Ev. Kirchenkreis Hofgeismar-Wolfhagen
Ihre evangelische Kirche in Hessens Norden

Zum Weiterdenken

Auf dieser Seite stellen wir Ihnen die Texte zur Verfügung, die - zumeist - aus der Mitte unseres Kirchenkreises für die Hofgeismarer Allgemeine und die Wolfhager Allgemeine erstellt werden - zum Nachlesen, Nachdenken und Weiterdenken.


30. Dezember

Gedanken zum Sonntag:
Gelebte Demokratie

Von Pfarrer Martin Schöppe

Gerne erinnere ich mich an die Zeit meines Zivildienstes. Nicht deshalb, weil es leicht war, sondern weil es oft sehr herausfordernd war. Das Zusammenleben und -arbeiten mit Menschen mit Behinderung hat mir Lebensbereiche unserer Gesellschaft erschlossen, die ich aus eigenem Antrieb niemals kennengelernt hätte. Ich bin den Menschen, mit denen ich damals eine Zeit leben durfte bis heute sehr dankbar. Dieser Dienst in der Gesellschaft hat mich, so denke ich, persönlich vorangebracht. 

Heute meine ich, würde ein verpflichtendes Dienstjahr für junge Menschen in sozialen Diensten und bei der Bundeswehr ein Stück gelebte Demokratie, Solidarität, Integration und demokratische Vielfalt fördern. Dienende Berufe der Gesellschaft werden häufiger beschimpft und sogar angegriffen. Soziale Netzwerke fördern abgeschlossene Blasen und lassen wirkliche Begegnung kaum noch zu. Ein verpflichtendes Dienstjahr würde allen jungen Menschen die Möglichkeit geben, gemeinsame Erfahrungen zu sammeln, ihren Beitrag für eine offene Gesellschaft zu leisten und aus dieser Zeit einen Gewinn für ihr persönliches Leben mitzunehmen. 

Das wäre über gut gemeinte Weihnachtsansprachen hinaus mal ein wirklicher Beitrag für den Zusammenhalt der Gesellschaft.


Glaubenssache:
Liebe, Frieden, Hoffnung

Von Maryam Parikhahzarmehr 

In den letzten Stunden des Jahres 2023 reflektieren wir über das Vergangene und schauen erwartungsvoll auf das Kommende. Welche Worte würden Sie diesem Jahr zuschreiben? Welche Höhen und Tiefen haben uns geformt? War es ein Jahr des Erfolgs? Für viele von uns war 2023 eine Reise durch vielfältige Erfahrungen. Wir haben Höhen und Tiefen des Lebens durchschritten, uns von der Pandemie erholt und unsere Gemeinschaft wiedergefunden. Doch während wir die Nähe zueinander gespürt haben, hat uns der Krieg im Nahen Osten mit Schock und Sorge erfüllt. Die Aussicht auf ein Ende der Kriege im 21. Jahrhundert scheint fern.

Jetzt, in den Momenten der Besinnung, stehen wir an der Schwelle zu einem neuen Jahr, einem unbeschriebenen Buch voller Möglichkeiten. Lassen Sie uns dankbar sein für die kostbaren Augenblicke des Glücks und für die Herausforderungen, die uns gestärkt haben. Das kommende Jahr lädt uns ein zur Veränderung und Entfaltung unseres Potenzials. Möge Gott uns Kraft schenken, Altes loszulassen und Neues mit offenen Herzen zu empfangen. Lasst uns die Liebe zum Nächsten in uns wachsen. Unsere unfriedliche Welt braucht diese Liebe heute mehr denn je.

Möge das Jahr vor uns mit Hoffnung erfüllt sein, uns Mut für unerforschte Wege geben und uns die Gewissheit schenken, dass wir nicht allein sind. Gemeinsam, im Geist der Gemeinschaft, gehen wir in dieses neue Kapitel. Im Namen der Liebe, des Friedens und der Hoffnung wünsche ich Ihnen ein gesegnetes und glückliches neues Jahr. Ich habe die Zuversicht: Gott bleibt an unserer Seite.


 23. Dezember

Gedanken zum Sonntag:
Morgen, Kinder, o kommet doch all

Von Pfarrer Sven Wollert

Noch einmal schlafen, dann ist Heiligabend, noch zweimal dann ist Weihnachten. Die Zeit des Wartens auf das große Fest ist bald zu Ende. Die Adventskalender sind erschöpft, die Weihnachtsmärkte besucht, die Weihnachtsfeiern absolviert. Endlich Ferien! Endlich Weihnachten!

Vor allem für Kinder war und ist die Zeit des Wartens auf Weihnachten gefühlt unendlich lang. Das Lied „Morgen, Kinder, wird’s was geben“ greift das auf – seit bald 230 Jahren. Dabei lohnt sich der Blick in den Text des Liedes, denn es kommt als Weihnachtslied sehr gut ohne die Botschaft vom Kind in der Krippe aus. Es ist wie reingewaschen von allem, was auf die religiöse Bedeutung des Festes hinweist. Noch nicht einmal der Weihnachtsmann als Gabenbringer schafft es hinein: „Unsre guten Eltern sorgen / lange, lange schon dafür.“

Das Fest der Heiligen Familie wird hier zum Fest der sorgenden Eltern, die es um der Kinder willen feiern.

Ich sorge auch für und manchmal mich sogar um meine Kinder. Die Vorbereitungen aufs Fest in der Familie laufen ebenfalls seit längerem: Wer ist wann wo mit wem? Und was gibt’s dabei zu essen? Schließlich will man nicht dreimal Würstchen mit Kartoffelsalat …

Aber im Mittelpunkt steht doch die Botschaft der Weihnacht: Dass Gott Mensch wird – um unseretwillen, um meinetwillen. Deswegen werde mindestens ich in den Gottesdiensten am Nachmittag mit noch mehr Überzeugung singen: „Ihr Kinderlein, kommet, o kommet doch all, / zur Krippe her kommet in Bethlehems Stall / und seht, was in dieser hochheiligen Nacht / der Vater im Himmel für Freude uns macht.“

Eine frohe und gesegnete Weihnacht!


Glaubenssache:
Sternstunden

Von Prädikant Günther Dreisbach

Können Sie von Sternstunden in Ihrem Leben erzählen? In Aurich in Ostfriesland habe ich es im Advent erlebt. Die Kirchen hatten auf dem Weihnachtsmarkt aufgerufen, von Sternstunden im Leben zu berichten. Karten waren vorbereitet, auf denen man kurze Geschichten aufschreiben konnte. Viele Geschichten vieler Generationen sind zusammengekommen. Kleine und große, kurze und lange, ernste und heitere. Eine kleine kurze habe ich beigesteuert. Eine Geschichte, wie Jesus mir einmal gesagt hat: Das ist jetzt dran in deinem Leben.

Überlegen Sie mal, ob es nicht auch in Ihrem Leben Sternstunden gibt. Stunden, die gezeigt haben: Das Leben geht weiter. Das Leben ändert sich. Es gibt einen Neubeginn. Sternstunden sind etwas zutiefst Biblisches. Die erste Sternstunde für uns Christen ist die Geburt Jesu, die wir in den nächsten drei Tagen ausgiebig feiern mit Gottesdiensten am vierten Sonntag im Advent, am Heiligabend, am ersten und am zweiten Christtag. Von den drei Weisen, die der Tradition nach wahrscheinlich aus dem Iran kamen, dem Land, aus dem so viele Menschen in unseren Gemeinden leben, heißt es in der Bibel: „Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut.“

Das bevorstehende Christfest ist ein schöner Anlass, sich an Sternstunden des Lebens zu erinnern. Und vielleicht dann auch: dafür Dankbarkeit zu zeigen. Die kann man sehr gut zeigen im Besuch der vielen Gottesdienste und Eucharistiefeiern, die in den nächsten drei Tagen angeboten werden.

Frohe und gesegnete Weihnachten, liebe Leserinnen und Leser.
Und: Danke für Ihre Reaktionen auf die Glaubenssachen 2023.


16. Dezember

Gedanken zum Sonntag:
Aus dem Weg, das Christkind kommt!

Von Pfarrerin Jennifer Schwarz

Es war ein Experiment in diesem Jahr und es wird eine Premiere: Die Konfis im Kirchspiel Trendelburg und Gottsbüren haben ihr eigenes Krippenspiel geschrieben. An einem Konfi-Tag haben wir darüber nachgedacht, ob es wirklich ein Stall sein muss oder ob Jesus auch in einem Zelt geboren werden kann; wer Maria und Josef den Stall zur Verfügung stellt und warum nichts von Eseln und Schafen in der Bibel steht. Und über allem stand die Frage: Worum geht es da eigentlich in der Weihnachtsgeschichte?

Kommt es wirklich auf all diese Kleinigkeiten an? Oder verstellen sie nicht vielmehr den Blick auf das Eigentliche?

„Bereitet dem Herrn den Weg.“, heißt es in Jesaja 40. Mit anderen Worten: Räumt alles weg, was uns sonst im Weg steht, und macht Platz für das, was wirklich wichtig ist.

Doch ähnlich wie bei den Fragen zur Weihnachtsgeschichte, ist das in der Hektik des Alltags nicht immer so leicht zu erkennen.
„Es geht um das Wunder von Weihnachten: das Kind Gottes.“, waren sich die Konfis am Ende des Tages sicher. Advent ist die Vorbereitung auf dieses Wunder. Zeit also, um aufzuräumen, sich Zeit zu nehmen und (heraus-)zu finden, was sonst so unscheinbar und doch so wichtig ist.


Glaubenssache:
Friede auf Erden

Von Maryam Parikhahzarmehr 

Das ist der zentrale Wunsch des Weihnachtsfestes. Und die ganze – diesmal nur drei Wochen lange – Adventszeit ist dazu da, diesen zentralen Wunsch laut werden zu lassen. Denn: Während wir friedlich Glühwein trinken oder Punsch, während wir unsere Fenster schmücken und es uns gut gehen lassen mit Geschenken, ist es in vielen Regionen der Welt gar nicht friedlich. Auch nicht in dem Land, in dem der geboren wurde, der als Friedensstifter in die Geschichte eingegangen ist: Jesus, dessen Geburt wir in einer Woche feiern.

Aber wie wird Friede? In ganz  vielen Gemeinden unserer Region gibt es regelmäßige Friedensgebete. In jedem Gottesdienst wird für den Frieden gebetet. Ich weiß auch nicht, warum sich Gott diese Gebete anhört, und nichts tut. Will er etwa, dass die Welt kaputt geht? Will er etwa wieder eine Sintflut kommen lassen, wie zur Zeit von Noah?

Vielleicht liegt der Schlüssel in der Weihnachtsgeschichte. Da singen die Engel über dem Hirtenfeld von Bethlehem »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden«. »Soli Deo Gloria« hat Johann Sebastian Bach seine Werke gekennzeichnet. Und es ist so schön, bei diesem »Soli Deo Gloria« im (Geiers-»Bach’schen«) Weihnachtsoratorium mitzuwirken. Mir tut das gut, dass ich mitmachen und Gott in den Ohren liegen kann. Immer wieder. Und ich hoffe und bete, dass das »Ehre sei Gott« so stark in der ganzen Welt gesungen wird, dass Gott gar nicht anders kann, als Frieden auf Erden zu schaffen: in der Ukraine und in seinem geliebten Israel und in so vielen Ländern der Erde. Er kann das. Das weiß ich. Darum: Viel mehr Friedensgebete.


9. Dezember

Gedanken zum Sonntag:
Beziehungen spielen sich unten an

Von Arno Backhaus

Es gibt Väter die von der Arbeit nach Haus kommen, sich ins Büro verkriechen, Zeitung lesen, sich vors Fernsehen setzen oder schlaue Bücher lesen – und ihre Kinder kaum beachten. Da entsteht keine Beziehung, da wächst kein Vertrauen. 

Ein Papa aber, der seine Kinder liebt, spielt mit denen Lego auf der Erde, baut im Sandkasten Burgen, macht Ringkampf auf der Wiese der geht nach unten auf den Boden. Auf der Erde spielt er mit seinen Kindern mit Bauklötzen, mit der Eisenbahn, sammelt Würmer und Schnecken, kümmert sich um sein Kind, wenn es vom Fahrrad gefallen ist und am Knie blutet, zeigt dem Kind, wie man eine Feuerstestelle einrichtet. Das alles spielt sich unten ab. 

Auch Gott geht auf den Boden, will Beziehungen zu uns – wird Mensch, bleibt nicht in seiner Unendlichkeit und guckt von der Ferne. Gott treibt‘s zu uns. Hat ihm was gefehlt? Er hätte doch alleine im Himmel bleiben können. Er hätte sagen können „Macht euren Dreck alleine, wenn ihr euch nicht nach mir richten wollt. Versucht doch euer Glück ohne mich!“ Im Himmel war alles optimal. Warum ist Gott in der Person Jesu Mensch geworden? Es kann nur Liebe gewesen sein, Beziehungsliebe!!


Glaubenssache:
Kopf hoch!

Von Jürgen Krackrügge

Das klingt vielleicht für Sie etwas komisch, angesichts der vielen Krisen in der Welt, die jeden Tag auf uns einprasseln. Trotzdem bleibe ich bei dieser Aufforderung. Es ist auch nicht in erster Linie meine Aufforderung. Jesus Christus hat es gesagt, als er seine Freunde auf harte Zeiten einstimmen musste. Der Evangelist Lukas zitiert Jesus mit den Worten: (Lukas 21 V.28) „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht!“

Der 2. Adventssonntag ist traditionell darauf ausgerichtet, die Christenheit auf die Wiederkunft Jesu vorzubereiten. Sonntag für Sonntag wird es im Apostolischen Glaubensbekenntnis verkündigt: „…von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“  Und genau darauf zielt die Bedeutung dieses zweiten Sonntages in der Adventszeit.

„Advent“ bedeutet Ankunft, so habe ich es vor vielen Jahre im Lateinunterricht gelernt. Der erste Adventssonntag stimmt uns ein auf die Vorfreude, dass das Weihnachtsfest immer näher rückt. Mit diesem Fest erinnern wir uns an die erste Ankunft des Gottessohnes Jesus auf unserer Erde. Mit dem zweiten Advent sollten wir uns daran erinnern, dass Jesus zu seiner Zeit wieder auf die Erde zurückkommt.
Für Menschen, die ihr Leben Jesus anvertraut haben, ist das keine bedrohliche Nachricht, denn Jesus verbindet die Blickrichtung seiner Wiederkunft mit Erlösung. Und das ist doch eine positive Aussicht bei allem Chaos dieser Welt.
Ich wünsche ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit, die bei allem Trubel, den diese Zeit mit sich bringt, mit diesem Blickwinkel „nach oben“ Freude und Zuversicht gibt.


2. Dezember

Gedanken zum Sonntag

Von Pfarrer Andreas Schreiner

Es ist wieder soweit, Adventszeit. Schon seit mindestens einer Woche sind die ersten Weihnachtsmärkte auf. Aber noch ist nicht Weihnachten. Es ist Advent. Advent heißt auf deutsch Ankunft. Im kirchlichen Advent ist das erst einmal die Ankunft Jesu Christi, aber ich finde, auch ein Anlass, sich auch mal ganz allgemein einmal über die Ankunft des Unerwarteten im Leben Gedanken zu machen.

Wir fürchten uns vor dem Unerwarteten, das unser Leben auf den Kopf stellt. Und am meisten fürchten wir den Tod. Horoskope in der Zeitung, Kartenlegen, Wahrsagen - das Geschäft blüht in der Esoterikszene. Kein Wunder, jeder möchte gerne in seine Zukunft schauen.

Aber: wir können unsere Zukunft nicht wirklich errechnen und nichts erfahren.  Ein Beispiel: den Mauerfall, ein so wichtiges und einschneidendes Ereignis in der Weltgeschichte hat nicht ein Hellseher und nicht ein Astrologe vorausgesehen, so weit ich weiß. Auch nicht die Wissenschaft. So ist das Leben. Es ist nur begrenzt zu berechnen. Es gibt für die Welt und die Schöpfung, für das Leben des Menschen keine Sicherheitsgarantie. Wer wirklich ein Realist ist, weiß das.

Und wir als Christen? Wir wissen, daß unser Leben endet. Und wissen Sie, was? Das mindert unsere Lebensfreude überhaupt nicht. Bewußt zu leben heißt doch nichts anderes, als die uns gewährten Jahre und Tage freudig zu leben, bis unausweichlich der Tag des Herrn kommt, der endgültige Advent.

Andreas Schreiner ist katholischer Pfarrer in Immenhausen, Vellmar, Ihringshausen und Reinhardshagen


Glaubenssache:
Göttliche Geburtsvorbereitung

Von Pfarrer Johannes Heicke

Einige von Ihnen werden das Gefühl kennen: Der Streifen auf dem Schwangerschaftstest färbt sich lila, positiv, Sie bekommen ein Baby! Da laufen die Vorbereitungen auf die Geburt schnell auf Hochtouren: Kinderzimmer einrichten, Elterngeld beantragen, Geburtsvorbereitungskurs machen und, und, und.

Dasselbe passiert auch im Advent: Auch hier geht’s darum, sich auf eine Geburt vorzubereiten. Im ersten Kapitel des Lukasevangeliums heißt es: Als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut war, fand es sich, ehe er sie heimholte, dass sie schwanger war von dem heiligen Geist. Maria, die Jungfrau, wird Mutter, und Gott, der Heilige Geist, der Vater dazu!

Auf diese Geburt bereiten wir uns im Advent vor. Allerdings haben wir keine neun Monate Zeit dafür, sondern nur knapp vier Wochen.

Wie wäre es, wenn Sie sich dieses Jahr einmal so frühzeitig vorbereiten, wie Sie es bei jeder anderen Schwangerschaft in der Familie tun würden? Nein, nicht früher Kekse backen oder Geschenke kaufen, sondern sich wirklich mit Gott und dem Geschenk seines Sohnes an diese Welt auseinandersetzen. Eine Möglichkeit bietet der „Andere Advent“, ein moderner geistlicher Adventskalender der anderen Art (zu bestellen unter www.anderezeiten.de). Und auch Ihre Kirchengemeinde am Ort bietet viel Passendes an.

Keine Sorge, das soll jetzt kein Zwang sein. Die Gute Nachricht ist nämlich: Jesus kommt auch ohne unsere Vorbereitungen! Ganz genauso, wie ein Baby auch geboren wird, selbst wenn ich mich nicht darauf vorbereite. Und doch tut es mir gut, mich für das Kommen Jesu zu öffnen, damit ich seine Geburt intensiver erleben kann.


25. November

Gedanken zum Sonntag:
WAS ZÄHLT?

Von Pfarrerin Kirsten Bingel

Sie besaß keinen Fernseher, kein Handy und kein Auto. Sie sie trug nie die neueste Mode und ist nie verreist. Am liebsten war sie in ihrem Garten oder sie saß auf der Bank vor der Haustür und freute sich auf ein Schwätzchen mit den Nachbarn. Mit über 90 Jahren starb sie ohne Familie, ohne die Welt gesehen zu haben, ohne etwas zu hinterlassen und ohne irgendetwas Besonderes geleistet zu haben.

„So könnten wir nicht leben“, sagten viele zu mir. „Was hat sie denn vom Leben gehabt? Was wollen sie da in der Trauerrede schon erzählen?“

Ich erzählte, was sie mir selber einmal gesagt hatte, nämlich, dass sie Gott jeden Tag dankbar war für ihr Leben. Dass sie all das nicht brauchte, was viele heute für erstrebenswert halten. Sie hatte schon als Kind erlebt, wie vergänglich alles ist und sie hat ihr Leben ganz bewusst mit Wichtigerem gefüllt - mit Zeit und Liebe für die Menschen und die schöne Schöpfung um sie herum.

„Alles vergehet, Gott aber stehet ohn alles Wanken; seine Gedanken, sein Wort und Wille hat ewigen Grund.“ (EG 449,8) So sangen wir ihr Lieblingslied von Paul Gerhard auf ihrer Beerdigung, zu der sich das ganze Dorf versammelt hatte.

Was zählt am Ende wirklich? Womit füllst Du dein Leben und was erfüllt dich wirklich?

Kirsten Bingel ist Altenheim- und Klinikseelsorgerin am Gesundbrunnen in Hofgeismar.


Glaubenssache:
Was wirklich zählt?

Von Pfarrer Marek Prus

Sicherlich, es ist sinnvoll, sich immer wieder zu fragen, ob die Kompassnadel des eigenen Lebens noch in die richtige Richtung zeigt oder ob sie sich durch mancherlei hat ablenken lassen. 

