Zum Weiterdenken - 2020
Auf dieser Seite stellen wir Ihnen die Texte zur Verfügung, die - zumeist - aus der Mitte unseres Kirchenkreises für die Hofgeismarer Allgemeine und die Wolfhager Allgemeine erstellt werden - zum Nachlesen, Nachdenken und Weiterdenken.
Zudem haben wir die Seite ab dem 15. März um Videos und Texte ergänzt, die anlässlich der Schließung der Kirchen aufgrund der Corona-Virus-Pandemie erstellt wurden.
24. Dezember
Wort zum Sonntag:
Weihnachten – Mut statt Furcht
Von Pfarrer Karl Waldeck
Morgen ist Heilig Abend, dann beginnt Weihnachten. Vor uns liegt ein Weihnachtsfest, wie wir es noch nie gefeiert haben - am Ende eines Jahres, in dem ein Virus seit Mitte März die Welt und unseren Alltag prägt: Arbeitsleben und Freizeit, Familie und Freundeskreis. Wir haben erfahren und lernen müssen: Das Leben und die Gesundheit sind zerbrechlich: in unserem persönlichen Umfeld, in Deutschland und Europa, in der ganzen Welt.
In der Heiligen Nacht erscheint der Engel den Hirten und spricht ihnen Mut zu: „Fürchtet euch nicht!“ Vielleicht hören wir in einer Zeit der Sorge und Unsicherheit diese drei Worte genauer als üblich. Der Furcht der Hirten stellt der Engel die Freude des Weihnachtsfestes gegenüber: Jesus wird in einer improvisiert eingerichteten Unterkunft geboren, und doch soll das Kind, das im Stall zu Bethlehem geboren wird, Heiland und Retter dieser Welt sein. Das ist eine gute, bewegende Nachricht: Die Welt, in der wir leben, ist Gott nicht gleichgültig. Er begibt sich selbst in die Tiefen und Abgründe der Welt und unseres Lebens hinein. Martin Luther hat es in seinem Weihnachtslied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ so gesagt: „Er ist der Herr Christ, unser Gott. Er will uns führ‘n aus aller Not.“ Das kann auch zu Weihnachten 2020 neuen Mut geben. Ich wünsche Ihnen, wenn es soweit ist, ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Glaubenssache:
Das Christkind ist krank
Von Jürgen Krackrügge
Lisa kommt aufgeregt aus dem Kindergarten nach Hause. „Mama, Weihnachten fällt in diesem Jahr aus,“ schluchzt sie traurig, „ich hab mich so darauf gefreut.“ Auf die erstaunte Frage der Mutter, warum denn das Fest ausfalle, sagt Lisa: „Das Christkind ist doch krank, es hat Grippe:“
Das arme Mädchen hatte etwas total missverstanden. Die Kindergärtnerin hatte von dem neugeborenen Jesuskind erzählt, dass die Eltern Maria und Josef in eine Krippe legen musste, weil sie keinen anderen Raum als einen Stall gefunden hatten, um ihr Kind zur Welt zu bringen. Als ich von diesem kindlichen Missverständnis hörte, dachte ich, wie wir alle möglicherweise dieses Geschehen damals im Stall von Bethlehem auch nicht richtig verstehen.
In diesem Jahr wird es den üblichen Weihnachtstrubel, der mit Feiern, dem Besorgen von Geschenken und allen Vorbereitungen aufs Fest verbunden ist, nicht wie in den Jahren zuvor geben. Vielleicht hilft uns gerade diese Coronazeit dabei, zum Wesentlichen des Weihnachtsgeschehens zu kommen.
Bei der ersten Weihnacht, vor etwa 2000 Jahren wurde den Hirten von Gott durch Engel die Botschaft verkündet: „Euch ist heute der Heiland geboren, Christus, der Herr!“ Und genau diese Botschaft löste bei ihnen große Freude aus. Der Evangelist Lukas berichtet, dass die Hirten froh diese Nachricht anderen weitersagten. So ist diese gute Botschaft über Generationen hinweg bis zu uns heute getragen worden. Ich freue mich auf Weihnachten. Das Fest macht mir bewusst: Gott ist uns in Jesus Christus nahe gekommen. Er ist der Heiland und Herr dieser Welt auch heute.
Ihnen wünsche ich, dass Sie von Gott gesegnete Weihnachten erleben.
19. Dezember
Gedanken zum Sonntag:
Licht in der Dunkelheit
Von Pfarrerin Renate Wollert
In manchen Fenstern hängen noch die Bilder von bunten Regenbogen mit dem Satz: „Alles wird gut!“ Im März haben Kinder sie gemalt, zum Zeichen der Hoffnung. Inzwischen hängen sie neben der Weihnachtsdekoration.
Wann wird endlich wieder alles gut? Diese Frage stellen sich gerade alle. Wir sehnen uns danach, wieder unbeschwert zu leben, ohne das Virus.
Oft heißt es: die Adventszeit fällt in diesem Jahr aus. Aber gerade das Warten auf bessere Zeiten ist der eigentliche Sinn von Advent. Im Advent warten wir darauf, dass Gott zu uns kommt. Alle Jahre wieder, und in diesem Jahr ganz besonders.
Warten ist ganz schön schwer. Und es ist schwer, dabei zuversichtlich zu bleiben. Ich brauche es, immer wieder über meinen eigenen Tellerrand hinaus zu blicken. Dabei hilft mir eine Zeile aus einem Adventslied: „Nun tragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Welt hinein“.
Ich sehne mich nach Licht, und kann selbst dazu beitragen, dass es in dieser Welt heller wird. Ein Lächeln ist auch hinter der Maske erkennbar. Ich kann mit Menschen verbunden sein, auch wenn wir uns gerade nicht sehen können. Wenn wir aufeinander achten, wenn wir miteinander warten, dann bereiten wir uns vor auf die Ankunft Gottes, als Licht mitten in der Dunkelheit.
Glaubenssache:
So richtig Weihnachten
Von Pfarrer Joachim Pothmann
Machen wir uns nichts vor: Dieses Weihnachten ist bestimmt nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Und selbst wenn es jetzt noch schneien würde (wird es aber nicht) – es würde nur den Weihnachtsblues in diesem Jahr verstärken. Die Lage ist zudem viel zu ernst, um sie sich irgendwie mit (Galgen-)Humor zu verschönern – es ist auch schlicht nicht die Zeit dafür, hier irgendetwas schönzureden oder zu leugnen.
Und deswegen (ja deswegen, nicht trotzdem) ist Weihnachten – richtig Weihnachten. Wie war das vor 2000 Jahren? Josef ist nicht der Vater. Das Paar zieht irgendwo umher ohne Quartier – wahrscheinlich ziemlich müde und hungrig. Und eine Geburt im Stall war insgesamt wohl nichts Außergewöhnliches – aber auch kein romantisches Krippenspiel. Und genau da hinein ist Gott Mensch geworden. Hat das alles damit nicht vergessen gemacht – eher sogar ins Licht gerückt, nicht à la Hollywood zauberhaft verwandelt, dafür mit seiner Nähe ausgefüllt. „Mittendrin statt nur dabei“ – was vor einigen Jahren der Werbespruch eines Fernsehsenders war, bestimmt nach christlicher Überzeugung – durch die Geburt Jesu – Gottes Verhältnis zu uns Menschen endgültig.
Auch in diesem Jahr. Mitten in der Pandemie. Wo wir Weihnachten nicht in vertrauter Weise „feiern“ können – kaum miteinander, nicht in vollen Kirchen mit lautem Gesang. Und doch begleitet durch die Nähe Gottes. So wird in unseren Kirchengemeinden auch in diesem Jahr die Weihnachtsbotschaft verkündet und auf unterschiedlichste Art gelebt – und hoffentlich von vielen Menschen gehört: Fürchtet Euch nicht, denn Euch wird der Heiland geboren!
Ja – wir fürchten uns nicht, was heißt, dass wir dieses Weihnachten alles daran setzen, niemanden gesundheitlich zu gefährden und gleichzeitig wissen, dass Gottes Segen uns dabei stärkt und inspiriert, ganz neu und ganz anders Wege zu finden, miteinander Weihnachten zu erleben.
Kennen Sie eigentlich die Namen Ihrer Nachbarn? Können Sie ihnen „Frohe Weihnachten“ zurufen? Oder kennen Sie einen Menschen, der dringend ein gutes liebevolles Wort braucht – und können Sie diesem Menschen eine Karte schicken oder ihn anrufen? Fürchte Dich nicht! Es wird Weihnachten!
12. Dezember
Gedanken zum Sonntag:
Gottes Geist im digitalen Raum - er weht, wo er will!
Von Pfarrerin Christina Schnepel
Bernd, bist du da?
Sabine, wir hören dich, aber wir sehen dich nicht!
Ich weiß nicht, wer alles da ist, aber wir heißen alle Willkommen.
Haben Sie in den letzten Monaten solche Gespräche erlebt? Dann haben Sie sicher etliche Videokonferenzen hinter sich. Für viele war und ist es gewöhnungsbedürftig, coronabedingt auf Online-Arbeit umzustellen. Corona hat einen Digitalschub gebracht, ob wir wollten oder nicht.
Jetzt erleben wir: Konferenzen, Ideenaustausch und Kommunikation im digitalen Raum, auch Akademietagungen und Gottesdienste im Kirchenkreis – es ist anders, es ist neu, aber es geht. Der Eindruck und die Stimmung einer Gruppe, die sich im Raum in wichtigen Momenten ausbreitet, muss freilich neu „gelesen“, auch mal ausgesprochen werden, damit Begegnung gelingt.
Um mit uns in Begegnung zu kommen, hat Gott sich schon einmal ungewöhnliche Räume ausgesucht: Feld, Stall und Futtertrog gehören für uns zu den vertrauten, weihnachtlichen Begegnungsräumen, vor 2000 Jahren waren sie eher abstoßende Orte. Trotzdem haben die drei Weisen die Schwelle überschritten, haben Segen gefunden und gebracht. Warum also nicht in digitalen Räumen, heilvolle, segensreiche und auch lustige Begegnungen erwarten, sich überraschen lassen, wer da ist und mit Gottes Geist rechnen – auch in digitalen Gottesdiensten.
Vielleicht schauen Sie, wo es über Weihnachten auch aus nahen Orten digitale Angebote gibt und schalten Sie sich mal zu.
5. Dezember
Gedanken zum Sonntag:
Betlehem - Haus des Brotes
Von Gemeindereferent Peter Happel
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein! Das ist eine Binsenweisheit, die sich in vielen Gesprächen für mich bestätigt hat. Deshalb fallen mir in diesen Tagen vor allem die Älteren und Kranken ein, die den Kontakt und die Besuche anderer Menschen schmerzlich vermissen. Auch die Menschen, die ohne festen Wohnsitz sind und die AHA - Regeln im Alltag nur schwer umsetzen können leiden unter der Coronakrise besonders. Man kann unterschiedlicher Meinung sein, was die Privilegien angeht, die die Kirchen zurzeit noch genießen. Ziemlich schnell ist mir jedoch bewusst geworden, wie wichtig zwischenmenschliche Begegnungen gerade in Krisenzeiten sind.
Nicht zuletzt ist auch der Gottesdienst ein Ort, wo ich mit mir und anderen in Kontakt kommen kann. Gläubige leben von der Botschaft und dem Wort, dass sie hier für ihren Alltag gesagt bekommen. So kann ein einziger Satz aus der Bibel Nahrung für den Alltag und eine ganze Arbeitswoche sein. Das gilt natürlich auch für Kunst, Kultur und die Schönheit der Natur. Hier kann ich wieder einmal durchatmen und verloren gegangene Energie auftanken. Und deshalb fallen mir die Menschen ein, die in diesen Bereichen arbeiten und zurzeit kein geregeltes Einkommen zur Verfügung haben.
Ich lade Sie mit diesen Zeilen deshalb herzlich ein, die Künstler und Geschäftsleute in unserer Region zu unterstützen. Sicher finden sie schöne Geschenke auch im Laden um die Ecke, damit die Innenstädte und Dörfer nicht veröden und wir Kunst und Kultur auch noch in Zukunft vor unserer Haustür genießen können. Denn auch sie sind „Mittel zum Leben!“
Eine Theologin hat vor kurzem den Gedanken geäußert, dass die „Schönheit“ - so verstanden – auch Gottesdienst, Dienst und Geschenk Gottes an und für uns ist. Jeden Tag darf ich mich daran erfreuen. Machen Sie heute auch etwas Schönes!
Ich wünsche Ihnen einen schönen zweiten Advent.
Peter Happel ist Gemeindereferent der katholischen Kirchengemeinde St. Peter Hofgeismar.
Glaubenssache:
Wie Weihnachten wird
Von Pfarrer Martin Jung
Was machen wir jetzt an Weihnachten? Diese Frage höre ich letzter Zeit öfters. Meine Eltern fragen am Telefon, meine Schwester schreibt auf WhatsApp und immer wieder ist das die Frage am Mittagstisch. Und gerne würde ich antworten: Naja, alles wie immer. Aber dieses Jahr ist das anders und neue Fragen tauchen auf: Sitzen wir alle zusammen am Tisch? Sollen wir uns dicker anziehen und mehr lüften? Oder sollen wir draußen feiern? Aber was ist dann mit dem Wetter? Und überhaupt, wie ist das eigentlich mit der Kirche an Heiligabend? Können wir überhaupt alle Oma im Altersheim besuchen? Oder lassen wir dieses Jahr Weihnachten einfach ausfallen?
Vieles ist kompliziert dieses Jahr, aber Entscheidungen müssen getroffen werden. Das ist nicht einfach, weil die Lage schwierig und die Meinungen verschieden sind. So muss das damals in Bethlehem auch gewesen sein. Als Maria den kleinen Jesus zur Welt brachte, waren auch nicht alle Fragen geklärt: Wer ist der Vater von Jesus? Was reden die Hirten von Engeln und Licht am Himmel? Jesus soll ein Retter sein. Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden. All das hört Maria und wahrscheinlich war sie überfordert mit all den Dingen. Ich wäre es auf jeden Fall. Aber in der Weihnachtsgeschichte heißt es: „Sie bewegte die Worte in ihrem Herzen.“ Sie denkt darüber nach, antwortet nicht schnell und wartet, was ihr Herz dazu sagt.
Daran will ich mir ein Beispiel nehmen. Ich will nicht schnell alles entscheiden müssen. Ich will abwarten, überlegen, mit meinem Lieben reden und alle Fürs und Widers in meinem Herzen bewegen. Und dann bin ich mir sicher, dass wir rausfinden, was wir an Weihnachten machen. Es wird nicht perfekt sein, aber das war es in Bethlehem auch nicht. Und Jesus kam trotzdem zur Welt.
28. November
Wort zum Sonntag:
Warten
Von Pfarrer Markus Schnepel
Im Dezember soll er kommen, hat der Gesundheitsminister gesagt. Dann kann es losgehen. Dann wird alles gut. Na, ja besser zumindest. Alle warten. Warten, dass es endlich eine Lösung in dieser Krise gibt. Erlösung, von Maske und Isolation, von Existenzbedrohung oder der Streichung des Skiurlaubes. Sollte der Impfstoff das schaffen? Oder die verordneten Hygieneregeln? Warten, dass endlich dieser Spuk vorbei ist und wir wieder frei durchatmen, fröhlich feiern und verlässlich planen können. Warten….
Ich bin kein Experte in Sachen Corona und werde mich hüten, an dieser Stelle zu spekulieren. Ich weiß nur, das Warten kann sehr verschiedene Seiten haben. Manchen macht es fast verrückt, weil er oder sie es nicht mehr aushält, mancher fühlt die Vorfreude aufsteigen, manche gewinnen durch das Warten ein neues Gespür für das Leben jetzt: Den Augenblick, das Fühlen, das Atmen, den Hunger, die Sehnsucht, den Vorgeschmack.
„Advent“ heißt Ankunft. Da kommt was oder wer. Da kommt noch was. Da will was geboren werden in unsere Welt, in uns, in unsere Gemeinden, in unser Leben. Will sich Gehör verschaffen, sich entfalten, uns anrühren, uns mit Gott, mit dem Leben verbinden.
Weihnachten findet statt. Egal, was geht oder nicht. Denn es hat schon stattgefunden. Jetzt warten wir, dass es auch bei uns stattfindet. Halb verrückt, voller Vorfreude oder im Bewusstsein dessen, das sich da entfaltet. Im Dezember soll er kommen, geboren werden: Jesus der Christus.
Glaubenssache:
Staade Zeit
Von Gemeindereferent Alexander von Rüden
„Man hetzt so von Besinnung zu Besinnung!“ – Das war über Jahre hinweg mein Ausspruch im Advent. Nun aber ist da die Corona-Lage, sind da die aktuellsten Verlautbarungen von Bund und Ländern und wird deshalb diesmal alles so ganz anders. Keine „Weihnacht‘, wie’s immer war“!
Eine Chance, sich auf’s Wesentliche zu konzentrieren? Die christliche Tradition kennt den Advent als Zeit des Wartens – rückblickend auf seine Geburt im Stall von Betlehem vor über 2000 Jahren, aber auch vorausschauend auf seine zweite Wiederkunft am Ende der Zeiten.
Ich glaube, das Warten hatten wir in unserer schnelllebigen Zeit so ziemlich verlernt. Bis nun Corona kam und uns gewissermaßen das Warten wieder lehrte. Es stellt uns dermaßen auf die Probe, dass manch einem mittlerweile sogar der Geduldsfaden zu reißen droht bei all der Warterei!
Nicht, dass ich Corona auch nur ein Quäntchen Positives abgewinnen könnte, dafür ist die Krankheit zu heftig und gefährlich! Einzig und allein der Aspekt des Wartens und Entschleunigens lässt mich aufhorchen – und feststellen, wie sehr ich in manchem Hamsterrad unterwegs war.
Im alpenländischen Raum gibt es für den Advent den Begriff „die staade Zeit“. Er beschreibt die wirkliche Besinnung fernab von Trubel, Hetze, Kaufrausch. Stattdessen Besinnung aufs Wesentliche, geduldiges Abwarten, dass Weihnachten wird – bei mir und den Menschen, die mir lieb und wertvoll sind, denen ich in diesem Jahr vor allem größtmöglichen Schutz vor der Krankheit bieten sollte, denen ich diesmal auf andere als gewohnte Weise Herzerwärmer und Lichtbringer sein kann z.B. mit einem Anruf, einer kleinen Geste, einer Aufmerksamkeit. Zuversicht schöpfen kann ich vielleicht bei manch einfallsreichem (vor)weihnachtlichem Akzent in diesen Tagen (auch in den Kirchengemeinden). Ich wünsche Ihnen mit Abstand eine „staade Zeit“.
21. November
Gedanken zum Sonntag
Von Schulpfarrerin Anne Hammann
„Ich muss Ihnen nach der Stunde was zeigen“, sagte mir kürzlich einer meiner Schüler schon beim Hereinkommen in den Klassenraum. Er wirkte dabei so aufgeregt, dass ich richtig gespannt war.
Nach der Stunde kam er wie versprochen auf mich zu, und ich durfte mir sein kürzlich gestochenes Tattoo ansehen.
Es war eine beeindruckende Darstellung des Gekreuzigten, die den ganzen linken Unterarm meines Schülers bedeckte. Der Tätowierer muss die Zeichnung Michelangelos, „Kruzifixus für Vittoria Colonna (um 1540)“, vor Augen gehabt haben, denn das Tattoo ähnelte dieser ganz verblüffend.
