen. Als kleiner Mensch oder als großer Mensch. Und wie schön, wenn man wenigstens zur Karnevalszeit einmal in eine ganz andere Rolle hineinschlüpfen kann.
Oft sind es eher ‚Traumrollen‘, die uns schön oder mächtig oder zumindest lustig zeigen. Manchmal zeigen wir mit den Kostümen aber auch etwas von den dunklen Seiten. Gruselkostüme zeigen bei allem Spaß doch auch, dass es solche dunklen Seiten in Menschen, in mir gibt. So oder so zeigen Kostüme etwas von mir, von meinen Wünschen, meinen versteckten Fähigkeiten, meinen noch besser versteckten Abgründen. Wenigstens zum Karneval haben wir die Gelegenheit, uns noch einmal ganz anders darzustellen, nicht festgelegt auf das, was sonst den Erfordernissen des Lebens entspricht. ‚Eigentlich bin ich ganz anders. Ich komm′ nur viel zu selten dazu‘ singt Udo Lindenberg.
Wer bin ich eigentlich wirklich? Es gibt so vieles, was zu mir gehört. Schönes und ehrlicherweise auch Schwieriges und Falsches. Wer bin ich eigentlich wirklich? Die Bibel antwortet: Du bist Gottes Kind, egal, was du sonst noch bist. Und wenn Gott ein König ist, dann bin ich seine Prinzessin (oder sein Prinz). Und Gott sieht, was in mir steckt, im Guten und im Schlechten. Er sieht mich und sieht dich mit den Augen der Liebe. Ein Lied zur Jahreslosung sagt: ‚Du siehst mich, wer ich bin und werden kann. Du siehst mich, so wie ich bin, nimmst du mich an. Du siehst mich, nimmst deinen liebevollen Blick nicht von mir. Du siehst mich an‘.
Glaubenssache:
Liebe festhalten
Von Pfarrer Martin Jung
Er sitzt da und hält ihre Hand. Er heißt Mesut und seine Tochter hieß Irmak. Das Erdbeben in der Türkei ist vorbei und Mesut hat alles verloren. Er sitzt vor den Trümmern seines Hauses. Seine Tochter ist tot. Eingeklemmt unter Betonplatten ist nur ihre Hand zu sehen. Und Mesut hält sie. Ganz vorsichtig liegt ihre in seiner Hand. Er kann nicht loslassen. Sein Blick ist leer und der Schock sitzt tief. Dieses Bild von Mesut Hancer ging durch alle Medien.
Und mich hat es tief berührt. Denn er spürt wahrscheinlich, dass seine Tochter tot ist, aber seine Liebe zu ihr ist so stark, dass er sie nicht loslassen will. Er will festhalten an ihr, an dem gemeinsamen Leben und an dem, was war.
Wenn jemand stirbt, ihn festhalten wollen – das kenne ich. Menschen, die mich mein ganzes Leben begleitet haben, sterben einmal und ich muss damit klarkommen. Ich kann nicht mehr zu ihnen sprechen, sie nicht mehr umarmen und nicht mehr mit ihnen leben. Manchmal erwarten wir den Tod, aber oft kommt er dann doch plötzlich. Der Tod ist stark und mächtig. Das sehe ich bei Mesut Hancer. Aber ich sehe bei ihm noch mehr. Da ist Liebe. Eine Liebe, die selbst der Tod nicht zerstören kann. Diese Liebe, so glaube ich, ist uns von Gott geschenkt. Sie macht das Leben reich und schön, aber auch schmerzhaft bei jedem Verlust.
Und doch halte ich mich an Gottes Liebe fest. Sie tröstet mich in manchem Leid und gibt mir Hoffnung, über den Tod und den Schmerz hinaus. Mesut Hancer musste seine Tochter loslassen. Aber an der Liebe wird er festhalten. Viel Kraft und Halt – das wünsche ich ihm und allen Menschen in der Türkei und in Syrien.
4. Februar
Jetzt ist die Zeit!
Von Pfarrerin Katja Simon
Der Ball ist rund und das Spiel dauert 90 Minuten. So lautet einer der berühmt gewordenen Sätze von Sepp Herberger, dem Trainer der deutschen Weltmeisterelf von Bern 1954. Wer ein Fußballspiel anschaut, orientiert sich an der Zeit. Wann beginnt das Spiel? In der wievielten Minute des Spiels befinden wir uns? Und gerne rufen die Fans in Richtung Spielfeld oder TV „Jetzt!“, wenn endlich das Tor fallen sollte. Dabei müssen die Begeisterten aufmerksam sein. Mittendrin im Spiel sein. Nur Zuschauen bringt nicht viel.