Aus diesem Grund ist manchmal eine größere oder eine kleinere Kurskorrektur nötig ist. Am Ende des Kirchenjahres eben am morgigen Ewigkeitssonntag oder dem katholischen Christkönigsonntag und  sieben Tage vor dem ersten Advent stellen wir uns öfters diese Frage: Was zählt in meinem Leben wirklich? Welches sind die letzten Dinge und welches nur die vorletzten?

Der Schriftsteller Max Frisch hat einmal elf Fragebögen entworfen, in denen jedermann und jederfrau wichtige Bereiche des eigenen Lebens auf spielerische Weise durchforschen kann.

Die Antworten auf die Fragen führen einen unmerklich, aber mit bestimmter Kraft zu sich selbst. Bin ich wirklich so? Diese Art von nackter Wahrheit ist nicht immer leicht auszuhalten. Jeder und jede muss hier erkennen, dass vieles im Leben nur „relativ“ wichtig und wahr ist. Wo aber kann dann mein wirklicher und wirkender Fixpunkt sein? Die christliche Antwort auf diese Frage lautet: in Gott! Nicht so, wie ich ihn mir vorstelle, sondern wie er wirklich ist, wie wir IHN in der Offenbarung entdecken können.

Auf dieses Du hin kann ich versuchen, eine Beziehung aufzubauen, fragend, forschend, hörend… Seine Antwort bleibt nie aus.


18. November

Gedanken zum Sonntag:
Kunterbunt für den Frieden eintreten

Von Pfarrerin Hannah Tinnefeld

Liebe Leserinnen und Leser,

Kennen Sie eigentlich schon die „Kirche Kunterbunt“?
In aller Kürze zusammengefasst, ist die Kirche Kunterbunt „eine „fresh expressions of church“ (im übertragenen Sinne ein „frischer Wind von Kirche“). Sie hat 5 bis 12-Jährige und ihre Bezugspersonen gemeinsam im Blick. Junge Familien, auch Paten und Großeltern, können hier Gemeinde erleben, auch wenn sie bisher wenig Bezug zu Glauben und Kirche hatten.“, so heißt es auf gleichnamigen Homepage.

In unserem Ev. Kirchspiel Grebenstein gibt regelmäßig an unterschiedlichen Orten die Möglichkeit Teil der Kirche Kunterbunt zu werden. Auf diese Weise entstehen Beziehungen, in denen Fragen des Glaubens gestellt werden können. Auch das ist kunterbunt.
Was hat das alles jetzt mit dem Volkstrauertags Wochenende zu tun? höre ich die ersten Stimmen sagen. Das Thema unserer letzten Kirche Kunterbunt war: Frieden. An unterschiedlichen Stationen haben sich Menschen auf den Weg gemacht, um zu erfahren, wie gelebtes Miteinander möglich sein kann. Es wurde gebastelt und erzählt, getrunken und gegessen. 

Aber die wichtigste Erkenntnis an diesem Tag war: Gemeinsam wird „Frieden stiften“ schon im Kleinen, ganz groß. Gott zeigt uns: Wir sind kunterbunt und indem wir das auch im Gegenüber erkennen, können wir schon heute unser Leben als Miteinander gestalten.


Glaubenssache:
Lasst euer Licht leuchten!

Von Pfarrer Karl-Alfred Dautermann

Das war nicht schwer für die Kinder in der Kinderkirche aus Ippinghausen. Wenn deine Kerze brennen soll, dann brauchst du ein Feuerzeug, ein Streichholz oder eine andere Kerze, damit deine eigene Kerze Feuer fangen kann. Sonst ist deine Laterne eine ziemlich traurige Angelegenheit, wenn alle anderen um dich herum leuchten. Und dann verfehlt sie ihre eigentliche Aufgabe.

So ist es leider zurzeit auch mit vielen Menschen, ihnen fehlt das Feuer, der Funke, der ihr Leben zum Leuchten bringt. Gerade auch in diesen trüben Krisen-November-Tagen fehlt vielen die Fantasie für eine gute, helle Zukunft. Was für die Kinder leicht ist, das ist für uns Erwachsene oft so schwer, unser Lebenslicht zu entzünden und leuchten zu lassen.

Ich selber kann mein Leben auch nicht aus eigener Kraft leuchten lassen. Aber ich habe eine Lichtquelle gefunden. Jesus Christus sagt: Ich bin das Licht der Welt – Ihr seid das Licht der Welt (Mt. 5,14). Wenn ich mich alleine fühle und ohne Lebenskraft bin, dann kann ich mich vom Sohn Gottes entzünden lassen. Seine Worte und ihre Leuchtkraft reichen für ein ganzes Leben aus und sogar darüber hinaus.

So angefeuert von Jesus kann mein Leben dann auch wieder für andere zum Licht werden. Ich bin überzeugt davon, dass wir alle einander mehr zu geben haben, als wir meinen. Die Kinder lassen ihre Kerze schlicht anzünden, und Licht, Wärme und Freude entsteht. Lassen wir uns doch auch von Jesus Christus anstecken und treten gemeinsam dem bösen Dunkel entgegen, egal wie es heißt, egal wo es auftritt.


11. November

Gedanken zum Sonntag:
Ihr habt mich nicht vergessen!

Von Pfarrerin Dr. Gabriele Kölling

Die Augen der alten Frau leuchten, als sie mir das sagt. Ich besuche sie zu ihrem 93. Geburtstag und überbringe Glückwünsche der Kirchengemeinde. Für sie bedeutet der Besuch viel. Er zeigt ihr, dass sie dazugehört, auch wenn sie nicht mehr zur Kirche kommen kann. Sie spürt, dass sie gesehen wird. Die Freude darüber ist ihr ins Gesicht geschrieben. Das beschenkt mich.

Seelsorge ist eine meiner wichtigsten Aufgaben als Pfarrerin. Da sein, Zeit haben, zuhören – daran liegt mir viel. Nicht immer gelingt mir das so, wie ich möchte. Wenn jemand konkret um einen Besuch bittet, dann schon. Aber manchmal ist da die nicht ausgesprochene Erwartung, dass ich einfach vorbeikomme. Wenn das nicht passiert, höre ich auch schon mal von Enttäuschung.

Ich schaffe es nicht, alle im Blick zu behalten. Ich versuche, mit vielen in Kontakt zu kommen bei Begegnungen unterwegs in der Stadt, durch Besuche, einen Telefonanruf, eine Grußkarte. Im Gottesdienst beten wir für die, die nicht da sind. Auch dadurch möchten wir in Verbindung bleiben. Ist das zu wenig?

Mich tröstet, dass Gott keinen übersieht. „Du bist ein Gott, der mich sieht“, heißt es in der Bibel.
Dass Gott uns sieht und nicht vergisst, daran möchte ich Sie gerne erinnern. Mich auch.


Glaubenssache:
Trag dein Licht

Von Pfarrer Friedemann Rahn

Trag dein Licht, kleines Kind. Trag es durch den Abend. Du weißt noch nichts vom Dunkel in dieser Welt. Trag dein Licht, damit es in unseren düsteren Gedanken einen Augenblick hell wird.
Trag dein Licht und freu dich an seiner Wärme. Es ist kühl heute Abend. Du kennst die Kälte der Welt noch nicht. Trag dein Licht, damit unsere Herzen für einen Moment wärmer werden.
Trag dein Licht und setz deine Mütze richtig auf. Wir Großen müssen kühlen Kopf bewahren, denn da draußen brennt der Hass auf den Straßen. Trag du nur ein kleines Licht, für diesen Moment.
Trag dein Licht für uns. Wir sind schon so groß und so desillusioniert. Für uns ist es oft unerträglich, was passiert. Trag du das Licht, damit es erträglicher wird für uns.
Trag dein Licht, kleines Kind, Schritt für Schritt. Wenn du fällst, zünden wir es dir wieder an. Es sind so viele, die gerade fallen. Ihnen können wir nicht helfen, aber dir. Wir lernen mit dir, kleine Schritte zu gehen, um das Licht zu hüten.
Trag dein Licht, und lauf dem Martinsmann hinterher. Er hat das Gute vorgelebt. Folge du seinem Beispiel, denn wir können es nicht immer.
Trag dein Licht, und sieh die vielen anderen Lichter. Du bist nicht allein. Sieh, wir alle sehnen uns nach Mitmenschlichkeit. Heute leuchtet sie uns vor Augen.
Trag dein Licht und sieh nach vorn. Hab Vertrauen, dass wir den Weg schon finden. Wir sehen ihn nicht immer. Aber vielleicht wirst du ihn einmal weiter gehen als wir.


4. November

Gedanken zum Sonntag:
Lebendige Stolpersteine

Von Pfarrer Martin Schöppe

In vielen Städten und Ortschaften gibt es Stolpersteine, auch in Hofgeismar. Sie erinnern ganz konkret an Lebens- und Leidensgeschichten von Menschen jüdischen Glaubens während der Zeit des Nationalsozialismus. Stolpersteine liegen dort, wo Menschen gelebt haben und letztlich einem fürchterlichen Judenhass in der Mitte unserer Gesellschaft zum Opfer gefallen sind. 

Es ist unerträglich, dass in diesen Tagen Menschen jüdischen Glaubens in unserem Land wieder Angst haben müssen, ihre Häuser beschmiert werden und sie nur unter Polizeischutz beten können. Die Idee der Stolpersteine sollte jetzt weitergeführt werden. 

Menschen müssen selbst zu lebendigen Stolpersteinen gegen den Hass auf Menschen jüdischen Glaubens werden. Es gilt jetzt aufzustehen gegen Antisemitismus wo immer er sich zeigt: in Schulen und Familien, den sozialen Netzwerken und am Arbeitsplatz, in Gruppen, Kirchengemeinden und Vereinen, der Kultur und der Politik. Hass gegenüber Juden und menschenverachtende Haltungen müssen im Alltag über uns stolpern und fallen. Menschen, die unsere freiheitliche Grundordnung angreifen und die Menschenrechte missachten dürfen keinen Platz haben, nicht in Hofgeismar und nicht in Deutschland. Sich zu enthalten darf keine Option mehr sein. 

Das schulden wir nicht nur unserer Geschichte, sondern v.a. einer friedlichen Zukunft für alle Menschen. Nie wieder!


Glaubenssache:
Heiligenschein

Von Diakon Alexander von Rüden

Vergangenen Mittwoch war Allerheiligen. Im Himmel muss ja ganz schön was los sein! Haben wir überhaupt noch einen Überblick? St. Martin – na klar – ohne ihn kein Laternenumzug! Die Gottesmutter Maria – selbstredend. Und der hl. Nikolaus – sowieso – er dürfte wohl mit der berühmteste Christ sein. Auch Bonifatius hat in unserer Gegend einen gewissen Bekanntheitsgrad.

Aber wer ist z.B. Carlo Acutis, der als internetaffiner Jugendlicher 2006 starb und 2020 seliggesprochen wurde? Oder Petrus von Arolsen, den ich voriges Jahr erst im Tages-Abreißkalender im Pfarramt entdeckt habe? Haben Sie schon mal was gehört von den Lübecker Märtyrern, die während des 2. Weltkriegs aus tiefer Glaubensüberzeugung und konfessionsübergreifend zusammenhaltend ihr Leben ließen? Und wie genau kennen Sie den hl. Heimerad, der hier in unserer Gegend lebte und ab dem 1. Januar, wenn die katholischen Kirchengemeinden Naumburg, Wolfhagen und Volkmarsen zu einer Pfarrei zusammengefügt werden, deren neuer gemeinsamer Pfarrpatron wird? Diese Heiligen kennt noch kaum einer. Macht aber nichts, kann man noch kennenlernen, wenn’s einen interessiert – dem „WWW“, dem weltweiten Web sei Dank!

Doch Allerheiligen zieht noch weitere Kreise: Da geht es nämlich nicht „nur“ um die 35.000 in den Heiligenkalender aufgenommenen Menschen, die durch besonders gute Taten auf sich aufmerksam gemacht haben, sondern auch um diejenigen, von denen man im Vatikan wohl noch nie gehört hat, weil sie im Verborgenen aus einer Selbstverständlichkeit menschlich gehandelt haben, ohne es „an die große Glocke zu hängen“ – vielleicht auch Personen aus Ihrer Verwandten- und Bekanntenkreis oder Ihrer Nachbarschaft?! Nicht zuletzt darum ist es doch im Zusammenhang mit Allerheiligen auch passend, dass wir in diesen Tagen besonders auch an alle unsere lieben Verstorbenen denken, die ganz speziell für uns viel Gutes vollbracht haben und zumindest nach unserem Empfinden einen kleinen Heiligenschein tragen.


 28. Oktober

Gedanken zum Sonntag:
Keine großen Worte

Von Pfarrerin Heidrun Goldbach

Von Berufswegen soll ich für viele Lebenslagen die rechten Worte zu finden - tröstend, richtungsweisend, inspirierend… In diesen Tagen weiß ich manchmal kaum noch, was ich sagen soll. 

Der Angriffskrieg auf die Ukraine mit seinen täglichen Opfern rückt gerade aus unserem Blickfeld. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel und die Gräueltaten machen mich fassungslos. Die Verteidigung Israels führt zu vielen Opfern unter der palästinensischen Bevölkerung. Wer wird sich noch an der Gewaltspirale beteiligen? 

Zugleich gibt es ausgerechnet in unserem Land judenfeindliche Parolen und Angriffe auf unsere jüdischen Mitbürger, die mich beschämen. „Ach, Gott …“, seufzt es in mir. Ein Seufzer aus tiefstem Herzen. Wie gut, dass ich Gott nicht auch noch alles aufzählen muss, was mich bewegt. Ein Seufzer reicht! So jedenfalls gibt es uns der Apostel Paulus mit: „Wir wissen ja nicht einmal, was wir beten sollen. Doch der Geist Gottes selbst tritt mit Flehen und Seufzen für uns ein. Gott weiß ja, was in unseren Herzen vorgeht.“ (Römer 8,26+27). 

Gott braucht keine großen Worte. Und Mitmenschlichkeit äußert sich in mancher stillen Geste, im gemeinsamen traurig sein und aushalten.


Glaubenssache:
Querdanker

Von Pfarrer Kai Michael Scheiding

„Die Leute werden immer knärbeliger“, höre ich oft. Und das, obwohl es uns so gut geht wie kaum einem Volk auf Erden. Oder gerade deswegen?
Psychologen erklären diese Unzufriedenheit mit dem Begriff „Entitlement“ - „Anspruchsdenken“. Die durch nichts berechtigte Meinung, es stehe einem die Erfüllung eigener Erwartungen zu: Aufmerksamkeit, Gesundheit, Kinder, gutes Wetter im Urlaub, die linke Autobahnspur, anderthalb Parkplätze für den SUV. Die Erwartung, bedient zu werden, ohne zurückzugeben. Alle Rechte, aber keine Pflichten. Entitlement hat auch mit Selbstermächtigung zu tun: Ich darf das, wenn ich will. Glückserfahrungen lösen dann bestenfalls Genugtuung aus. Und wenn das Leben nicht liefert, fühlt man sich als Opfer. Enttäuschung, Unzufriedenheit, Wut.

Woher kommt diese fehlende Frustrationstoleranz? Wie wurde aus berechtigten Entitlements der Gesellschaft (Recht auf Menschenwürde, Sozialleistungen, Gewerkschaften, Inklusion) diese Anspruchshaltung des Einzelnen, dass die Welt dir schulde, was du willst?

Das Reformationsfest am Dienstag erinnert uns, dass uns eigentlich gar nichts „zusteht“. Das ist kein populärer Gedanke. Es erinnert uns aber auch, dass wir bei allem Bemühen das Entscheidende letztlich geschenkt bekommen. Das löst dann nicht bloß Genugtuung aus, sondern Dankbarkeit, und die steht quer zum Knärbeln. Und sie öffnet die Augen für die Not anderer.
Wissen, dass wir uns nicht alles selbst erarbeiten können – und müssen. Dass uns eigentlich gar nichts zusteht, sondern wir beschenkt werden. Danken statt Knärbeln. Das wäre eine Reformation, die wir gebrauchen könnten.


21. Oktober

Hopsen, Hüpfen, Hoffen

Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs

Sie hatte geweint. Weil die Nachricht schlimm war, die sie erhalten hatte. Bis eben hatte sie noch gehofft, auch gekämpft, war sicher, es wird alles wieder gut. Jetzt war mit einem Schlag alles anders. Freunde suchten tröstende Worte, meinten es gut, aber sie erreichten sie nicht. Ihr leerer Blick ging durch die anderen hindurch. Worauf noch hoffen?

Das Wort „Hoffnung“ kommt von „hüpfen“ und „hopsen“. Hoffen hat mit Bewegen zu tun. In schweren Zeiten nehme ich mir deshalb eine Aus-Zeit und laufe, manchmal lange und weit. Jeden Tag. Damit etwas in mir in Bewegung kommt und ich mich spüre. Der Kopf wird frei, das Herz weit. Und dann kann es sein, dass in mir ein Hoffnungsfunke aufglimmt. Weil ich für einen kurzen Augenblick innerlich klar bin und spüre, dass das Leben weitergeht, anders vielleicht, aber weiter und hoffentlich gut.

Die Bibel denkt groß von der Hoffnung, traut ihr viel zu. Weil in ihr die Liebe des Himmels wohnt, die niemals aufgibt. Sie ist es, die uns manchmal in anderen Menschen mehr und anderes sehen lässt, als sie selbst von sich wissen.

Eine zarte Umarmung, eine Hand, fürsorglich in den Rücken gelegt, ein liebevoller Blick – selbst wenn alles dagegen zu sprechen scheint, sieht die Hoffnung in solchen Gesten kleine Vorzeichen für eine helle Zukunft. Wer hofft, der sieht nicht nur, was ist, sondern auch, was sein könnte, was aber noch nicht ist! Das liebe ich so an der Hoffnung, dass sie eine wundervolle untreue Buchhalterin ist. Sie fälscht die Bilanzen, die wir unentwegt in uns ziehen und behauptet einen guten Ausgang des Lebens, wo dieser noch gar nicht zu sehen ist. (Fulbert Steffensky)

Sie hatte geweint. Worauf noch hoffen? Darauf, dachte sie, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Weil nichts auf der Welt so bleiben muss wie es ist.


14. Oktober

Gedanken zum Sonntag:
Licht im Dunkeln

Von Pfarrerin Renate Wollert

Eine Kerze brennt auf meinem Schreibtisch. Ein sanftes Licht in der Morgendunkelheit des Herbstes. Ein tröstliches Zeichen der Zuversicht inmitten der Dunkelheit der Welt.

Zuversichtlich zu sein fällt mir gerade schwer. Ich sehe Schreckensmeldungen von Hass und Gewalt in Israel und bin erschüttert darüber, dass grausamer Terror Kinder trifft und Menschen, die auf einem Musikfestival das Leben feiern. Die Hoffnung auf ein Leben in Frieden hat es schwer in diesen Tagen.

Was können wir tun, damit es heller wird in unserer Welt? In der Bibel finde ich im Jakobusbrief einen Rat: „Wenn jemand von euch Schweres erleidet, soll er beten. Ist jemand von euch voller Zuversicht, soll er Loblieder singen.“ Bewirkt es etwas, wenn ich bete oder Loblieder singe? Ich glaube schon.

Wir sind nicht alleine mit dem, was uns belastet. Wir können teilen was uns freut. Das ganze Leben ist aufgehoben bei Gott. Wenn ich mich an ihn wende, dann wächst in mir Hoffnung. Ich bin verbunden mit vielen Menschen, die für sich und andere beten, in Leid und in Freude. Ich bin verbunden mit allen, die ein Licht in der Dunkelheit anzünden. Gemeinsam können wir Kraft schöpfen und Mut für das, was der neue Tag bringt.


Glaubenssache:
Flohmarkt

Von Lektorin Anja Mueller-Opfermann

Waren Sie schon einmal auf einem Dorfflohmarkt? Die Bewohner der
Dörfer durchsuchen ihre Häuser und Wohnungen nach Dingen, die
sie selbst nicht mehr benötigen – anderen Menschen jedoch noch
wertvoll oder nützlich sein könnten.

An einem Sonntag bietet dann der ganze Ort gemeinsam seine
Schätze zum Verkauf an. Zusätzlich gibt es auch Stände mit Speis und Trank. Eine schöne Veranstaltung für Dorfbewohner und Besucher.

Ich mag es, bei so einem Flohmarkt an den Ständen vorbeizugehen
und mir die vielen Dinge anzusehen, die dort angeboten werden.
Manche Sachen haben eine spannende Geschichte, die die Verkäufer auch gerne erzählen. Oft wissen sie noch, wo sie den Artikel gekauft haben, erzählen von Erlebnissen, die sie damit verbinden und warum der Gegenstand nicht mehr benötigt wird.

Auch Entrümpelungsfirmen haben manchmal einen Stand. Dort
verkaufen sie alles, was bei einer Haushaltsauflösung übrigbleibt.