Ich muss gestehen, dass ich berührt war von dem, was ich sah. Mir fielen die Worte des Apostels Paulus ein, der im zweiten Brief an die Korintherinnen und Korinther schreibt:
„Wir haben allenthalben Trübsal, aber wir ängsten uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um und tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leibe, auf dass auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde.“ (2. Kor. 4,8-10)
Mit großer Wahrscheinlichkeit kennt mein Schüler diese Worte nicht. Und doch lebt er sie ein wenig: Er trägt Christus buchstäblich an seinem Leibe. Vielleicht bewegt von der Sehnsucht, immer jemanden bei sich zu haben, der weiß, was es heißt, zu leiden, Angst zu haben, mutlos und traurig zu sein ja, zu sterben – und der das alles für uns Menschen überwunden und in ein neues Leben hineingetragen hat.
Mein Schüler braucht nur den Ärmel seines Pullovers hoch zu schieben – und schon sieht er ihn, den Heiland, den Tröster, den Lebensbegleiter.
Ursprünglich wurden Tätowierungen angebracht, um Zugehörigkeiten und Besitzverhältnisse unauslöschlich zu markieren. So hat sich mein Schüler – sicherlich unbewusst – seine Zugehörigkeit zu Jesus Christus auf den Leib schreiben lassen.
Das dürfen auch wir tun – vielleicht nicht mit einem Tattoo, aber sicherlich mit einem Gedanken, einem Stoßseufzer, einem Gebet, einem Lied.
Wir gehören nicht dem Tod, sondern Jesus Christus.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen gesegneten Ewigkeitssonntag
Anne Hammann ist Schulpfarrerin an der Arnold-Bode-Schule in Kassel.
Glaubenssache:
Mein Vater
Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs
Den Klang seiner Stimme habe ich nicht mehr im Ohr. Irgendwann ist sie in mir verstummt. Schade, denn ich mochte seine ostpreußisch eingefärbte Sprachmelodie gerne.
Dabei habe ich ihn nicht vergessen. Beim Frühstück fällt mein Blick immer auf sein Foto an der Wand. Und wenn ich meine Frau im Garten arbeiten sehe, dann kommt er mir manchmal wieder in den Sinn: Wie er als leidenschaftlicher Hobbygärtner voller Stolz jedem Besucher das Gemüse aus seinem Gewächshaus zeigen musste.
Je älter ich werde, desto mehr spüre ich, dass er deutliche Spuren in mir hinterlassen hat. Und meistens freue ich mich darüber. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich denke: Das hätte er jetzt auch so gesehen! Oder ich frage mich: Was hätte er in dieser Situation wohl gemacht?
33 Jahre ist er schon tot, ich lebe schon länger ohne ihn als mit ihm. Manches, was ich mit ihm erlebt habe, erinnere ich kaum noch. Und nicht immer bedaure ich das. Es hat gedauert, bis ich meinen Frieden mit ihm hatte. Aber inzwischen sind wir im Reinen miteinander! Darüber bin ich froh.
Erinnerungen – für mich sind sie eine Brücke zwischen den Lebenden „hier“ und den Verstorbenen „dort“, besonders morgen, am Ewigkeitssonntag. Und was ist, wenn sie zu verblassen drohen? Oder eines Tages niemand mehr da ist, der sich an uns erinnern könnte? Dann bleiben wir trotzdem in Gottes Erinnerung an uns lebendig. Mit allem, was uns ausmacht, mit unserer Stimme und Ausstrahlung, unseren Eigenschaften und Erfahrungen. Was jeden Einzelnen von uns unverwechselbar macht, das bleibt bewahrt bei Gott. Für immer. Darauf hoffe ich. Und darauf, dass ich bei Gott auch mit denen verbunden bleibe, deren Liebe und Freundschaft mich erst zu dem gemacht hat, der ich bin.
14. November
Gedanken zum Sonntag:
Volkstrauertags-Maßstäbe
Von Pfarrerin Irmhild Heinicke
Trauern Sie am Volktrauertag? Sie persönlich? Ich nicht. Der letzte Krieg ist weit zurück. Ein Onkel von mir ist gefallen, aber ich erkenne ihn noch nicht einmal auf Bildern. Von persönlicher Trauer bin ich weit entfernt. Aber trotzdem ist mir der Volkstrauertag wichtig.
Warum? Der Friede in unserem Land und die Achtung vor der Würde jedes einzelnen Menschen stehen wieder auf dem Spiel. Synagogen und Kirchen werden angegriffen: in Wien und in Lyon, in Halle genauso. Menschen werden angespuckt und geschlagen, weil sie anders glauben, anders leben.Grundwerte der Demokratie stehen auf dem Spiel, wenn nicht mehr das Gespräch miteinander gesucht wird, wenn Fakten und Wissenschaften ignoriert und diffamiert werden. Das ist in Amerika zu sehen, aber genauso bei Querdenker-Demos.
Mir ist wichtig, dass wir uns nicht nur an die Schrecken der Kriege erinnern und um die Opfer trauern, sondern dass wir auch die Wurzeln von Hass, Krieg und Gewalt in den Blick nehmen. Wir brauchen eine Erinnerung an die Grundwerte von friedlichem und demokratischem Zusammenleben: die unantastbare Würde aller Menschen, Meinungs- und Gewissensfreiheit, Toleranz und Bereitschaft zur Versöhnung.
Alle dies sind Werte unseres Grundgesetzes und sie sind mitbestimmt von den Grundaussagen des christlichen Glaubens. Es ist nicht egal, wie ich lebe, was ich tue und sage, und für welche Werte ich eintrete. Das ist für das Zusammenleben in unserem Staat nicht egal. Und das ist für meinen Glauben nicht egal. Ich werde mich einmal dafür verantworten müssen. In der Sprache der Bibel: „Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi“. So mahnt der biblische Leitsatz für die kommende Woche.
7. November
Gedanken zum Sonntag
Von Pfarrer Andreas Schreiner
Es ist Herbst geworden. Die Katholiken haben ihre Gedenktage an Allerheiligen und Allerseelen schon hinter sich, der Staat hat seinen Volkstrauertag noch vor sich, ebenso die evangelischen Christen den Ewigkeitssonntag oder Totensonntag. Totengedenken ist das Thema im November. Aber stattdessen: wieder Corona. Im Frühjahr hatten wir das doch alles schon mal. Gerade ist das öffentliche Leben wieder runtergefahren worden wegen der Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems. Die Einschränkungen sind bestenfalls lästig, nervig, ärgerlich, oder sie machen wütend, lassen manchen sogar verzweifeln, wenn die Existenz auf dem Spiel steht.
Vor zwei Wochen haben wir in unserer Kirche den Weltmissionssonntag gefeiert. Missio, das Hilfswerg der deutschen katholischen Kirche, hat in diesem Jahr die Region Westafrika besonders in den Fokus genommen. Wir haben dazu einen Film gesehen über die Lage der Menschen in Nigeria in Coronazeiten. Der hat mich nachdenklich und sehr dankbar werden lassen. Ich habe etwas gelernt, worüber ich mir bisher viel zu wenig Gedanken gemacht habe.
So lästig und nervig die Schutzmaßnahmen sind und so sehr sie uns auch einschränken: In schwierigen Zeiten eine ausreichende Gesundheitsversorgung haben, fließendes Wasser und Seife, Desinfektionsmittel und Schutzmasken, die von den einen gehasst und von den anderen geschätzt werden, ist in vielen Gegenden der Welt keine Selbstverständlichkeit. Dass es das alles bei uns gibt, das macht trotz all der nervigen Einschränkungen dankbar und gelassen. Und vielleicht regt dieser Gedanke auch an, denen auf der Welt zu helfen, die in diesen Zeiten in schwerer Lage alleingelassen werden und auf Hilfe angewiesen sind bei uns und überall auf der Welt. Kirchliche und weltliche Hilfswerke sind dankbar für jede Unterstützung.
Andreas Schreiner ist katholischer Pfarrer in Immenhausen und in Vellmar.
31. Oktober
Gedanken zum Sonntag:
Sind denn alle Heilige?
Von Pfarrer Axel Nolte
Zum Feiertag Allerheiligen eine berechtigte Frage. Evangelische Christen werden sagen: „Heilige sind doch eher etwas für die katholische Kirche. Ihre Anrufung und Anbetung als Fürsprecher bei Gott sind uns fremd.“ Stimmt! Aber abgeschafft wurden die Heiligen durch den Reformator Martin Luther nicht. Wir sollen ihr Leben betrachten und ihren Glauben und ihre guten Werke nachahmen. Heilige sind Vorbilder! Wir sollen nicht an sie glauben, sondern wie sie glauben!
„Ihr Auserwählten Gottes, ihr Heiligen und Geliebten“ – so redet Paulus die Gemeindeglieder in Kolossä an, denen er einen Brief schreibt. Gemeint sind alle, die zur christlichen Gemeinde gehören, also alle Getauften. Wer getauft ist, gehört zu Gott. Und wer zu Gott gehört, ist nicht mehr nur weltlich und profan, sondern geheiligt.
Wir alle sind Heilige und Geliebte Gottes. Und das gilt unabhängig davon, ob wir ein Leben führen, zu dem wir oder andere sagen würden: „Die ist eine Heilige.“
Nicht erst unser Handeln macht uns zu Heiligen, doch Gott wünscht sich, dass man unserem Verhalten anmerkt, dass wir zu ihm gehören. Wir brauchen dazu nicht wie der Heilige Martin einen Mantel zerschneiden. Wir haben anderes zu geben: Geduld, Zeit, Trost, Lachen und Zärtlichkeit. Wir können von Gott, seiner Liebe und von unseren Hoffnungen erzählen und sie ausstrahlen. So bringen wir Licht in das Leben anderer. Und das tun Heilige.
Glaubenssache:
Jesus Christus nachfolgen
Von Prädikant Günther Dreisbach
Wie kommt er denn auf diesen frommen Satz. Das ist doch wieder typisch. Das geht doch am Leben vorbei. Das ist doch im Moment gar nicht das Problem. Wir haben doch hun-dert andere.
Aber heute ist Reformationstag. Und da denken die evangelischen Christen an Martin Luther. Und an ein Ereignis, das 503 Jahre zurückliegt. Das ist doch wieder typisch. Habt ihr denn nichts Moderneres? Was interessieren mich denn heute die 95 Thesen eines Theologieprofessors aus dem 16. Jahrhundert? Und wie der sich zu den Juden geäußert hat! Unglaublich! Und es gibt trotzdem Martin-Luther-Schulen und Lutherstraßen und Lutherdenkmäler. Wobei ja gerade die Denkmäler ein deutliches Zeichen dafür sind: Denk mal nach über Jesus Christus. Das wollte Luther. Und das ist hochmodern.
Die 95 Thesen enden mit dem Satz: »Man soll die Christen ermutigen, Jesus Christus nachzufolgen....« Das ist ein frommer Wunsch. Aber ein guter. Und er ist weder evange-lisch, noch katholisch, noch freikirchlich, noch lutherisch, sondern einfach christlich.
Denn: Wer Jesus Christus nachfolgt, der setzt sich ein für den Frieden. Der setzt sich ein für ungeborenes Leben. Der setzt sich ein für die, die am Rande stehen, für die Unbeach-teten und die – auch durch »Corona« - Zurückgebliebenen. Der schaut nicht weg, wenn Hass und Hetze sich breit machen. Dem ist Jesus Christus Ein und Alles.
Wer will, kann Jesus Christus nachfolgen. In seiner ersten These liegt für Martin Luther ein wichtiger Schlüssel: Nachfolge Jesu beginnt mit Umkehr, mit Buße. Man lässt Altes hinter sich und beginnt Neues. Den Schritt muss man allerdings gehen. Und die Pfarre-rinnen und Pfarrer sind dafür gute Ansprechpartner, auch die Autorinnen und Autoren der »Glaubenssache«.
24. Oktober
Glaubenssache:
Licht
Von Pfarrerin Monika Vöcking
Liebe Leserinnen und Leser,
in der kommenden Nacht werden die Uhren um eine Stunde auf die Winterzeit zurückgestellt. Die meisten von uns würden gerne die Uhr auf Anfang 2020 zurückdrehen, als all die schönen Urlaubspläne noch möglich waren. Seitdem ist viel passiert. Es gab ein Besuchsverbot in Senioren- und Pflegeheimen, in Krankenhäusern, Schulen und KiTas wurden geschlossen und das öffentliche Leben kam zum Erliegen. Manche wissen am Ende des Jahres 2020 nicht, ob sie zu Beginn des Jahres 2021 noch Arbeit haben werden. Uns erreicht gerade die zweite Welle der Coronapandemie, von der wir alle gehofft haben, dass es sie nicht geben wird.
Auf einen meiner Spaziergänge durch das Wolfhager Land kam mir dieser Vers in den Sinn: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg“ (Psalm 119,105). Ich wünsche mir Licht, Orientierung, einen Halt. Etwas, was mich aufrichtet in diesen Tagen. Wir werden die Zeit nicht wie in der kommenden Nacht anhalten oder zurückdrehen können. Die Zukunft liegt ungewiss und dunkel vor uns. Aber wir können uns ganz althergebracht an Gott halten. Bei ihm Schutz, Trost und Zuflucht finden. Meine Sorgen und Ängste darf ich Gott sagen, alles, was mich belastet. Danach werden nicht alle Schwierigkeiten und Probleme beseitigt sein, wir werden mit den Auswirkungen des Coronavirus umgehen und leben müssen. Aber ich kann hoffentlich einen anderen Umgang mit ihnen finden. Weil durch den Glauben an Gott, durch das Vertrauen zu ihm, Licht auf meinen Weg fällt.Seit Beginn der Coronapandemie haben viele Kirchen ihre Türen geöffnet, auch unter der Woche. Es lohnt sich, vorbeizuschauen. Sie laden zu einem Gespräch mit Gott ein.
Monika Vöcking ist Pfarrerin im evangelischen Kirchspiel Wettesingen.
17. Oktober
Gedanken zum Sonntag:
Was bisher nicht geschah...
Von Pfarrerin Johanna Fischer
Abgesagte Familienfeste, nur im allerengsten Kreis stattfindende Versammlungen. Ereignisse, die wegen Covid-19 nicht wie geplant durchgeführt werden können. Neben viel Verständnis schwingt auch Trauer mit. Trauer darüber, dass Begegnungen nicht stattfinden, man wichtige Lebensereignisse nur aus der Erzählung kennt oder dass man Chancen verpasst hat, dabei zu sein, als es noch ging. Eine Trauer, die uns irgendwie alle betrifft. Eine Trauer, die zeigt, wie gern wir mit anderen Menschen zusammen sind und was uns fehlt.
An diesem Wochenende wäre eigentlich Kirmes in Fürstenwald gewesen. Die Kirmsen der letzten Jahre waren ein großer Erfolg. Ein großes Fest im Dorf, viele feierten mit. Dieses Jahr geht das alles nicht. Einen Gottesdienst zur nicht stattfindenden Kirmes wird es dennoch geben. Als Ort für Gemeinschaft auf Abstand und für die Trauer über die abgesagte Kirmes. Und vielleicht hat da ja auch die Trauer über all die anderen nicht stattgefundenen Ereignisse ihren Platz.
Nehmen Sie sich doch am Sonntag Zeit, setzten sich hin und zünden eine Kerze an oder machen sich auf die Suche nach der Sonne am Himmel. Und dann nennen Sie Gott Ihre Trauer über nicht Stattgefundenes und danken dafür, dass sie Menschen und Aktionen vermissen.
Glaubenssache:
Oktobergedanken
Von Pfarrer Günter Schramm
Die Erdachse steht Gott-sei-Dank etwas schräg zur Sonne. Nur deshalb gibt es mit dem Erdumlauf um die Sonne den steten Wechsel der Jahreszeiten, einen Rhythmus für die Natur, der auskömmliches Leben auf der Erde möglich macht. Besonders intensiv dürfen wir das in unseren nördlichen Breiten erleben.
Gefragt nach meiner Lieblingsjahreszeit würde ich immer den Herbst nennen. Das hat sicher zu tun mit meinem Interesse an Obst- und Gartenbau. Gegen Ende meiner Dienstzeit schaue ich zurück auf 38 Jahre Lebenszeit mit sehr verschiedenen Gärten, aus denen ich ernten konnte. Jede Ernte lässt verstehen, was im Laufe eines Jahres reift, was auf den Tisch kommt und uns nährt Tag für Tag. Das herbstliche Farbenspiel der Natur, der Wechsel vom Grün zum Gelb, Rot und Braun begleitet die Erträge: rote Tomaten, grüne Zucchini und Bohnen, orange Kürbisse, gelbe Äpfel, letzte Sonnenblumen, blaue Zwetschgen, lila Herbstastern, braune Nüsse und Kartoffeln und was auch immer. Ohne Einsatz keine Ernte, das ist klar; aber auch kein Leben ohne eine Natur, die sich in diesem Wechsel entwickeln kann. „Es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott.“ so hat es Matthias Claudius formuliert. Das ist unsere christliche Sicht. Dazu gehört auch, dass jeder Herbst unsere Vergänglichkeit offenbart. Das Laub der Bäume zeigt seine bunte Farbe gerade dann, wenn sich die Verbindungen zu den Lebensadern des Baumes langsam zu lösen beginnen.
Hildegard von Bingen verglich im 12. Jahrhundert die Monate des Jahres mit den Lebensaltern eines Menschenlebens. Zum Oktober schreibt sie: „Der zehnte Monat gleicht einem sitzenden Menschen. Er eilt nicht mehr in der grünenden Lebensfrische dahin… er zieht sich ein Kleid an, damit er es warm hat. Er stellt in der Reife des Alters den Wankelmut törichter Verhaltensweisen ein. Er meidet die Gesellschaft stupider Leute, die ihn mit ihrer Unwissenheit doch nur täuschen würden.“
11. Oktober
Videoandacht der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck zum 18. Sonntag nach Trinitatis aus der Ev. Kirchengemeinde Obermeiser-Westuffeln
10. Oktober
Die Familie Gottes
Von Diakon Jürgen Jaklin
Wer von uns frühstückt regelmäßig mit seiner Familie?! Oft gehen die Kinder aus dem Haus, ohne etwas zu essen. Das Gemeinschaftsgefühl mit der Familie geht dadurch oft verloren,denn morgens ist oft die einzige Möglichkeit, sich mit der Familie zu unterhalten. Ähnlich läuft es im heutigen Evangelium ab. Der König lädt zu einer Hochzeitsfeier ein und keiner fühlt sich angesprochen.
Jesus vergleicht Gott mit dem König. Heutzutage interessiert Gottes Angebot die Wenigsten. Wir leben in den Tag hinein. Was bedeutet uns Gottes Wort?!
Hauptsache ICH!
Wir müssen langsam wieder einen Weg finden, sensibel dafür zu werden, Gottes Wort zu hören und es zu beherzigen.
Gottes Wort ist eine Liebesbotschaft an uns! Er will zu unserer Familie dazugehören. Solange wir ihn aus unserem Leben ausschließen
und wir so tun, als ob wir Gott sind, werden wir und seine Schöpfung weiterhin Probleme haben.
Also, nehmen wir heute die Einladung von unserem König an und freuen uns, dass er an uns und unser Wohlbefinden denkt!
Glaubenssache:
Vom Aussterben bedroht
Von Pfarrer Kai Michael Scheiding
Wer von uns eine hatte, erinnert sich in der Regel gerne an sie: die sprichwörtliche „fromme Oma“. Sie erzählte uns biblische Geschichten, brachte uns Kirchen- und Volkslieder bei und sorgte für eine kulturelle Allgemeinbildung. Sie war eine regelmäßige Kirchgängerin und kannte viele Geheimnisse des Himmels und der Seele. Sie brachte uns mit der spirituellen Welt in Berührung und pflanzte in uns die Gewissheit, dass da jemand ist, der uns kennt, uns beschützt und es gut mit uns meint. Sie lehrte uns auch, die Hände zu falten und Gott anzuvertrauen, was uns belastete. Sie übernahm damit eine wichtige Aufgabe, für die den berufstätigen Eltern oft keine Zeit blieb. Sie tat uns gut, und wir zehrten noch lange von ihr.