„Jetzt ist die Zeit“ - so lautet die Überschrift über dem Kirchentag in Nürnberg, der am kommenden Kirchentagssonntag in den Mittelpunkt gerückt wird. In der fränkischen Metropole wird gemeinsam auch mit Nichtevangelischen gebetet, gesungen, gefeiert, gegessen und debattiert. So ist der Kirchentag selbst eine gut gefüllte Zeit mit tollen Begegnungen. Wie das Reich Gottes mitten unter uns. Das Mitmachen steht im Mittelpunkt. Nicht nur das Zuschauen.
Es ist aber zugleich auch eine Ermahnung und ein Weckruf: „Jetzt ist die Zeit“. Die vier biblischen Worte stammen aus einer Predigt, in der Johannes der Täufer sagt: „Die Zeit ist erfüllt. Das Reich Gottes ist nahegekommen. Es ist nun Zeit, umzukehren und Buße zu tun.“ Mit dieser Botschaft will uns der Kirchentag ermutigen: Gott traut der Menschheit zu, dass sie innehält, anhält, umkehrt und einen neuen Weg einschlägt. „Jetzt ist die Zeit“, sagt der Kirchentag nicht, um den zeitgestressten Menschen noch mehr zu stressen. Aber er vermittelt die klare Erkenntnis: „Jetzt ist die Zeit, um loszulegen. Denn unsere Zeit ist davon gekennzeichnet, dass wir die Nebenwirkungen unseres Handelns nicht auf Morgen schieben können: Klimawandel, Energiekrise und Frieden.“
So lädt der Kirchentag dazu ein, sich mit anderen zu verbünden, Gedanken zu tauschen, Pläne zu schmieden und Schwerter umzuschmieden. Damit das Reich Gottes mitten in dieser Welt beginnen kann und für andere spürbar wird. Er lädt die Müden ein, aufzutanken und die Mitgerissenen, auch andere zu begeistern. Er erinnert an die Zusage und Verheißung Gottes: Ich bin mit euch alle Tage.
28. Januar
Gedanken zum Sonntag:
Die Liebe Gottes
Von Diakon Jürgen Jaklin
Ich erlebe es immer wieder bei Begegnungen, Familienfeiern
oder Festen, dass man eingeschätzt wird.
Die erste Frage: was machst Du beruflich.... und sie kennen dann
den Katalog, der noch abgefragt wird.
In der Familie muss dann noch erzählt werden, was noch alles
angeschafft wurde, wo der Urlaub verlebt wurde, usw.
Unser christlicher Glaube basiert zum Glück nicht auf diese
Erfolgserlebnisse!
Und, wir müssen nicht lügen!
Unsere christlichen Grundwerte liegen in einem ganz
anderem Bereich.
Wer von uns kennt sie noch..
Barmherzigkeit, Liebe, Herzensreinheit, Friedenswillen
und Seligkeit.
Die dauerhafte Zuwendung Gottes, seine unendliche Liebe
schenkt er uns ohne Bedingung!
In der Bergpredigt hinterlässt er uns die Grundwerte
unseres Glaubens - sein Vermächtnis.
Wir müssen uns entscheiden, wie er es von Petrus
verlangt hat: Quo Vadis!?
Wohin führt Dein Weg?
Der Weg bedeutet nicht: Egoismus, dem Glück nachjagen und ohne Grundlage
zu Kritisieren, sondern sich selber einzubringen!
Als Beistand, erleben wir die Liebe Gottes!
Ihr Diakon Jürgen Jaklin
Jürgen Jaklin ist Diakon der katholischen Kirchengemeinde St. Peter in Hofgeismar.
Glaubenssache:
Computer schreibt Andacht
Von Pfarrer Philipp Torben Ruess
Texte und Andachten zu Schreiben ist harte Arbeit. Vor allem der Schritt davor: Über was will ich eigentlich schreiben? Stimmt die grundlegende Idee, ist der Text schnell geschrieben. Aber dieser erste Schritt ist richtig anstrengend. Manchmal fehlt die entscheidende Idee, die den Text interessant und lesenswert macht. Kommt bei mir noch Zeitdruck dazu, dann hilft mir eine kurze Recherche im Internet. Selbst wenn man im Anschluss keine gute Idee hat, fanden sich ein paar Absätze, die man vielleicht neu zusammensetzen kann. Die Andacht ist dann nur so La-La und ein Plagiat. Aber wie mein Mentor schon sagte: Besser gut kopiert, als schlecht erfunden. Nur eine Gewohnheit sollte das nicht werden.