Bei einem solchen Stand fand ich einen Karton mit alten SchwarzWeiß-Fotos. Darin waren Familienbilder, eins davon zeigte zwei kleine Mädchen herausgeputzt in Sonntagskleidung. Was mag aus en beiden wohl geworden sein? Wie ist ihr Leben verlaufen? Der
Standbetreiber konnte mir über die Herkunft der Fotos nichts sagen.

Auf dem Heimweg frage ich mich, wer sich einmal an mich erinnern
wird, wenn alle mich vergessen haben und meine Fotos auf dem
Flohmarkt landen.

Gott verspricht uns: „Ich vergesse dich niemals! Unauslöschlich habe
ich deinen Namen auf meine Handflächen geschrieben.“ (Jesaja 49,
15-16) Das bedeutet, Gott ist bei uns, in den schönen Momenten, die
wir in Fotos festhalten. Und er ist auch an unserer Seite in den
schweren Momenten, wenn niemand Bilder macht. Doch in Gottes
Fotoalbum werden alle Momente unseres Lebens festgehalten. Und
neben jedem Foto steht: „Ich vergesse dich nicht!“


 7. Oktober

Glaubenssache:
Schuhe und Gott

Von Pfarrerin Karthrin Wittich-Jung

Auf Hallig Hooge gibt es ein besonderes Kunstwerk: Vor einer Galerie stapeln sich über 350 Schuhe. Einzelne Schuhe. Keine Paare.
Diese Schuhe wurden am Spülsaum der Hallig gefunden.

„Ich war am Deich unterwegs und da lag ein Schuh. Den habe ich eingesammelt“, sagt Werner Boyens, „und am nächsten Tag war da wieder einer.“ Er hat sie alle eingesammelt und vor seiner Galerie in Regale gestellt. Und da stapeln sie sich: Stilettos mit hohen Absätzen, Arbeiterschuhe, Badeschlappen, Turnschuhe und Sandalen.

Eigentlich hätten sie im Müll landen können, denn die Schuhe sind schmutzig und zum Teil auch kaputt. Wertlos und unscheinbar. Aber irgendwie hat er in den Schuhen trotzdem etwas entdeckt. Und so ist aus ihnen etwas Neues, Schönes geworden. Ein Kunstwerk.
So wie er mit den Schuhen umgeht, stelle ich mir Gott vor: Der sammelt auch all das Kleine und Unscheinbare in meinem Leben. Das Schmutzige und das, was kaputt ist. Weil er darin etwas Größeres und Vollkommeneres sieht, als ich. Gott ist jemand, der auch das Kleine sieht und wertschätzt. Das schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth: „Was der Welt schwach erscheint, das hat Gott ausgewählt.“ Gott legt ganz andere Maßstäbe als ich an.

Das befreit mich, immer nur nach dem Besten zu streben. Ich kann es auch mal gut sein lassen und muss nicht immer alles strahlend perfekt haben. Ich reiche aus, so, wie ich bin. Mit all dem, was ich geschafft habe und dem, was nicht gelungen oder kaputt ist.
Es ist wie mit dem Schuh-Kunstwerk: Auch etwas, das kaputt ist und unscheinbar, ist wertvoll und kann zu etwas Schönem werden.


30. September

Gedanken zum Sonntag:
*Eine spirituelle Übung*

Von Pfarrer Christian Trappe

Erntedank gab es schon immer, das Erntedankfest nicht.
Der Erntedank hat es als einziges Naturfest geschafft, sich ins Kirchenjahr hineinzufräsen! Es entspringt einer Zeit, als es noch unmittelbare Erfahrung war, dass Leben von himmlischen Kräften abhängt, dass Regen und Sonnenschein für Wachstum und Gedeihen sorgen.

Die Freude über den Erntesegen oder auch die Angst in einem schlechten Jahr, ob die Vorräte über den Winter reichen würden, waren ein allgegenwärtiges Thema. Wenn sich dann im Herbst die Speisekammern, Keller und Speicher mit den Früchten des Feldes füllten, ergab sich der Anlass für einen Erntedank von allein. Und zwar dann, wenn die Erntearbeit durch war: In einigen Regionen früher, in anderen – etwa in Weinbaugebieten – später.

Eine feste Verortung im Kalender fand der Erntedank erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts – als infolge der industriellen Revolution immer mehr Menschen in Städten lebten. Die Entfremdung vom bäuerlichen Leben sorgte also dafür, dass aus dem natürlichen Ursprung eine bewusst gestaltete Übung wurde.

Um wieviel mehr ist es heute nötig, dass wir Dankbarkeit „üben“. Weil sich unser Leben noch viel weiter natürlichen Abläufen entfernt hat, in die wir aber nach wie vor eingebunden bleiben.
Und doch soll das Erntedankfest nicht zu weiterer Belehrung dienen. Es kann gerade freudiges Fest verwandelnde Kraft entfalten. Danken strahlt nie nur nach außen, sondern wirkt auch zurück aufs eigene Leben. Nichts lässt die Freude beständiger im Herzen wohnen, wie die Übung der Dankbarkeit.


Glaubenssache:
Du bist schön!

Von Pfarrer Oliver Jusek

Ich mag den Herbst. Spaziergänge im Wald bei diesem wunderschönen goldenen Licht. Das ist einfach etwas Besonderes. So mancher Baum färbt schon die Blätter und kommt sonnenangestrahlt wundervoll zur Geltung.

Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide. Ja, das sind Frühlingsblumen, aber ich weiß noch, wie ich diesen Liedvers das erste Mal gesungen habe. Das war auch im Herbst. An Erntedank. Ich war sofort begeistert. Das dichtet heute keiner mehr. So spricht natürlich heute auch keiner mehr. Aber irgendwas ist an diesen Worten, das mich einfach sehr anspricht. Für mich klingen diese Worte fast so schön, wie die angesprochenen Blumen blühen.
Und natürlich erst die Botschaft dahinter: Nichts ist so schön wie Gottes Schöpfung. Du kannst dich auf den Kopf stellen, kannst dir unendlich viel Mühe geben, aber nichts, was du herstellen kannst, ist so schön wie die Natur.

Erst viel später ist mir aufgegangen: Ich gehöre ja dazu. Zu dieser Schöpfung Gottes. Ich bin auch schön. Schöner als alles, was je hergestellt werden könnte. Das ist ein wunderbarer Gedanke.
Du bist schön. Gerade in unserer heutigen Gesellschaft fällt das vielen schwer zu glauben. Ständig ist man der Meinung, dass man sich selbst noch verbessern müsste. Dass man sich optimieren muss.
Doch was auch immer du tust: Du bist schön. Weil Gott dich wunderbar geschaffen hat. So schön, wie die Narzissen blühen. So schön wie die Tulpen. Weil du bist, wie du bist.
Ich wünsche uns allen einen gesegneten Erntedanksonntag.


23. September

Gedanken zum Sonntag:
Würdevoll und verletzlich

Von Pfarrer Dr. Jochen Gerlach

Ich schaue in drei Gesichter. Sie strahlen. Drei Frauen stehen vor der ganzen Belegschaft. Sie hören, was ich aus ihrem Lebenslauf erzähle und wie die Einrichtungsleiterin ihre jeweilige Eigenart beschreibt und ihnen dankt. Zwei von ihnen arbeiten seit 25 Jahren und eine seit 15 Jahren in der Pflege. Ich darf Ihnen das Kronenkreuz der Diakonie in Gold bzw. in Silber überreichen.

Das Kronenkreuz drückt aus, dass jeder Mensch eine unverlierbare königliche Würde hat und dass jeder Mensch verletzlich ist und Leid zu tragen hat. Das Besondere dieses Momentes liegt in der Herkunft der drei Frauen: Sibirien, Kasachstan und Polen. Was wäre die Pflege in unserem Land ohne die Menschen, die nach dem Fall der Mauer zu uns eingewandert sind? Ohne sie könnten viele Tausende nicht gepflegt werden.

Der Arbeitskräftemangel, der die Pflege und so viele Branchen belastet, kann nur bewältigt werden, wenn Menschen in unser Land zuwandern. Großes Leid bringt sie zu uns. Die Kommunen und Landkreise kommen gegenwärtig an ihre Grenzen und darüber hinaus. Daher muss Zuwanderung gut reguliert werden. Und es braucht unser aller Gastfreundschaft. Es braucht das Bewusstsein, dass jeder Mensch würdevoll und verletzlich ist.


Glaubenssache:
Alles Gute!

Von Pfarrerin Monika Vöcking

Mein Patenkind wird an diesem Wochenende 18 Jahre alt. Ich soll ihr einen Geburtstagsbrief mit guten Wünschen schreiben. Eine Geschenkidee ihrer Geschwister. Was hofft und wünscht man sich für das Leben, wenn man 18 wird? Was hat mich das Leben gelehrt, was ich meiner Patentochter mitgeben möchte?

Ich Blicke auf die Welt, wie sie mir gerade erscheint, mit all den riesigen Herausforderungen. Ein Wunsch kristallisiert sich dabei heraus. Ich wünsche ihr die Fähigkeit zu scheitern und es akzeptieren zu können. Vielleicht geht etwas nicht auf von dem, was man sich für sein Leben erträumt hat, erlebt Phasen, in denen es nicht so gut läuft. Es sind die großen und kleinen Niederlagen, die das Leben für einen bereithält und die man nicht weglächeln kann. Es ist die Erfahrung, das Plan A nicht aufgeht, Plan B und C aber auch nicht. Manchmal wird man von Entwicklungen überrollt, die nicht absehbar waren.

Häufig kann man etwas dafür, oft auch nicht. Beides stimmt! Wenn mein Patenkind vor solchen Ereig¬nissen in ihrem Leben steht, was wird ihr dann helfen? „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“, schreibt der Apostel Paulus (2. Kor.12,9). Er hat erlebt, dass Gott ein Herz für die hat, die in ihrem Leben hadern und kämpfen müssen. Es ist eine Riesenaufgabe zu lernen, dass man scheitern darf und das Leben trotzdem weitergeht. Dass man es nicht aus sich heraus schaffen muss, sondern dass es eine Kraft gibt, die von Gott kommt, die verlässlich und uner¬schütterlich ist. Sich darauf zu verlassen, wünsche ich uns allen.

Alles Gute, liebe Paula. Geh deinen Weg! Gottes Kraft begleite dich.

Monika Vöcking ist Pfarrerin im evangelischen Kirchspiel Wettesingen.


16. September

Gedanken zum Sonntag:
„Die Welt steht Kopf“

Von Pfarrerin Ulrike Bundschuh

„Ich werde vergesslich!“ „Wo habe ich denn jetzt die Zeitung hingelegt?“ „Habe ich den Herd ausgemacht?“ Die Diagnose Demenz löst Angst aus und stellt das Leben für viele Betroffene auf den Kopf. Wie ist das, wenn ich mich langsam verliere? Wer bin ich, wenn ich meine eigene Geschichte vergesse? Sie fragen sich, wie es weitergehen kann. Auch die Angehörigen sind unsicher: Wie lange wird er mich noch erkennen? Was kann ich der Erkrankten noch zutrauen?

Rund 1,8 Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer demenziellen Erkrankung. Täglich kommen ca. 900 Neuerkrankungen dazu. Aber es gibt Hilfe!

Die diesjährige Woche der Demenz steht unter dem Motto „Die Welt steht Kopf“. Sie bietet Informationen über dementielle Erkrankungen. Sie stellt vielfältige Unterstützungsangebote vor: medizinische und therapeutische Hilfen, Möglichkeiten zur Entlastung von Angehörigen, Anregungen für künstlerische, musikalische und religiöse Begleitung. Vor allem aber ermutigt sie dazu, die Betroffenen zu begleiten. Lasst uns die schweren Wege gemeinsam gehen, in der Nachbarschaft, im Dorf, in der Stadt! Wir werden entdecken, was den Erkrankten guttut und sie stärkt. Angehörige werden entlastet, weil sie sich getragen und unterstützt fühlen. Unsere Gemeinschaft gewinnt neue Kraft. Wir erleben ganz praktisch, was Gott uns in der Taufe zusagt: „Fürchte dich nicht! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ (Jesaja 43,1). Gott vergisst mich nicht; Gott kennt meinen Namen, auch wenn ich ihn vergessen habe.

Ob Sie betroffen sind oder sich Sorgen für die Zukunft machen: Sie sind herzlich eingeladen zum Diakonieforum zum Thema „Die Welt steht Kopf!“ am Freitag, dem 22. September 2023, um 18.30 Uhr in der Ev. Familienbildungsstätte Kassel. (Anmeldung: gsf@dw-region-kassel.de)

Einen gesegneten Sonntag,
Ihre Ulrike Bundschuh


Glaubenssache:
Erinnern mit Segen 

Von Pfarrer Martin Jung

„Wissen Sie noch wie das war, vor 65, 70 Jahren?“ Eine Frage und die Gesichter am Tisch beginnen zu strahlen. Jeder und jede von Ihnen hat was zu erzählen und nach wenigen Minuten ist der Raum voller Geschichten. Ich höre von Kindern, die auf Getreidewagen herumklettern und im Winter mit dem Schlitten die Berge runterrutschten. Sie erzählen von Mädchen, die immer Zöpfe trugen und von Jungs immer in kurzen Hosen.

Und plötzlich sind ganz viele Bilder vor ihren Augen: von Schulen mit strengen Lehrern und Pfarrern, von Konfirmandenstunden mit endlosem Auswendiglernen von Katechismus und Liedern, und der Pflicht jeden Sonntag in die Kirche zu gehen. Dann kam die mündliche Prüfung und endlich die Konfirmation - in schwarzen Kleidern und Anzügen, mit Einzug und Segen und Feier danach. In diesen Tagen feiern viele Menschen ihre Jubiläumskonfirmation. Sie erinnern sich an die vergangene Zeit. Damals waren sie 14/15 Jahre alt und das ganze Leben lag noch vor ihnen.

Nun sehen sie sich wieder und viele sind gespannt, was in den Jahren passiert ist. Im Vorgespräch höre schon einiges davon: von der Dankbarkeit für Familie, Freundschaft, Partner und Enkel, aber auch von Verlusten und Trauer. Alles bringen die Jubilare an diesen Tag mit in den Gottesdienst. Sie singen „Lobe den Herren“, beten und feiern Abendmahl – so wie einst als sie noch Jugendliche waren. Und beim Segen, da sehe ich sie strahlen, mit all ihren Geschichten, Bildern und Erinnerungen. Die Jungs und Mädchen damals, sie sind gesegnet. Und ich glaube, sie spüren´s.


9. September

Gedanken zum Sonntag:
Alle um einen Tisch!

Von Gemeindereferent Peter Happel

Vor kurzem habe ich einen Bericht im Radio verfolgt. Schon der Einstieg hat mich neugierig gemacht. Der Autor versuchte den Sinn des Lebens mit wenigen Sätzen zu umschreiben.

Sein erster Rat war: “Wenn wir alle Menschen um einen Tisch versammeln und ihnen gutes Essen und Besteck in die Hände geben, gibt es keine Kriege mehr“. Zunächst fand ich den Gedanken ein wenig naiv aber irgendwie ließ er mich nicht mehr los, denn er stimmt ja! Wenn wir die Hände voll haben können wir keine Waffen mehr benutzen! Im Verlauf der Sendung führte er den Gedanken noch etwas weiter aus und lud die Zuhörer dazu ein, sich im direkten Umfeld zu engagieren und sich für Frieden und Versöhnung und ein gutes Miteinander einzusetzen. Das macht froh, gibt dem Leben Sinn und Struktur.

 Beim Hören ist mir die „Goldene Regel“ aus der Bibel wieder in den Sinn gekommen, die wie eine Zusammenfassung gelesen werden kann; dort heißt es sinngemäß: Behandle deine Mitmenschen so, wie du selbst behandelt werden möchtest! Im Moment scheint es leider noch nicht möglich, dass sich die gegnerischen Parteien im Ukrainekonflikt und in den Auseinandersetzungen weltweit, um einen Tisch setzen- aber in einer nicht allzu fernen Zukunft- hoffentlich! Vielleicht laden sie sich am Wochenende auch Gäste ein und versammeln Menschen mit unterschiedlichen Ansichten um einen Tisch.

Ich wünsche ihnen die Erfahrung, dass man bei einem guten Essen ruhig unterschiedlicher Meinung sein kann und diese auch einfach mal so stehen bleiben dürfen!

Peter Happel ist Gemeindereferent der katholischen Kirchengemeinde St. Peter in Hofgeismar


Glaubenssache:
„Reise der Hoffnung“

Von Pfarrer Jens Holstein

„Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten.“ Das gilt zumindest für Presse, Funk und Fernsehen. Denn schlechte Nachrichten erzeugen Aufmerksamkeit. Das können wir jeden Tag auf der Titelseite einer großen Boulevardzeitung beobachten. Aber auch die schlechten Nachrichten verschwinden aus unserem Blickfeld. Wo Corona über mehr als zwei Jahre unser Leben bestimmt hat, verblassen allmählich die Erinnerungen. Die Finanzkrise von 2007 ist so gut wie vergessen. An den Bosnienkrieg zwischen 1992 und 1995 können sich nur noch die Älteren wage erinnern. Dabei war auch das ein schrecklicher Krieg mitten in Europa. Schwerste Kriegsverbrechen wurden dort in Bosnien-Herzegowina begangen.

In dieses Land werde ich in der nächsten Woche reisen. Ich werde die Wunden an den Menschen und dem Land anschauen. Aber ich werde auch die andere Seite des Landes betrachten, die wunderschönen historischen Städte, die eindrucksvolle Natur.

In der Hauptstadt Sarajevo fanden vor dem Krieg sogar die olympischen Winterspiele statt. Die bekannte, historische Brücke in Mostar, die im Krieg zerstört wurde, ist wieder aufgebaut worden.  In diesem für uns fernen Land gibt es trotz schmerzlicher Vergangenheit und weiterhin schwelenden Konflikten Zeichen der Hoffnung. Dem möchte ich auf dieser Reise nachgehen. Ich trage dabei den Wunsch des Propheten Jesaja in mir. „Nun hat Ruhe und Frieden alle Welt und jubelt fröhlich.“

Ich wünsche mir, dass ich von dieser Reise mit wirklich guten Nachrichten zurückkehre und an dieser Stelle verkünden kann. Wir brauchen Nachrichten, die uns in Zeiten von Krieg und Flucht Hoffnung geben.


2. September

Gedanken zum Sonntag:
Kirche ohne Gottesdienst?

Von Pfarrer Dr. Oliver Schmalz

Urlaub und Kirchenbesuche in fremden Städten – das gehört für mich zusammen, auch in diesem Jahr. Einerseits ist es gerade im Sommer schön, in einen kühlen Raum einzutreten. Andererseits finde ich es immer spannend, andere Kirchen zu sehen.

Doch in diesem Urlaub war ich irritiert: In Quedlinburg kam ich in eine Kirche, die mich faszinierte, bei der mir aber auch etwas fehlte: Der Altarraum wirkte leer, es fehlte ein Tisch und auch ein Kreuz in der Mitte, also das eigentliche Zentrum. Schnell klärte sich auf: Es handelte sich um eine Kulturkirche. Der letzte Gottesdienst wurde dort vor 70 Jahren gefeiert, vor gut 30 Jahren verpachtete die Kirche das Gebäude an die Stadt. Seitdem finden dort Ausstellungen statt, Konzerte und Lesungen. Eine tolle Idee, um eine Kirche, in der keine Gottesdienste mehr stattfinden, täglich zu öffnen und Angebote zu machen.

Das machte mich aber auch nachdenklich: Wie ist es bei uns? Werden wir in einigen Jahren noch Kirchen in allen unseren Dörfern für Gottesdienste benötigen? Was machen wir mit den Kirchen, die wir vielleicht nicht mehr unterhalten können?

Es wird gute Impulse brauchen, eine Kirche weiterhin als Zentrum eines Dorfes zu erhalten, so dass Menschen gerne dort sind. Eine Kulturkirche ist nicht die schlechteste Idee.


Glaubenssache:
Zauber des Anfangs

Von Pfarrerin Katharina Ufholz

Die Ferien gehen zu Ende. Ich sitze an meinem Schreibtisch und tippe die letzten Sätze für den Einschulungsgottesdienst am Sonntag in den PC. Für viele Kinder beginnt in der kommenden Woche ein ganz neuer Lebensabschnitt. Aufregend und spannend ist das!