Diese wunderbaren Wesen wandern mittlerweile allerdings mehr und mehr in die Uroma-Generation ab. Aus den frommen Omas werden fromme Uromas.
Heutige Omas sind coole Frauen. Sie gehen ins Fitnessstudio, hören die Toten Hosen und erzählen moderne Kindergeschichten. Das ist auch gut so! Wer will schon eine unmoderne Oma! Moderne Omas sind aber nicht mehr unbedingt fromme Omas. Das liegt wohl auch daran, dass Gottesdienstbesuche und Beten nicht mehr unbedingt zu ihren Gewohnheiten zählen und sie Bibelgeschichten und Choräle oft selber nicht mehr so gut kennen. Fromme Omas wachsen kaum nach. Und wenn die frommen Uromas mal nicht mehr da sind, werden Menschen fehlen, die ihre Aufgabe übernehmen: die unseren Kindern Spiritualität und die Gewissheit überirdischer Geborgenheit vermitteln und Brücken zum Himmlischen bauen. Man kann das auch auf moderne und unaufdringliche Weise tun, mit vielen kleinen Ritualen und Sätzen im Alltag: ein Tisch- und ein Abendgebet, zum Einschlafen eine Geschichte aus der Kinderbibel oder ein religiöses Lied, oder das klar ausgesprochene und vorgelebte Vertrauen auf Gottes weise Fürsorge und Begleitung bei Problemen und Ängsten. All das baut Brücken zum Himmel und vermittelt Geborgenheit. Jeder sollte eine moderne fromme Oma haben! Oder einen frommen Opa.
3. Oktober
Gedanken zum Sonntag:
,,Zusammenwachsen"
Von Pfarrerin Silke Kohlwes
Ein Wochenende der Feierlichkeiten steht vor der Tür: Am Samstag begehen wir den Tag der Deutschen Einheit und am Sonntag feiern Christinnen und Christen an vielen Orten Erntedank und damit den Dank an Gott für alles, was in diesem Jahr auf den Feldern, in unseren Gärten und auch sonst in unserem Leben gewachsen ist.
„Zusammen wachsen“ ist auf einem Schriftzug auf der Rasenfläche des Geländes der in Potsdam gerade neu eröffneten „Einheits-Expo“ zu lesen. Die Wörter sind bewusst auseinander geschrieben, um auf die Leerstelle hinzuweisen, die mit Blick auf die Deutsche Einheit festzustellen ist. Die territoriale Einheit ist vollzogen, aber im gesellschaftlichen Bereich bleibt das Zusammenwachsen auch nach 30 Jahren deutscher „Einheit“ eine Aufgabe für uns alle.
Wenn wir Erntedank feiern, tun wir das in dem Bewusstsein, dass Danken und das Eintreten für Gerechtigkeit nach Gottes Willen zusammengehören. Unter diesem Fokus würde ich mir wünschen, dass wir auch mit Blick auf die Deutsche Einheit zusammen den weiteren Weg so ebnen, dass Menschen gerne darauf unterwegs sind und immer wieder gute Gründe finden, „Danke!“ zu sagen.
26. September
Wort zum Sonntag:
,,Unvergängliches Sein"
Von Pfarrer Karl Christian Kerkmann
„Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht.“ (2.Tim.1)
Der Wochenspruch dieses Sonntags hat mich zunehmend beschäftigt und fasziniert. Wie kann einer dem Tode die Macht nehmen – und ein un-vergängliches Wesen (Sein) ans Licht bringen? Für mich hat Jesus deutlich gemacht: es gibt letztendlich keinen Tod, weil es unvergängliches Sein und Leben gibt in Gott, welches er, Jesus, offenbart und ans Licht gebracht hat. Dieses unvergängliche Leben ist das eigentliche Sein und Leben, aus dem wir kommen und in das wir wieder zurückkehren. Wir aber leben hier auf dieser Erde in der Vorstellung von Werden und Vergehen.
Jesus möchte, dass wir leben – auch und gerade in dieser für uns begrenzten Welt. Er sagt: „Ich lebe und ihr sollt auch leben“; nämlich jeden Tag bewusst und dankbar. Er möchte, dass wir leben – auf dem Weg ins Leben (wie jetzt bei den Konfirmationen), - auf dem Weg ins gemeinsame Leben als Eheleute,
- und auf dem Weg ins Licht … nach der irdischen Lebenszeit.
Letzteres haben wir als Familie gerade in diesem Monat erlebt: Trauung und Abschied nehmen fielen tatsächlich auf ein und denselben Tag!!
Und wir haben gespürt: wir sind in allem begleitet: von Engeln und von Menschen; auch von denen, die gerade „ins Licht gegangen“ sind. Und von dem, der „dem Tode die Macht genommen hat“, und der sagt: „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“
Seien und bleiben auch Sie behütet und begleitet!
Glaubenssache:
Wind und Wellen
Von Gemeindereferent Alexander von Rüden
Vor zwei Wochen war ich mit meiner Familie im Urlaub auf der Insel Baltrum. In der Nähe unserer Ferienwohnung stand ein reetgedecktes Haus. Über dem Eingang war ein Anker angebracht. Oben auf dem Dach drehte sich ein Segelschiff als Wetterfahne. Die Tür stand offen. Wir schauten hinein – und fanden uns in einer Kirche wieder. Der Altar in Muschelform, umgeben von stilisierten Wellen und Schiffstauen. Der Tabernakel (der kleine Wandschrank, in dem die Hostien für die Messe aufbewahrt werden) glich einem Segelschiff.
Das Gotteshaus in seinem konsequent maritimen Erscheinungsbild ließ mich über unser turbulentes Jahr 2020 nachsinnen: Vieles scheint wie die Schiffe auf den Wellen der Weltmeere hin- und hergeworfen zu werden; wir scheinen mitten im Seesturm besonderen Gefahren ausgesetzt zu sein. Die Winde geben eine andere Richtung vor als jene, in die man eigentlich gerne fahren möchte. Es ist nicht leicht, auf Kurs zu bleiben. In bestimmten Situationen werden sogar Umwege notwendig.
Die Erstkommunionkinder und Konfirmand*innen dieses Jahres haben solche Erfahrungen auch gemacht: Die vorgesehenen Festtermine in der Osterzeit mussten kurz vor Einfahrt in den Zielhafen coronabedingt plötzlich verschoben werden. Im Wolfhager Land werden morgen die letzten Erstkommunionen dieses Jahres nachgeholt. Eigentlich zufällig lautete das Motto ihrer Vorbereitungszeit: „Mit Jesus in einem Boot!“
Mir kommt wieder die oben beschriebene Bildsprache der Kirche auf Baltrum in den Sinn: Verankere ich mich in meinem christlichen Glauben, kann ich davon ausgehen, dass Jesus mit mir und uns allen im Boot sitzt (vgl. Mk 4,35-41). Und vertraue ich auf die Erfahrungen des Apostels Paulus vor Malta (vgl. Apg 27,27ff.), werden wir aus den Stürmen dieses Jahres gestärkt (mit dem Brot des Lebens) hervorgehen und unser nächstes Etappenziel erreichen.
19. September
Gedanken zum Sonntag:
Von Erde genommen
Von Dekan Wolfgang Heinicke
Ein Nebel steigt auf von der Erde und feuchtet alles Land. So beginnt die zweite biblische Erzählung von der Schöpfung. Trockenes Land bekommt soviel Feuchtigkeit, dass Leben möglich wird. Die Menschen im Vorderen Orient, dort wo die Bibel ursprünglich zuhause ist, wissen, wie wichtig das ist. Und wir im angeblich so verregneten Mitteleuropa lernen es gerade. Staubige Felder und dürr gewordene Wälder lassen mich erschrecken. Der Rauch der Brände zieht um den Erdball, den blauen Planeten. Und das hat auch mit uns, mit unserer Art zu leben zu tun.
Es ist, als hätten wir vergessen, wie sehr wir mit der Erde verbunden sind. „Da machte Gott den Menschen aus Erde vom Acker“, drückt das die Bibel aus. Der Mensch eine aus feuchtem Ackerboden modellierte Figur. Mehr nicht. Auf den ersten Blick klingt das wenig schmeichelhaft. Auf den zweiten ist es vielleicht heilsam gegen die Überheblichkeit, mit der wir der Erde begegnen. Gegen ein Verhalten, als wären wir als Einzelne und als Art unsterblich, als könnten wir uns selbst das Leben geben und erhalten.
„Und Gott blies dem Menschen den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.“ Ohne Gottes Lebensatem in uns hauchen wir unser Leben aus. Das ist schwer auszuhalten, aber notwendend realistisch, weil es unsere Grenzen aufzeigt. Vielleicht hilft es uns auch, dass wir Gottes Auftrag in seiner Schöpfung nachkommen: „Gott nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“
12. September
Gedanken zum Sonntag:
Mal ganz anders betrachtet
Von Gemeindereferentin Julia Wenigenrath
Heute möchte ich ihnen von einer Situation erzählen, die mich immer noch schmunzeln lässt. Ich war mit meinem Sohn zur Eingewöhnung im Kindergarten. Mein Sohn hat die Autoecke für sich entdeckt und ich habe zwei Tische entfernt Platz genommen. Irgendwie kam er darauf mich einzubeziehen und brachte mir ein rotes Auto.
Ich nahm es entgegen und er ging wieder zur Autoecke. Kurz darauf brachte er mir wieder ein Auto mit dem erklärenden Wort „rot“. Dieses Szenario wiederholte sich noch 3 weitere Male bis ich eine Reihe roter Autos vor mir stehen hatte. Dann kam er ein weiteres Mal ganz stolz mit einem silbernen Auto um die Ecke. Ich nahm es ihm ab und sagte: „Das ist jetzt aber nicht rot und passt gar nicht in die Reihe.“ Er nahm mir das Auto ab, drehte es um, tippte mit dem Finger auf die Bremsleuchte des Autos und sagte mit einem ernsten Blick zu mir: „Rot“.
Es ist erstaunlich wie sich der Blick durch Kinder weiten lässt und uns Erwachsenen zeigt wie eingefahren wir manchmal sind. So ein freier Blick war für Jesus höchstwahrscheinlich Anlass zur Aussage: „Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“
Ihnen allen einen guten Start in die Woche!
5. September
Gedanken zum Sonntag:
Bleib bei deinem Leisten!
Von Pfarrer Sven Wollert
„Das wird mir alles zu viel. Ich kann nicht mehr!“ Kennen Sie das? Ich kenne es ziemlich gut. Manche Menschen haben so viel zu tun, dass sie noch nicht einmal dazu kommen, etwas abzugeben.
„Bevor ich das erklärt habe, habe ich es schneller selbst gemacht.“ Abgeben ist nicht so einfach. Man muss dem anderen vertrauen. Und sie macht dann die Dinge anders als ich es tun würde. Auch gut, aber anders. Ist das dann noch gut genug? Ich gebe immer auch ein Stück Einfluss ab. Und es lauert noch eine echte Gefahr: Der andere könnte besser sein …
„Schuster bleib bei deinem Leisten.“ Das Schusterhandwerk ist aus unserem Erleben weitestgehend verschwunden. Was ein Leisten ist und wofür man ihn brauchen könnte, ist längst nicht mehr allen klar. Und dennoch gilt, was das Sprichwort sagt: Mach das, was du am besten kannst. Glaube nicht, dass Du in allem ganz vorne mit dabei bist. Erkenne deine Grenzen. Und gestehe auch den anderen ihre Grenzen zu.
In der ersten christlichen Gemeinde wuchs auch den Aposteln bald alles über den Kopf. Die Gemeinde wurde immer größer und jeder wollte etwas von ihnen. „Kümmert euch hierum!“ „Sprecht doch da mal ein Machtwort!“ „Ihr habt diese und jene nicht im Blick!“ Irgendwann hatten sie genug von dem „Gemähre“. Sie gaben Verantwortung ab und ließen sieben Diakone wählen. Die sollten sich nun darum kümmern, dass jeder bekam, was er brauchte. Nicht weil es weniger wichtig war, als zu beten und zu predigen, sondern weil es genauso wichtig war. Deswegen sollten es die Sieben gut machen, besser als sie selbst.
Ob mir auch etwas einfällt, das so wichtig ist, dass ich es lieber jemand andere machen lasse?
Glaubenssache:
Gott segne Dich
Von Pfarrer Gerd Bechtel
Bei theologischen Fragen wird bei uns Opa gefragt – der ist schließlich Pfarrer. So auch nach dem Einschulungsgottesdienst unseres Enkels, an dem wir Großeltern wegen der Hygieneregelungen leider nicht teilnehmen konnten. Es ging um den Segen, der jedem Einschulungskind einzeln zugesprochen wurde. Unser Enkel meinte, da passiert doch gar nichts. Was bedeutet das eigentlich: „Segnen“?
Wie sagt man wichtige Dinge einfach? Na vielleicht erstmal so: Da passiert tatsächlich erstmal nichts Sichtbares – vor allem nix schlimmes; also muss man keine Angst davor haben. Man kann auch nicht zu viel davon kriegen und kann sich deshalb immer wieder segnen lassen. Eigentlich passiert da auch nichts, was nicht ohne Segen sowieso schon gilt. Denn der Segen ist eine besondere Form der Zusage Gottes: Ich liebe Dich als mein Kind, und ich bin Dir nahe auf Deinem ganzen Lebensweg. Du bist nie allein! Das soll Dich schützen, stark machen und Dir helfen auch alles Neue mutig und fröhlich zu beginnen. Wie gesagt, das gilt immer!
Das Besondere am Segen ist, dass Dir das eine andere Person zusagt, es sozusagen für Dich persönlich wiederholt – mit besonderen Worten und mit segnenden Händen. Da kommt einem die Zusage Gottes ganz nahe: Bei der Taufe, bei der Konfirmation, bei der Trauung – oder eben bei der Einschulung, wo ja auch etwas ganz Neues beginnt. Auch am Ende jedes Gottesdienstes steht der Segen, die Zusage der Nähe Gottes für die Zeit, die gerade vor uns liegt. Für viele Menschen ist dies ein ganz wichtiger und stärkender Moment, wenn sie in Gottes Namen zusammenkommen.
So (oder so ähnlich) habe ich versucht die Sache meinem Enkel zu erklären. Und wenn er will, segne ich ihn immer mal wieder. Nicht nur als Pfarrer, sondern als Opa – und das können und dürfen Sie bei Ihren Lieben auch!
29. August
Gedanken zum Sonntag:
August-Gebet
Von Pfarrerin Andrea Braner
Ach, mein Gott, wie anstrengend sind diese schwül-heißen Tage. Ich wische mir den Schweiß von der Stirn; die Maske klebt; der Hund liegt hechelnd auf den Fliesen; Baumblätter kräuseln sich.
Urlaub zu Hause war schön, du Schöpfergott duftender Kamille am Wegrand; herrlich die Radtouren mit Blick auf leuchtende Mohnfelder und den Flusslauf der Weser; abends Holunderschorle im eigenen Garten.
Gib mir Kraft für den Alltag, Gott der Stärke; Verständnis für gereizte Kolleginnen; Geduld für Corona-Widrigkeiten; Zufriedenheit in dem, was ich tue; Sensibilität für Gutes, das mich umgibt in Zeiten schlechter Nachrichten.
Und: Du, meine Güte, lass mich nicht entnervt die Augen verdrehen, wenn das Telefon klingelt, sondern gespannt sein auf unerwartete Gespräche; gib, dass ich mich unterbrechen lasse von den Kindern an der Straße, die für 50 Cent ihre bemalten Steine anbieten.
Segen lass fließen vom Himmelreich – als Regen auf verdorrtem Erdboden; als „Tut mir sehr leid“ nach einem Streit; als „Offen für Vielfalt“ an Bürotüren; als kühler Windhauch am Abend; als … ach, du weißt am besten, wie und wo!
Time over – die Spülmaschine piept. Ich muss noch Email-Post beantworten und mit dem Hund raus; der Kühlschrank ist leer. Meine Zeit steht in deinen Händen, Gott. Danke fürs Zuhören! Amen
Andrea Braner ist Pfarrerin und Studienleiterin der Arbeitsstelle Kirche mit Kindern und Familien im Evangelischen Studienseminar Hofgeismar.
22. August
Gedanken zum Sonntag:
Systemrelevant
Von Arno Backhaus
Systemrelevante Berufe oder auch Unternehmen sind so definiert, dass sie für die Daseinsvorsorge oder zur Bekämpfung der Pandemie durch das Coronavirus SARS-CoV-2 wichtig sind. Ohne sie würde die Gesellschaft nicht funktionieren, z.B. wenn wir keinen Strom hätten oder keine Lebensmittel im Supermarkt. Auch Gott mit seiner Liebe ist systemrelevant. Ohne ihn und seine bedingungslose Liebe würde das Leben nicht funktionieren. Und wie im richtigen Leben: wir haben uns so an unendlich viele systemrelevante Berufe und Unternehmen gewöhnt, dass sie uns erst in der Notlage richtig bewusst werden.
Gott weiß, wovor wir Angst haben. Er weiß, dass unser Blick in die Zukunft oft begrenzt wird auf das, was wir im Moment sehen können. Wir leben zu stark aus dem Moment und die Sorge frisst uns auf, blockiert uns, macht uns taub und blind. Das ist der Grund, dass in der Bibel immer wieder steht „Vergiss nicht die Vergangenheit“, „Erinnere dich“ „Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“, „Das ist mein Leib, der für euch geopfert ist. Und das tut zu meinem Gedächtnis“. Wenn die Zukunftsangst uns packt, sollten wir beschließen, uns der Taten Gottes zu erinnern. Psalm 77;12-13: „Ich denke an deine Taten. Herr, deine Wunder von damals mache ich mir bewusst. Ich zähle mir auf, was du vollbracht hast, immer wieder denke ich darüber nach.“ Die Liebe Gottes nicht als selbstverständlich hinzunehmen, bedarf Kopfarbeit. Bedenke, vergiss nicht, erinnere dich, mach dir bewusst…. Ohne das Bewussten für Gottes Güte und Treue würde unser Leben nicht funktionieren. Gott mit all seinen Eigenschaften ist systemrelevant.
Glaubenssache:
Geduld
Von Pfarrer Joachim Pothmann
»Kleines Senfkorn Hoffnung« - so beginnt ein christliches Kinderlied und entfaltet dann, wie aus einem jeweils winzigen Anfang etwas Großes werden kann. Dass es das winzige Senfkorn als erstes Beispiel nimmt, liegt natürlich an einem Gleichnis Jesu, in dem er das Senfkorn gar mit dem ganzen Himmelreich gleichsetzt.
Was Lied und Gleichnis gemeinsam haben: es hört sich im ersten Moment so einfach an, wie alles wächst und gedeiht und zu einem Schatten spendenden Baum heranwächst. Doch es braucht Geduld, es macht Arbeit, es gibt Rückschläge, es verlangt nach Achtsamkeit und (Achtung: das ist eine gewollte Wiederholung) es braucht Geduld. Und schon sind wir mitten in dem Thema, das dieses Jahr alles beherrscht. Das muss ich noch nicht einmal zu benennen. Schrumpft doch die Hoffnung, dass alles – wenn überhaupt – in absehbarer Zeit überwunden ist, immer wieder auf die Größe eines Senfkornes zusammen.
Trotzdem: die erste Woche Schule im „Regelbetrieb“ ist geschafft. In unterschiedlichster Weise werden auch wieder Konfirmationen gefeiert und sind nicht nur „anders“, sondern tatsächlich feierlich und manchmal richtig cool. Doch das Damoklesschwert zeigt sich auch immer wieder: die Ansteckungszahlen steigen und immer wieder spürt man eine unbändige Ungeduld, die dann manchmal regelrechte Hotspots nach sich zieht.