Bestimmt haben Sie in den letzten Wochen schon von ChatGPT gehört. Einer Künstlichen Intelligenz, die Texte schreiben kann. In meiner digitalen Bubble wurde schnell diskutiert, ob ChatGPT vielen Kreativen die Schreibarbeit abnehmen kann. In meinen Versuchen konnte ich der Software zumindest halbwegs passable Andachten entlocken. Aber nur dann, wenn ich im Vorlauf auch eine gute Idee für den Schreibauftrag hatte. Eigentlich nicht weiter verwunderlich. Denn so genial die Software ist, im Hintergrund nimmt sie auch nur vorhandene Texte und setzt Sie neu zusammen, nur eben schneller als ein Mensch.
Aber so richtig gut und lesenswert war das alles nicht, manchmal sogar Hanebüchen. Eben Versatzstücke aus Texten, die man im Internet so finden kann. Auf absehbare Zeit also auch nur ein Hilfsmittel, das so gut ist, wie derjenige der es bedient und aufzeigt, wie wertvoll eine gute Idee ist.
21. Januar
Gedanken zum Sonntag:
Ich schäme mich nicht
Von Pfarrer Sven Wollert
Es war ganz einfach, Standard für einen guten Torwart wie ihn – eigentlich: Die verunglückte Flanke oben abfangen, zwei oder drei Schritte, den Ball nach vorne werfen und den Konter einleiten. Dumm nur, dass der Ball jetzt hinten im Netz liegt: Durch die Handschuhe geflutscht …
Nun steht er da und weit und breit kein Loch im Erdboden zu finden, um darin zu versinken. Er schämt sich – vor den Mitspielern, den Zuschauern, vor allem aber vor sich selbst.
Auch ich kenne Situationen, in denen Flucht eine sinnvolle Alternative scheint, weil ich anderen nicht unter die Augen kommen will. Und es gibt Themen, die man schamvoll umschifft. Das eigene Geld gehört zumindest in Deutschland dazu. Beim Thema Sexualität ist zuletzt einiges in Bewegung geraten, aber auch da wird von vielen immer noch nobel geschwiegen.
Inzwischen scheint auch der Glaube wieder auf die Tabu-Liste zu rutschen. Der sei Privatsache, heißt es dann. Der leitende Pfarrer der evangelischen Kirche im Rheinland sprach in dieser Woche davon, dass die Worte des Glaubens für viele inzwischen wie Klingonisch klängen – eine Kunstsprache, die für die Serie „Raumschiff Enterprise“ erdacht wurde.
So ungewohnt es mir erscheint, ist die Situation doch nicht neu. Mindestens in der Anfangszeit der Kirche war es wohl ähnlich. „Ich schäme mich des Evangeliums nicht!“ schreibt Paulus an die Gemeinde in Rom. Deswegen will er zu ihnen kommen und die Frohe Botschaft bezeugen. Aus gutem Grund – damals er, heute wir, auch ich.
Glaubenssache:
Von wegen Provinz!
Von Pfarrer Karl-Alfred Dautermann
Was für ein Gottesdienst! Da sitzen wirklich Menschen aus aller Herren Länder vor mir. Ukrainer, eine junge Frau aus Belarus, Iraner, Syrer, Pakistani, Togoer und sogar eine Frau aus Mexiko. Was für ein buntes Bild mitten in der deutschen Provinz. Längst ist die Welt auch bei uns angekommen.
Der Wochenspruch erinnert mich daran: „Es werden kommen von Osten und Westen, von Norden und Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes“, sagt Jesus in Lukas 13,29. Für Jesus ist das kein Schreckensszenario, sondern die Erfüllung seiner Träume. Menschen aus der ganzen Welt, vereint im Glauben an ihn. So wird es sein in Gottes neuer Welt. Gewöhnen wir uns daran! Freuen wir uns daran!