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Dieser Satz aus einem Gedicht von Hermann Hesse kommt mir in den Sinn. Irgendwie muss ich dabei an Harry Potter, den kleinen Zauberer denken, und wie er sich auf den Weg zu seinem ersten Schultag macht. Wie er auf Gleis 9 ¾ durch die Wand springen muss, um zu seinem Zug zur Zauberschule Hogwarts zu gelangen. Wie er in der Winkelgasse in den sonderbarsten Geschäften seine Schulsachen kauft. Und wie er dann im großen Saal von Hogwarts gespannt darauf wartet, in welches der 4 Häuser ihn der sprechende Hut stecken wird.
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Mein erster Schultag ist genau 35 Jahre her. Ich erinnere mich noch: Für mich war es damals auch so, als beträte ich eine ganz neue Welt. Mein Gleis 9 ¾ war die kleine Bushaltestelle in meinem Dorf, meine Winkelgasse der Schreibwarenladen und mein sprechender Hut meine Klassenlehrerin Frau Walther, die mir verkündete, dass ich ab jetzt Schülerin der 1b sein würde.

Einen Einschulungsgottesdienst gab es bei mir damals übrigens auch. Das erste Foto in meinem Einschulungsalbum zeigt mich mit Schultüte vor der großen Kirchentür. Es ist schön zu wissen: Gott hat diesen Anfang gesegnet, und sein Segen hat mich immer begleitet.
Ich wünsche allen neuen Schulkindern einen „zauberhaften“ ersten Schultag und Gottes Segen für die Schulzeit!


26. August

Gedanken zum Sonntag:
Wozu Kirche?

Von Pfarrer Andreas Kölling

Heute ist wieder jemand aus meiner Kirche ausgetreten. Zumindest habe ich als Gemeindepfarrer heute die Mitteilung erhalten. Ich kenne die Person leider nicht. Aber ich überlege, wer es wohl ist. Da geht eine Person, deren Sichtweise und Gaben uns fehlen werden. Eine Person, die mir hätte sagen können, was wir besser machen sollen. Deren Gedanken uns hätten inspirieren können. Nun wird es dazu wohl nicht mehr kommen. Und das tut mir weh. - Ich frage mich, welche Gründe hinter dem Austritt liegen.

Es wird ja viel Negatives über die Kirche (und andere große Institutionen) gesagt. Ich selbst habe auch Kritik an meiner Kirche. Als Mitarbeiter sehe ich davon vielleicht mehr als andere. Aber ich erlebe auch das Schöne. Glückliche Momente mit Gott z.B. in einer Kirche. Und glückliche Momente mit anderen Christinnen und Christen.

Der Prophet Jesaja sagt, dass er die Gnade Gottes in Erinnerung bringen will. Ja, für mich ist Kirche der Ort, wo mir Gutes widerfährt und wo man mir hilft, das nicht zu vergessen, z.B. durch die Lesungen und Predigten im Gottesdienst. Das baut mich auf, tröstet mich, macht mir Mut für das Leben. Ich brauche das. Und will nicht darauf verzichten. Ob das auch die bedacht hat, die nun ausgetreten ist?


Glaubenssache:
Barthel

Von Pfarrer i.R. Ulrich Trzeciok

„Der zeigt, wo Barthel den Most holt“, so hört man es manchmal in Gesprächen. Gemeint ist eine Person, die unmissverständlich klar macht, wo es in einer Sache „langgeht“, „wo der Hammer hängt“. – Wissen Sie, wo Barthel den Most holt?

Gemeint ist eigentlich der Apostel Bartholomäus, einer der zwölf, die Jesus ausgewählt hatte. Vorgestern, am 24. August, hat die Kirche seinen Gedenktag begangen. Er gilt u. a. als Patron der Winzer und Bauern. Denn um diese Zeit ging und geht es los mit dem Auspressen der Trauben, der Äpfel und Birnen von den Streuobstwiesen  zu Most, ein Durstlöscher an heißen Spätsommertagen. Später kann daraus auch Wein entstehen.

Gilt das nicht auch im übertragenen Sinn für das Leben? Da müssen wir oft genug auch erst Mühe und Anstrengung, Arbeit und Druck erfahren, bis wir den „Most“, den Ertrag  genießen können.    Das funktioniert freilich nur, wenn gute Ware in die Presse kommt, sonst gibt es ein schreckliches, widerliches Ergebnis.  Das zeigt uns die „Bartholomäusnacht“ zum 24. August 1572 in Paris, in der Geschichte auch als „Pariser Bluthochzeit“ bekannt.  Eigentlich sollte es da –Reformationszeit- im Machtkampf zwischen Katholiken und Protestanten um den französischen Königsthron zu einer Annäherung kommen, durch die Heirat einer katholischen Prinzessin mit einem protestantischen Prinzen. Von der Mutter des Königs veranlasst gab es aber ein Attentat auf den Anführer der Hugenotten und im Gefolge eine Blutorgie. Allein in Paris sind ihr mehr als viertausend Hugenotten zum Opfer gefallen. Und ein neuer Krieg zwischen den Parteien brach aus.
Auch hier bestätigt sich die alte Bauernregel: „Wie Barthel sich verhält, ist der ganze Herbst bestellt.“

Ulrich Trzeciok ist Stadtpfarrer im Ruhestand und Geistlicher Rat aus Naumburg.


19. August

Gedanken zum Sonntag:
Reisesegen

Von Pfarrer David Seibel

Ein Fahrradgottesdienst entlang der Diemel, mit dem Kirchenvorstand unterwegs am Hohen Meißner, eine Urlaubsreise mit der Familie an den Chiemsee. Das waren schöne Reiseerlebnisse, die ich in den letzten Wochen hatte.

Reisen macht Spaß! Das erfahren wir in der Sommer- und Ferienzeit wieder aufs Neue. Aufbrechen, etwas Unbekanntes entdecken, alles hinter sich lassen. Unsere Welt ist so schön und das Reisen rührt die Seele an. Ich muss nicht bleiben, wie und wo ich bin. Die Welt dreht sich, und ich mich mit ihr.

Aber dann denke ich: Sind nicht manche Reisen zugleich Fluchten? Wollen wir vielleicht ab und an auch mal vor den Gegebenheiten unseres Lebens weglaufen? Ja, das muss auch mal sein. Vergessen und Verdrängen können für eine gewisse Zeit eine große Hilfe sein. Das hat sicher jeder von uns schon mal erlebt.

Es ist gut, sich die unterschiedlichen Motive einer Reise klarzumachen. Ich kann die Welt erleben. Ich kann andere Menschen kennenlernen. Ich kann Abstand vom Alltag gewinnen. Nur mich selbst werde ich nicht los, wie weit die Reise auch gehen mag.

Zur Ruhe finden werde ich, wo mich jemand annimmt und mag, wie ich bin. In meinen Gedanken höre ich Worte aus Psalm 139: "Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir." Und: "Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten."

Ich wünsche uns allen wunderschöne Reisen mit neuen Entdeckungen und mit dem nötigen Abstand vom Alltag. Und egal wo es hingeht: Gott ist mit seinem Segen und mit seiner Liebe dabei.


12. August

Gedanken zum Sonntag

Von Pfarrer Andreas Schreiner

"Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall" (Was dem einen seine Eule, ist im anderen seine Nachtigall),  sagt ein altes norddeutsches Sprichwort.

Einerseits braucht die Natur den Regen dringend nach den trockenen Sommern der letzten Jahre. Andererseits wären ein bisschen Sonnenschein auch nicht ganz schlecht.

Da klebt sich der eine auf der Straße fest, weil ihm der Klimawandel, so wichtig ist, dass jedes Mittel recht ist, um die Menschen drauf aufmerksam zu machen. Und die andere steckt mit ihrem Auto davor fest und hat in einer halben Stunde ihren Facharzttermin, den sie nach langer Wartezeit endlich bekommen hat, oder sie muss die Kinder vom Kindergarten abholen und ist sowieso schon spät dran, und da ist der Klimaschutz im Moment ziemlich egal, und es kocht der Zorn über die  Klimakleber hoch.

In der Politik geht es um konservative, wirtschaftsliberale oder linke Positionen. Wer am Ende recht hat, wird sich erst im Nachhinein herausstellen, wenn überhaupt. Im der Kirche ist uns das auch nicht fremd: sehr konservative Positionen gibt es in unseren Gemeinden genauso wie sehr progressive. Und hier wie dort wird   manchmal heftig genug  gestritten.

"Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall" - Das heißt nicht, dass jeder Recht hat. Geht ja auch gar nicht. Man darf auch streiten. Aber ich vermisse da oft das Verständnis für die anderen. Und mit ein wenig Verständnis ist das Zusammenleben in Familie, Gesellschaft und Kirche viel einfacher und stressfreier.


Glaubenssache:
180 Grad, bitte

Von Pfarrer Sascha Biehn-Tirre

Ich stehe vor dem Medienschrank in meinem Büro. Die Videokamera springt mir ins Auge. Nachdenklich hole ich sie heraus. Noch in der Bewegung fallen mir wichtige Aufnahmeregeln ein. Eine davon: die 180 Grad-Regel. Sie erklärt sich wie folgt: Der Camcorder nimmt mit einer festen Anzahl Bilder in der Sekunde auf. Jede Aufnahme entsteht in einem winzigen Moment, dessen Dauer einstellbar ist. Hintereinander weg abgespielt werden aus vielen Einzelbildern ein Film. Zu viel Zeit je Bild lassen Bewegungen abgehackt erscheinen. Zu wenig erzeugt unschöne Nachzieheffekte. Erst das richtige Verhältnis aus der Anzahl Aufnahmen pro Sekunde und der Aufnahmezeit des Einzelbilds ergibt die passende Bewegung. Und genau das gelingt mithilfe besagter Regel.

Manchmal ist es im Leben wie im Film, denke ich mir. Zu viele zu schnelle Eindrücke hintereinander, zu viele Neuerungen lassen ins Stocken geraten. Es läuft nicht rund. Zu wenig ergibt eine Art Jet-Lag. Dinge ziehen sich wie Kaugummi, machen müde und träge.

Selbst Menschen mit besonderer Gottesnähe sind nicht davor gefeit. Das zeigt der Prophet Elia. Der wandert nach jahrelangem, großem Einsatz für Gott in die Wüste. Legt sich unter einen Wacholder, meint, er hat versagt. Bittet Gott, seine Seele zu holen. Doch der sorgt für ihn und gibt ihm Kraft, seinen Weg weiterzugehen (vgl. 1. Kön 19).

Damit es uns nicht wie Elia geht: manchmal vielleicht lieber einen Schritt langsamer. Eines nach dem anderen. 180 Grad eben. Den Rest Gott anbefehlen. Und aus ihm die Kraft schöpfen, um begleitet weiterzugehen wie der Prophet.


5. August

Gedanken zum Sonntag:
Mit Fug und Recht

Von Pfarrer Sven Wollert

„Das kann ich ja wohl mit Fug und Recht von Dir erwarten!“ Früher habe ich diesen Ausdruck öfter gehört. Doch die Formulierung scheint langsam zu veralten.

Erwartungen haben wir immer noch, vielleicht sogar mehr und höhere als früher. Alles soll funktionieren – natürlich so, wie es mir passt. Jahrelang beschweren wir uns, dass es keine Zinsen mehr aufs Ersparte gibt. Jetzt gibt es wieder Zinsen und die Baufinanzierung wird unbezahlbar. Die Kita soll zu den Zeiten geöffnet sein, zu denen ich sie brauche. Kurzum: Andere sollen dafür sorgen, dass ich mein Leben möglichst ungestört leben kann.

Sind Erwartungen falsch, gar moralisch verwerflich? Wohl kaum. Jesus sagt einmal: „Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt. Und wem viel anvertraut wurde, von dem wird umso mehr gefordert.“ Es geht ihm also darum, dass man mit Fug und Recht von Menschen etwas erwarten kann. Wer große Möglichkeiten hat – egal auf welchem Gebiet – von dem darf man auch viel fordern.

Aber es kommt auf das rechte Maß an. Ich kann vom Lokführer erwarten, dass er in seiner Arbeitszeit hochkonzentriert das Seine tut, damit meine Bahn sicher und pünktlich ankommt. Ich kann aber nicht davon ausgehen, dass er vorher die Gleise in Ordnung gebracht hat, die über Jahrzehnte vernachlässigt wurden.
Wir dürfen Erwartungen haben – an Menschen, ans Leben, an Gott. Aber mit Augenmaß, eben mit Fug und Recht.

 

29. Juli

Gedanken zum Sonntag:
Licht und Schatten

Von Pfarrerin Irmhild Heinicke

Licht haben wir gerade mehr als genug: Sommersonne satt, aber eben auch Hitzerekorde, Trockenheit und Brände. An den heißen Tagen ist der Schatten meine Rettung. Ich habe eine so empfindliche Haut. Die Rollladen an unseren Fenstern sind wenigstens zum Teil runtergelassen, damit die Hitze nicht auch noch in die Wohnung kommt und es angenehm kühl und schattig bleibt. Auf der anderen Seite: Im Winter fehlt mir das Licht. Da neige ich zu depressiven Verstimmungen und sehne mich nach Sonne und Helligkeit.

Licht und Schatten – beides brauche ich. Und in der Bibel ist beides mit Gottes Zuwendung zu uns verbunden.

Gott schafft mit dem Licht zu Beginn der Schöpfung die Grundlage allen Lebens. Mit Jesus leuchtet das Licht des Lebens in die Welt, in mein Leben. Das soll ich weitergeben in meinem Tun an andere Menschen, die nach Licht suchen: Lebt als Kinder des Lichts: gut, gerecht und glaubwürdig. Ohne Schatten!

Aber ich werde dem Licht von Gott nicht gerecht. Nicht nur die großen Skandale der anderen stehen Gottes Licht im Weg. Ich auch – mit meinen eigenen Fehlern.
Dann kann ich Zuflucht suchen bei Gott: Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht finden. Der Schatten der Barmherzigkeit Gottes, er ist auch meine Rettung.
Licht des Lebens und schattige Zuflucht bei Gott – beides brauche ich.


Glaubenssache:
Gäste und Fremdlinge

Von Prädikant Günther Dreisbach

Das ist in den evangelischen Gemeinden ab Sonntag für eine Woche lang das Schwerpunktthema. Sich daran zu erinnern, wie mit Gästen und Fremdlingen umzugehen ist. Klar, dazu haben alle ihre eigene Sicht. Und die hängt immer ab von Erfahrungen, die man mit Menschen aus anderen Kulturen gemacht hat. Wer sich »Deutschland den Deutschen« zum Lebensmotto macht, der denkt anders nach über Menschen, die aus anderen Kulturen in Deutschland angekommen sind. Und er fragt auch nicht lange nach den Gründen der Flucht. Hat seine vorfertigte Meinung.

Viele von denen, die gekommen sind, sind getauft worden. Sie haben Ja gesagt zu Jesus. Und sie gehören zur Gemeinde. Die Tauffeste, die in den letzten Wochen gefeiert wurden, haben das ja deutlich gemacht. Da war der ganze Ernst zu spüren: Ich will mein Leben aufbauen auf den Grundlagen des christlichen Glaubens, mit Jesus an meiner Seite. Liebe Leserin, lieber Leser, Sie sagen: Das ist mir zu fromm! Ich kann’s nicht anders sagen. Und ich finde in der Bibel auch keine andere Erklärung.

Aber weil wir auf Jesu Befehl hin getauft sind, machen wir keinen Unterschied mehr zwischen denen, die schon immer in Wolfhagen oder Eberschütz oder Ippinghausen oder Arenborn wohnen und denen, die neu hinzugezogen sind. Nicht die Herkunft ist das Entscheidende, sondern die Taufe. Und die macht Gäste und Fremdlinge zu »Mitbürgern der Heiligen und Gottes Hausgenossen«. Meint Paulus im Brief an die Epheser. Und wir unterschreiben das mit unserer Taufe. Und das spürt man im Umgang miteinander. Ist doch schön so! Und: Nehmen Sie bitte Ihre Taufe ernst.


22. Juli

Schrottwert

Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs

Wie viel ist ein Mensch wert? Ungefähr 5 Euro – jedenfalls, wenn’s um den Materialwert geht: Kalk, ein paar weitere chemische Substanzen, viel Wasser – lauter billiges Zeug! Das hört man nicht so gerne! Und es wird leider auch nicht besser, wenn man nach dem Marktwert fragt. Denn dort werden wir auf unsere Arbeitskraft oder unsere Anerkennung reduziert. Wer ist gefragt? Was wird gebraucht?

Auf dem Arbeitsmarkt wie auf dem Beziehungsmarkt geht’s zu wie auf dem Bazar. Es werden Preise gefordert und bezahlt – manchmal viel zu hohe. Das Selbstwertgefühl bleibt dabei oft auf der Strecke, wenn der eigene Wert von anderen nicht anerkannt wird. Man wird angenommen oder abgestoßen, erwählt oder fallen gelassen. Und immer wieder die bange Frage: Wo stehe ich im Vergleich zu den anderen? Anstrengend! Ich plädiere für den Schrottwert als neue Maßeinheit. Schrott gibt es genug in unserem Leben. Bruchlandungen oder das, was uns nur bruchstückhaft gelingt, wo wir geknickt vor den anderen dastehen oder etwas „versemmelt“ haben. Je mehr jemand versucht, sein ganz Eigenes zu finden und dann auch nach außen sichtbar zu machen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er mit den von anderen gesetzten Leitplanken des Lebens in Kontakt kommt. Und das geht nie ohne Schrammen ab!

Natürlich wünschte ich mir das Leben als geordneten Bau, planvoll und harmonisch. Aber wenn ich nüchtern auf mein gelebtes und manchmal auch erlittenes Leben blicke, dann tue ich gut daran, auch dessen Schrottwert mit einzukalkulieren.

Schrott sortiert man in der Regel aus, stellt ihn an die Straße oder in den Abstellkeller. Schade! Besser wäre es, wir würden ihn verarbeiten, den Schrott aus dem eigenen Leben.

Als Petrus Verhaftung und Prozess drohten, wurden seine Knie weich. Er verriet Jesus. Dem Druck von außen, den Ängsten von innen hielt er nicht stand. Freundschaften gehen zu Bruch, wenn man die innere Verbundenheit mit einer Freundin oder einem Freund leugnet oder seine tiefsten Überzeugungen verrät. Wer den Bruch und den ganzen Beziehungsschrott dann nicht zum Gerümpel wirft, um schneller darüber hinwegzukommen, der sammelt als Erfahrungsschatz, dass aus Schrott noch was zu machen ist! „Wenn Deine Knie wieder fest werden,“ heißt es in der Bibel, „dann stütze die anderen.“ Das war Jesu Stärke, dass er in den Schwächen noch den Wert erkannte, der in ihnen verborgen ist.
Man fühlt sie lange nach, die Bruchstellen im eigenen Leben. Und man fühlt sie auch bei anderen. Sie sind das Kapital im Umgang mit denjenigen, die unseren Rat und unsere Nähe suchen. Denn es ist der Schrottwert des Lebens, von dem die guten Tröster und die bedingungslosen Freunde zehren.

 

15. Juli

Glaubenssache:
Mietkautionen

Von Ursula Muth

Vermieter haben es nicht leicht: Immer wieder wird eine Wohnung beim Auszug in miesem Zustand hinterlassen. Wenigstens gleichen Kautionen die Folgen finanziell etwas aus.

Aber es gibt auch die andere Seite: Paul ist ein zuverlässiger junger Mann, der in einer WG wohnte und dort vor allem Ruhe zum Lernen suchte, denn er wollte das Abitur schaffen und studieren. Weil das Haus abgerissen werden sollte, wurde der WG die Wohnung gekündigt. Er bat dann den Vermieter mehrfach um eine Zimmerübergabe, die den einwandfreien Zustand belegen sollte. Aber der hatte keine Zeit – das Objekt war ja auch uninteressant geworden. Die Rückzahlung der Kaution versprach er mündlich –Paul wartet seit vier Jahren vergeblich. Es sind 500 Euro, für Paul viel Geld, das er dringend für die Kaution der neuen Wohnung benötigte. Eltern, die ihn unterstützen, hat er nicht – im Gegenteil, er muss ihre Mietzahlungen mit monatlich 100 € mitfinanzieren.

Die offene Rechnung belastet. Jede zufällige Begegnung mit dem Vermieter ist unangenehm. Kürzlich hörte Paul von einem alten Gesetz Moses: Es fordert die gläubigen Gläubiger auf, alle sieben Jahre den Nächsten die Schulden zu erlassen. Einfach so, um Gottes willen. Eine verrückte Vorstellung für einen Gläubiger! Aber das Gesetz entlastet nicht nur den Schuldner, es macht auch den Kopf des Gebers frei. Paul will diesem Gesetz folgen und den Kopf endlich wieder freibekommen.

Ich staune über seine Großzügigkeit und Konsequenz. Ich hatte das Gesetz so verstanden, dass die Kluft zwischen Arm und Reich nie zu groß werden sollte. Eigentlich eine schöne Utopie.