Es braucht Geduld (sagte ich schon, stimmt aber!). Und Geduld braucht Zuversicht und Hoffnung. »Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsre Zuversicht.« So die Tageslosung für den Sonntag aus Psalm 62. Damit ist jetzt nicht alle Sorge „fromm zugekleistert“ – das machen Psalmen nicht. »Schüttet euer Herz vor ihm aus« heißt übersetzt – verzeihen Sie mir die jetzt deftigen Worte, aber dann wird‘s deutlich: Du darfst Dich auch mal bei unserem Gott auskotzen. Und dann spüren, dass da einer ist. Und dann auftanken. Zuversicht gewinnen. Geduld erlangen.
15. August
Gedanken zum Sonntag:
Veränderung
Von Pfarrer Martin Schöppe
Vor den Maßnahmen zur Corona-Pandemie habe ich manchmal versucht beim Bäcker oder in der Fleischerei mit der Bankkarte zu bezahlen. Oft ohne Erfolg oder ich wurde in eine Ecke gerufen, um ein völlig veraltetes Gerät zu bedienen, das dann doch nicht funktioniert hat. Ich habe nie verstanden was daran so viel Freunde macht, aus einem großen Portemonnaie unzählige kleine Münzen so zusammenzufügen, dass sie genau die auf der Kasse angegeben Summe ergeben. Wenn ich aber jetzt - gefördert durch die Hygienemaßnahmen - schnell, kontaktlos und mit einer Handbewegung meine Brötchen bezahle, denke ich mir: Geht doch! Und ich erinnere mich daran, dass mein ganzes Leben eine ständige Veränderung ist. Nur nehme ich sie leider oft nicht wahr oder sehe alles Neues sogar als Bedrohung an.
Die Maßnahmen und Gefährdungen während der Corona-Pandemie stoßen mich darauf, was mir wichtig ist im Leben, was vernünftiges und verantwortliches Handeln bedeutet und was nicht. Es hat auch etwas Gutes, wenn ich dadurch wieder Neues im Leben entdeckt und mich ein Stück bewegt habe. Dann ist es letztlich sogar egal wie ich meine Brötchen bezahle.
8. August
Gedanken zum Sonntag:
Ein kleiner Punkt, der es in sich hat...
Von Pfarrerin Kristina Bretschneider
Finden Sie nicht auch, dass auf ein leckeres Stück Erdbeertorte – gewissermaßen als i-Tüpfelchen – noch ein Sahnehäubchen gehört? So schmeckt Sommer pur. Vielleicht sind Sie aber eher ein Sahneverächter und besagtes i-Tüpfelchen ist für Sie der Klecks Senf auf der Bratwurst oder die frische Petersilie auf dem dampfenden Eintopf. Jenes i-Tüpfelchen kann aber genauso gut auch ein Sommerblumenstrauß sein, der beim Spaziergang gepflückt wurde und nun die Wohnung ziert. Oder ein Kinderlachen, das Ihnen im Vorübergehen geschenkt wurde, einfach so.
Ein Gefühl des Wohlseins stellt sich in derartigen Momenten ein. Dieses i-Tüpfelchen verwandelt etwas Normales in etwas Besonderes. Meistens ist dies etwas sehr Einfaches und im Grunde ist es nie etwas Kostspieliges. Und wir spüren in solchen Momenten, wie wenig nötig ist, damit das Leben schön ist. Gerade in diesem Coronasommer, in dem die großen Ziele in die Ferne gerückt sind, gewinnen die kleinen Glücksmomente an Bedeutung.
Es gibt ein altes Wort, in dem für mich der Ursprung alles Guten liegt: Gottes Güte. In seiner grenzenlosen Güte ist Gott der Urheber alles Guten. Gottes Güte setzt allem Guten die Krone auf. Gottes Güte ist gewissermaßen wie ein doppeltes i-Tüpfelchen auf allem Guten, das uns widerfährt.
Weil der i-Punkt auf dem Buchstaben i tatsächlich leicht übersehen werden kann, malen manche stattdessen gern ein kleines Herz. Ich finde, dies ist ein schönes Bild für das, was die i-Tüpfelchen unseres Lebens ausmacht. Sie kommen von Herzen und sie gehen zu Herzen. Welches ist Ihr i-Tüpfelchen in diesem Sommer?
Glaubenssache:
Freiheit für alle
Von Pfarrerin Kathrin Wittich-Jung
Am letzten Wochenende sind viele Menschen in Berlin auf die Straße gegangen. Sie fühlen sich durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und durch das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in ihrer Freiheit eingeschränkt. Dass sie dabei mit Gruppen unterwegs waren, die die Freiheit anderer nicht respektieren, war ihnen egal. Gruppen, die dem rechten Spektrum zu zuordnen sind, nahmen an der Demonstration teil.
Die Menschen haben ihre Masken abgenommen und keinerlei Abstände eingehalten. Die anwesende Presse wurde als „Lügenpresse“ beschimpft. Mich erschreckt dieses Verhalten und macht mich wütend. Man müsste doch bitte sehen, mit wem man auf einer Demonstration mitläuft. Und: Da wird das eigene Wohl über die Gesundheit anderer gestellt. Die eigene Freiheit gilt mehr, als das Wohl vieler. Und das kann es nicht sein.
In einer sozialen Gesellschaft müssen immer auch die Schwächsten im Blick sein. Nur so kann Zusammenleben wirklich funktionieren. Nur so ist Freiheit gewährleistet.
Aber Freiheit ist nie grenzenlos. Das kann sie gar nicht sein, weil ich dann die Freiheit anderen einschränken könnte. Deswegen braucht unser Zusammenleben Regeln, die die Freiheit der einzelnen schützt. In der Bibel fängt das mit den 10 Geboten an. Gott gibt sie Mose für das Volk Israel. Sie haben dabei nicht nur das Wohl einzelner im Blick. Sie sind nicht egoistisch, sondern sie wollen Frieden und Freiheit für alle Menschen. Die Regeln gewährleisten, dass Einzelne nicht in ihrer Freiheit beschnitten werden. Und im Moment würde ich sagen: Freiheit braucht auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Und deswegen trage ich gerne meine Maske – auch wenn’s nervt. Aber die Freiheit für alle liegt mir eben am Herzen.
1. August
Gedanken zum Sonntag:
Das Puzzlespiel des Lebens
Von Pfarrer Jonathan Bergau
Ich bewundere Menschen, die Puzzle spielen. Sie nehmen Teile aus dem Karton und versuchen, sie zum Bild zusammenzufügen. Wenn es nicht passt, kommt das Teil wieder in die Kiste. Manchmal passt ein Teil – weiter geht‘s.
Neulich sagte mir jemand, dass das ganze Leben ein Puzzle sei. Immer wieder scheint es, als erhalten wir Teile aus der Puzzlebox unseres Lebens. Manche passen ganz exakt, andere scheinen sich gar nicht ins Lebensbild einzufügen. Zurücklegen kann man kein Teil.
Ich muss im Leben damit umgehen, dass ich nicht alle Teile zusammenpuzzeln kann. Dann schlägt meine Ungeduld zu. Vielleicht geht es Ihnen wie mir. Gerade in der Zeit der Krise halten wir Teile unseres Lebenspuzzles in den Händen. Vieles, was geplant war und ist, muss ausfallen oder lässt sich anders in Angriff nehmen. Im Puzzlespiel würde ich die unpassenden Teile weglegen.
Unser Leben können wir nicht zur Seite legen. Gottes Zuge gilt: „Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.“ (Jer. 29,11.)
Manche Teile, die im ersten Moment nicht zu passen schienen, waren im Nachhinein für mein Leben hilfreich. Ein Grund zur Hoffnung, der hilft weiterzupuzzeln.
Glaubenssache:
Bunte Vögel
Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs
Er war mir schon öfter aufgefallen, weil er so vor sich hin kümmerte, zwar groß und stattlich gewachsen, aber doch ohne rechten Lebensgeist. Im Sommerurlaub in der Provence fahre ich oft an ihm vorbei. Unübersehbar ragt er aus einem Weinberg heraus – ein Feigenbaum. Aber während das Laub und die Trauben an den Weinreben vor Gesundheit strotzen, scheint er immer weniger Kraft zum Leben zu haben.
Verschrumpelte Blätter, nur wenige Früchte – umgeben von lauter Weinstöcken fällt es ihm ganz offenbar schwer, sein Eigenes auszubilden. Dabei hätte er durchaus etwas zu geben. Seine Früchte schmecken nicht weniger süß und saftig als die Weintrauben. Und wie gut sitzt es sich im Schatten eines solchen Baumes, an den man sich anlehnen und ausruhen kann! Weinstöcke können da nicht mithalten. Auch Menschen können so vor sich hin kümmern, weil um sie herum alle Anderen zu wissen scheinen, wie „man“ zu sein hat.
„Bunte Vögel“, Menschen, die anders fühlen oder handeln, die bekommen da schnell ihr Gefieder gestutzt. Am Ende wollen sie selbst nur noch eines: Nicht mehr auffallen, sondern so sein wie alle. Und das bekommt ihnen sichtlich schlecht. Den Anderen übrigens auch. Denn auch ihr Leben würde reicher, wenn mehr Querdenker, Lebenskünstler oder einfach nur wache und empfindsame Freunde um sie wären.
Jesus wusste etwas vom „Mehrwert“ des Anders-Seins. „Gib ihm noch ein Jahr Zeit!“ (Lukas 13, 6-9), das war seine Devise, wenn er mit Menschen zu tun bekam, die vor sich hin kümmerten. Nicht ausgrenzen, nicht gleichmachen und schon gar nicht abholzen. Sondern dafür sorgen, dass jeder das bekommt, was er braucht, um sich entfalten zu können. Am Ende blieben dann weniger Menschen auf der Strecke. Und das wäre ganz in Gottes Sinne!
25. Juli
Geistliches Wort:
Anfassen verboten
Von Schulpfarrerin Anne Hammann
Kürzlich gratulierte ich einem Kollegen zum Geburtstag und umarmte ihn dabei – für diesen Moment die Regeln des social distancing völlig vergessend…
Hinterher machte ich mir Gedanken über meinen „Ausrutscher“: Einerseits war ich froh, dass ich die Gesten der Nähe noch nicht völlig verlernt zu haben scheine, andererseits plagten mich natürlich Gewissensbisse. Wie kommen Sie, liebe LeserInnen, mit der berührungsarmen Zeit, in der wir dieser Tage notgedrungen leben müssen, zurecht? Jesus war auf jeden Fall kein Mensch, der sich durch soziale Distanz auszeichnete. Ganz im Gegenteil. Kaum eine seiner Heilungen geschieht ohne eine Berührung des Patienten bzw. der Patientin. Einmal nimmt er sogar seinen Speichel zur Hilfe, um einem Blinden das Augenlicht zu schenken.Dabei fällt mir eine Geschichte ein, die ich in diesem Zusammenhang sprechend finde:
In einem Juwelierladen staunten zwei Kunden über die Schönheit der ausgelegten Steine. Plötzlich aber stutzten sie. Vor ihnen lag ein Stein, matt und ohne Glanz. Der Juwelier las die Gedanken seiner Kunden und sagte zu einem der beiden: „Nehmen sie diesen Stein für ein paar Augenblicke in ihre Hand.“ Als dieser wenig später die Hand wieder öffnete, strahlte der vorher glanzlose Stein in herrlichen Farben: „Wie ist das möglich?“ Der Fachmann wusste die Antwort: „Das ist ein Opal. Er braucht nur die Berührung einer warmen Hand, und schon zeigt er seine Farben und seinen Glanz. Erst in der Wärme entzündet er leise sein Licht.“ Und er schloss: „Es gibt so viele Menschen auf der Erde, die alle nur der Berührung einer warmen Hand, eines lieben Wortes, einer kleinen Zärtlichkeit, einer helfenden Tat bedürfen, um aufzustrahlen und hell zu werden.“
Hoffen wir, liebe LeserInnen, dass wir solche Nähe bald wieder einander schenken und voneinander empfangen dürfen!
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen gesegneten Sonntag!
Anne Hammann ist Schulpfarrerin an der Arnold-Bode-Schule in Kassel.
18. Juli
Glaubenssache:
Walter-Lübcke-Schule
Von Prädikant Günther Dreisbach
Dass die Wilhelm-Filchner-Schule umbenannt worden ist in Walter-Lübcke-Schule, ist eine gute Sache. Damit wird ein Christ und Politiker geehrt, der sich für die Gesellschaft, in der er lebte und wirkte, voll eingesetzt hat. An ihm sollte man sich ein Beispiel nehmen.
Ein Beispiel zum Beispiel: Es war bei der Eröffnung der Luther-Ausstellung 2017 in der Wolfhager Stadtkirche. Der Regierungspräsident hatte einen beinahe schon theologischen Vortrag gehalten. Die Zuhörer waren angetan. Man konnte sein christliches Engagement spüren. Später gesellte er sich zu einigen Mitarbeitern an einem der Stehtische und kam mit ihnen ins Gespräch. Es war die Zeit, in der darüber diskutiert wurde, dass in Amtsstuben kein Kreuz als Symbol des christlichen Glaubens, der unser Land geprägt hat, aufgehängt werden soll. Wir diskutierten kurz darüber. Und dann sagte »der RP«: »Wissen Sie, was ich gemacht habe? Ich habe in mein Dienstzimmer ein Kreuz gehängt. Das lasse ich mir von niemandem verbieten.« Wir waren tief beeindruckt. »Trotz allem Widerstreit«, wie wir in einem unserer Gesangbuchlieder singen, hat Dr. Lübcke das getan und hat damit das Evangelium von Jesus Christus in den Mittelpunkt seines Handelns gestellt.
Davon kann die Schule lernen, wenn sie es will. Sich daran ein Beispiel nehmen, am Christen Walter Lübcke. Könnte »ein offenes Bekenntnis trotz allem Widerstreit« ablegen und die Klassenzimmer mit Kreuzen ausstatten. Im Jahr 2020 nach Christus, dem Mann, der am Kreuz ermordet wurde. Auch für seine Gesinnung. Das wäre eine gute Entscheidung. Darüber sollte man nachdenken. Und vielleicht im Unterricht darüber diskutieren. Ich bin gespannt, ob die Schule die Idee im Sinne von Walter Lübcke weiterverfolgt.
11. Juli
Gedanken zum Sonntag:
Gott ist ein Navi
Von Pfarrer Axel Nolte
Liebe Leserinnen, liebe Leser! Es sind Ferien! Das Reisen ist wieder möglich und in diesen Tagen ist Urlaub in Deutschland mit dem eigenen Auto besonders angesagt. Wer dabei ein unbekanntes Ziel ansteuert, muss sich mit der Route vertraut machen oder verlässt sich auf sein Navi.
Schließlich schlägt keiner gern einen falschen Weg ein – weder auf der Straße noch sonst im Leben! Wer an der entscheidenden Stelle die falsche Abfahrt nimmt, merkt bald: Hier geht’s nicht weiter! Jetzt habe ich mich in etwas rein manövriert und sehe keinen Ausweg mehr.
Da ist es gut zu wissen: Bei Gott gibt es keine Sackgassen! Umkehr, die Suche nach einem neuen Weg, ist immer möglich – ohne, dass uns unsere alten Fehler ständig vorgehalten würden. Gott ist wie ein Navi! Auch wenn ich mich 100mal verfahre, das Navi berechnet unermüdlich immer wieder einen neuen Weg für mich und ist niemals nachtragend oder genervt – nach dem Motto: „Hey, du Depp am Steuer, jetzt reiß dich mal zusammen!“ Nein, kein böses Wort, immer wieder die gleiche freundliche Stimme, so, als wäre nichts gewesen. Genau so ist Gott.
Und noch etwas macht das Navi zu einem passenden Bild für Gott. Beide führen uns nicht immer auf direktem Weg zum Ziel. Wege verlaufen anders als gedacht. Aber manchmal kann man im Rückblick sogar sagen, dass sich ein Umweg richtig gelohnt hat. Kommen Sie gut an!
Glaubenssache:
,,Woher kommst du?"
Von Lektorin Maryam Parikhahzarmehr
In der Bibel gibt es viele Geschichten, die davon erzählen, dass Menschen ihre Heimat verlassen mussten. Gleich zu Beginn wird von Abraham erzählt, den Gott am Ende nach Hebron in der Negev-Wüste schickte. Wie hat er sich damals in einem fremden Land gefühlt? Ob er Heimweh gehabt hat nach Ur in Chaldäa? Hat er wieder ein Zuhause gefunden?
Ich kann die Situation gut nachvollziehen. Als ich versucht habe, mich vor fast sieben Jahren in eine neue Kultur zu integrieren, habe ich festgestellt, dass ich vor einem steinigen Weg stehe. Ich habe mittlerweile mehrfach versucht, Teil der Gesellschaft zu werden. Doch die Frage „Woher kommst du?“ kommt mir immer wieder in den Sinn. Gehöre ich wirklich hierher?
Beim Nachdenken kommt mir die Geschichte von dem Jungen Jesus in den Sinn, der mit seinen Eltern nach Jerusalem gereist war. Er war auf der Suche nach der Wahrheit. So hatte er für einen Moment nichts anderes im Sinn als Gott, seinen Vater. Von ihm war er fasziniert. So sehr, dass er seine leiblichen Eltern für eine Weile vergessen hat und in den Tempel ging.
Gott Vater nennen zu dürfen, das war für mich als Christin vor mehr als sieben Jahren eine ganz neue Erfahrung. Ich war auch bei der ersten Begegnung mit dem Vater fasziniert. Das Wort „Vater“ ist für mich der stärkste Begriff in meinem Leben. Wie ein Vogel, der aus seinem Nest flüchtet, weil er Freiheit und Sicherheit sucht, haben wir damals unsere Heimat verlassen. Der Vater, Gott, unsere wahre Sicherheit, hat uns nicht fallen lassen. Das bedeutet nicht, dass das Heimweh uns nicht schmerzt. Aber dagegen gibt es ein Heilmittel: Gottes Vertrauen. Das ist für mich Sicherheit. Darum frage ich: Ist Heimat nicht der Ort, an dem man sich in Sicherheit fühlt?
4. Juli
Glaubenssache:
Ferienwünsche
Von Pfarrer Günter Schramm
Fast vier Monate mit einschneidenden Veränderungen unseres Alltagslebens liegen jetzt hinter uns. Der Wunsch nach Normalität ist groß. Viele intelligente Maßnahmen, mit einer latent vorhandenen Erkrankungsgefahr unaufgeregt umzugehen, werden gerade in den Wind geschlagen. Die anfängliche Solidarität bröckelt. Das „Präventionsparadox“ zeigt seine Wirkung: Je weniger Corona-Erkrankte, desto mehr wird die Gefahrenlage als solche unterschätzt oder gar bestritten. Wie labil diese Annahme ist, zeigen die Fälle in Göttingen oder Gütersloh.
Hauptsache zurück in die Zeit vor Corona. Dieser Wunsch allein führt zu keiner klugen Politik. Sicher, die vielen wirtschaftlich weitreichenden Folgen sind unübersehbar. Gott sei Dank ist unser Staat sehr bemüht, wirksame Hilfen auf den Weg zu bringen.
Plötzlich steht vieles auf dem Prüfstand: Verkehr und Mobilität, Tourismuskonzepte, neue Einsichten zu systemrelevanten Berufszweigen, Ernährung und Landwirtschaft, Umgang mit dem Klimawandel. Digitalisierung in den Schulen und Arbeiten im Homeoffice.