Natürlich bleibt das auch eine Herausforderung. Die Sprachbarriere, die kulturelle Verschiedenheit hat schon für manches Missverständnis gesorgt. Und manchmal, da ist es richtig anstrengend. Da braucht es Geduld und Liebe. Aber es lohnt sich. So wie beim Weihnachtsgottesdienst mit 100 ukrainischen Flüchtlingen vom Baby bis zum Greis. Da wurde gesungen und gespielt, gepredigt und gegessen, da wurde gelacht und natürlich auch geweint. Aber die Herzen waren einander zugetan. Der Geruch der Liebe verbreitete sich. So war es richtig. Ein kleiner Vorgeschmack auf den Himmel.
Sie bleiben skeptisch? Dann möchte ich Ihnen Mut machen. Es ist gar nicht so schwer. Das Herz in die Hand und den ersten Schritt getan, das erste Wort gesprochen, und sei es mit Google-Übersetzer. Ich verspreche Ihnen, eine neue Welt tut sich auf. Und vielleicht ist es sogar Gottes neue Welt. Wir leben schließlich nicht mehr in der Provinz.
14. Januar
Gedanken zum Sonntag:
Freiraum für Gott
Von Pfarrer David Seibel
Mit dem Sonntag beginnt nach christlichem Verständnis die neue Woche, mit dem Montag dann die neue Arbeitswoche. Vor aller Arbeit liegen also Ruhe und Erholung. Am nächsten Tag kann es dann mit frischer Kraft ans Werk gehen.
Der Sonntag bietet zum einen Freiräume für sich selbst und für die Familie. Zum anderen bietet er Gelegenheit für den Gottesdienst oder die persönliche Zwiesprache mit Gott. Anregung dafür kann der jeweilige Wochenspruch sein. Für die neue Woche lautet dieser: „Aus seinem Reichtum hat er uns beschenkt, uns alle mit grenzenloser Güte überschüttet.“ (Joh 1,16)
Ich bin reich beschenkt und grenzenlos geliebt. Welch stärkende Zusage für die neue Woche! Vom Reichtum und von der Güte Jesu ist hier die Rede. Ich überlege: Was gibt mir Jesus? Und wie merke ich das in meinem Alltag?
Jesus gibt mir einen Zugang zu Gott. Liebe und Zuwendung sind dabei für mich die treffendsten Begriffe. Wenn ich Liebe und Zuwendung in meinem Alltag spüre, ist das etwas Großartiges. Dann fühle ich mich tatsächlich reich beschenkt und mit grenzenloser Güte überschüttet. Ich bin gespannt auf dieses Wirken Gottes in meinem Leben in der kommenden Woche.
Glaubenssache:
Mache dich auf!
Von Ursula Muth
Ava hat es in die Freiheit geschafft! Aus der Unterdrückung im Iran ist ihr die Flucht nach Deutschland gelungen. Sie hatte als Archäologin in einem interessanten Projekt im Norden des Iran gearbeitet und sich dabei in einen Kollegen verliebt. Nach der Heirat lebte Ava in seiner Familie nach seinen Vorstellungen vom Islam. Sie hielt sich an die fünf gemeinsamen Gebetszeiten. Sie saß beim Beten hinter ihm, damit er sich ganz auf Gott konzentrieren konnte. Sie verließ nur noch in Begleitung das Haus und trug dabei den schwarzen Tschador. Das war eng, völlig fremdbestimmt. Sie verlor mit ihrem Glauben auch ihre Identität. Verzweifelt trennte sie sich von ihrem Mann.
Aber als alleinstehende Frau lebt es sich schwer im Iran. Ihre Herkunftsfamilie verachtete sie. Als die Proteste gegen das Mullahregime begannen, keimte in ihr Hoffnung auf Veränderung auf. Aber als sie hilflos mitansehen musste, wie eine Freundin brutal von den Sicherheitskräften verschleppt wurde, war Ava am Ende ihrer Kräfte. Zwei Kolleginnen erzählten mehr und mehr von ihrem christlichen Glauben. Hier hatten auch die Frauen etwas zu sagen. Der Respekt vor dem Mitmenschen bestimmte das Denken. In den Büchern der Bibel, fand sie heraus, werden die großen Fragen nach Gott und den Menschen aus sehr verschiedenen Perspektiven verhandelt – Christinnen und Christen bleiben offen im Denken und Begegnen. Ava las, dass die Geschichte Israels mit einem Auszug und langer Wüstenwanderung begann, dass Abraham von Gott zum Aufbrechen aufgefordert wurde und dass Jesus immer unterwegs war zu den Menschen. Sie hörte Gottes „Geh, mache dich auf!“ Plötzlich wusste sie: So wollte sie leben, als Frau respektiert und unterwegs zu neuen (Denk-)Erfahrungen.