8. Juli

Glaubenssache

Von Pfarrerin Monika Vöcking

Liebe Leserinnen und Leser,
haben Sie auch manchmal das Gefühl, in der Welt den Durchblick zu verlieren? Es verschiebt sich etwas, und noch kann ich es nicht genau fassen. Die Welt, meine Welt, in der ich lebe, ist im Umbruch. Und noch ist nicht klar, wohin sich diese Welt bewegt. Nicht zum Guten, bin ich versucht zu denken. Dann erinnere ich mich an eine Briefzeile von Ödön von Horvath: „Die Welt ist voller Unruhe, alles ein drunter und drüber, und noch weiß man nichts Gewisses.“, geschrieben 1938.

Zum Glück gehört Optimismus zu einem Grundpfeiler meines Berufes. Nicht etwa, weil ich selbst dauernd optimistisch wäre. Sondern weil ich mich immer wieder damit auseinandersetze, was uns Menschen Mut und Kraft für den Alltag gibt. Ich suche nach Antworten, die mich nicht vertrösten. Ich suche nach Perspektiven, die ich mit anderen teilen kann. Mein Glaube ist in dieser Beziehung eine große Fundgrube. Darüber bin ich sehr häufig sehr erleichtert. Als Orientierung dient mir der Sammelband vieler verschiedener Bücher, Schriften, Gebete und Briefe, genannt Bibel. „Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“, lese ich (2. Timotheus 1,7).

Ich verstehe das so: es ist wichtig, dass unser Leben nicht durch Angst angetrieben wird: was wird sein – mit der Erde, mit dem Frieden, mit mir, wenn ich älter werde? Gottes Geist hilft mir, mich zu verorten, einen sicheren Stand zu haben. Dann kann ich gelassen werden. Durch Gottes Geist finde ich Kraft und Ruhe in mir. Damit bin ich gewappnet, egal was kommt. Darüber bin ich sehr froh.

Ich wünsche Ihnen den Geist Gottes in Ihrem Leben und einen gesegneten Sonntag,

Ihre Pfarrerin Monika Vöcking

Monika Vöcking ist Pfarrerin im evangelischen Kirchspiel Wettesingen.


 1. Juli

Gedanken zum Sonntag:
„Mach mal Pause! So entspannst Du effektiv!“ 

Von Pfarrer Jonathan Bergau

Über diese Werbeanzeige bin ich gerade gestoßen und muss automatisch lächeln. Auch das noch. Soll ich jetzt auch noch in den Pausen effektiver werden?

Ich denke an meine Oma. Schließe ich die Augen, sehe ich sie stets mit etwas zu tun zwischen den Händen. Sie schält Kartoffeln, schnippelt Bohnen, … . Darüber, Pausen effektiver zu gestalten, hat sie sich wohl nie Gedanken gemacht. Denn wenn eine Freundin oder wir Kinder vorbeikamen, ruhten ihre Hände. Schnell standen Tassen auf dem Tisch und es war Zeit. Pausen ergaben sich und wurden genutzt, auch wenn die Bohnen auf den nächsten Tag warten mussten.

Ich denke an meinen Arbeitsrhythmus. Nun schnibbele ich zwar selten Bohnen, trotzdem sind auch meine Tage gut ausgefüllt. Sie sollen schließlich effektiv genutzt werden. Ich fühle mich ertappt, bin selbst mitten in dem System unserer Zeit gebunden und sehne mich dennoch nach einer Alternative. So lädt schon der Psalmbeter zu einem anderen Lebensentwurf ein: „Dies ist der Tag, den der HERR macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.“ (Ps. 118,24) Ich möchte mich gespannt auf das Geschenk jedes Tages einlassen, um fröhlich arbeiten UND fröhlich Pausen machen zu können. Das wünsche ich auch Ihnen!


Glaubenssache:
Gutes Mittelmaß

Von Pfarrerin Kathrin Wittich-Jung

„Was, wenn ich nur ein mittelmäßiges Leben will?“ Die Frage in ihrem Instagram-Feed springt sie sofort an.
Die Worte treffen sie. Eigentlich hat sie ein schönes Leben. Mit Mann, Kind und Hund im Reihenhaus. Einem Arbeitsplatz, der sie zufrieden macht. Urlaube in Italien und kleinen Alltagsfluchten. Eigentlich könnte alles so schön sein.

Aber da gibt es auch Momente, da ist sie auf einmal unzufrieden mit sich: „Dein Bauch könnte auch flacher sein und deine Haare voller.“ Im Job geht es seit der Elternzeit auch nicht weiter auf der Karriereleiter. Und immer nur Italienurlaub ist ja auch langweilig. Abenteuerurlaub in Thailand – das wäre doch was. Fußspuren auf dieser Welt hinterlassen. Und so kommt sie immer mehr in die Schleife „höher-schneller-weiter“.
„Was, wenn ich nur ein mittelmäßiges Leben will?“

Sie schluckt. Ertappt. Sie denkt an den letzten Urlaub am Gardasee. Da hat ihre Kleine die ersten Schritte gemacht, sie haben das Leben als Familie so richtig ausgekostet. Alle waren zufrieden. Das war richtig schön. Sie mag ihr Leben und ist zufrieden. „Es ist genauso, wie ich es immer wollte“, denkt sie.

Ich denke da an Worte aus der Bibel: „Sei nun wieder zufrieden, meine Seele; denn Gott tut dir Gutes.“
Es ist entlastend, wenn ich nicht wie ein Superman die Welt retten muss. Wenn ich in meinem Leben angekommen bin und nicht rastlos durch das Leben haste.
Und was heißt schon mittelmäßig? Wenn es für mich passt, ist es perfekt. Und das ist es doch, worauf es ankommt.  Ein Segen, wenn man genau das Leben lebt, das zu einem passt und dafür dankbar und zufrieden ist.


 24. Juni

Gedanken zum Sonntag:
Noch genauso

Von Pfarrerin Renate Wollert

„So schön, wie wir sitzen hier am Feuer im Abendlicht. Weißt du, ich lieb den Gedanken, dass das in zehn Jahren noch genauso ist.“ Zum Abschluss der Musikshow „Sing meinen Song“ haben die Sängerinnen und Sänger fröhlich und wehmütig zugleich zu diesem Song der Band „Silbermond“ getanzt.

Ich wünsche mir das auch: Alles, was schön ist, möge bleiben. Doch was wird in zehn Jahren noch genauso sein, wie es jetzt ist? Die Zeit vergeht wie im Flug. Schon ist wieder der Höhepunkt des Jahres erreicht, bald werden nach der Sommersonnenwende die Tage langsam kürzer.

Die Zeit festhalten, das gelingt nicht. Ich will mich tragen lassen vom Strom der Zeit. Will loslassen können und trotzdem das Gute bewahren. Ich will nach dem suchen, was Halt gibt, auch wenn vieles sich immer wieder verändert.

„Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich“, lese ich in der Bibel beim Propheten Jesaja. Gott ist bei mir im Wechsel der Zeiten, sein Wort bleibt zuverlässig. Im Vertrauen auf ihn kann ich loslassen, was ich nicht festhalten kann. Und trotzdem und gerade deswegen das Schöne der Gegenwart genießen – und den Gedanken lieben, dass das in zehn Jahren noch genauso ist.


 17. Juni

Gedanken zum Sonntag:
Vergessen ist gefährlich 

Von Pfarrer Martin Schöppe

Der 17. Juni 1953 steht in der Erinnerung an den Volksaufstand in der ehemaligen DDR. Zentrale Forderungen der Streiks, Massen-Demonstrationen und politischen Proteste waren der Rücktritt der Regierung, freie Wahlen und die Freilassung aller politischen Gefangenen.

Was zu einem Flächenbrand geworden war, wurde mit Hilfe der Stasi und Polizeitruppen des Regimes durch die Sowjetarmee gewaltsam niedergeschlagen. 55 Menschen wurden durch russische Soldaten getötet oder zum Tode verurteilt. Über 55.000 Menschen wurden verhaftet und zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Der Einsatz für Freiheit und Demokratie war hoch und darf nicht vergessen werden. Leider ist das Leben der Menschen im östlichen Teil unseres Landes nie ausreichend gewürdigt und anerkannt worden, weder ihre Erfahrungen noch ihre Erfolge und Herausforderungen im Alltag. Nicht erst durch den Vernichtungskrieg Russlands gegen die Menschen in der Ukraine als auch durch das Erstarken einer rechtsextremen Partei ist deutlich geworden:

Vergessen kann gefährlich werden. Ein Umdenken tut not.


Glaubenssache:
Klebewesen

Von Pfarrer Kai Michael Scheiding

Erinnern Sie sich noch, dass der 17. Juni bis 1990 gesetzlicher Feiertag war? Die Westdeutschen solidarisierten sich im Gedenken mit den Menschen in der DDR, die heute vor 70 Jahren für ein besseres Leben auf die Straße gingen – und ihr Leben verloren, als sie mit bloßen Händen gegen Panzer kämpften.

Auch in unserer Zeit kämpfen in Deutschland Menschen mit ihren Händen auf der Straße für ein besseres Leben in der Zukunft. Den Anfang machte ausgerechnet jene Jugend, der die Älteren gerne nachsagten, sie interessiere sich nur noch für ihr Handy. Jetzt kämpfen sie: mit veganer Ernährung, gendersensibler Sprache, LGBTQ-Toleranz und eben Straßenblockaden. Auch wieder falsch, maulen viele. Doch längst sind die „Klima-Kleber“ keine reine Jugendbewegung mehr, auch Eltern haften für ihre Kinder und Enkel.
Die öffentliche Meinung darüber ist gespalten. Viel hatten die Deutschen zuvor hingenommen: monatelange Lockdowns, Maskenpflicht, Impfungen ohne Langzeitstudien, Preisexplosionen – alles in Duldungsstarre ertragen. Aber wenn man ihre Autos blockiert, werden die Deutschen munter! Vielleicht sagt das mehr uns als Volk aus als über die Jugend.

Ich will damit nicht sagen, dass ich diese Aktionen förderlich finde. Dass mittlerweile aber „not-wendige“ Aktionen dran sind, merkt man, wenn man in den letzten regenlosen Wochen wieder Wasser durch seinen Garten schleppen musste. Und ich sehe, dass unsere Jugend wacher und aktiver ist als viele glaubten. Und Menschen, die für ein besseres Leben für alle Völker (und nicht nur für die eigene kleine Gruppe) kämpfen, verdienen zumindest Respekt.


10. Juni

Gedanken zum Sonntag:
Wie Gott mir, so ich dir...

Von Pfarrerin Jennifer Schwarz

„Er hat aber angefangen.“ So schallt es oft von Spielplätzen oder Schulhöfen. Der andere hat zuerst geschubst, getreten, beleidigt oder anderes böses getan. Und in der Folge wird meist noch etwas kräftiger zurückgeschubst, getreten oder beleidigt. Und schon ist sie da, die Gewaltspirale. Wir sehen sie im Kleinen wie im Großen.

Einer fängt an und andere manchen weiter. Dieses Prinzip kennt auch die Bibel. Und das nicht nur bei dem vielzitierten Satz: „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Im 1. Johannesbrief lesen wir: „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“ (1.Joh 4,19)
Auch Liebe kann sich vermehren, wachsen und verbreiten. Gott liebt uns und nimmt uns an mit allem, was zu uns gehört – mit unseren schönen Seiten und auch mit unseren Verfehlungen.

Diese Liebe und Nachsicht, die wir bei Gott erfahren, können auch wir an andere weitergeben zum Beispiel durch ein Lächeln oder ein liebes Wort. Und wir können selbst versuchen nachsichtig miteinander zu sein und erfahrenes Leid nicht noch schlimmer zu vergelten. Gott wünscht sich Frieden für uns und ein Leben ohne Gewalt. Ja, er hat angefangen: Er hat uns zuerst geliebt, damit wir weitermachen.


Glaubenssache:
Langes Wochenende

Von Diakon Alexander von Rüden

Na, genießen Sie auch das lange Wochenende? Ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung hat sich den Freitag als Brückentag zwischen Feiertag und Wochenende freigenommen. Optimal für Kurzurlaub oder Familienbesuch, wunderbar! Solche Entschleunigung des Alltags tut gut!

Aber warum hatten wir eigentlich am Donnerstag den Feiertag mit dem eigenartigen Namen „Fronleichnam“? Heute denken wir bei „Leichnam“ immer an Tote. Vor ungefähr 750 Jahren, als das Fest entstand, hatte dieses Wort noch die gegensätzliche Bedeutung: Es meinte den „lebendigen Leib“. Und der Begriff „fron“ ist ein alter Ausdruck für „Herr“. „Lebendiger Leib des Herrn“ ist also mit Fronleichnam gemeint.

Beim Letzten Abendmahl gab Jesus seinen Aposteln Brot, „sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor 11,24) Genau daran knüpft Fronleichnam an und wurde daher auch vergangenen Donnerstag wieder vielerorts festlich begangen mit Prozessionen, geschmückten Straßen und Häusern und Freiluftgottesdiensten.

„Zeig draußen, was du drinnen glaubst“ lautete einmal das Motto einer Aktion des Bonifatiuswerks, des katholischen Diaspora-Hilfswerks. Es bringt auf den Punkt, was wir Katholiken an Fronleichnam verdeutlichen wollen: Indem wir das Brot des Abendmahls, das Brot der Eucharistie, auf die Straßen und Plätze unserer Städte tragen, drücken wir damit aus, dass Jesus Christus unter uns ist und uns nahe ist – auf unseren Wegen im Leben und nicht nur im Kirchenraum! Als große Gemeinschaft, als Volk Gottes, sind wir unterwegs – übrigens auch ein Aspekt, den der Deutsche Evangelische Kirchentag, der an diesem langen Wochenende in Nürnberg gefeiert wird, augenscheinlich macht.


 3. Juni

Glaubenssache:
Wie bitte?

Von Pfarrer Oliver Jusek

Ich versteh dich einfach nicht!
Die Argumente sind ausgetauscht. Die Standpunkte klargemacht. Wie um alles in der Welt kann mein Gegenüber jetzt nicht zu dem gleichen Schluss kommen wie ich? Das geht doch gar nicht. Es ist nicht zu verstehen. Ich würde am liebsten in das Gegenüber hineinschauen. Was geht darin vor?
Was fühlt mein Gegenüber?
Menschen können so kompliziert sein. Ich verstehe das nicht.

Selbst bei Menschen, die mir nahestehen. Die mir wichtig sind. Die ich liebe. Ich habe eine Ahnung vielleicht, was in ihnen vorgeht. Eine Idee. Aber verstehen? Gar durchschauen? Eher nicht.
Wenn ich schon Menschen nicht verstehe, wie soll ich das dann erst bei Gott schaffen?
Ich erwische mich zu oft bei Gedanken wie: Warum lässt Gott das zu? Warum hat er die Welt so geschaffen, wie sie ist und nicht, wie ich sie für logisch halten würde?

Ich bin sicher, dass Gott viel zu groß ist für den menschlichen Verstand. Paulus ist übrigens der gleichen Meinung, wenn er an die Korinther schreibt: Unser Wissen ist Stückwerk.
Gott kann man nicht verstehen. Muss man aber auch gar nicht. Das ist eine sehr befreiende Nachricht für mich. Ich muss nicht alles bis ins Kleinste verstehen. Muss nicht jede Handlung Gottes nachvollziehen können.

Das hilft mir auch im Blick auf meine Mitmenschen. Ich als Mensch kann nie vollständig verstehen, was Gott ist und was Gott tut. Und so kann ich mich zwar mit meinen Mitmenschen über so manches streiten, aber wer letztlich recht hat, weiß allzuoft nur Gott allein. Damit kann ich meinem Gegenüber in Liebe und Offenheit begegnen. Denn zu verstehen ist das nicht.


27. Mai

Gedanken zum Sonntag:
Zweifeln ist angesagt

Von Arno Backhaus

Wer im richtigen Moment zweifelt, tut andern gut, baut sie auf, sichert ihnen Freiheit, schützt Beziehungen, spart Energie, hält die Umwelt sauber und sein eigenes Herz auch. Es gibt zu Wenige die gut zweifeln!

Viele glauben gerne schlechten Neuigkeiten. Einen bösen Verdacht nehmen sie sich liebend gern zu Herzen. Mit dem Guten tun wir uns zuweilen schwerer. Und definitiv schwer haben es alle, über die wir schlechte Neuigkeiten und Verdächtigungen entgegennehmen. Sie laufen immer häufiger gegen eine unsichtbare Wand. Sie sehen nicht, was ihr Leben schwerer macht, aber sie spüren es auf Schritt und Tritt. Uns liegt das Schlechte gut. Aber es tut nicht gut! Das weiß Gott. Er sagte deshalb deutlich: Sag nichts Unwahres über deinen Nächsten! Mein Rat: Zweifle richtig gut!

Wann immer du etwas Schlechtes über einen andern hörst: Zweifle daran, dass du es richtig verstanden hast. Zweifle, dass du genug weißt. Zweifle an deinem Urteilsvermögen. Denke an Gott! Er ist dein Herr. Er als Schöpfer aller Menschen wird sie letztlich beurteilen. Du kannst ohne Nachteile die Finger davonlassen. Denke an dich! Gott hat dich mit einer Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Güte ausgestattet. 


Glaubenssache:
Pusteblume

Von Lektorin Anja Mueller-Opfermann

Ja, ich gebe es zu. Auch ich bin ihm in diesem Frühjahr wieder mit Messer und Ausstecher zu Leibe gerückt. Dabei sieht er doch ganz hübsch aus, der Löwenzahn.

Erst leuchtet jede Blüte wie eine kleine gelbe Sonne auf der Wiese, später verwandelt sich diese in eine weiße, flauschig leichte Kugel aus lauter kleinen Schirmchen.

Diese Samen der Pusteblume erinnern mich an Pfingsten und den Heiligen Geist. Nachdem Jesus die Jünger an Himmelfahrt verlassen hatte, saßen diese oft zusammen und erinnerten sich an die Zeit mit Jesus. Frei von Ihrem Glauben zu erzählen, trauten sie sich nicht. Sie waren müde und kraftlos.

Eines Tages hörten die Jünger und Jüngerinnen ein Rauschen, ihre Herzen öffneten sich, und sie fühlten eine neue und starke Energie, die sie in Bewegung setzte. In der Bibel heißt es dazu, dass die Jünger vom heiligen Geist ergriffen wurden. Sie spürten den Drang, an die Öffentlichkeit zu gehen. Keiner von ihnen war mehr ängstlich Sie begannen in allen möglichen Sprachen Gott zu preisen und von Jesus zu erzählen. Das alles gab ihnen den Mut sich auf den Weg zu machen und den Glauben an immer mehr Menschen weiterzugeben.

So ist das auch mit der Pusteblume. Zunächst sind alle Schirmchen eng miteinander verbunden. Pustet man daran gehen die Samenschirmchen auf Reisen und Verbreiten sich. Die Samen finden immer wieder einen Platz, wo sie aufgehen, wachsen und blühen können. Genauso ist es auch mit dem Glauben: Er wurde und wird immer noch weitergetragen. Überall auf der Welt hat sich das Christentum inzwischen verbreitet.


20. Mai

Glaubenssache:
Damit es weiter summt…

Von Pfarrerin Katharina Ufholz

Heute ist Weltbienentag, hätten Sie es gewusst? Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat 2014 den 20. Mai zum World Bee Day ausgerufen. Denn wir haben den kleinen pelzigen Tierchen einiges zu verdanken. 75 % aller Nahrungspflanzen auf der Erde sind von der Bestäubung insbesondere durch Bienen abhängig. Eine Welt ohne Bienen ist also undenkbar.

Es fasziniert mich immer wieder, was in diesen kleinen Insekten steckt. Um ein einziges Glas Honig zu produzieren, fliegt ein Bienenvolk bis zu 3 Millionen Blüten an und legt dabei eine Strecke zurück, die etwa dreimal um die Erde reicht. Was für ein Wunder! Mich erfüllt das mit Ehrfurcht vor dem Leben und vor Gottes Schöpfung.

Wie treffend finde ich da eine Aufschrift am Ratzeburger Dom in Schleswig-Holstein. Dort steht in einer Mauernische ein steinerner Bienenkorb und über ihm die Worte: „Deus in minimis maximus“ – „Gott ist in den Kleinsten der Größte“.
Aber diese Kleinsten sind gefährdet. Schon seit langem ist das Bienensterben in aller Munde. Und in manchen Teilen Deutschlands sind in den letzten dreißig Jahren etwa Dreiviertel aller Insekten verschwunden. Das ist eine Katastrophe!

In der Schöpfungsgeschichte in der Bibel erhalten die Menschen den Auftrag, die Erde zu bebauen und zu bewahren (Gen 2,15). Es ist unsere Aufgabe, das Leben zu beschützen.
Gut also, dass es Tage wie den Weltbienentag gibt, die uns daran erinnern. Wir alle können etwas tun, damit es weiter summt.