Wenn ich bald Urlaub habe, freue ich mich auf die Auszeit nach so vielen außerplanmäßigen Aktivitäten neben allem, was der Dienst alltäglich fordert. Endlich wieder die Ruhe genießen, den selbstgewählten Tagesrhythmus, die liegen gebliebene Lektüre, hoffentlich mal eine OpenAir-Klassik-Veranstaltung und die weite Natur an langen hellen Abenden in Mecklenburg-Vorpommern, wohin wir nach Ostern nicht reisen durften.
Ich reibe mir die Augen, wenn ich sehe, wer sich da ohne ideologische Berührungsängste zusammentut, um gegen die Präventionsmaßnahmen Protest zu erheben. Ja, auch das gehört zur Demokratie. Aber schon die Verwerfungen nach 2015 haben unsere Gesellschaft sichtbar verändert. Hass, Gewaltbereitschaft, Ausgrenzung und Rassismus sind in unserer Gesellschaft gewachsen.
Ich wünsche mir, dass wir jetzt die Ferienzeit ohne Stress genießen können und dann gestärkt und konstruktiv in den Alltag wieder einsteigen. Mich motiviert als Christ die Zusage: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Tim 1,7)
27. Juni
Wort zum Sonntag:
Der nächste Schritt
Von Pfarrerin Renate Wollert
„Was soll ich jetzt nur machen?“ Das fragt sich Anna, die Schwester von Königin Elsa im Film „Eiskönigin II“. Sie ist auf sich alleine gestellt, traurig und verzweifelt. „Mach nur den nächsten Schritt“, rät ihr eine innere Stimme. „Ich denk’ nicht zu weit voraus, denn dafür fehlt mir die Kraft. Ich atme ein und gehe voran, nur ein Stück.“
Sie spricht mir damit aus dem Herzen. Seit Monaten ist es nicht möglich, weit voraus zu planen. Immer wieder muss ich mich neu orientieren. Was ist erlaubt und möglich? Was ist sinnvoll? Wie schütze ich andere und mich selbst am besten vor dem Virus? Was kann ich tun? Was sollte ich lassen? Manchmal ist es schwer, dabei gute Laune zu behalten.
Mich begleitet seit Wochen eine Liedstrophe: „Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das deine nur getreu“. Wie die Zeiten auch sind: Ich kann das tun, was gerade anliegt. Meine Sorgen werden mich nicht weiterbringen. Ich kann sie Gott anvertrauen und Schritt für Schritt leben, Tag für Tag in den Blick nehmen.
„Denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht“, so endet das Lied. Ich muss nicht ständig gute Laune haben. Aber den Lebensmut bewahren, das ist mir wichtig. Gott ist bei mir. So kann ich gehen, Schritt für Schritt.
Glaubenssache:
„Sommer ist, wenn man trotzdem lacht ...“
Von Pfarrerin Katharina Ufholz
Sommer – das ist für mich Eis essen, Sonne tanken, eine frische Brise am Meer, Picknick im Grünen, auf einen Berg steigen oder in der Hängematte liegen und die Seele baumeln lassen. Sommer – das ist ein langer Abend am Lagerfeuer, ein Glas Rotwein mit einem guten Freund und den Grillen beim Zirpen zuhören. Sommer ist Leichtigkeit und Freiheit.
Seit Sonntag ist Sommer, ganz offiziell. Die Sonne hat diese Woche schon um die Wette gestrahlt. Trotzdem ist der Sommer bei mir noch nicht richtig angekommen. Corona macht mir einen Strich durch die Rechnung. Die geplante Reise ist abgesagt, meine Stoffmaske ist zu meiner ständigen Begleiterin geworden, und ebenso die Sorge. Sorge um meine Familie. Sorge, krank zu werden. Vor allem aber Sorge, das Virus weiterzutragen und andere anzustecken. Sorge um Menschen, die jetzt vor dem Aus stehen. Sorge um die Zukunft in unserer Gesellschaft.
Seit ein paar Tagen begleitet mich ein Ohrwurm. „Jetzt ist Sommer, egal ob man schwitzt oder friert, Sommer ist, was in deinem Kopf passiert. Es ist Sommer, ich hab' das klar gemacht, Sommer ist, wenn man trotzdem lacht.“ So hat das die Acapella-Gruppe Wise Guys 2001 gesungen.
Trotzdem lachen... das ist nicht leicht im Moment. Aber ich wünsche mir tatsächlich eine Sommerpause für meinen Kopf, mal aussteigen aus dem Sorgenkarussell. Und zum Glück gibt es Momente, in denen das gelingt: Wenn ich trotz Abstand mit lieben Menschen einen unbeschwerten Abend verbringe. Wenn ich spüre, wir sitzen alle im selben Boot und passen aufeinander auf. Wenn ich rausgehe in die Natur und mein Hund sich daran freut, durch die Pfützen zu springen. Und auch, wenn ich ein Gebet zum Himmel schicke und spüre: Da ist jemand, der mir Halt gibt und mich trägt, gerade in dieser Zeit. In diesen Momenten kann ich lachen... trotzdem! Und dann kommt der Sommer auch in meinem Kopf an.
14. Juni
Videoandacht mit Pfarrer Daniel Fricke
Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert
Videoandacht der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck aus dem Kirchenkreis Kinzigtal
13. Juni
Wort zum Sonntag:
Über den Wolken. Über die nötige Distanz
Von Pfarrer Daniel Fricke
Neulich habe ich bei einer Beerdigung in Helmarshausen etwas Einmaliges erlebt. Drei Propellermaschinen sind von Langenthal aus über den Friedhof geflogen. Mit ihrer perfekten Flugformation haben sie Abschied von ihrem Freund und Vereinskameraden genommen. Es war ein beeindruckendes und bewegendes Schauspiel am Himmel.
Natürlich musste ich gleich an das Lied von Reinhard Mey denken: „Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein… Und dann würde was hier groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“ Wenn man von oben auf die Welt herunterschaut, dann sieht sie ganz anders aus. Ein Satellitenbild vom eigenen Garten eröffnet zum Beispiel ganz neue Perspektiven.
So kann es im Leben auch sein. Sorgen und Probleme schnüren uns derart ein, dass wir weder vor noch zurück wissen. Dann hilft auch eine andere Perspektive und etwas mehr Distanz, manchmal auch mehr als die vorgeschriebenen 1,50m. Was hilft ist eine himmlische Perspektive auf das, was bei uns geschieht. „Der Mensch sieht was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an.“ (1. Samuel 16,7) Denn nicht alles was wir hier groß und wichtig nehmen, ist es am Ende auch. Unser Blick geht manchmal einfach zu kurz. Wie gut ist es, wenn wir dank Gott das Wesentliche erkennen können.
Glaubenssache:
Ein Herz und eine Seele
Von Pfarrer Oliver Jusek
Hand in Hand dem Sonnenuntergang entgegen. Schallend lachend nachts um drei am Küchentisch sitzen. „Die beiden sind ein Herz und eine Seele“. So wird man gern beschrieben. Das ist ja auch eine ganz wunderbare Vorstellung. Jemanden zu finden, der mich versteht. Die mich so akzeptiert, wie ich bin. Der den gleichen Humor hat. Die auch meine Ecken und Kanten zu schätzen weiß. Das klingt wundervoll.
In der Apostelgeschichte wird so sogar die erste Gemeinde beschrieben. Und ganz ehrlich: Schon bei Paaren, Geschwistern oder Freunden machen mich solche Sätze skeptisch, aber eine ganze Gemeinde? Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Zumal die Bibel ja auch Geschichten über diese Gemeinde kennt, die ein ganz anderes Bild zeichnen. Und so ist es ja auch in meinem eigenen Leben. Ich bin ganz sicher nicht mit allen ein Herz und eine Seele.
Die Gemeinschaft aber liegt mir sehr am Herzen. Natürlich komme ich auch allein klar, aber gemeinsam ist es einfach schöner. Und die Gemeinschaft der Christen ist etwas Besonderes. Nicht, weil man sich besonders wenig streitet oder sich besonders ähnlich ist, sondern weil es nicht nur um die Beziehung zu anderen Menschen geht.
Ich habe meine eigene persönliche Beziehung mit Gott. Mit allen Hochs und Tiefs. Mit allen Zweifeln und Glücksmomenten. Und das ist es, was mich in die Gemeinschaft bringt mit jedem anderen, der eine Beziehung zu Gott hat, egal, wie anders oder ähnlich die auch ist. Und auch, wenn wir dadurch nicht automatisch beste Freunde werden, so ist die Gemeinschaft dadurch doch etwas ganz Besonderes.
10. Juni
Audioandacht des Kirchenbezirks Wilhelmsthal-Liebenau mit Pfarrer Sven Wollert
7. Juni
Videoandacht mit Pfarrer Axel Nolte
Aufzeichnung des Gottesdienstes der Kirchengemeinde Obermeiser-Westuffeln mit Pfarrer Sven Wollert
Videogruß zum Jubiläum des Sander Posaunenchors mit Pröpstin Katrin Wienold-Hocke und Pfarrerin Dr. Gisela Natt
6. Juni
Wort zum Sonntag: Gott ist Beziehung
Von Pfarrer Karl Waldeck
Trinitatis – so heißt der Sonntag nach dem Pfingstfest. Trinitatis ist ein Fremdwort, übersetzt meint es das Fest der Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit Gottes. Das ist zwar Deutsch; doch der Sache nach auch nicht unbedingt leicht zu verstehen. Es geht darum, dass Christen Gott als Vater, als Sohn (Jesus Christus) und als Heiligen Geist erleben und bekennen: als drei, die doch eins oder eine/r sind. Wie das genau zu beschreiben ist, darüber macht sich die Christenheit seit jeher Gedanken. Auch heute im Gespräch mit anderen Religionen, etwa Islam und Judentum, ist das Bekenntnis zum dreieinigen Gott Anlass für Rückfragen.
Für mich hat die Vorstellung des dreieinigen und dreifältigen Gottes etwas Schönes, Belebendes: Gott ist Beziehung: Er ist nicht ein weltfremdes, selbstgenügsames höheres Wesen. Gott sucht und lebt in Beziehung mit uns Menschen; und er ist bereits in sich selbst Beziehung. Gerade in den letzten Wochen haben wir erlebt, wie wichtig lebendige Beziehungen sind - und wie schmerzhaft es ist, wenn wir sie nicht leben können. „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“, so hat es der große jüdische Denker Martin Buber ausgedrückt. Das gilt für Menschen - und auch für Gott. Ein guter Grund, Trinitatis zu feiern.
Karl Waldeck ist Direktor der Evangelischen Akademie in Hofgeismar.
31. Mai
Videoandacht mit Oberlandeskirchenrätin Claudia Brinkmann-Weiß
Videogottesdienst des Teams des Kirchenbezirks Wilhelmsthal-Liebenau
Videogottesdienst mit Pfarrerin Ursula Breul
Erklärvideo zu Pfingsten mit Pfarrer Oliver Jusek
30. Mai
Wort zum Sonntag:
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Von Pfarrerin Nina Marie Nadolny
Wer kennt das Problem nicht? Jeden Tag müssen wir Menschen viele Entscheidungen treffen. Mit mehr oder weniger weitreichenden Folgen für uns selbst, aber auch für andere Menschen. Zieh ich die rote oder die gelbe Bluse an? Wechsel ich meinen Job? Ziehen wir um? Welchen Ausbildungsplatz wähle ich?
Ich meine, alles was ich tue, sollte mir selbst guttun, aber letztendlich auch denen, deren Leben ich mit meinem Handeln beeinflusse.
Wie treffen Sie solche Entscheidungen?
Ich wäge dann Pro und Contra ab, überlege, male mir Szenarien mit Folgen aus. Und dann versuche ich eine Entscheidung zu treffen. Aber oft bleiben da Zweifel: Habe ich alles und alle bedacht? Was ist richtig? Was falsch?
Was machen Sie dann, an diesem Punkt der Entscheidungsfindung?
Meistens schauen wir dann weiter auf die Gefühle - das Bauchgefühl.
Aber auch da bleiben oft Zweifel in mir: Sind es meine Ängste, die mich leiten? Sind es nur die Erwartungen von anderen, die ich erfüllen will? Oder denke ich nur an mich und vergesse die Folgen für die anderen?
Ich bitte an diesem Punkt, Gott um Hilfe und Eingebung. Denn er allein kann alle Folgen für mich und andere sehen: Gott ist die Liebe, die Kraft, der Heilige Geist, der uns alle verbindet. Und dann … hoffe ich auf die richtige Antwort und erwarte sie im Herzen.
Glaubenssache:
Vieles zu selbstverständlich
Von Pfarrerin Pille Heckmann-Talvar
„Herr, unsre Not ist deine Zeit; und mag uns immer grauen: Du bist der Herr und bist nicht weit und hilfst, wenn wir vertrauen.“
Ich habe diese Verse in einem Lied gelesen. Sie haben mich angesprochen. Wenn ich meine jetzigen Zeilen schreibe, dann weiß ich noch nicht, was uns die nächsten Wochen und Monate bringen werden. Kann das sogenannte „normale Leben“ wieder beginnen? Ich meine, so, wie es war? Mich beschäftigt diese Frage, mich persönlich und als Mitglied und Pfarrerin einer kleinen Gemeinde.
Ist das nicht so, dass für uns vieles zu selbstverständlich geworden ist/war? Wir müssen nicht hungern, unsere Rechte für alles Mögliche sind vom Staat her weitgehend garantiert. „Wohlstand“ nennt man das. Nichts dagegen, aber es ging uns so gut, dass wir vergessen haben: Es kann auch ganz anders sein. Viele haben in diesen Tagen gebetet, dass uns die böse Krankheit nicht persönlich betrifft. Viele haben gebetet um Vernunft und Weisheit für die Menschen und um Vertrauen zueinander und zu Gott. „Du bist der Herr und bist nicht weit und hilfst, wenn wir vertrauen."
Für mich sind die Stichworte unserer Zeit: Demut, Dankbarkeit und ja, auch Vertrauen. So zu leben, bedeutet eigenes und anderes Leben wahrzunehmen und zu schätzen. Ich möchte nicht, dass alles so wird, wie es war. Ich möchte aber, dass wir aus dem, was wir erlebt haben, für die Zukunft, nein, nicht nur für die Zukunft, für hier und jetzt schon lernen und das Gelernte in das Leben umsetzen. Mit den Worten des Apostels Paulus: „Prüft aber alles und das Gute behaltet“ (1. Thess. 5, 21).
Am Sonntag feiern wir Pfingsten. Damit sind die großen Kirchenfeste erst mal wieder vorbei.
Die Trinitatiszeit nach Pfingsten gilt als Zeit der praktischen Bewährung. Das heißt, alles, was wir erlebt, gesehen, gehört und wahrgenommen haben, wird in das Leben umgesetzt. Manches lassen, aber das Gute, was sich bewährt hat, behalten. Wir haben genug Gelegenheiten, diesen Ratschlag zu beherzigen. Ein Zeichen, ein Symbol der guten Hoffnung ist für mich der Apfelbaum, den unsere Kindergartenkinder am Mittwoch vor der Kirche in Ippinghausen eingepflanzt haben. Ein Geschenk zu Pfingsten an unsere Gemeinde. Dieser Baum wird einmal Früchte tragen. Das hoffe ich auch für uns.
Bleiben Sie möglichst gesund und behütet.
24. Mai
Videoandacht mit Pfarrer Stephan Bretschneider
Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert
Videoandacht mit Pfarrerin Annegret Zander
23. Mai
Wort zum Sonntag:
Und plötzlich hängt alles in der Luft?
Von Gemeindereferentin Julia Wenigenrath
Wir wissen nicht genau, wie es weitergeht, was für ein Ausmaß die Konsequenzen haben, wie die Perspektive jedes Einzelnen aussieht. Ich glaube jeder würde nur allzu gerne im Moment dem Ganzen entfliehen. So manche Frustration staut sich an und die Ängste wachsen täglich. Wie geht es weiter?
Eine Frage, die sich damals wohl auch die Jünger gestellt haben, nachdem sich Jesus wiederholt von ihnen verabschiedete und zu seinem Vater in den Himmel auffuhr. Sie waren ohne Jesus orientierungslos und mutlos.
Die Jünger wussten nicht, wie das Ganze gut weitergehen konnte. Doch sie dachten um und ließen sich von dieser aufkommenden Angst nicht länger leiten. Sie fanden dadurch ihr Selbstvertrauen und das Vertrauen in Gott, der den Jüngern letzten Endes die nötige Kraft gegeben hat weiter zu machen und an der Aufgabe zu wachsen.
Auch wir dürfen nicht müde darin werden uns darin zu ermutigen, dass auch unsere gegenwärtige Situation nur ein weiterer Zeitabschnitt ist, den es gemeinsam zu überwinden gilt. Und mit Gott an unserer Seite bekommen wir ähnlich wie die Jünger die nötige Kraft das Ganze durchzustehen.
Glaubenssache:
Gute Reise?
Von Pfarrer Jens Holstein
Nach Ostern wollte ich mit meiner Familie in die Berge in den Urlaub fahren. Wir hatten uns auf gemeinsames Wandern und gesellige Abende gefreut. Der Virus hat das alles zunichte gemacht. Nun ist ein Monat vergangen. Aktuell steht in unserem Land die Frage an, wie wir es in den kommenden Wochen und Monaten mit dem Reisen halten. Ist das nun eine Glaubensfrage oder doch eher eine Vernunftentscheidung?
Manche kleine Reise wird bereits wieder unternommen. Die örtlichen Gasthöfe und Restaurants öffnen allmählich. Der Besuch des Gottesdiensts ist mit mancherlei Einschränkung wieder möglich. All das geschieht im bildlichen Sinne aber immer noch mit angezogener Handbremse. In all dem schwingt für mich die Sehnsucht mit, zum normalen Alltag zurückzukehren. Ich möchte die Begrenzungen und den Verzicht hinter mir lassen. Mein Arbeitsalltag in einem Krankenhaus ist stark eingeschränkt. Besuche und die wöchentlichen Gottesdienste sind mir auf den Stationen der Klinik nicht möglich. Die Pandemie wird nach langer Geduld zunehmend lästig.
Gern möchte ich mich auf die Reise begeben, befreit von den Zwängen des Corona-Alltags. Und sei es nur ein kleiner Auszug ins gelobte Land am vertrauten Urlaubsort. Zwei Herzen schlagen in meiner Brust. Vernunft walten lassen oder die Sehnsucht stillen? Diese beiden Pole spiegeln sich auch in der Politik wider. Außenminister Maas möchte die europäischen Grenzen bald wieder öffnen, Weltärztepräsident Ulrich Montgomery warnt vor einer Belebung des Auslandstourismus.
Für Christen geht es darum verantwortlich zu entscheiden. Reisen bedeutet derzeit Wandern durchs dunkle Tal mit noch offenem Ziel. Ich selbst habe den Flug nach Griechenland im Herbst schon lange vor der Pandemie gebucht. Dort treffe ich jedes Jahr Freunde und erhole mich am vertrauten Ort. Aber wird es möglich sein, dicht gedrängt mit dem Flugzeug Richtung Süden zu starten? Oder ist es klüger in diesem Jahr eine Alternative in Deutschland zu suchen oder gar einmal mehr zu verzichten?
In diesen Zeiten gibt es keine schnelle und für alle Zukunft gültige Antwort. Wir stehen jeden Tag vor neuen Entscheidungen. Dabei müssen wir gründlich prüfen, damit es uns zum Segen geschieht, wir uns mit dem Reisesegen auf den Weg machen.