Am Donnerstag hat Ava ihr Gespräch beim Bundesamt. Es wird entscheiden, ob sie in Deutschland bleiben darf, weil sie Christin geworden ist.
7. Januar
Gedanken zum Sonntag
"Du bist ein Gott, der mich sieht"
Von Pfarrer Markus Schnepel
"1, 2, 3 und weg bin ich", rufen die Kinder auf dem Kirchplatz. Sie gehen in die Hocke und halten sich die Augen zu. Dann sind sie weg; nicht mehr zu sehen. Davon sind sie fest überzeugt.
Der wohlige Schauer besteht in der Spannung, weg zu sein, und doch zu wissen, dass die anderen noch da sind und ich ganz leicht die Augen auf machen kann, wir uns sehen und alles gut ist. Wehe, da wäre niemand mehr, wenn die Augen aufgehen. Ein Alptraum.
"Du bist ein Gott, der mich sieht", ist die Jahreslosung für das Jahr 2023. In einer komplizierten Situation voller Abhängigkeiten und Unterdrückungen von Hagar auf den ersten Seiten der Bibel gesprochen. Gott begegnet ihr, sieht sie in ihrer schwierigen Lage und macht ihr so Mut. Lebensmut.
Gott sieht mich an. Jetzt, in jedem Augenblick. Vielleicht durch die Augen der anderen, durch seine Schöpfung, durch einen besonderen Moment der Berührung. Es bleibt kompliziert. Mitunter traurig und leidvoll. Aber Gott sieht mich liebevoll an. Nicht als Überwacher und Kontrolleur.
Ich habe eine Weile gebraucht, um dieses Bild von Gott abzulegen. Jetzt tut es mir gut, gesehen zu werden. Ohne Bewertung, einfach so. Gott übersieht mich nicht. Mit allem, was gerade so in mir und um mich los ist.
Der Blick in das Jahr 2023 ist mit vielen Unsicherheiten verbunden. "1, 2, 3 ich bin hier!" rufe ich und fühle mich gesehen. Oder wie beim Kinderspiel: "1, 2, 3 ich bin frei!". So kann das Jahr kommen.
"Du bist ein Gott, der mich sieht."
Glaubenssache
Gott sieht mich
Von Lektor Günter Schnellenpfeil
Wir denken oft, dass Gott wegschaut, bei allen Unglücken die jeden Tag passieren. Müsste er nicht eingreifen? Warum lässt er das zu? Berechtigte Fragen. Wir haben keine Antwort für diese Seite Gottes. Doch, bist du dankbar für den vergangenen Tag, wenn er gut war und du behütet wurdest?
Bei der Jahreslosung 2023 aus 1. Mose 16,13, geht es um die schwangere Sklavin Hagar; bei ihr steht momentan die Welt auf dem Kopf. Sie flieht vor den Demütigungen ihrer Herrin Sara in die Wüste. Das Kind in ihrem Bauch ist von Abraham, weil seine Frau Sara bisher nicht schwanger wurde. Diese hatte Abraham überredet mit ihrer Sklavin einen Nachkommen zu zeugen.
Doch an dem Wüstenbrunnen kommt es zu einer unerwarteten Begegnung mit Gottes Engel. Dieser nennt den künftigen Namen des Ungeborenen und wie sein Wesen sein wird. Er zeichnet sogar ihren weiteren Lebensweg auf, doch zunächst wird sie zurück zu Sara geschickt. Vertraut spricht Hagar: "Du bist ein Gott der mich sieht".
Schon verwunderlich, dass Gott ausgerechnet einer am Rande der Gesellschaft stehenden Person, nachgeht. Ja mehr noch, er hilft ihr. Das bedeutet doch, dass Gott uns tagtäglich viel näher ist, als wir uns das vorstellen. Dass er Menschen in Not beisteht, haben wir evtl. schon gehört, gelesen oder selbst erfahren.
Unser Leben ist vor Gott, wie ein aufgeschlagenes Buch. Er hat einen Plan mit einem Jeden von uns. Sein Eingreifen, wann auch immer, oder auch das Unterlassen, erschließt sich uns nicht. Doch können wir - vertrauensvoll - zu Gott beten, bitten, auch klagen, was uns bedrückt, denn ER sieht uns!