13. Mai

Gedanken zum Sonntag:
Zum Muttertag

Von Pfarrer i.R. Karl Christian Kerkmann

Wir, meine Frau und ich, sind jetzt im Lebensabschnitt der Großeltern. Eine liebe Bekannte sagte vor kurzem: „Die schönste Erfindung ist: Großeltern zu sein!“  Auf einer Karte, die uns Weihnachten erreichte, stand – unter einem Babyfoto: „Ein Kind – das sieht Gott ähnlich!“ Gott zeigt sich uns – in dem Kind von Nazareth. Gott wird einer von uns und kommt uns ganz nah.
Ich bin überzeugt: ein Kind – und wir alle – sehen Gott ähnlich. Ganz am Anfang der Bibel steht: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde!“ Darum: Gott sei Dank! Und den Müttern sei Dank!

Und die Frage stellt sich mir: Was ist eine Mutter? Vor kurzem stand in der HNA im Leitartikel: auf der Internetseite der ARD war, statt von Mutter, von einer „entbindenden Person“ die Rede.
„Etwas so Elementares, unauflöslich mit der Natur des Menschen und seiner Daseinsweise Verbundenes sollte hier bestritten werden.“

Wie auch immer das Verhältnis zur eigenen Mutter war oder ist: Allein in dem Wort „Mutter“ drückt sich ganz viel aus. Da schwingt mit: der Inbegriff von Liebe, Geborgenheit und Verlässlichkeit. Dies wird erfahren und gelebt von Mütter und Vätern, von Großmüttern und Großvätern.

Und das, was wir mit dem Wort Mutter verbinden, „geschieht darüber hinaus in Familien, Partnerschaften, unter Freunden, unter einander Zugewandten, zwischen Menschen mit warmen, offenen Herzen.“
In der Bibel, beim Propheten Jesaja, wird in diesem Sinne ein Gotteswort überliefert: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“

So möge der ‚Muttertag‘ nicht nur ein Tag des Dankens, sondern auch eine Ermutigung zu „mütterlich/göttlichem“ Handeln sein.


Glaubenssache:
Alt wie ein Baum

Von Pfarrer Jens Holstein

Dieser Tage wurde berichtet, dass die Lebenserwartung in Deutschland im westeuropäischen Vergleich niedrig ist. Die Männer werden gut 78 Jahre alt, Frauen können im Durchschnitt auf 83 Jahre hoffen. Das ist gut biblisch.

 Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre. So lautet die bekannte Weisheit aus dem 90. Psalm. Es heißt dann aber weiter: und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe. Aber ist das heute noch richtig?

Die moderne Medizin und die sozialen Systeme ermöglichen der älteren Generation unserer Tage meist einen gesicherten und rüstigen Ruhestand. Vor allem ist da Raum, das Leben zu gestalten. Viele Ruheständler genießen die Zeit mit Kindern und Enkeln oder haben die Möglichkeit auf Reisen zu gehen. Nie zuvor war diese Altersgruppe so aktiv. Das E-Bike hat viele Menschen in Bewegung gebracht, die sich sonst eher auf die Ofenbank als aufs Fahrrad setzen würden.

Vor einigen Jahren wurde gar von der silbernen Kirche gesprochen. Menschen sind zwar ergraut, können aber aktiv das Leben in der Kirche und darüber hinaus mitgestalten. All das ist Grund, mit Dank und Freude das Leben zu schätzen, das uns von Gott geschenkt ist. Das gilt es zu genießen, aber auch zu würdigen. Zugleich möge das Ansporn sein, die Ressourcen im Alter zu nutzen, um etwas zu bewegen. Das kann in der Familie sein aber auch im Engagement für das Gemeinwohl.
Wenn wir unserem Leben damit einen Sinn geben, dann lohnt es sich alt wie ein Baum zu werden, wie es einst die deutsche Rockgruppe Puhdys besungen hat.


6. Mai

Gedanken zum Sonntag:
Singt!

Von Pfarrer Enwood Longwe

Ich weiß nicht, wie es ihnen mit dem Singen geht, aber für mich hat das Singen immer eine befreiende Kraft. Wenn ich Sorge oder eine Krise habe gehe ich in die Küche, mit Händen spüre ich unser Geschirr und singe meine Sorgen weg. Im Singen bekomme ich neuen Mut, spüre eine Kraft in mir, die mir hilft meine Krisen zu bewältigen. Singen öffnet verschlossene Türen: Gesang erhebt unser Inneres über unseren Körper hinaus. Singen erhebt unseren Geist und Körper aus uns heraus. “ Singen bereitet uns auf Gottes Wunder vor hat Oma uns Kindern immer gesagt.

Klimawandel, Corona, Krieg, Hunger, Steigende Kosten, Hass Verschwörungstheorien, Kulturkämpfe. Die Welt….wir befinden uns im Krisenmodus. Die Krisen sind so eng verzahnt, dass ein Zurück zu gewohnter Stabilität nicht zu erwarten ist. Und wo finde ich in so einer Situation Klarheit, Kraft, Hoffnung. Ich singe! „Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben. Die Töne, den Klang hast du mir gegeben, von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen, du Zukunft des Lebens. Dir sing ich mein Lied,“ heißt es in meinem Lieblingskirchenlied aus Brasilien. Kantate(Singt!) heißt es diesen Sonntag. Was ist ihr Lied? Bleiben Sie behütet!

Pfarrer Enwood Longwe ist evangelischer Seelsorger aus Hofgeismar.


Glaubenssache:
„Und vergiss nicht…!“

Von Jürgen Krackrügge

Vermutlich kennen Sie die Werbung, in der für ein Arzneimittel gegen die Vergesslichkeit geworben wird. Natürlich hat der Ehemann, der dieses Mittel auf seiner Einkaufsliste stehen hatte, den Einkauf nicht vergessen.

Ich durfte in dieser Woche meinen Geburtstag feiern. Bei fortschreitendem Alter muss ich gestehen, dass ich schon mal beim Einkauf etwas vergessen habe. So war es kürzlich die „Rote Grütze“ Packung, die meine Frau sehnlichst erwartete, um diesen leckeren Nachtisch für eine Feier anbieten zu können. Peinlich, aber leider gab es diese Packung nicht bei uns im Bürgerladen. Dort hätte man sie ja schnell holen können. Ich vermute, dass Sie ähnliche Situationen kennen.

Mir fiel spontan zur Überschrift eine Satzergänzung aus der Bibel ein. Da heißt es im Psalm 103: „Und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Der Psalmdichter fordert zum Lob Gottes auf und sagt, dass es gut sei, sich daran zu erinnern, was Gott nicht schon alles Gute für uns getan hat. Da möchte ich auch gerne in dieses Lob einstimmen. Ich möchte bekennen, dass Gott mir sehr viel Gutes in meinem Leben gegeben hat.

Dabei fällt mir noch eine Bibelstelle ein, die ausdrückt, dass es bei Gott keine Vergesslichkeit gibt: Der Prophet Jesaja drückt es so aus (Jesaja 49 V.15): „Kann eine Mutter ihren Säugling vergessen? Bringt sie es übers Herz, das Neugeborene seinem Schicksal zu überlassen? Und selbst wenn sie es vergessen würde – ich vergesse dich niemals!“  Das ist Gottes fantastisches Versprechen auch für Sie und mich. Gott sei Dank dafür.


29. April

Glaubenssache:
Bunte Fingernägel

Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs

Seine Hände waren mir gleich aufgefallen: Alle Fingernägel knallbunt lackiert, jeder Nagel in einer anderen Farbe. Ein Blickfang! Und jeder in der Kneipe schaute tatsächlich hin, wenn er Geld kassierte oder das Bier brachte. Ihn schien das nicht zu stören. Er war sich seiner selbst sicher. Bewundernswert, denn nicht alles, was wir von uns zeigen, stößt auf Gegenliebe. Manchmal kann die Reaktion auch heftig sein.

Ich war Mitte 20, als ich mit einem Ohrring nach Hause kam. Für mich damals ein Versuch auszudrücken, wie ich mich fühlte, wie ich gesehen werden wollte. Aus Sicht meines Vaters aber eine Unmöglichkeit für einen Mann. Die Folge: Gesprächsabbruch für lange Zeit! Wer sich zeigt mit dem, was in ihm ist, der muss damit rechnen, dass sich Menschen von ihm abwenden – vor allem, wenn es um mehr als nur einen Ohrring geht. Das tut weh. Aber was Gott ganz bewusst nur in mir angelegt hat, das ist dafür wieder ein Stückchen sichtbarer geworden. Und natürlich wird es andere geben, denen das gefällt, was sie zu sehen bekommen! Auf einmal finde ich Verbündete und stehe mit meiner Meinung nicht mehr allein da.

Gegenseitig stärken wir uns den Rücken und ermutigen andere, sich ebenfalls mit dem zu zeigen, was sie unverwechselbar macht. Und manchmal ist es auch einfach „dran“, sichtbar zu machen, für was und zu wem man steht, wenn man sich an die Seite eines Freundes stellt, der öffentlich angegriffen wird. Denn das gehört zum Wesen von Freundschaft, dem Freund die eigene Stimme zu leihen, damit auch er gehört und erkennbar wird. So kann sichtbar werden und zur Entfaltung kommen, wie Gott einen jeden und eine jede von uns gemeint hat.


15. April

Gedanken zum Sonntag:
Wer's glaubt wird selig?!

Von Pfarrerin Hannah Tinnefeld

Der erste Sonntag nach Ostern hält uns Situationen vor Augen, die viele von uns kennen. Vielleicht eine Situation wie diese: Da erzählt ein Kollege auf der Arbeit eine unglaubliche Geschichte. Eigentlich wirklich interessant, aber schnell werden die ersten Stimmen laut, die fragen: Wer's glaubt wird selig?! Wo ist eigentlich der Beweis? Also ich glaube ja nur, was ich wirklich sehe.

Solche Aussagen sind natürlich oft kein böser Wille, sondern ein Ausdruck unserer Gesellschaft. Als Menschen liegt es in unserer Natur die Hintergründe von Phänomenen und Aussagen zu erfragen. Wie gut! Sonst wären vielen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen wohl niemals solch große Durchbrüche, wie beispielsweise die Erfindung des Telefons oder des Internets gelungen. Diese "Ich glaube nur, was ich sehen kann"-Mentalität kann jedoch auch zu einer echten Herausforderung werden.

Gerade erst haben Christen und Christinnen auf der ganzen Welt das Osterfest gefeiert und damit ein Fest, in welchem es um etwas völlig Unfassbares, die Auferstehung geht. Da kommen viele an ihre Grenzen.

Auch die Jünger und Jüngerinnen staunten wohl nicht schlecht, als da am Abend des ersten Tages der Woche ein Mann vor ihnen stand, "Friede sei mit euch" sprach und ihnen seine Hände mit den Kreuzesmalen zeigte. Sein Jünger Thomas konnte es erst glauben, als er die Wunden Jesu auch wirklich berührt hatte. Jesus versteht die Sorgen und Ängste seiner Freunde und Freundinnen. Behutsam hilft er Thomas in dieser Geschichte seinen Glaube wiederzufinden. So konnte er später auch das glauben, was er nicht sofort sehen und verstehen konnte.

Durch diese Geschichte wird noch heute für uns deutlich: Der Geist Gottes zeigt sich auf unterschiedliche Art und Weise in unserer Welt. Nicht alles ist sofort fass- oder verstehbar. Manches braucht Zeit, damit eine andere Perspektive auf die Dinge möglich wird.

Wie gut, dass wir glaube dürfen! "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben", verspricht uns Jesus.


Glaubenssache:
Wie neu geboren

Von Dekan Wolfgang Heinicke

Opas Ansage war klar: "Erst wenn du alt genug bist, darfst du mit in den Stall, wenn ein Kälbchen geboren wird." Und irgendwann war ich alt genug, um leise zu sein, dass die Kuh keinen Schreck bekommt; um den Erwachsenen nicht im Weg zu stehen, wenn sie Geburtshilfe leisten. Der erfahrenste Nachbar übernahm die Untersuchung: Er wusch sich die Hände, ölte den Arm mit Speiseöl ein und tastete sich voran. Erleichterung, als er melden konnte: "Et ligget richtich röm" – Das Kalb liegt richtig, mit Vorderbeinen und Kopf voran, dann wird hoffentlich alles gutgehen. Und es ging alles gut.

Als unsere Töchter geboren wurden, habe ich versucht, meine Frau zu unterstützen und der Hebamme nicht im Weg zu stehen. Ich habe Ängste um Frau und Kind ausgestanden. Und dann der Moment, als nach großer Anstrengung erst der Kopf und dann sehr schnell das ganze Kind in unserer Mitte war. Ein Wunder, "ein Blick in die Schöpfungsstunde" singt Reinhard Mey von diesem Augenblick.

In diesen Tagen werden wir unsere Mutter begraben. Mich tröstet dabei ein Gedanke Luthers: "Es geht beim Sterben zu, wie wenn ein Kind aus der kleinen Wohnung in seiner Mutter Leib mit Gefahr und Ängsten in diesen weiten Himmel und diese weite Erde geboren wird. So geht der Mensch durch die enge Pforte des Todes aus diesem Leben. Und obwohl die Welt, in der wir jetzt leben, groß und weit scheint, ist sie doch gegen den zukünftigen Himmel viel enger und kleiner als der Mutter Leib gegen den Himmel, den wir heute sehen."

Darum heißt das Sterben der Christen eine "neue Geburt".


8. April

Gedanken zum Sonntag:
Ostern in Zeiten des Krieges

Von Pfarrerin Ulrike Bundschuh

Wie ein Sturm wirbelt der Geist der Auferstehung die Soldaten durch die Luft. Ihre Waffen und ihre Panzer haben keine Macht. Der Marmorsarg bricht auf; der Tod kann Christus nicht festhalten. Das Leben behält den Sieg, die Hoffnung auf Frieden lässt sich nicht zerstören.

Der Maler Matthias Grünewald stellt auf dem Isenheimer Altar in Colmar dar, wie der auferstandene Christus sich befreit aus seinem Grab und die Wächter ihn nicht festhalten können.

Was heißt das in dieser besonderen Situation, in der das Völkerrecht täglich gebrochen wird, in der Menschen im Krieg sterben, fliehen und ihre Lebensgrundlagen verlieren?
Dass Christus lebt, heißt: wir geben die Hoffnung nicht auf, dass Menschen in Frieden auf dieser Erde leben! Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass Menschen ein Leben führen in Würde, in Freiheit und Gerechtigkeit.
Dass Christus lebt, heißt: wir lassen uns nicht entmutigen, selbst wenn die Aufgaben zu groß scheinen: wir üben uns in Gastfreundschaft und nehmen die Menschen auf, die kein Zuhause mehr haben, wir teilen z.B. mithilfe der Tafeln; wir unterstützen, wo es nötig ist; wir öffnen unsere Räume und Herzen.

Der Glaube an die Auferstehung lässt uns Wege suchen, die der Kriegslogik von Macht und Gewalt widerstehen:
Seit Jahrzehnten üben wir in unseren Orten, unseren Gemeinden, in Schulen, in Sportvereinen, wie wir miteinander unser Leben im Frieden gestalten können. Wie das Leben in der einen Welt für alle gehen kann: gewaltfrei und lösungsorientiert. Es sind die kleinen Mosaiksteine, aus denen ein Ganzes wird!
„Christus ist unser Friede!“ Aus dieser österlichen Kraft leben wir – auch und gerade in dieser Zeit!
Christ ist erstanden – er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!


Glaubenssache:
Schlag auf Schlag

Von Prädikant Günther Dreisbach

Vorgestern Gründonnerstag, gestern Karfreitag, heute Karsamstag, morgen Ostern. Übermorgen Ostermontag. Es geht Schlag auf Schlag in diesen Tagen. Und manche konnten Ostern gar nicht abwarten. Osterfeuer schon am Gründonnerstag. Die Freude, das Fest der Auferstehung Jesu Christi zu feiern, ist nicht zu bremsen. Und das ist gut so. Das ist schön!

Aber heute ist erst einmal Karsamstag. Ein komischer Tag. In den Geschichten von der Passion Jesu wird der Tag als Sabbat bezeichnet, an dem die frommen Juden nach dem Gesetz ruhten. Da kennt der Fromme keinen Spaß. Am Sabbat arbeitet er nicht. Das ist ein ganz altes Gebot. Und danach wird sich gerichtet. Und danach richten sich auch die, die das Geschehen um den Tod Jesu auf Golgatha begleiten. Denn in der Ruhe scheint die Kraft zu liegen. Natürlich weiß ich: Ruhe nach dem Gesetz ist »out«. Und auch dass es in der Bibel empfohlen wird, ist »out«. Die Frauen am Grab Jesu, die in der Ruhe Kraft bekommen haben, das schöne Ereignis zu feiern, das vor ihnen liegt, würden heute ja nur noch müde belächelt.

Aber die haben sich auf Ostern gefreut. So wie wir uns darüber freuen. Mit sogar einem zusätzlichen freien Tag. So wichtig ist uns allen die Auferstehung Jesu, der Sieg des Lebens über den Tod! Das feiern wir Ostern. Betrachten wir den zusätzlichen freien Tag doch als Gabe Gottes. Und am besten danken wir ihm das, wenn wir einen der vielen Gottesdienste besuchen, die angeboten werden – auch in dieser Zeitung. Es ist Ostern: Der Herr ist auferstanden, Halleluja! Er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja!


1. April 

Gedanken zum Sonntag:
Nähe und Geborgenheit

Von Pfarrer David Seibel

Als hoffnungslos und lebensbedrohlich können wir die aktuelle Weltlage beschreiben. Nur drei Beispiele: Wieder wird von einer Bankenkriese gesprochen. Beim Klimaschutz verhärten sich die Fronten. In Europa ist seit über einem Jahr Krieg und es ist kein Ende in Sicht.

Mit dem Einzug Jesu in Jerusalem am Palmsonntag beginnt die Karwoche. Die Menschen damals sind ganz aus dem Häuschen. Der Retter, der Friedensbringer, der wahre König kommt! Und dann werden sämtliche Hoffnungen zerschlagen. Leben wird zerstört. Doch so endet die Geschichte Jesu nicht. Es ist die Erfahrung von Nähe und Geborgenheit, die damals neues Leben möglich macht. Die Jüngerinnen und Jünger spüren an Ostern, dass Jesu mitten unter ihnen ist. Durch die Verbundenheit mit ihm und untereinander fühlen sie sich geborgen. Das gibt ihnen Kraft. Statt Hoffnungslosigkeit und Tod spüren sie das Leben und einen tiefen Glauben: Gottes Liebe ist stärker als der Tod.

Die Erfahrungen von Bedrohung und Resignation treffen uns Menschen im Innersten. Sie machen Angst. Die wirksamsten Gegenmittel sind Nähe und Geborgenheit. Und das können wir uns immer schenken, egal wie verrückt die Welt gerade spielt. Wir können uns einander zuwenden. Wir können aneinander denken. Und wem es möglich ist, der kann für andere beten. Schon die kleinsten Zeichen von Nähe und Geborgenheit reichen, um unsere Welt zu verändern. Damit Menschen neue Hoffnung schöpfen und gut leben können. Und damit wir alle Ostern feiern können.


Glaubenssache

Von Pfarrer i.R. Ulrich Trzeciok

„Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt“, man muss nicht erst an einer bipolaren Störung leiden, um zu wissen, wie es einem in solch einer Gefühlslage ergeht.  Diese hält uns auch die Passionswoche bereit, morgen mit dem Palmsonntag beginnend. 

Jesus von Nazaret  zieht zum Paschafest feierlich in Jerusalem ein: Menschenmassen am Wegesrand umjubeln ihn „Hosanna dem Sohne Davids“, Palmwedel werden geschwungen, , Textilien über den Straßendreck gebreitet. Aber es ist kein roter Teppich, denn wenige Tage später ist alles vorbei: „Ans Kreuz mit ihm“.  Tiefer als ins Grab am Karfreitag kann man dem Tod nicht kommen. Und seine Anhängerschaft  ist zu Tode betrübt verschwunden.

Christen, die –gleich welcher Konfession- ihren Glauben ernst nehmen, werden sich in den kommenden Tagen dieser Spannung stellen.  Sie wissen: Jesus zieht nicht wie ein irdischer Triumphator dahin, wie ein Ritter auf seinem Schlachtross, er reitet auf einem Esel, dem Arbeitstier der einfachen Leute, er kommt als sanftmütiger Friedenskönig – wie der Prophet Sacharja es angekündet hatte. Am Karfreitag scheint seine Friedensbotschaft der Gewalt zu erliegen. Christen haben erfahren, dass zu Ostern nicht wieder  ein vergängliches „Himmelhoch jauchzend“  folgen darf, sondern das Bemühen, den zugesagten Frieden in der Welt weiter zu geben. So wie ein wenig Sauerteig eine große Menge Mehl zu genießbarem  Brot werden lässt; Lebensbrot.