21. Mai
Videoandacht mit Pfarrerin Dr. Maike Westhelle und Theologiestudentin Lea-Katharina Müller
Ökumenischer Videogottesdienst im Kooperationsraum Nachbarschaft Oberes Warmetal
20. Mai
Audioandacht des Kirchenbezirks Wilhelmsthal-Liebenau mit Pfarrerin Johanna Fischer
17. Mai
Videoandacht mit Prälat Bernd Böttner
Videoandacht mit Pfarrer Jürgen Schiller
Aufzeichnung des Livestreams der Gottesdienstlichen Feier mit Pfarrer Sven Wollert
16. Mai
Glaubenssache:
Wa(s)chet und betet
Von Pfarrer Friedemann Rahn
Na, haben Sie es auch satt, beim Händewaschen ständig zwei Mal „Happy birthday to you“ zu singen? Das war der Tipp der WHO, um auf die geforderten 30 Sekunden zu kommen. Im Prinzip ein guter Hinweis, aber etwas bittersüß, denn der Anlass ist so fröhlich ja nicht.
Da finde ich diesen Ratschlag besser: Während des Waschvorgangs in aller Ruhe das Vaterunser beten. Es gibt im Netz sogar eine Waschanleitung, die die einzelnen Bitten des Vaterunser mit den Handbewegungen verknüpft. Das bringt eine gründliche Reinigung in 30 Sekunden – und mehr als einmal am Tag eine bewusste Verbindung mit Gott.
Der Name des kommenden Sonntags ist auch so ein Hinweis: „Rogate!“ – „Betet!“ Er erinnert daran, dass das Beten zum Alltag dazugehört. Wie das Händewaschen darf es in Fleisch und Blut übergehen. Wie das Händewaschen wird es manchmal vergessen und sollte bewusster und häufiger gepflegt werden. Gerade jetzt – weil es hilft.
Freilich hilft Beten nicht gegen die Ansteckungsgefahr, genauso wenig, wie Corona-Viren durch 5G-Funkmasten übertragen werden. Das ist mir klar. Aber das Gebet, in den Himmel gerichtet, erdet mich. Es zentriert mich neu auf das, was wirklich lebensnotwendig ist. Zwar kann ich aktiv vieles tun, um gesund zu bleiben. Dennoch, dass ich gesund bleibe oder wieder werde, ist letztlich unverfügbar. Es ist eine Gabe Gottes, um die sich zu bitten lohnt.
Deswegen ist die wichtigste Bitte für mich zurzeit: Dein Wille geschehe. Denn ich glaube, dass Gott Gutes für mich will. Das Gute kann zum Beispiel bedeuten, dass ich in Krankheit besondere Zuwendung erfahre. Dass ich getragen werde von Menschen, und dass Gott mich stärkt. Seinem Willen setze ich mich vertrauensvoll aus – und achte im Gebet darauf, was Gott mir heute Gutes sendet. Danke, Gott, für diese Gelegenheit!
13. Mai
Audioandacht des Kirchenbezirks Wilhelmsthal-Liebenau mit Pfarrerin Nina Marie Nadolny
10. Mai
Videoandacht mit Bischöfin Dr. Beate Hofmann
Videoandacht mit Pfarrer Markus Schnepel
Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert
9. Mai
Wort zum Sonntag:
Lieder der Hoffnung
Von Pfarrer Jonathan Bergau
Vor einigen Jahren hatten meine Frau und ich das zweifelhafte Vergnügen jeden Urlaubsabend mit derselben Musikauswahl einer benachbarten Bar beschallt zu werden. Das war am ersten Abend noch angenehm, doch die Dauerschleife bis in die Nacht nervte irgendwann. Heute lächeln wir, wenn sich eins dieser Lieder mal wieder ins Radio verirrt und erinnern uns an diese trotzdem schöne Reise.
Ich erinnere mich aber auch an Lieder, die meine Oma summte und dabei an die Bombennächte der letzten Kriegstage dachte oder an das Lieblingslied eines jung verstorbenen Freundes, welches er sich für seine Beerdigung wünschte.
Ob bewusst oder unbewusst, Lieder lösen etwas in uns aus.
„Darum lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander.“ So sagte es Paulus im Römerbrief.
Lassen wir uns am Singesonntag Kantate dazu anregen über Lieder nachzudenken, die uns gut tun! Welche Lieder sind das für Sie? Auch wenn wir sie nicht gemeinsam in der Kirche oder im Verein singen können, Lieder der Hoffnung sind ein Gottesgeschenk. Sie am Telefon, vom Balkon oder über den Gartenzaun weiterzusagen oder weiterzusingen ist auch Gottesdienst.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie an diesem Sonntag von Liedern der Hoffnung erreicht und so erbaut werden.
6. Mai
Audioandacht des Kirchenbezirks Wilhelmsthal-Liebenau mit Pfarrer Sven Wollert
3. Mai
Videoandacht mit Pfarrerin Dr. Gudrun Neebe
Videoandacht mit Pfarrer Axel Nolte
Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert
1. Mai
Wort zum Sonntag:Jubilate – jubelt! - ?
Von Pfarrerin Silke Kohlwes
Heute am 1. Mai ist der „Tag der Arbeit“. Nach § 32 der Verfassung des Landes Hessen versinnbildlicht dieser Tag „das Bekenntnis zur sozialen Gerechtigkeit, zu … Frieden … und Völkerverständigung“.
In diesem Sinne, wenn man so will, sind zur Zeit mehrere Transporter mit Nahrungsmitteln von Liebenau-Ostheim und Calden-Westuffeln nach Fagaras in Rumänien unterwegs. Nach Kartoffeln, Mehl und Zucker sollen jetzt Möhren, Zwiebeln, Nudeln und Reis an die Bedürftigsten der Bedürftigen in Fagaras verteilt werden. Wenigstens für eine gewisse Zeit ist auf diese Weise hoffentlich das Überleben der Menschen in den Elendsvierteln dort gesichert. Viele von ihnen arbeiten normalerweise als Tagelöhner, andere leben von der Prostitution oder suchen in den Mülltonnen nach Lebensmitteln. Durch die Ausgangssperre im Zuge der Corona-Pandemie fallen diese Möglichkeiten, an Geld und an Nahrungsmittel zu kommen, nun weg. Außerdem sind in den vergangenen Wochen Hunderttausende von Rumänen aus Italien, Spanien und Deutschland in ihre Heimat zurückgekehrt. Viele hatten schwarzgearbeitet und sind nun durch die Pandemie ohne Arbeit; anderen ist der Arbeitsvertrag gekündigt worden. Ohne Ersparnisse und ohne eigene Unterkunft sind sie auf die Aufnahme bei Verwandten und Bekannten angewiesen, deren Armut sich dadurch noch einmal verschärft. So ist in Rumänien durch Covid-19 „das Hungertuch wieder sprichwörtlich geworden“, wie Johannes Klein, ein Kollege aus dem Pfarramt im Fagaras, in einer Mail schreibt. Da ist die Freude über die Nahrungsmittelspenden aus Nordhessen in Fagaras groß.
Der morgige Sonntag trägt den Namen „Jubilate“ – „jubelt!“. Auf den Bildern, die der Kollege aus Fagaras geschickt hat, sehe ich Kinder, die angesichts dieser Nahrungsmittelspenden zu jubeln scheinen, während ich angesichts dieser Bilder und Informationen eher heulen könnte. Dass Menschen in einem Mitgliedsland der EU in solch existenzieller Weise Not leiden, finde ich erschütternd und eigentlich einen Skandal! Da liegt auf dem Weg zu sozialer Gerechtigkeit, Frieden und Völkerverständigung, wie sie die hessische Verfassung für den 1. Mai propagiert, mit Blick auf Europa noch ein großes Stück Arbeit vor uns.
Nein, jubeln kann ich da nicht. Aber ich bin dankbar dafür, dass viele Menschen hier in der Region auch in diesen für manche von ihnen selbst schwierigen Zeiten mithelfen, die aktuelle Not in Rumänien etwas zu lindern.
26. April
Videoandacht mit Pröpstin Sabine Kropf-Brandau
Videoandacht mit Pfarrerin Kristina Bretschneider
Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert
19. April
Videoandacht mit Prälat Bernd Böttner
Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert und Konfirmand/in/en
Videoandacht mit Vikarin Aline Seidel und Gemeindereferent Markus Schneider
18. April
Glaubenssache:
Ist der christliche Glaube alltagstauglich?
Von Pfarrerin Katja Friedrichs-Warnke
„Was habe ich davon, an der Konfi-Zeit teilzunehmen? Regelmäßige Treffen dienstags oder monatliche Konfi-Tage, Freizeiten, kirchenkreisweite Konfi-Tage, Exkursionen - lohnt sich das?
Na ja, die "alten Konfis" haben erzählt, dass diese Zeit ziemlich viel Spaß macht und die Gemeinschaft toll ist. Aber: "Hat denn das, was ich da lerne, auch mit meinem Leben zu tun? Kann ich es für meinen Alltag gebrauchen? Gibt mir der Glaube Halt - gerade, wenn die Welt Kopf steht?" Das mögen sich zurzeit besonders die Konfis fragen, die mit viel Freude das Fest ihrer Konfirmation vorbereitet haben. Nun hat die Corona Krise auch ihre Pläne durcheinandergebracht. Nichts scheint mehr wie es war. Die Konfirmationen müssen verschoben werden! Manche Gemeinden haben schon Ausweichtermine für den Herbst festgelegt. Andere wollen warten, bis es mehr Planungssicherheit gibt. Aber gibt es die denn überhaupt und wie? Hat die Corona Krise uns nicht in ganz besonderer Weise mit der Frage konfrontiert: Was gibt uns Sicherheit, Stabilität und Halt? Gibt es eine Antwort? Was sagt der christliche Glaube?
Kleinreden lassen sich die Unsicherheiten dieser Zeit nicht. Aber ich bin mir gewiss: mit "Sicherheit" will Jesus uns helfen, Wege zu finden, gerade in schwierigen Zeiten. Auch in der Corona Krise ist Ostern nicht ausgefallen. Die Botschaft von Jesu Auferstehung will uns Hoffnung geben, die trägt und hält zu allen und in allen Zeiten.
Die Konfirmationen werden gefeiert werden, da bin ich mir gewiss. Die Zeit bis dahin werden wir gestalten - gemeinsam – wo und wie immer das geht.
Die neuen Konfi-Gruppen werden starten, um sich auf Entdeckungsreise zu machen, ob der Glaube für ihr Leben Relevanz hat. Vielleicht etwas später als geplant, oder nur anders als geplant. Auch diese Wege werden sich finden, mit Sicherheit!
15. April
Audioandacht des Kirchenbezirks Wilhelmsthal-Liebenau mit Pfarrerin Dr. Ursel Wicke-Reuter
12. April
Videoandacht mit Pfarrer Lars Hillebold und Studienleiter Thomas Hof
Videogottesdienst des Kooperationsraums Nachbarschaft Oberes Warmetal
Videogottesdienst des Kooperationsraums Wilhelmsthal-Liebenau
Osterbotschaften aus dem Kirchspiel Bad Karlshafen-Helmarshausen
Videogottesdienst der Ev. Kirchengemeinde Hofgeismar
Videogottesdienst der Ev. Kirchengemeinde Lippoldsberg
Videogottesdienst der Ev. Kirchengemeinde Wolfhagen
Grußbotschaft zum Ostersonntag mit Pfarrerin Ulrike Bundschuh
10. April
Videoandacht mit Bischöfin Dr. Beate Hofmann für den Karfreitag
Videoandacht mit Pfarrer Daniel Fricke
Videoandacht mit Pfarrer Axel Nolte
Streaminggottesdienst mit Pfarrerin Katharina Ufholz
Video-Andacht zur Todesstunde mit Pfarrer Sven Wollert und Kirchenvorsteherinnen der Ev. Kirchengemeinde Obermeiser-Westuffeln
Grußbotschaft zum Karfreitag mit Pfarrerin Marianne Biskamp-Dotzert
5. April
Videoandacht mit Propst Helmut Wöllenstein für den Palmsonntag
Grußbotschaft von Pfarrer Jonathan Bergau zum Palmsonntag
Videoandacht mit Pfarrer Stephan Bretschneider zum Palmsonntag
Streaming-Gottesdienst mit Pfarrer Daniel Fricke zum Palmsonntag
Der Gottesdienst steht aus rechtlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung.
Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert zum Palmsonntag
4. April
Wort zum Sonntag:
Liebe ist das Gegenteil von Angst
Von Pfarrer Karl-Christian Kerkmann
PALM-Sonntag – der Sonntag zu Beginn der Karwoche: Gedenken an Jesu Einzug in Jerusalem … in sehr besonderer Zeit!
Dazu fiel mir ein: P=Passion, A=Angst, L=Liebe, M=Miteinander.
P steht für PASSION, d.h. Leiden und Leidenschaft. Wir denken an das (Mit-) Leiden Jesu, an seine Leidenschaft für das Leben, besonders für die Kranken und Ausgeschlossenen.
ANGST haben viele Menschen auch in diesen Wochen: Angst vor Ansteckung, vor Krankheit, vor Ausgeliefertsein, vor Einsamkeit, vor Tod.
LIEBE ist das Gegenteil von Angst. Jesus zeigte den Menschen, bis heute, auch mir und dir, dass Gott uns Menschen liebt. Dass seine Liebe uns hält und trägt und uns mit ihm und miteinander verbindet – trotz aller äußeren Umstände!
MITEINANDER – Ich bin immer wieder und immer mehr berührt von Zeichen und Aktionen des Miteinanders in unseren Gemeinden und Kommunen, in unserer Gesellschaft: da kaufen jüngere Nachbarn für ältere Nachbarn ein; da wird, auch in Hofgeismar, zu bestimmten Zeiten aus den Fenstern musiziert und gesungen und Gottesdienste online gestellt; da werden – zum Glockenläuten – Lichter in den Fenstern angezündet. Und Licht ist Ausdruck für Liebe und Leben. Jesus sagt: "Ich bin das Licht der Welt!" Und: "Ihr seid das Licht der Welt! Lasst euer Licht leuchten vor den Menschen" (Matthäus 5).
Und: noch ein S für (Palm-) Sonntag: S steht für mich für Segen; für Ge-Segnet-Sein und für Schutz. Wer zieht ein am Palmsonntag? Der Segnende und Barmherzige! Das lädt ein zum Gebet mit dem Liedvers: "Zieh in meinem Herzen ein, lass es deinen Tempel sein!" Denn ER gibt mir und uns Halt und Kraft.
Lassen Sie uns in diesen Zeiten bei jedem Glockenläuten innehalten: als Einladung zu persönlichem Gebet, zur Fürbitte für andere und für diese unsere Schöpfung. Wir spüren, dass wir Beziehungswesen sind – in Beziehung zu Gott und zueinander. Gott schenke uns weiter Phantasie, guten Mut und Zuversicht. Denn: "Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit", so der Apostel Paulus (2.Tim.1,17).
Seien und bleiben Sie gesegnet und beschützt!
1. April
Audioandacht mit Pfarrerin Johanna Fischer
29. März
Videoandacht mit Pröpstin Ktrin Wienold-Hocke für den Sonntag Judika
Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert zum Sonntag Judika
Videoandacht mit Vikarin Aline Seidel zum Sonntag Judika
28. März
Wort zum Sonntag:
Zeitenwende
Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs
Der christliche Glaube beginnt mit einer Krise. Dass das Leben Jesu am Kreuz endete, hatte seinen Anhängerinnen und Anhängern buchstäblich den Boden unter den Füßen weggerissen. Die Welt, wie sie sie kannten, begann sich von einem Tag auf den anderen aufzulösen. Das war ein Schock! Aber schon in dieser Krise schien eine Ahnung davon auf, dass und wie es anders weitergehen würde.
Vertraute Welten können sich auflösen. Und scheinbar unverrückbare Gewissheiten können ins Wanken geraten. Das müssen wir gerade schmerzhaft wieder neu lernen. Die Generationen vor uns wussten das noch. Wer Weltkriege, Bombennächte, Flucht und Vertreibung oder Geldentwertungen am eigenen Leib erfahren hat, der weiß, dass wir unser Leben niemals in der Hand haben. Und wir? Derzeit überschlagen sich die Nachrichten mit Hiobsbotschaften im Blick auf weiter steigende Infektionszahlen, einbrechende Aktienmärkte und drohende Firmenpleiten. Und manch einer fragt sich besorgt: War’s das?
„Der Wolken, Luft und Winden, gibt Wege Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann“ (EG 361). So hat es meine Großmutter mit den Worten von Paul Gerhardt singen und glauben können. Obwohl sie alles verloren hatte und mit 47 noch einmal ganz von vorne anfangen musste! Sie sang gegen die Angst und für das Leben. So, wie Menschen das auch jetzt Abend für Abend auf Balkonen, Terrassen oder einfach am offenen Fenster um 19 Uhr tun und „Der Mond ist aufgegangen“ singen oder musizieren. Für mich ist das ein schönes Zeichen unserer Hoffnung auf einen Gott, der nicht will, dass wir untergehen, sondern leben.
Andere entdecken gerade, welche neuen Möglichkeiten uns die aufgezwungenen sozialen Verzichte bescheren. Ich habe zum Beispiel schon lange nicht mehr so viele persönliche Gespräche geführt wie jetzt – ohne direkten Kontakt, nur am Telefon, und trotzdem nah, verbindlich, echt. Und ich spüre neu, was mir wirklich wichtig ist und mit wem ich auch in Zukunft gerne mehr und intensiver Zeit verbringen möchte. Auf einmal beschäftigen sich viele Menschen wieder mit der Frage, wie solidarisch wir in unserer Gesellschaft miteinander umgehen wollen. Ohne Hetze, ohne Ausgrenzung, ohne „Fake-News“. Aber dafür mit Wertschätzung für Politiker, Ärztinnen, Wissenschaftler, Pflegerinnen, Rettungsfahrer, Seelsorgerinnen und all die anderen, die derzeit manchmal mehr Verantwortung schultern müssen, als sie tragen können. So viele tun ihr Bestes, damit wir mit möglichst wenig Blessuren durch diese Krise kommen! Es sind zutiefst humane Fragen, die derzeit gestellt und ganz praktisch beantwortet werden, wenn beispielsweise jüngere, gesunde Nachbarn Ältere und Kranke schützen, indem sie für sie einkaufen. Alles hoffnungsvolle Zeichen dafür, dass und wie es weitergehen wird!
Als Christinnen und Christen wissen wir: Nichts ist von Dauer. Alles könnte auch ganz anders sein – aber eben nicht nur schlechter, sondern auch besser! Noch brauchen wir fast unsere ganze Kraft für den so anders gewordenen Alltag. Noch bestimmen uns viele existenzielle Ängste – um den eigenen Arbeitsplatz oder um die Gesundheit derer, die wir lieben. Aber es wird die Zeit kommen, da werden wir auch darüber reden und streiten müssen, was wir aus der Krise gelernt haben und wie wir nach Corona leben wollen. Wie gut, dass uns Gott dafür nicht den Geist der Furcht gegeben hat, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. (2.Timotheus 1,7)
22. März
Videoandacht mit Pfarrerin Andrea Wöllenstein für den Sonntag Lätare
Liturgische Videoandacht mit Pfarrer Sven Wollert zum Sonntag Lätare
21. März
Wort zum Sonntag:
Wenn die Hoffnung wieder Oberhand gewinnt
Von Pfarrerin Kirsten Bingel
„Lätare. ‚Freue dich!’, heißt der 4. Sonntag der Passionszeit. In drei Wochen feiern wir schon Ostern“, beginne ich meine Andacht im Frauenkreis.
Doch noch bevor ich weiter sprechen kann, erhebt sich ein Gemurmel das immer lauter wird. „Freuen, feiern?“ „Worauf soll ich mich denn freuen? Haben Sie mal die Nachrichten gelesen? Es wird immer schlimmer mit unserer Welt!“
Und plötzlich liegen dunkle Wolken im Raum. Die gerade noch heitere Stimmung kippt. Alle stimmen ein in das Lied der Klage.
Alle? Nein, nicht alle. Unsere älteste Teilnehmerin bleibt gelassen. Ich habe den Eindruck, dass sich sogar Lachfältchen um ihre Augen bilden, während die fast 100-Jährige den aufgebrachten Schilderungen der anderen lauscht.
Schließlich hört man ihre Stimme leise durch allen Lärm hindurch „Kinders, wir haben doch schon ganz andere Dinge überlebt und ein bisschen Gottvertrauen hat noch niemandem geschadet.“
Es wird still im Raum. Ganz ruhig sitzt sie da und hält den fragenden Blicken der anderen mit erstaunlicher Kraft stand.
Wir spüren, wie die Hoffnung wieder Oberhand gewinnt.Jemand beginnt, die Melodie des Liedes auf dem Andachtszettel zu summen. Schließlich stimmen wir mit ein: In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesu Christ (EG 398).
Kirsten Bingel ist evangelische Pfarrerin für die Evangelischen Altenhilfe Gesundbrunnen Hofgeismar e. V.
15. März
Videoandacht mit Bischöfin Dr. Beate Hofmann für den Sonntag Okuli
Angesichts der weitgehend ausgesetzten Gottesdienste im Land hat die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck eine Videoandacht mit Bischöfin Dr. Beate Hofmann veröffentlicht.
14. März
Wort zum Sonntag:
Gemeinschaft pflegen
Von Pfarrerin Christina Schnepel
Konnten wir bisher noch staunend aus der Ferne beobachten, wie das Coronavirus Teile der Welt zum Stillstand bringt, sehen wir diesen nun auf uns zukommen.
Ich möchte mich hier nicht mit medizinischen Fragen beschäftigen. Das ist nicht mein Feld. Ich frage mich vielmehr, wie sich unser Zusammenleben in der nächsten Zeit gestalten wird.
Wir Menschen sind auf soziale Kontakte, auf Kommunikation und Begegnung ausgelegt. Die Bibel erzählt von Jesus, dass er Kranke in die Gemeinschaft holt - unvorstellbar damals - und gerade darum wunderbar: gerade die Teilhabe an Gemeinschaft ist ein wesentlicher Aspekt von ganzheitlicher Heilung.
Große Veranstaltungen, Sportevents etc. werden abgesagt, weil sich in großen Gemeinschaften die Verbreitung des Virus beschleunigen kann. Das habe ich verstanden.
Aber wie pflegen wir in der kommenden Zeit Gemeinschaft, Kontakt und Teilhabe? Glücklich, wer eine kleine Gemeinschaft zu Hause hat.
Ich bitte und bete, dass wir die Einsamen nicht vergessen, die Bedürftigen, die Pflege oder Zuwendung brauchen, dass Ideen und Wunder entstehen für Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen. Ich bitte und bete um Heilung für Erkrankte. Und dass wir nicht vergessen, ein großes Fest alle miteinander zu feiern, wenn es wieder Zeit dafür ist. Das wird wunderbar.
7. März
Wort zum Sonntag:
Wahrheit
Die Wahrheit liegt nicht immer in der Mitte!
Wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe sterben müssen, dann ist das durch nichts zu rechtfertigen. Die Wahrheit liegt nicht irgendwo in der Mitte zwischen der Achtung vor Menschen und der Verachtung von Menschen. Wer die Wahrheit dort sucht, gibt sie auf.
In unserem Land verschieben sich die Maßstäbe dafür, was Wahrheit ist. Propaganda und Falschinformationen, die in Blasen der SocialMedia gezüchtet werden, versuchen Wahrheiten zu verschleiern. Gemeinerweise werfen sie allen anderen ‚Unwahrheit‘ vor.
Wahrheit ist: Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben und auf Achtung seiner Würde. Niemand ist mehr oder weniger wert, weil seine Hautfarbe heller oder dunkler ist.
Wahrheit ist: Niemand hat das Recht, über das Lebensrecht eines anderen zu urteilen. Wer das mit Worten tut, bereitet Gewalttaten und Morde vor.
Wahrheit ist: Wir leben in einem sehr reichen Land. Und wir haben die Möglichkeiten, vielen anderen Menschen zu helfen. Wer Menschen, die Hilfe suchen, ertrinken, erfrieren oder verhungern lässt, handelt unchristlich und unmenschlich.
Die Losung für den heutigen Samstag steht bei dem Propheten Sacharja (8,16): Rede einer mit dem anderen Wahrheit und richtet wahrhaftig und recht, schafft Frieden in euren Toren!
29. Februar
Wort zum Sonntag:
Und, welchen Vorsatz hast Du?
Von Gemeindereferentin Julia Wenigenrath
Mit dem letzten Mittwoch hat die Fastenzeit 2020 begonnen. Wir Christen schauen dann konkret auf unser Leben und auf die Gelüste und Dinge, die uns vom glücklichen Leben abhalten und die wir ändern wollen.
Jesus ging 40 Tage in die Wüste, um sich auf seine Aufgabe vorzubereiten. Wir bereiten uns auf das Osterfest vor. Ein Weg, der mit diversen Vorsätzen verbunden ist. Von dem Verzicht aufs Süße bis zu ökologischen Maßnahmen entscheidet jeder individuell, wie er oder sie die Fastenzeit gestaltet.
Diese Zeit ist zudem eine Möglichkeit, zu prüfen wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen und den Wert des Einzelnen wertschätzen. Gerade das Gebot der Nächstenliebe ist heutzutage wichtiger denn je. Die Nachrichten der letzten beiden Wochen zeigen dies nochmal eindringlich!
Egal aus welchem Dorf, welcher Nation oder R
eligion der Einzelne stammt, wir brauchen mehr Achtung und Liebe untereinander. Könnten wir uns denn besser auf das Fest der Erlösung von allen Sünden (Ostern) vorbereiten, als genau das zu unserem wichtigsten Vorsatz zu machen?
Ihnen allen eine gute und gesegnete Fastenzeit!
Glaubenssache:
Es ist entschieden …
Von Pfarrer Jens Holstein
Helfen oder nicht helfen? Das ist die Frage. Im Alltag sollten da keine Zweifel sein, wenn jemand die Hilfe eines anderen braucht. In dieser Woche ging es vor dem Bundesverfassungsgericht um eine besondere Art der Hilfe. Ist es rechtens, einem Menschen zu helfen sein Leben zu beenden? Sollten oder dürfen das auch Ärzte tun? Darauf gibt es keine einfache Antwort. Das Bundesverfassungsgericht hat aber entschieden, dass das sein darf. Ein Mensch muss die Freiheit haben, sein Leben selbstbestimmt zu beenden, auch mit Hilfe eines anderen. Das Gericht hat viele Aspekte abgewogen und ist am Ende zu einer Entscheidung gekommen.
Die Kirchen, ein Teil der deutschen Politiker, Hospiz- und Palliativverbände sind darüber enttäuscht oder gar entsetzt. Die Kommentatorin der HNA hat geschrieben, manche würden das nun für die Öffnung der Höllenpforten halten. So drastisch wird es nicht sein. Aber ein bisher bestehendes Tabu wird aufgehoben. Und es wird in Krisensituationen auch nicht leichter werden. Die modernen ärztlichen Standesordnungen sehen die Tötung auf Verlangen nicht vor. Der Hippokratische Eid verbietet ausdrücklich die aktive Sterbehilfe. Ärzte sollen Leben erhalten. Werden sie nun zum Diener zwei Herren? Ihre Rolle wird in jedem Falle unklar. In psychiatrischen Kliniken ist der Suizid die größte Bedrohung. Es bleibt immer zu prüfen, ob der Todeswunsch sich in großem Leid oder einer seelischen Erkrankung wie der Depression gründet. Das ist nicht allein eine Frage in der Psychiatrie.
Wann genau ist eine aktive Sterbehilfe angemessen? Was sind rechtfertigende Gründe? In einer Zeit, in der Ökonomie zunehmend die medizinische Versorgung bestimmt, besteht die Gefahr, dass Sterbende nicht frei entscheiden. Geldmäßige Aspekte gewinnen zunehmend Gewicht. Das wird an der Schließung des Wolfhager Krankenhauses sichtbar.
Vor allem steht eine gute palliative Versorgung. Wenn schwerkranke und sterbende Menschen hinsichtlich ihres Schmerzes gut versorgt werden, sinkt der Todeswunsch. Die aktive Sterbehilfe hingegen ist ein massives Mittel mit vielen Konsequenzen für unsere Gesellschaft. Das sollten wir auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im Blick behalten. Zudem schwingt in Deutschland immer noch die Geschichte und Haltung der so genannten Euthanasie in der NS-Zeit mit.
Eine Gesellschaft weist sich darin als humanitär aus, dass sie Leid ins Leben einbezieht und bei der Versorgung schwerstkranker Menschen unterstützt und Anteilnahme lebt. Das löst nicht alle Spannungen und Krisen im Umgang mit kranken Menschen. Aber bevor man einem Menschen aktiv zum Sterben verhilft, sollte man die Alternativen bedenken.
22. Februar
Wort zum Sonntag / Glaubenssache:
Für eine andere Kultur
Von Pfarrer Gerd Bechtel
Manchen Narren bleibt in diesen Faschingstagen das Lachen im Halse stecken. Einmal mehr hat sich in dieser Woche eine unfassbare Mordtat ereignet, verübt von einem Täter mit „zutiefst rassistischer Gesinnung“. Es ist sicher richtig, dass in Hanau Karnevalsveranstaltungen abgesagt werden und auch an anderen Orten Menschen nicht fröhlich feiern wollen, weil sie erschüttert und traurig sind. Ich verstehe aber auch, wenn andere trotzdem feiern. Sie wollen sich von solchen schlimmen Taten und Tätern nicht den Lebensstil diktieren lassen. Und sie wollen das fröhliche Beisammensein gerade als friedliches Zeichen unserer offenen und toleranten Gesellschaft demonstrieren, in der die ganze menschliche Vielfalt ihren Platz hat.
Solche Statements sind wichtig. Denn längst schon sind rassistische und nationalistische Hetze sowie große Gewaltbereitschaft an der Tagesordnung. Der Schritt zur Tat ist offensichtlich klein, insbesondere wenn sich politisch motivierter Terrorismus und psychische Störung ergänzen. Die Kultur des Miteinanders in unserem Land hat sich verändert und dem müssen wir dringend alle etwas entgegensetzen.
Wir dürfen uns nicht gewöhnen an menschenverachtende Reden im Bekanntenkreis wie in den neuen Medien. Wir dürfen uns nicht gewöhnen an diffamierende Schwarz-Weiß-Malereien und schamlose Lügen als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Auch wenn wir ernsthaft und sachorientiert streiten, brauchen wir eine Kultur der Wertschätzung, die mein Gegenüber als Menschen mit Würde und Gottes Geschöpf ansieht.
Und selbst wenn mir solche Wertschätzung nicht begegnet, ist es an mir, darin ein Vorbild zu sein. Die Bibel nennt das „Nächstenliebe“, die selbst dem Feind gilt. Ob sie in diesem Jahr Fasching feiern oder nicht: Lassen Sie uns gemeinsam für eine solche Kultur eintreten!
15. Februar
Wort zum Sonntag:
Was ist der Mensch?
Von Pfarrerin Ulrike Bundschuh
Diese Woche an der Bushaltestelle. Ich sitze im Auto und lese auf dem Plakat: „Jeder Mensch ist etwas wert. Entscheide Du, wie viel.“ Damit wird eine Sendung im Fernsehen beworben. Ich bin schockiert: „Jeder Mensch ist etwas wert“?
Und jemand anderes soll darüber entscheiden dürfen, wie viel jemand wert ist?
Offensichtlich funktioniert das über ein Bewertungsraster mit fünf Punkten, so wie man im Internet alles bewerten kann: Hotels, Dienstleistungen, Ärzte.
Hier kommen also Menschen in die Situation, dass sie bepunktet werden, und andere kommen in die Situation, dass sie Punkte geben.
Mir fallen die Kämpfe ein, die Christen und Christinnen im Römischen Reich zur Zeit der Christenverfolgung in der Arena führen mussten gegen wilde Tiere. Der Kaiser konnte den Daumen rauf oder runter senken. Dann war das Schicksal besiegelt.
Wie fühlt sich wohl jemand, der beweisen muss, dass er einen Wert hat?
Warum bewerten andere so gerne? Sie kommen da vermutlich in die Rolle, Macht zu bekommen über andere.
Im Psalm 8 heißt es: „Was ist der Mensch, dass Du – Gott – seiner gedenkst, … Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.“
Das gilt für alle Menschen, jede und jeden - von Beginn an - ohne unser Zutun. Wir sind wertvoll als Geschöpfe Gottes. Wir brauchen uns von anderen nicht bewerten zu lassen, um uns wertvoll zu fühlen.
Wir brauchen andere nicht zu bewerten, um uns besser zu fühlen. Auf Augenhöhe können wir gemeinsam unterwegs sein – ohne Oben und Unten. Als Königinnen und Könige von Gottes Gnaden.
Glaubenssache:
Keine Angst!
Von Pfarrerin Kathrin Wittich-Jung
Heute treffen sich wieder um 11.05 Uhr Menschen auf dem Marktplatz in Wolfhagen zur Mahnwache.
Seit einem guten halben Jahr findet in Wolfhagen an jedem dritten Samstag im Monat eine Mahnwache für Demokratie, gegen Hass, Hetze und Rechtsextremismus statt. Ihren Anfang haben die Mahnwachen im Juni des vergangenen Jahres genommen, als Walter Lübcke von Rechtsextremisten ermordet wurde. Schüsse auf eine Synagoge in Halle. Morddrohungen vom rechten Spektrum gegen Politiker. Schüsse auf das Büro eines Politikers in Halle. Die Kommentarspalten bei Facebook und Co sind voll von rassistischen, homophoben, antidemokratischen, völkischen und sexistischen Äußerungen. Auf einmal ist es salonfähig geworden, sich offen fremdenfeindlich zu äußern. Mich erfüllt das mit Ohnmacht und dem Gefühl: „Wie soll das weitergehen? Was kann ich tun?“ Und ich habe Angst. Angst, irgendwann in einer Gesellschaft leben zu müssen, in der rechte Gewalt und Politik an der Tagesordnung sind. Was, wenn die Rechtspopulisten an die Macht kommen und unser Land regieren?
„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht. Sondern der Liebe und der Besonnenheit.“ Das ist ein Vers aus der Bibel. Er begleitet mich schon lange. Immer, wenn ich mich klein fühle, ohnmächtig und ängstlich. Mir macht der Vers Mut: Gott hat mir Liebe und Besonnenheit ins Herz gelegt. Nicht Angst. Und die soll mich auch nicht regieren. Ich will mich leiten lassen von Zuversicht und Liebe. Und deswegen gehen wir samstags auf den Marktplatz. Und weil bei Gott eben alle Menschen Platz haben - egal woher sie kommen, oder welche Religion sie haben. Gott hat den Geist der Liebe ins Herz gelegt. Und nicht mit Hass oder Häme.
Dafür stehen wir auf. Und zeigen Gesicht. Vielleicht sehen wir uns ja auf dem Marktplatz?
8. Februar
Wort zum Sonntag:
Ein neues – bitte: was?
Von Pfarrer Stephan Bretschneider
Vor kurzem las ich in einer Zeitschrift davon, dass unsere Gesellschaft ein neues „Narrativ“ benötigt. Doch was bitte ist ein „Narrativ“?
Mit einem Narrativ ist eine Grunderzählung, eine Grundidee gemeint, auf die z.B. eine Gesellschaft ihr Denken und auch ihre gemeinsame Motivation gründet. Und als Grunderzählung für unsere Gesellschaft, eben als Narrativ, wurden in jenem Artikel der Fortschritt und die Machbarkeit genannt: Alles ist machbar und alles muss immer besser und größer und schneller werden. Und die Zahlen müssen stimmen.
Doch ist dieses Narrativ wirklich noch tragfähig in einer Zeit, in der wir überall an die Grenzen des Fortschritts und der Machbarkeit stoßen? Müssen wir diese Geschichte wirklich immer weiter erzählen und womöglich sogar glauben?
Ja, auch ich denke, dass wir ein neues Narrativ für unser Miteinander in dieser Zeit brauchen, z.B. Geschichten von mehr Gerechtigkeit in der Welt, von Maßhalten und Verzicht, von Rücksichtnahme und Zuwendung zu denen, die unter die Räder zu geraten drohen.
Übrigens: Die Bibel ist voll von genau solchen Geschichten. Wir müssen sie nur wiederentdecken. Am besten gemeinsam.
Glaubenssache:
Nur ein Traum ?
Von Pfarrer Stefan Kratzke
Wie schön, dass Woche für Woche mehr Leute in unsere Gottesdienste kommen. Alt und Jung freuen sich auf den Sonntagmorgen. Der Parkplatz vor der Kirche reicht nicht mehr. Die Reihen in den Kirchenbänken werden voller und voller.
Stammplätze gibt es nicht mehr, weil sich so viele auf den Weg machen. Und wer da alles kommt: nicht nur die üblichen, sondern alle möglichen Leute. Was wollen die alle hier? Sie spüren: Gottesdienst betrifft mein Leben. Es geht um mich. Im Gottesdienst dient Gott mir. Ich muss nichts tun, ich werde beschenkt.
Das wollen sich die Leute nicht entgehen lassen. Sie hören Gottes Wort, nehmen es auf, denken darüber nach, bewegen es in ihrem Herzen. Sie lassen ihr Leben neu von Gott ausrichten. Sie wollen nicht verpassen, welche Früchte Gott in ihnen reifen lässt und wie sich ihr Leben verändert. Liebe und Geduld, Verständnis und Besonnenheit, Stärkung und Mut, Hoffnung und Frieden.
Gottes Geist wirkt in den Menschen, bewegt sie, erfüllt ihren Alltag, hilft bei der Bewältigung der vielen Aufgaben, die uns gestellt sind. In Familie, Nachbarschaft, Freundeskreis, Vereinen, Gemeinden, Beruf.
Und sie kommen, weil sie spüren, wie gut es tut, gestärkt zu werden, Orientierung zu bekommen, mit Gottes Segen in die neue Woche zu gehen.
Kaum ist die Woche um, gehen sie wieder in den Gottesdienst, an den heiligen Ort, der Stärkung, Trost, Hoffnung, Mut, Liebe und Frieden spendet. Und schon wieder sind mehr Leute gekommen, um sich beschenken zu lassen. Der Kirchenvorstand überlegt, ob bei solch einem Andrang nicht eine Erweiterung der Kirche dran wäre ...
Nur ein Traum? Ob er Wirklichkeit werden kann, das liegt an uns. Jede und jeder kann selbst entscheiden, sich von Gott beschenken zu lassen und sein heilsames Wirken zu erfahren. Jeden Sonntag. Die Gottesdienst-Stammgäste werden hoffentlich zur Seite rücken und mit freundlichem Blick sagen: „Herzlich willkommen. Schön, dass Sie da sind.“
1. Februar
Wort zum Sonntag:
Das 11. Gebot
Von Pfarrer Martin Schöppe
Zur Gedenkfeier der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz sprach einer der Überlebenden des Holocaust vor allem die jungen Menschen an. Er wolle nicht von dem unvorstellbaren Grauen sprechen, nicht vom Leid und nicht vom Tod.
Er nahm die Zuhörer mit in die Zeit bevor es zur organisierten Tötung von Millionen Menschen kam. Auf dieser Parkbank dürfen Juden nicht sitzen war auf einem Schild zu lesen. Nun gut, es gibt ja auch noch andere Bänke. In diesem Schwimmbad dürfen Juden nicht schwimmen. Nicht so schlimm, es gibt viele Gelegenheiten zum Schwimmen.