Ulrich Trzeciok ist Stadtpfarrer im Ruhestand und Geistlicher Rat aus Naumburg.


 25. März

Gedanken zum Sonntag

Von Pfarrer Andreas Schreiner

Langsam nähert sich auch in diesem Jahr die Fastenzeit ihrem  Ende. Wir begehen an diesem Sonntag schon den fünften Sonntag der Fastenzeit, „Passionssonntag“ oder  „Judica“ genannt. „Judica“  nach dem lateinischen Eröffnungsvers der Liturgie an diesem Sonntag, „Verschaff mir recht, o Gott“. Passionssonntag, weil nun der Schwerpunkt in der Liturgie bis Ostern auf der Passion, dem Leiden Christi liegt.

In der deutschen katholischen Kirche kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: es ist in jedem Jahr am fünften Fastensonntag der Misereorsonntag. Misereor ist die Organisation der deutschen Bischöfe für Entwicklungszusammenarbeit. Früher sagte man auch „Entwicklungshilfe“. In vielen, vielleicht in meisten Gemeinden wird der Gottesdienst an diesem Sonntag besonders unter diesem Gesichtspunkt gestaltet, oft als Abschluss einer längeren Fastenaktion.

„Frau. Macht. Veränderung.“ ist das Leitmotiv in diesem Jahr. Und Misereor stellt besonders Frauen auf Madagaskar in den Mittelpunkt, die um Veränderung in ihrer Gesellschaft ringen. Madagaskar ist eines der am wenigsten entwickelten Länder dieser Erde. Dabei hat es viele natürliche Ressourcen, fruchtbares Ackerland und vor allem unglaublich viel Potential in seinen jungen Menschen.

Madagaskar, so wie alle ärmeren Länder dieser Erde, die ja meist auf der Südhalbkugel liegen, hat viel mehr mit Nahrungsmittelkrise, steigenden Energiekosten und Inflation zu kämpfen als die reicheren Länder des Nordens. Und deswegen möchte ich Ihnen an diesem Wochenende Misereor und all die anderen Organisationen und Hilfswerke ans Herz legen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, unsere Erde für alle Menschen lebenswerter und schöner zu machen.

Andreas Schreiner ist katholischer Pfarrer in Immenhausen, Vellmar, Ihringshausen und Reinhardshagen.


Glaubenssache:
Unerzählte Geschichten

Von Pfarrerin Isabell Paul

Schon vorbei? Dieses Gefühl habe ich oft nach Filmen und Büchern, die mich begeistert haben. Da bleiben viele Fragen in mir zurück. Ich denke an den Nebencharakter, den ich gerne näher kennengelernt hätte. Was ist mit seiner Geschichte? All diejenigen, die nicht im Fokus einer Erzählung stehen, die aber meine Aufmerksamkeit erregt haben und deren Geschichten offenbleiben – was ist mit denen?

Genau an dieser Stelle setzt die Fantasie ein – das finde ich großartig. Hier eröffnen sich plötzlich so viele Möglichkeiten.

Was hat die Stiefschwester aus „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ zu der gemacht, die sie ist?

In biblischen Texten ist das auch so – es gibt Nebenfiguren, die neugierig machen und Dinge, die offen bleiben. Im Johannesevangelium gibt es einen Namenlosen. „Lieblingsjünger“ wird er genannt. Er ist der, der immer wieder im engen Kontakt mit Jesus steht, der die wichtigen Fragen stellt und der Jesus erkennt, wenn andere es nicht tun. Um ihn ranken sich viele Fragen – Wer war dieser Lieblingsjünger? Der Text beantwortet sie nicht.
Ich glaube, das ist der Grund, wieso die unerzählten Geschichten so viel Reiz haben. Diese offenen Stellen lassen die Gedanken frei – Was wäre wenn?

Wenn Aschenbrödels Stiefschwester nur so getan hat, als wäre der Schuhe zu klein, weil sie den Prinzen gar nicht wollte?
Wenn der Lieblingsjünger dir etwas über dich erzählt? Was, wenn der Lieblingsjünger deinen Namen trägt? Du bist jemand, der etwas von Gott in der Welt entdeckt, wo andere es nicht tun. Jemand, der die wichtigen Fragen stellt.
Was wäre, wenn ich diesen Gedanken mit in die Woche nehme?


 18. März

Gedanken zum Sonntag:
Angst und Beten

Von Pfarrer Dr. Jochen Gerlach

Er sitzt vor mir und ich spüre den Druck, unter dem er steht. Der Personalmangel, der Krankenstand, der Kostendruck, das lastet auf ihm. Wir suchen nach dem nächsten möglichen Schritt. Menschen, die Verantwortung für Dienstpläne und Abläufe tragen, haben derzeit in vielen Branchen Schweres zu bewältigen. Klar, vieles kann hier nur politisch gelöst werden. Persönlich hilft es, eine andere Haltung einzuüben.

Psalm 27 bietet uns Worte an, die ein Mensch vor 2500 Jahren unter Druck und in Angst gebetet hat. Er spricht von seiner Angst, seinen Kämpfen, vom Gefühl, dass Gott fern ist und davon, dass er verlassen ist.

„Gott ist mein Licht und meine Freiheit, vor wem sollte ich mich fürchten?“, so beginnt das Gebet. Wenn ich bete, suche ich die Stille, finde Worte für meine Situation. Ich lasse mich auf das Auf und Ab der Gefühle und Gedanken ein. Ich spreche die Angst aus. Das ist der erste Schritt sie zu regulieren. Wenn ich dann „Gott“ sage, die alles durchdringende Macht, die weder bewiesen noch geleugnet werden kann, dann weite ich meinen Blick. Wenn ich „Gott“ sage, dann blicke ich auf meine Situation von außen. Dann wird alles entmachtet und an seinen Platz gerückt: Zwänge, Menschen, ich selbst. Beten schenkt mir ein Stück Freiheit.


Glaubenssache:
Sieben Wochen ohne

Von Lektorin Maryam Parikhahzarmehr

„Sieben Woche ohne Verzagtheit“ ist das diesjährige Motto der evangelischen Fastenaktion. Das ist schön gesagt. Aber es fällt mir nicht leicht, nicht verzagt zu sein. Meine Gedanken sind bei den Mädchen im Iran, auf die Giftattacken ausgeübt werden. Während in Deutschland Konzepte zum Wohl der Schülerinnen und Schüler erstellt werden, sehen wir, wie im Iran Schulmädchen vergiftet werden. Warum? Es gibt keine Erklärung. Kann ich da unverzagt sein? Ich kann es nicht. Der iranische Präsident macht die Feinde des Iran dafür verantwortlich. Und  er meint die USA und Israel. Eltern fühlen sich ratlos, wollen ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken. Ich bin dankbar, dass unsere Außenministerin Annalena Baerbock diesen Skandal, der an iranischen Mädchen geschieht, deutlich beim Namen genannt hat. Und ich bete dafür, dass den Mädchen geholfen wird, Mädchen, die so alt sind wie meine Töchter.

Ich tue mich schwer mit „Sieben Wochen ohne Verzagtheit“. Aber ich  bete. Ja, ich bete. Ich vertraue darauf, dass Jesus, an dessen Leidensweg wir in dieser Passionszeit denken, mein Beten hört. Ich will ihm in den Ohren liegen. Ich will ihm von meiner Verzagtheit erzählen. Und ich hoffe, dass er mein Gebet hört und hilft.

Zu den Themen der Aktion „Sieben Wochen ohne“ gehört auch das Segnen. Das ist die Zuversicht, dass Gott uns nicht allein lässt. Meine kleine Tochter hat kürzlich das Segenszeichen, das Kreuz, für sich entdeckt. Manchmal zeichnet sie uns ein Kreuz auf die Stirn. Das lässt uns hoffen: Gott lässt uns nicht allein. Und die bedrohten Mädchen in meiner Heimat auch nicht.


 11. März

Gedanken zum Sonntag:
Sehnsucht nach...

Von Pfarrer Jonathan Bergau

Schnee, Kälte, Schmuddelwetter. Ich habe die Schnauze voll vom Winter. Ich sehne mich nach Sonne, Wärme, nach Frühling. Auch die Tulpen auf dem Esstisch können meine Laune nicht heben. „Ab in den Süden, bloß weg von hier“, denke ich manchmal.

Ich denke an den vergangenen Sommer zurück. Damals saß ich schwitzend hier am Schreibtisch. Die Sonne spiegelte sich in meinem Bildschirm und erschwerte das Arbeiten. Ich hatte die Schnauze davon voll und ersehnte Abkühlung. „Ab in den Norden, bloß weg von hier“, dachte ich damals manchmal.

Vielleicht denken Sie, dem kann man es auch nicht recht machen. Im Winter will er es wärmer haben und im Sommer kälter. Ich gebe zu, ich erschrecke selbst über mich. Nicht nur bei der Frage nach dem Wetter, auch in vielen anderen Bereichen geht es mir so. Ich spüre eine tiefe Sehnsucht nach Dingen, die ich gerade nicht haben kann. Wohin mit dieser Sehnsucht? Eine Reise in den Süden oder in den Norden je nach Jahreszeit könnte meine Sehnsucht nach Wärme oder Kälte zumindest teilweise befriedigen. Die Sehnsucht nach der Lösung der großen Fragen des Lebens lässt sich nicht so einfach stillen. Ich sehne mich nach heilen Beziehungen, nach Gesundheit, nach dem Ende der Kriege, … .

Als Fragender, als Sehnsüchtiger stimme ich ein in das Lied: „Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir. Wir hoffen auf dich, sei da, sei uns nahe, Gott.“ Ich stimme mit meinen Sehnsüchten ein auch für die, denen die Stimme wegbleibt.


Glaubenssache:
Männer an den Herd!

Von Pfarrer Johannes Heicke

Zwei Termine fallen jedes Jahr nah zusammen: Der Weltfrauentag am 8. März und der Weltgebetstag am ersten Freitag im März, der von Frauen überall aus der Welt vorbereitet wird. Ich finde es erstaunlich, wie progressiv die Bibel in diesen Fragen ist – jedenfalls wenn man sie vor ihrem historischen Hintergrund betrachtet: „Hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr seid allesamt einer in Christus“ (Galater 3, 28) steht da zum Beispiel oder „Ordnet euch einander unter“ (Epheser 5, 21). Leider hat die Kirche viel zu oft auf die vielen anderen Stellen geschaut (und tut es noch heute), die der damaligen Männerherrschaft verhaftet waren – anstatt darauf zu sehen, wie revolutionär auch Jesus mit den Frauen umging.

Beim Lesen der Artikel zum Weltfrauentag fiel mir allerdings eine Schieflage auf: Da wird von Politik und Arbeitgebenden gefordert, in männerdominierten Berufen zum Beispiel in der Industrie dafür zu sorgen, dass Familie und Beruf besser zu vereinbaren sind, damit auch Frauen in diesen Berufen arbeiten können. Mein Eindruck ist, dass die fehlende Familienfreundlichkeit nicht nur an der Politik und den Arbeitgebenden liegt, sondern auch daran, dass wir Männer oft selbst nicht dafür kämpfen, die gleichen Kinder-Betreuungszeiten in Anspruch zu nehmen wie unsere Frauen. Am Ende ist uns unsere Karriere eben doch wichtiger als Gleichberechtigung und Familie, und wir geben unseren Frauen nur wohl oder übel, was sie fordern. Unbewusst gehen wir doch davon aus, dass sie den Großteil des Haushalts und der Erziehung übernehmen. Zuerst müssen wir uns also an unsere eigene Nase fassen.


4. März

Gedanken zum Sonntag:
Engel ohne Grenzen

Von Dekan Wolfgang Heinicke

Am 4. März 1948, heute vor 65 Jahren, starb sie an Krebs im Alter von 59 Jahren: Elsa Brandström. Ihr Vater war schwedischer Offizier im Auslandsdienst im russischen Sankt Petersburg. Dort wuchs sie auf, war Teil der höheren Gesellschaft. Sie meldet sich zu Beginn des 1. Weltkriegs freiwillig als Krankenschwester der russischen Armee. 1915 soll sie für das schwedische Rote Kreuz für die deutschen Kriegsgefangenen in Sibirien eine medizinische Grundversorgung organisieren. Die Lager sind völlig überfüllt und unterversorgt, bis zu 80 % der Menschen sterben. Im Kampf gegen diese Zustände ist sie erfolgreich. In einem Lager sinkt die Sterblichkeit auf 18 %. Kein Wunder, dass sie „Engel von Sibirien“ genannt wurde.

Nach dem 1. Weltkrieg organisiert sie in Deutschland ein Sanatorium für ehemalige Kriegsgefangene, betreibt ein Kinderheim. Sie ist sehr anerkannt, erhält die Ehrendoktorwürde der Universität Tübingen. Die Nazis hätten sich gerne mit ihr geschmückt; aber mit ihnen will sie nicht zusammenarbeiten. Gemeinsam mit ihrem Mann, einem deutschen Hochschullehrer und Sozialisten, und ihrer Tochter Brita geht sie 1933 in die USA. Sie kümmert sich dort um Menschen aus Deutschland und Österreich, die vor dem Nazi-Terror fliehen müssen.

Wie gut, wenn mutige Menschen sich durch Grenzen aller Art nicht aufhalten lassen, einander beizustehen. Wir brauchen sie gerade sehr.


Glaubenssache:
Nicht aufgeben.

Von Pfarrerin Pille Heckmann-Talvar

Als ich Kind war, hatte ich vor zwei Sachen fürchterliche Angst: vor dem Zahnarzt und vor der Erbsensuppe. Immer Ende September fuhr ein großer
Bus auf den Schulhof. Nach der ersten Erfahrung mit diesem Bus, als nämlich die Zahl meiner Milchzähne dabei gründlich reduziert wurde, bekam ich Angst. Bis ich einmal strahlend in die Klasse zurückkehrte: „Alles
in Ordnung“. Zahnarzt musste sein!

Aber Erbsensuppe! Die Sache machte noch schlimmer, dass die Lehrerin, die daneben stand, mit ihrem knochigen Zeigefinger auf meinen Kopf klopfte: „Da gibt es noch etwas!“ Natürlich gab es da noch etwas: diese hässlichen Möhrenstücke mit Zwiebeln. Ich verzichtete auf diese Suppe. Stattdessen ging ich zu Onkel Alex in seine Werkstatt. Er sah mich kurz an, als ich mich auf meinem Hocker zusammenkroch. Kein Wort hat er gesagt, hämmerte oder hobelte weiter, dann begann er ganz leise zu singen. „Kindlein, Kindlein, alles gut, mein Kindlein.“ „Was, du warst beim Alex?“ Hat man mich gefragt. „Er ist ein Gläubiger!“ Das klang wie: „Der ist ja ein Verrückter“.

Beim nächsten Besuch fragte ich Alex: Was bedeutet das, ein „Gläubiger“? Er deutete an das kleine Kreuz an der Wand. Es hing zwischen den Sägen und Hämmern. Es war immer da. Ich dachte, es ist so eine Art Werkzeug, deshalb habe ihn ihm keine besondere Bedeutung beigemessen. „Gläubig sein“, sagte Alex, „bedeutet, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass es trotz allem wieder gut wird.“ Und er begann wieder zu summen: „Kindlein, Kindlein…“. Wie gut, dass es Onkel Alex gab. Mit ihm habe ich die schlimmsten Zeiten mit der Erbsensuppe gut überstanden. Das Kreuz aber, auf das er damals deutete, das ist zum Begleiter meines Lebens geworden. Mit den Worten des Liederdichters Eckhard Bücken: „Kreuz, zu dem ich fliehe aus der Dunkelheit; statt der Angst und Mühe ist nun Hoffnungszeit.“ 

So einen schlichten Glauben, wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen, in dieser so unsicheren Zeit.


 25. Februar

Glaubenssache:
Grenzen verschieben

Von Pfarrer Sascha Biehn-Tirre

Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt lautet dieser Tage das Motto. Gerade noch faschingsfröhliche Ausgelassenheit, jetzt Fasten und Rückschau auf die eigenen Fehler. Natürlich: Ich kann Jahreslauf Jahreslauf sein lassen. Doch dann entgeht mir die tiefere Bedeutung hinter den Zeiten und das, worauf sie mich vielleicht hinweisen.

Im Fasching kann ich im Spiel die Grenzen überschreiten: Auf Zeit und in der Gewissheit, dass ich zu ´Normal´ zurückkehren werde. Anders sein, als es mir sonst aufgegeben ist. Was belastet, wird auf die Schippe genommen oder an den Rand gestellt. Gesellschaftliches, das sonst ohnmächtig macht, wird aufgegriffen, angeprangert, verurteilt.  Die Fastenzeit hingegen fokussiert uns auf das Wesentliche. Jährlich erinnert sie uns, dass eine Umkehr, ein ´Anders´, ´Besser ´, ´Jetzt Richtig´ möglich ist. Wer leben will, muss beides: Immer wieder Grenzen überschreiten, um über sich hinauszukommen. Und auf das Richtige und Wesentliche zurückkehren. In der Religion fließt beides zusammen: Wenn im römischen Reich des ersten Jahrhunderts Herren und Sklaven, Frauen und Männer als Gemeinde Gesellschaftsunterschiede überwinden, sich gleichberechtigt begegnen. Wenn Menschen sich im Krieg gegen Angreifer wehren müssen, als Christen aber am Frieden als Maßstab und göttlichem Ziel für uns festhalten. Wenn der furchtbare Nachbar trotz allem mein Nächster ist und wir gemeinsam von Gott geschaffen und damit gewollt sind.

Die Grenzen zu verschieben, immer mehr zum Wesentlichen, darauf kommt es an. Der Glaube setzt uns dazu in Bewegung. Sind Sie dabei?


18. Februar

Gedanken zum Sonntag:
Liebe - Brot und Rosen

Von Pfarrer Karl Waldeck

Mit dem Rosenmontag startet die kommende Woche. Nicht jeder feiert Karneval, doch Rosen lieben alle: ihre Schönheit und ihren Duft. Die Rose ist Symbol der Liebe - am vergangenen Dienstag war Valentinstag.

Doch steht die Rose nicht nur für romantische Liebe. Von Nächstenliebe, Brot und Rosen erzählt eine Geschichte, die 800 Jahren alt ist. Ihre Hauptperson ist die junge Thüringer Landgräfin und spätere Heilige Elisabeth - eine tatkräftige Freundin der Armen. Eines Tages geht Elisabeth von der Wartburg in die Stadt Eisenach, um den Armen Brot zu bringen – einen ganzen Korb voll! Ein solcher Ausflug und so viel Barmherzigkeit werden von ihrer adligen Verwandtschaft nicht gern gesehen. Auf dem Weg trifft sie ihre Schwiegermutter - manche sagen auch ihren Mann.  Elisabeth wird gefragt, was sie in ihrem Korb trägt. „Rosen“, antwortet Elisabeth – und lüftet das Tuch: Tatsächlich enthält der Korb nur Rosen – ein Wunder! Die Armen vergisst Elisabeth dabei nicht.

Eine schöne Legende ist das, und sie hat eine gute Botschaft: Hilfe - Brot - und Schönheit - Rosen - gehen gut zusammen: Genauso ist es mit der Liebe: Mein Herz kann ich einem einzelnen Menschen schenken und zugleich offene Augen und tätige Hände für meine Mitmenschen haben – als Nächstenliebe.


11. Februar

Gedanken zum Sonntag:
Prinzessin sein

Von Pfarrerin Irmhild Heinicke

Sie ist so gerne Prinzessin. Meine Enkelin Charlotte trägt das Prinzessinnenkleid im Grunde seit Weihnachten am liebsten jeden Tag.  Es steht ihr gut. Bei den kommenden Karnevalsfeiern werden auch viele andere kleine und große Prinzessinnen zu sehen sein.

Prinzessin sein:  etwas Besonderes sein, hübsch, angesehen, ohne irgendwelche Belastungen und Sorgen des Alltags. Davon kann man träumen. Als kleiner Mensch oder als großer Mensch. Und wie schön, wenn man wenigstens zur Karnevalszeit einmal in eine ganz andere Rolle hineinschlüpfen kann.

Oft sind es eher ‚Traumrollen‘, die uns schön oder mächtig oder zumindest lustig zeigen. Manchmal zeigen wir mit den Kostümen aber auch etwas von den dunklen Seiten. Gruselkostüme zeigen bei allem Spaß doch auch, dass es solche dunklen Seiten in Menschen, in mir gibt. So oder so zeigen Kostüme etwas von mir, von meinen Wünschen, meinen versteckten Fähigkeiten, meinen noch besser versteckten Abgründen. Wenigstens zum Karneval haben wir die Gelegenheit, uns noch einmal ganz anders darzustellen, nicht festgelegt auf das, was sonst den Erfordernissen des Lebens entspricht. ‚Eigentlich bin ich ganz anders. Ich komm′ nur viel zu selten dazu‘ singt Udo Lindenberg.