Tag für Tag wurden so Menschen ausgegrenzt, ihrer Würde beraubt und der Massenmord vorbereitet. Schleichend wurde dem Bösen Tür und Tor geöffnet in einem Land, das so stolz ist auf seine christlichen Gebote.
Deshalb fügte der Redner den 10 jüdisch-christlichen Geboten ein 11. Gebot hinzu: Du sollst nicht gleichgültig sein. Damit denke ich können nicht nur junge Menschen etwas anfangen, damit wurden die Anfänge des Holocaust verstehbar und schlagartig der Sinn von Gedenken aktuell: Du sollst nicht gleichgültig sein!
Glaubenssache:
Brügge sehen … und sterben?
Von Gemeindereferent Alexander von Rüden
Kennen Sie den Film „Brügge sehen … und sterben“? Die Dreharbeiten zu diesem actionreichen Krimi-Drama in mittelalterlicher Originalkulisse der wunderschönen belgischen Stadt begannen auf den Tag genau vor 13 Jahren, am 2. Februar 2007. – „Brügge sehen … und sterben?“
Machen wir einen Zeitsprung: Etwas mehr als 2.000 Jahre zurück nach Jerusalem. Ein Paar bringt sein neugeborenes Baby in den Tempel, um es dem jüdischen Gesetz entsprechend Gott zu weihen. Und dort wartet im Inneren ein alter Mann auf genau diesen Augenblick. Seit Jahren erwartet er diesen Moment, nie wissend, ob und wann er eintreffen wird.
Aber seine Sehnsucht wird wahr: Ein Paar bringt den Messias in das Gotteshaus. Maria und Josef stellen ihren kleinen Jesus im Tempel dar und legen ihn dem greisen Simeon in die Hände. Und der merkt: Der Augenblick ist gekommen. „Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.“ (Lk 2,29-32) – Jesus sehen … und sterben?!
Der alte Simeon war mit der Gewissheit, endlich den Heiland, Retter
und Erlöser erlebt zu haben, bereit für seinen Tod. Sicher zu sein,
von Gott beschenkt und erfüllt worden zu sein und Jesus kennengelernt zu haben, verlieh ihm Ruhe und Gelassenheit – sogar und besonders im Blick auf sein eigenes Lebensende.
Ich für mich kann sagen, dass ich dankbar bin, Jesus nach meinen
Möglichkeiten und aus meinem Glauben heraus 2.000 Jahre später auch kennen zu dürfen, ihn meinen Freund zu nennen und von ihm auf meinem Lebensweg begleitet zu werden. Wie für Simeon, so ist er auch für mich Heiland und Licht.
Der kirchliche „Lichtmess“-Gedenktag am 2. Februar erinnert an das
Ereignis der Darstellung Jesu im Tempel und damit einhergehend an die erfüllte Sehnsucht des alten Simeons, nämlich Jesus sehen … und sterben.
Ein Clou, dass der Drehbeginn von „Brügge sehen … und sterben“ 2007 auf einen 2. Februar fiel.
25. Januar
Wort zum Sonntag:
Im Freizeitfieber
Von Pfarrer Thomas Schrader
Die Konfirmandenfreizeiten gehen wieder los. Fragt man Konfirmanden-Eltern, dann zählen die Freizeiten zum Prägendsten aus ihrer Konfirmandenzeit. Da wird erzählt von Traubenzuckerdragees gegen nächtliches Heimweh und von heimlichen Besuchen im Nachbarzimmer.
Wer schleicht sich am geschicktesten an den wacheschiebenden Pfarrerinnen und Fahrtbegleitern vorbei? Vom Küchendienst über Spiel und Sport bis zur gemeinsamen Abendmahlsfeier reichen die Erlebnisse der Fahrt – und das ganz analog von Mensch zu Mensch.
Manche meiner Konfirmanden/Innen lerne ich bei einer solchen Fahrt von einer ganz anderen Seite kennen. Und die Konfis vielleicht auch mich und darüber hinaus auch einen Teil ihrer Kirchengemeinde. Wenn es gut läuft, dann erfährt die Gruppe ganz intensiv Mahlgemeinschaft: Schmeckt und seht, wie freundlich Gott ist. Da wird die Hingabe Gottes begreifbar und erlebbar. Und das ein Stück weg von zu Hause. Das „Ja“ Gottes zu meinem Leben. Darum geht es auf dem Weg zur Konfirmation: Gemeinsam gestärkt werden in unruhigen Zeiten.
Das tun wir in unseren Gemeinden Sonntag für Sonntag.
Glaubenssache:
Geliebt und Geächtet
Von Jürgen Krackrügge
Wissen Sie, was das meistverkaufte Buch aller Zeiten aber zugleich auch das am heftigsten bekämpfte Buch der Welt ist? Es ist die Bibel. Der heutige Sonntag weist als „Bibelsonntag“ auf die Besonderheit dieses Buches für Christen in aller Welt hin.
Während auch an diesem Tag Menschen in der ganzen Welt dankbar ihre Bibeln aufschlagen und darin lesen, steht die Bibeln in vielen Ländern auf dem Index der verbotenen Bücher. Leute, die beim Lesen der Bibeln oder auch bei Gesprächen über Texte der Bibel erwischt werden, landen nicht selten im Gefängnis
Seit meinem Eintritt in den Ruhestand arbeite ich in der „Gideon“ Gruppe Kassel mit. Die „Gideons“, haben es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen in der ganzen Welt die Bibel zu bringen. Seit Gründung der Organisation des „Internationalen Gideonbundes“ vor nunmehr gut 100 Jahren sind in über 190 Ländern der Erde mehr als zwei Milliarden Bibeln verteilt worden. Vielleicht kennen Sie durch einen Hotelbesuch die blaue, dreisprachige Bibel, die dort im Nachttisch auslag. In vielen Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen liegen diese Bibel auch aus.Ich selbst verteile sehr gerne die kleinen Neuen Testamente in den Schulklassen unserer Region.
Meine persönliche Erfahrung ist, dass es auf jeden Fall lohnt, sich regelmäßig mit diesem Wort Gottes zu beschäftigen. Falls Sie bisher mit dem Bibellesen keine Erfahrung haben, helfen auch Gesprächsgruppen in den Gemeinden dazu, einen Zugang zum Wort Gottes zu finden. Und im Gottesdienst an diesem Sonntag steht sicherlich auch die Predigt mit der Auslegung eines Bibeltextes im Mittelpunkt.
Sie sind herzlich dazu eingeladen.
18. Januar
Glaubenssache:
Wir brauchen Frieden
Von Lektorin Maryam Parikhahzarmehr
Leid kennen wir alle aus unserem Leben und aus dem Leben der Menschen, die uns nahestehen. Wir Christen wissen, was Leid ist, auch aus dem Leben unseres Herrn Jesus Christus. Schmerz und Leid gehören zum Leben dazu. In diesen Wochen gehen meine Gedanken noch stärker als sonst in meine iranische Heimat. Die Menschen dort erleben zurzeit schmerzhafte Momente. Der Tod unschuldiger Menschen lässt die Herzen der Staatsmänner im Iran kalt; das iranische Volk verspürt aber ein tiefes Leid in ihren Herzen.
Meine Glaubensworte in dieser Woche können deshalb nicht anders sein, als der Trauer um den Tod von 176 unschuldigen Menschen in einem ukrainischen Flugzeug in Teheran Ausdruck zu geben. Durch das Militär der islamischen Regierung ist das Flugzeug abgeschossen worden.
Ich möchte Sie bitten, in diesem Moment eine Kerze in Ihrem Herzen anzuzünden mit dem Licht des Friedens, den Jesus uns geschenkt hat: für alle Menschen die im Krieg sind und unter Gewalt und Hass leiden, für alle Menschen, die wir geliebt haben und die nicht mehr unter uns sind. Falten wir die Hände, verbinden wir unseren Herzen miteinander und bauen eine Brücke aus Mitgefühlen, damit die leidenden und getroffenen Menschen die große Krise ihres Lebens überwinden können.
Ich träume von einer Welt, in der die Religion und die Hautfarbe Menschen nicht mehr trennen. Und ich träume auch davon, dass wir als Menschen nie aufhören, füreinander Mitleid zu haben. Das ist ein guter Beitrag für ein friedliches Zusammenleben.
Denn: Wir brauchen Frieden.
11. Januar 2020
Wort zum Sonntag:
Rettungsanker
Von Pfarrer Sven Wollert
Elf Tage ist das neue Jahr nun alt und spätestens am Montag, wenn auch Hessens Schulferien zu Ende sind, hat uns der Alltag wieder. Heute werden in vielen Orten die Weihnachtsbäume eingesammelt. Kurz: Die Zeit „zwischen den Jahren“ ist endgültig vorbei.
Bei vielen wird es wieder so sein, dass die guten Vorsätze aus der Neujahrsnacht diese ersten Tage schon nicht überlebt haben. Das ambitionierte Bewegungsprogramm ist irgendwo zwischen schlechtem Wetter und Vierschanzentournee auf dem Sofa verschütt gegangen. Der aufmerksamere Umgang mit dem Partner wurde von ganz Alltäglichem erstickt. Der Plan, sich endlich nach einem besseren Job umzusehen, endet in einem nie gepflegten Profil eines beruflichen Netzwerks.
Für viele ist das auch mit einem Gefühl verbunden, versagt zu haben: Ich entspreche nicht dem, was ich eigentlich von mir selbst erwarte. Ich muss doch besser, anders, zufriedener sein als ich es gerade bin. Und ich habe es wieder nicht geschafft. 2020 sieht 2019 schon wieder verblüffend ähnlich – obwohl es doch ganz anders werden sollte.
Solche Gefühle sind nicht neu, sind kein Privileg von uns heute.
„Ich bin getauft!“ Dies hielt sich zum Beispiel Martin Luther schon vor 500 Jahren oft vor Augen, wenn er mal wieder mit sich selbst so schrecklich unzufrieden war. Und er war oft unzufrieden mit sich. Aber sich daran zu erinnern, getauft zu sein, war wichtig. Denn es sagte ihm: „Ich bin Gottes Kind – auch jetzt. Niemand wird das von mir nehmen.“ Es war auch in den schwierigen Stunden sein Rettungsanker: „Da ist jemand, der zu mir steht – komme was da wolle. Auch, wenn ich versage.“
Denn: „Ich bin getauft!“
Glaubenssache:
Im Namen Gottes ...
Von Pfarrer Lars Bachmann
Was bestimmt mein Leben? Zunächst einmal mein Name und zwar in doppelter Weise: zum einen ist da der Nachname, der mir deutlich macht, dass ich in eine Familie hineingeboren bin. Zum anderen ist da der Vorname, den ich mir nicht selbst ausgesucht habe, sondern den mir meine Eltern gegeben haben. Ob ich meinen Vornamen mag oder nicht, ob er gewöhnlich ist oder kurios, mein Vorname lässt mich exemplarisch erfahren, dass ich als Mensch umfassend abhängig bin. Jeder Mensch kann in seinem Leben entdecken, sofern er sich darauf einlässt, dass es Dinge gibt, die ihm ungefragt zuteil wurden – wie mein Geschlecht, meine Familie, meine Talente, meine Gesundheit. Auch wenn ich mein Leben durch eigene Entscheidungen bestimmen kann – wie den Beruf, meine Lebenspartnerin, die Dinge, die ich täglich tue oder lasse –, so weiß ich doch, dass ich in einer alles umfassenden Abhängigkeit lebe. Denn alles, was es in der Welt gibt, ist in irgendeiner Weise abhängig.
Doch wovon bin ich abhängig?
Der morgige Sonntag, der uns an die Taufe Jesu erinnern will, stellt mich vor die Entscheidung, ob ich mein Leben, unabhängig davon welchen Namen ich trage, bewusst als ein Kind Gottes führen will, weil Gott für mich die Alles bestimmende Wirklichkeit ist. Was das bedeutet, hat Martin Luther in seinem Großen Katechismus in folgende Worte gefasst: „Was heißt einen Gott haben, oder was ist Gott? … allein das Vertrauen und Glauben des Herzens etwas macht etwas sowohl zu Gott als zu einem Abgott. Woran du nun dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott.“
Und wer ist unser Gott? Es ist der Gott Jesu, es ist der Gott, der Liebe ist.
Ich jedenfalls will mich vom Gott Jesu bestimmen lassen. Ich will als Kind Gottes zu seiner Menschenfamilie gehören. In seinem Namen will ich leben.
Lars Bachmann ist evangelischer Pfarrer an der Herwig-Blankertz-Schule in Wolfhagen.
4. Januar 2020
Wort zum Sonntag:
Neues Jahr als Chance
Von Pfarrer Thomas Steinrücken
Als Jesus von Nazareth vor etwa 2000 Jahren zur Welt kam und sich 30 Jahre später auf den Weg machte, das Reich Gottes zu verkünden, da war es eine überraschende Erfahrung für seine Zeitgenossen, dass er niemanden abschrieb und verachtete: weder die Leistungsfähigen noch die Schwachen, auch nicht die Aussätzigen, die von der Gesellschaft Ausgesetzten. Gott sagt zu jedem: „Ich kann mit dir was anfangen. Du bist mir wichtig, auch wenn du weder der Schönste noch der Stärkste oder der Klügste bist“.
Das neue Jahr 2020 muss mich nicht ängstigen oder verzagt machen. Es ist die Chance, mein Leben in die Hand zu nehmen, zu gestalten und zu meiner Zeit, zu meinem Leben zu machen. Es ist meine Chance, immer mehr der Mensch zu werden, der ich vor Gott sein darf, den Gott im Sinn hatte, als er mich schuf.
Gehen wir also voll Zuversicht in dieses neue Jahr. Tragen wir das Unsrige dazu bei, dass es ein geglücktes, glückliches Jahr wird.
Glaubenssache:
Wut und Mut der Verzweiflung
Von Dekan Wolfgang Heinicke
Der Schrei des Vaters geht durch Mark und Bein. Er hatte Hilfe gebraucht. Hilfe für sein krankes Kind. Deswegen war er gekommen. Der, den er eigentlich gesucht hatte, war nicht da. Die, die er antraf, waren unfähig. Jedenfalls helfen konnten sie nicht. Und dann stritten sie untereinander und mit denen, die immer alles besser wussten. Woran hat es gelegen? Gibt es weitere Ursachen? Wer ist daran schuld? Darüber lässt sich leicht streiten, wenn man keine Ahnung hat, wie sehr die verfluchte Ohnmacht schmerzt, dachte er bitter.
Jesus kommt, und der Vater spricht ihn an: „Wenn du etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!“ Und dann diese Antwort: „Du sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Das ist mehr, als er ertragen kann. Das klingt für ihn zu sehr nach „Denk positiv“ und „Vertrauen ist der erste Schritt“ und all dem anderen, was er weiß, aber nun gerade nicht kann. Es gibt eine Grenze, was auszuhalten ist. Und die ist definitiv überschritten. Darum schreit er. Schreit aus der Tiefe. Aus der Tiefe der Not. „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“
Wie gut, wenn man so schreien kann. In dem Schrei höre ich die Not und die Wut der Verzweiflung. Ja, ich kann nicht mehr! Nein, das ist nicht gerecht! Ja, ich bin es leid, solche allgemeinen Weisheiten zu hören! Gleichzeitig hält der Schrei Gott fest, lässt ihn nicht los. Beides ist das ungemein Starke an dem Satz, das Stärkende. Manchmal wandelt sich dann die Wut der Verzweiflung in den Mut zum Leben.
In der biblischen Geschichte heilt Jesus den Sohn dieses Vaters. Wir müssen manchmal auch andere Erfahrungen machen. Und trotzdem: Es lohnt sich, gerade dann an Gott festzuhalten. Manchmal spüre ich dabei: Ich kann mich fallenlassen, weil er mich hält.
28. Dezember 2019
Wort zum Sonntag: Rückblick und Fazit. Gedanken zwischen den Jahren
Von Pfarrerin Christina Schnepel
Am Ende des Jahres stehen Rückblick und Fazit.
Die Nachrichten des Jahres werden für uns so oder ähnlich zusammengefasst:
Ein Jahr Proteste in Honkong, verheerende Waldbrände auf verschiedenen Kontinenten, Fridays for Future, die Ermordung von Walter Lübke und immer wieder Brexit.
Der private Rückblick sieht freilich jeweils ganz anders, kleinteiliger, aber oft nicht weniger bewegend aus.
„Suchet Frieden und jaget ihm nach“, war die Jahreslosung für unser Jahr 2019.
Welches Fazit ziehen wir dazu?
Ich habe das Gefühl, dass diese Worte nicht ungehört verhallen. Waren die Debatten in den vergangen Jahren oft mir der Analyse einer „Spaltung der Gesellschaft“ beschäftigt, entdecke ich im zu Ende gehenden Jahr wachsende Spuren der Solidarität, Engagement für demokratische Beteiligung, gegen Rassismus und rechten Extremismus und steigendes Bewusstsein für die Notwendigkeit von fairem Handel in nah und fern.
Die Kirchenvorstandswahl ebenso wie die Wahl unserer Bischöfin Hofmann haben in diesem Jahr die Überzeugung neu geweckt, dass in Kirchen und Gemeinden Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit wachsen und von dort ausstrahlen können. Hier sammeln sich Menschen, die sich genau dafür engagieren.
Können wir die Jahreslosung also mit dem Jahr 2019 abschließen?
Nein, natürlich nicht. Verschiedene Bischöfe und der Papst haben an Weihnachten wieder zu einem friedlichem Miteinander und vor Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen aufgerufen. Der Bundespräsident mahnte: "Derzeit braucht die Demokratie vor allem uns.“
Wir schließen die Jahreslosung 2019 nicht als erledigt ab, sondern glauben weiter daran mit der neuen für 2020: „Ich glaube - hilf meinem Unglauben!“
Glaubenssache:
Von guten Mächten
Von Prädikant Günther Dreisbach
In diesen Tagen ist ein Gedicht 75 Jahre alt geworden. Zum Jahreswechsel 1944/45 hat Dietrich Bonhoeffer es geschrieben. Aufgrund seines Widerstandes gegen das nationalsozialistische Regime wurde er verhaftet und im April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Im Gefängnis des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin, einem der gefürchtetsten Gefängnisse der Gestapo, hat er für seine Braut Maria Wedemeyer das Gedicht verfasst: »Von guten Mächten treu und still umgeben«. Seitdem hat das Gedicht eine weite Verbreitung gefunden. Vielfach wurde es vertont. Im Evangelischen Gesangbuch gehört es seit Ende des 20. Jahrhunderts zum Kernbestand der Lieder zur Jahreswende.
In den Gottesdiensten, die ich zu halten habe, leite ich den Schlusssegen regelmäßig ein mit den Worten des letzten Verses des Liedes: »Von guten Mächten wunderbar geborgen / erwarten wir getrost, was kommen mag. / Gott ist bei uns am Abend und am Morgen / und ganz gewiss an jedem neuen Tag.« Im Altersheim erlebe ich es: Fast im Chor sprechen die alten Menschen es mit. Manche nicken dazu beifällig mit dem Kopf. So, als wollten sie sagen: Das unterschreibe ich gern. Das gehört zur eisernen Ration meines Lebens.
Vielleicht kann der eine oder die andere das im Rückblick auf das Jahr 2019 auch sagen: Ja, ich habe diese Geborgenheit gespürt. Nicht immer und nicht immer so intensiv. Aber ich weiß: Gott war immer bei mir. So wie Dietrich Bonhoeffer sich dessen gewiss war. Und vielleicht nehmen Sie diese Gewissheit mit in das neue Jahr. Ich wünsche es Ihnen.
Und: Gehen Sie von guten Mächten wunderbar geborgen getroste Schritte in das Jahr des HERRN, das Anno Domini 2020.