Wer bin ich eigentlich wirklich? Es gibt so vieles, was zu mir gehört. Schönes und ehrlicherweise auch Schwieriges und Falsches. Wer bin ich eigentlich wirklich? Die Bibel antwortet: Du bist Gottes Kind, egal, was du sonst noch bist. Und wenn Gott ein König ist, dann bin ich seine Prinzessin (oder sein Prinz). Und Gott sieht, was in mir steckt, im Guten und im Schlechten. Er sieht mich und sieht dich mit den Augen der Liebe. Ein Lied zur Jahreslosung sagt: ‚Du siehst mich, wer ich bin und werden kann. Du siehst mich, so wie ich bin, nimmst du mich an. Du siehst mich, nimmst deinen liebevollen Blick nicht von mir. Du siehst mich an‘.


Glaubenssache:
Liebe festhalten

Von Pfarrer Martin Jung

Er sitzt da und hält ihre Hand. Er heißt Mesut und seine Tochter hieß Irmak. Das Erdbeben in der Türkei ist vorbei und Mesut hat alles verloren. Er sitzt vor den Trümmern seines Hauses. Seine Tochter ist tot. Eingeklemmt unter Betonplatten ist nur ihre Hand zu sehen. Und Mesut hält sie. Ganz vorsichtig liegt ihre in seiner Hand. Er kann nicht loslassen. Sein Blick ist leer und der Schock sitzt tief. Dieses Bild von Mesut Hancer ging durch alle Medien. 

Und mich hat es tief berührt. Denn er spürt wahrscheinlich, dass seine Tochter tot ist, aber seine Liebe zu ihr ist so stark, dass er sie nicht loslassen will. Er will festhalten an ihr, an dem gemeinsamen Leben und an dem, was war. 

Wenn jemand stirbt, ihn festhalten wollen – das kenne ich. Menschen, die mich mein ganzes Leben begleitet haben, sterben einmal und ich muss damit klarkommen. Ich kann nicht mehr zu ihnen sprechen, sie nicht mehr umarmen und nicht mehr mit ihnen leben. Manchmal erwarten wir den Tod, aber oft kommt er dann doch plötzlich. Der Tod ist stark und mächtig. Das sehe ich bei Mesut Hancer. Aber ich sehe bei ihm noch mehr. Da ist Liebe. Eine Liebe, die selbst der Tod nicht zerstören kann. Diese Liebe, so glaube ich, ist uns von Gott geschenkt. Sie macht das Leben reich und schön, aber auch schmerzhaft bei jedem Verlust. 

Und doch halte ich mich an Gottes Liebe fest. Sie tröstet mich in manchem Leid und gibt mir Hoffnung, über den Tod und den Schmerz hinaus. Mesut Hancer musste seine Tochter loslassen. Aber an der Liebe wird er festhalten. Viel Kraft und Halt – das wünsche ich ihm und allen Menschen in der Türkei und in Syrien.


4. Februar

Jetzt ist die Zeit!

Von Pfarrerin Katja Simon

Der Ball ist rund und das Spiel dauert 90 Minuten. So lautet einer der berühmt gewordenen Sätze von Sepp Herberger, dem Trainer der deutschen Weltmeisterelf von Bern 1954. Wer ein Fußballspiel anschaut, orientiert sich an der Zeit. Wann beginnt das Spiel?  In der wievielten Minute des Spiels befinden wir uns?  Und gerne rufen die Fans in Richtung Spielfeld oder TV „Jetzt!“, wenn endlich das Tor fallen sollte. Dabei müssen die Begeisterten aufmerksam sein. Mittendrin im Spiel sein. Nur Zuschauen bringt nicht viel.

„Jetzt ist die Zeit“ - so lautet die Überschrift über dem Kirchentag in Nürnberg, der am kommenden Kirchentagssonntag in den Mittelpunkt gerückt wird. In der fränkischen Metropole wird gemeinsam auch mit Nichtevangelischen gebetet, gesungen, gefeiert, gegessen und debattiert. So ist der Kirchentag selbst eine gut gefüllte Zeit mit tollen Begegnungen. Wie das Reich Gottes mitten unter uns. Das Mitmachen steht im Mittelpunkt. Nicht nur das Zuschauen.

Es ist aber zugleich auch eine Ermahnung und ein Weckruf: „Jetzt ist die Zeit“. Die vier biblischen Worte stammen aus einer Predigt, in der Johannes der Täufer sagt: „Die Zeit ist erfüllt. Das Reich Gottes ist nahegekommen. Es ist nun Zeit, umzukehren und Buße zu tun.“ Mit dieser Botschaft will uns der Kirchentag ermutigen: Gott traut der Menschheit zu, dass sie innehält, anhält, umkehrt und einen neuen Weg einschlägt. „Jetzt ist die Zeit“, sagt der Kirchentag nicht, um den zeitgestressten Menschen noch mehr zu stressen. Aber er vermittelt die klare Erkenntnis: „Jetzt ist die Zeit, um loszulegen. Denn unsere Zeit ist davon gekennzeichnet, dass wir die Nebenwirkungen unseres Handelns nicht auf Morgen schieben können: Klimawandel, Energiekrise und Frieden.“

So lädt der Kirchentag dazu ein, sich mit anderen zu verbünden, Gedanken zu tauschen, Pläne zu schmieden und Schwerter umzuschmieden. Damit das Reich Gottes mitten in dieser Welt beginnen kann und für andere spürbar wird. Er lädt die Müden ein, aufzutanken und die Mitgerissenen, auch andere zu begeistern. Er erinnert an die Zusage und Verheißung Gottes: Ich bin mit euch alle Tage.


28. Januar

Gedanken zum Sonntag:
Die Liebe Gottes

Von Diakon Jürgen Jaklin

Ich erlebe es immer wieder bei Begegnungen, Familienfeiern
oder Festen, dass man eingeschätzt wird.
Die erste Frage: was machst Du beruflich.... und sie kennen dann
den Katalog, der noch abgefragt wird.
In der Familie muss dann noch erzählt werden, was noch alles
angeschafft wurde, wo der Urlaub verlebt wurde, usw.

Unser christlicher Glaube basiert zum Glück nicht auf diese
Erfolgserlebnisse!
Und, wir müssen nicht lügen!
Unsere christlichen Grundwerte liegen in einem ganz
anderem Bereich.
Wer von uns kennt sie noch..
Barmherzigkeit, Liebe, Herzensreinheit, Friedenswillen
und Seligkeit.
Die dauerhafte Zuwendung Gottes, seine unendliche Liebe
schenkt er uns ohne Bedingung!
In der Bergpredigt hinterlässt er uns die Grundwerte
unseres Glaubens - sein Vermächtnis.

Wir müssen uns entscheiden, wie er es von Petrus
verlangt hat: Quo Vadis!?
Wohin führt Dein Weg?

Der Weg bedeutet nicht: Egoismus, dem Glück nachjagen und ohne Grundlage
zu Kritisieren, sondern sich selber einzubringen!
Als Beistand, erleben wir die Liebe Gottes!

Ihr Diakon Jürgen Jaklin

Jürgen Jaklin ist Diakon der katholischen Kirchengemeinde St. Peter in Hofgeismar.


Glaubenssache:
Computer schreibt Andacht

Von Pfarrer Philipp Torben Ruess

Texte und Andachten zu Schreiben ist harte Arbeit. Vor allem der Schritt davor: Über was will ich eigentlich schreiben? Stimmt die grundlegende Idee, ist der Text schnell geschrieben. Aber dieser erste Schritt ist richtig anstrengend. Manchmal fehlt die entscheidende Idee, die den Text interessant und lesenswert macht. Kommt bei mir noch Zeitdruck dazu, dann hilft mir eine kurze Recherche im Internet. Selbst wenn man im Anschluss keine gute Idee hat, fanden sich ein paar Absätze, die man vielleicht neu zusammensetzen kann. Die Andacht ist dann nur so La-La und ein Plagiat. Aber wie mein Mentor schon sagte: Besser gut kopiert, als schlecht erfunden. Nur eine Gewohnheit sollte das nicht werden.

Bestimmt haben Sie in den letzten Wochen schon von ChatGPT gehört. Einer Künstlichen Intelligenz, die Texte schreiben kann. In meiner digitalen Bubble wurde schnell diskutiert, ob ChatGPT vielen Kreativen die Schreibarbeit abnehmen kann. In meinen Versuchen konnte ich der Software zumindest halbwegs passable Andachten entlocken. Aber nur dann, wenn ich im Vorlauf auch eine gute Idee für den Schreibauftrag hatte. Eigentlich nicht weiter verwunderlich. Denn so genial die Software ist, im Hintergrund nimmt sie auch nur vorhandene Texte und setzt Sie neu zusammen, nur eben schneller als ein Mensch.

Aber so richtig gut und lesenswert war das alles nicht, manchmal sogar Hanebüchen. Eben Versatzstücke aus Texten, die man im Internet so finden kann. Auf absehbare Zeit also auch nur ein Hilfsmittel, das so gut ist, wie derjenige der es bedient und aufzeigt, wie wertvoll eine gute Idee ist.


21. Januar

Gedanken zum Sonntag:
Ich schäme mich nicht

Von Pfarrer Sven Wollert

Es war ganz einfach, Standard für einen guten Torwart wie ihn – eigentlich: Die verunglückte Flanke oben abfangen, zwei oder drei Schritte, den Ball nach vorne werfen und den Konter einleiten. Dumm nur, dass der Ball jetzt hinten im Netz liegt: Durch die Handschuhe geflutscht …

Nun steht er da und weit und breit kein Loch im Erdboden zu finden, um darin zu versinken. Er schämt sich – vor den Mitspielern, den Zuschauern, vor allem aber vor sich selbst.
Auch ich kenne Situationen, in denen Flucht eine sinnvolle Alternative scheint, weil ich anderen nicht unter die Augen kommen will. Und es gibt Themen, die man schamvoll umschifft. Das eigene Geld gehört zumindest in Deutschland dazu. Beim Thema Sexualität ist zuletzt einiges in Bewegung geraten, aber auch da wird von vielen immer noch nobel geschwiegen.

Inzwischen scheint auch der Glaube wieder auf die Tabu-Liste zu rutschen. Der sei Privatsache, heißt es dann. Der leitende Pfarrer der evangelischen Kirche im Rheinland sprach in dieser Woche davon, dass die Worte des Glaubens für viele inzwischen wie Klingonisch klängen – eine Kunstsprache, die für die Serie „Raumschiff Enterprise“ erdacht wurde.

So ungewohnt es mir erscheint, ist die Situation doch nicht neu. Mindestens in der Anfangszeit der Kirche war es wohl ähnlich. „Ich schäme mich des Evangeliums nicht!“ schreibt Paulus an die Gemeinde in Rom. Deswegen will er zu ihnen kommen und die Frohe Botschaft bezeugen. Aus gutem Grund – damals er, heute wir, auch ich.


Glaubenssache:
Von wegen Provinz!

Von Pfarrer Karl-Alfred Dautermann

Was für ein Gottesdienst! Da sitzen wirklich Menschen aus aller Herren Länder vor mir. Ukrainer, eine junge Frau aus Belarus, Iraner, Syrer, Pakistani, Togoer und sogar eine Frau aus Mexiko. Was für ein buntes Bild mitten in der deutschen Provinz. Längst ist die Welt auch bei uns angekommen. 

Der Wochenspruch erinnert mich daran: „Es werden kommen von Osten und Westen, von Norden und Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes“, sagt Jesus in Lukas 13,29. Für Jesus ist das kein Schreckensszenario, sondern die Erfüllung seiner Träume. Menschen aus der ganzen Welt, vereint im Glauben an ihn. So wird es sein in Gottes neuer Welt. Gewöhnen wir uns daran! Freuen wir uns daran! 

Natürlich bleibt das auch eine Herausforderung. Die Sprachbarriere, die kulturelle Verschiedenheit hat schon für manches Missverständnis gesorgt. Und manchmal, da ist es richtig anstrengend. Da braucht es Geduld und Liebe. Aber es lohnt sich. So wie beim Weihnachtsgottesdienst mit 100 ukrainischen Flüchtlingen vom Baby bis zum Greis. Da wurde gesungen und gespielt, gepredigt und gegessen, da wurde gelacht und natürlich auch geweint. Aber die Herzen waren einander zugetan. Der Geruch der Liebe verbreitete sich. So war es richtig. Ein kleiner Vorgeschmack auf den Himmel. 

Sie bleiben skeptisch? Dann möchte ich Ihnen Mut machen. Es ist gar nicht so schwer. Das Herz in die Hand und den ersten Schritt getan, das erste Wort gesprochen, und sei es mit Google-Übersetzer. Ich verspreche Ihnen, eine neue Welt tut sich auf. Und vielleicht ist es sogar Gottes neue Welt. Wir leben schließlich nicht mehr in der Provinz.


14. Januar

Gedanken zum Sonntag:
Freiraum für Gott

Von Pfarrer David Seibel

Mit dem Sonntag beginnt nach christlichem Verständnis die neue Woche, mit dem Montag dann die neue Arbeitswoche. Vor aller Arbeit liegen also Ruhe und Erholung. Am nächsten Tag kann es dann mit frischer Kraft ans Werk gehen.

Der Sonntag bietet zum einen Freiräume für sich selbst und für die Familie. Zum anderen bietet er Gelegenheit für den Gottesdienst oder die persönliche Zwiesprache mit Gott. Anregung dafür kann der jeweilige Wochenspruch sein. Für die neue Woche lautet dieser: „Aus seinem Reichtum hat er uns beschenkt, uns alle mit grenzenloser Güte überschüttet.“ (Joh 1,16)

Ich bin reich beschenkt und grenzenlos geliebt. Welch stärkende Zusage für die neue Woche! Vom Reichtum und von der Güte Jesu ist hier die Rede. Ich überlege: Was gibt mir Jesus? Und wie merke ich das in meinem Alltag?

Jesus gibt mir einen Zugang zu Gott. Liebe und Zuwendung sind dabei für mich die treffendsten Begriffe. Wenn ich Liebe und Zuwendung in meinem Alltag spüre, ist das etwas Großartiges. Dann fühle ich mich tatsächlich reich beschenkt und mit grenzenloser Güte überschüttet. Ich bin gespannt auf dieses Wirken Gottes in meinem Leben in der kommenden Woche.


Glaubenssache:
Mache dich auf!

Von Ursula Muth

Ava hat es in die Freiheit geschafft! Aus der Unterdrückung im Iran ist ihr die Flucht nach Deutschland gelungen. Sie hatte als Archäologin in einem interessanten Projekt im Norden des Iran gearbeitet und sich dabei in einen Kollegen verliebt. Nach der Heirat lebte Ava in seiner Familie nach seinen Vorstellungen vom Islam. Sie hielt sich an die fünf gemeinsamen Gebetszeiten. Sie saß beim Beten hinter ihm, damit er sich ganz auf Gott konzentrieren konnte. Sie verließ nur noch in Begleitung das Haus und trug dabei den schwarzen Tschador. Das war eng, völlig fremdbestimmt. Sie verlor mit ihrem Glauben auch ihre Identität. Verzweifelt trennte sie sich von ihrem Mann.

Aber als alleinstehende Frau lebt es sich schwer im Iran. Ihre Herkunftsfamilie verachtete sie. Als die Proteste gegen das Mullahregime begannen, keimte in ihr Hoffnung auf Veränderung auf. Aber als sie hilflos mitansehen musste, wie eine Freundin brutal von den Sicherheitskräften verschleppt wurde, war Ava am Ende ihrer Kräfte. Zwei Kolleginnen erzählten mehr und mehr von ihrem christlichen Glauben. Hier hatten auch die Frauen etwas zu sagen. Der Respekt vor dem Mitmenschen bestimmte das Denken. In den Büchern der Bibel, fand sie heraus, werden die großen Fragen nach Gott und den Menschen aus sehr verschiedenen Perspektiven verhandelt – Christinnen und Christen bleiben offen im Denken und Begegnen. Ava las, dass die Geschichte Israels mit einem Auszug und langer Wüstenwanderung begann, dass Abraham von Gott zum Aufbrechen aufgefordert wurde und dass Jesus immer unterwegs war zu den Menschen. Sie hörte Gottes „Geh, mache dich auf!“ Plötzlich wusste sie: So wollte sie leben, als Frau respektiert und unterwegs zu neuen (Denk-)Erfahrungen.

Am Donnerstag hat Ava ihr Gespräch beim Bundesamt. Es wird entscheiden, ob sie in Deutschland bleiben darf, weil sie Christin geworden ist.


7. Januar

Gedanken zum Sonntag
"Du bist ein Gott, der mich sieht"

Von Pfarrer Markus Schnepel

"1, 2, 3 und weg bin ich", rufen die Kinder auf dem Kirchplatz. Sie gehen in die Hocke und halten sich die Augen zu. Dann sind sie weg; nicht mehr zu sehen. Davon sind sie fest überzeugt. 

Der wohlige Schauer besteht in der Spannung, weg zu sein, und doch zu wissen, dass die anderen noch da sind und ich ganz leicht die Augen auf machen kann, wir uns sehen und alles gut ist. Wehe, da wäre niemand mehr, wenn die Augen aufgehen. Ein Alptraum. 

"Du bist ein Gott, der mich sieht", ist die Jahreslosung für das Jahr 2023. In einer komplizierten Situation voller Abhängigkeiten und Unterdrückungen von Hagar auf den ersten Seiten der Bibel gesprochen. Gott begegnet ihr, sieht sie in ihrer schwierigen Lage und macht ihr so Mut. Lebensmut. 

Gott sieht mich an. Jetzt, in jedem Augenblick. Vielleicht durch die Augen der anderen, durch seine Schöpfung, durch einen besonderen Moment der Berührung. Es bleibt kompliziert. Mitunter traurig und leidvoll. Aber Gott sieht mich liebevoll an. Nicht als Überwacher und Kontrolleur. 

Ich habe eine Weile gebraucht, um dieses Bild von Gott abzulegen. Jetzt tut es mir gut, gesehen zu werden. Ohne Bewertung, einfach so. Gott übersieht mich nicht. Mit allem, was gerade so in mir und um mich los ist. 

Der Blick in das Jahr 2023 ist mit vielen Unsicherheiten verbunden. "1, 2, 3 ich bin hier!" rufe ich und fühle mich gesehen. Oder wie beim Kinderspiel: "1, 2, 3 ich bin frei!". So kann das Jahr kommen.

"Du bist ein Gott, der mich sieht."

Glaubenssache
Gott sieht mich

Von Lektor Günter Schnellenpfeil

Wir denken oft, dass Gott wegschaut, bei allen Unglücken die jeden Tag passieren. Müsste er nicht eingreifen? Warum lässt er das zu? Berechtigte Fragen. Wir haben keine Antwort für diese Seite Gottes. Doch, bist du dankbar für den vergangenen Tag, wenn er gut war und du behütet wurdest? 

Bei der Jahreslosung 2023 aus 1. Mose 16,13, geht es um die schwangere Sklavin Hagar; bei ihr steht momentan die Welt auf dem Kopf. Sie flieht vor den Demütigungen ihrer Herrin Sara in die Wüste. Das Kind in ihrem Bauch ist von Abraham, weil seine Frau Sara bisher nicht schwanger wurde. Diese hatte Abraham überredet mit ihrer Sklavin einen Nachkommen zu zeugen. 

Doch an dem Wüstenbrunnen kommt es zu einer unerwarteten Begegnung mit Gottes Engel. Dieser nennt den künftigen Namen des Ungeborenen und wie sein Wesen sein wird. Er zeichnet sogar ihren weiteren Lebensweg auf, doch zunächst wird sie zurück zu Sara geschickt. Vertraut spricht Hagar: "Du bist ein Gott der mich sieht".

Schon verwunderlich, dass Gott ausgerechnet einer am Rande der Gesellschaft stehenden Person, nachgeht. Ja mehr noch, er hilft ihr. Das bedeutet doch, dass Gott uns tagtäglich viel näher ist, als wir uns das vorstellen. Dass er Menschen in Not beisteht, haben wir evtl. schon gehört, gelesen oder selbst erfahren. 

Unser Leben ist vor Gott, wie ein aufgeschlagenes Buch. Er hat einen Plan mit einem Jeden von uns. Sein Eingreifen, wann auch immer, oder auch das Unterlassen, erschließt sich uns nicht. Doch können wir - vertrauensvoll - zu Gott beten, bitten, auch klagen, was uns bedrückt, denn ER sieht uns!

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