Zum Weiterdenken
Auf dieser Seite stellen wir Ihnen die Texte zur Verfügung, die - zumeist - aus der Mitte unseres Kirchenkreises für die Hofgeismarer Allgemeine und die Wolfhager Allgemeine erstellt werden - zum Nachlesen, Nachdenken und Weiterdenken.
16. November
Gedanken zum Sonntag:
Uralt und politisch hochaktuell
Von Arno Backhaus
Interessant, was die Bibel vor über 2.000 Jahren schon von der politischen Großwetterlage und ihren Vertretern von heute wusste: „Der Herr sprach zu mir: "Sterblicher Mensch, geh zum Fürsten von Tyrus, und richte ihm aus: Du bist hochmütig und behauptest voller Stolz: 'Ich bin Gott und wohne wie ein Gott auf meiner Insel mitten im Meer!' Doch auch wenn du dich selbst für einen Gott hältst, bist du nur ein Mensch! Zwar bist du weiser als Daniel, kein Geheimnis ist zu dunkel für dich.
Weisheit und Verstand haben dich sehr reich gemacht, deine Schatzkammern sind voll mit Silber und Gold. Durch kluge Geschäfte hast du deinen Besitz immer weiter vergrößert. Doch all dies hat dich stolz und überheblich gemacht, und nun glaubst du, genauso zu sein wie Gott. Darum sage ich, der Herr: Die grausamsten Völker lasse ich über dich herfallen.
Mit ihren Schwertern werden sie deine ganze Pracht zerstören, alles, was du mit deiner Weisheit erworben hast. Sie werden dich töten, und das Meer wird dein Grab sein. Wenn du deinen Mördern gegenüberstehst, wirst du dann immer noch behaupten, Gott zu sein?
Nein, im Angesicht des Todes wirst du merken, dass du nur ein vergänglicher Mensch bist! Durch die Hand von Fremden wirst du sterben wie ein unterschnittener Heide. Darauf gebe ich, der Herr, mein Wort." (Altes Testament; Hesekiel 28, 1-10)
Glaubenssache:
Novembergedanken
Von Pfarrer Marek Prus
„Ach, dieser Monat trägt den Trauerflor“, so beginnt E. Kästner sein Gedicht über den Monat November. „Der Sturm ritt johlend durch das Land der Farben. Die Wälder weinten. Und die Farben starben. Nun sind die Tage grau wie nie zuvor. Und der November trägt den Trauerflor“. Ganz so grau habe ich nicht jeden November erlebt. Doch diesem Monat haftet einfach das Gefühl von Dunst und Nebel, Grau und Ungemütlichkeit an. Das mag daran liegen, dass er reich gefüllt ist mit Totengedenktagen: Allerseelen, gefolgt vom Volkstrauertag und dem Totensonntag, auch Ewigkeitssonntag genannt.
Der Dichter schreibt weiter:„Der Friedhof öffnete sein dunkles Tor. Die letzten Kränze werden feilgeboten. Die Lebenden besuchen ihre Toten. …Was man besaß, weiß man, wenn man's verlor. Wer noch nicht starb, dem steht es noch bevor. Und der November trägt den Trauerflor ...“. Ich finde, es gut, dass es einen Monat im Jahr gibt, der eben nicht so voll Leben strotzt. Ein Monat, der uns vor Augen führt, wie die Kräfte scheinbar schwinden und mit ihnen das satte Leben.
Aber Moment Mal, vielleicht ist der November ja genau der Monat, der doch etwas mit dem Leben zu tun hat. Der Tod gehört wie die Geburt und die verschiedenen Alter zum Leben dazu. Doch der Tod und die Gedanken an ihn werden gern verdrängt. Das ist verständlich. Aber nicht sinnvoll. Erst das Wissen um den Tod lässt einen das Leben doch mehr schätzen. Im 90. Psalm lesen wir: „Unsere Tage zu zählen, lehre uns. Dann gewinnen wir ein weises Herz“. Es ist nicht so, dass ich jetzt ständig den Tod vor Augen habe. Und ganz ehrlich: Ich möchte auch noch nicht von dieser Erde abtreten müssen. Was ich möchte, ist: jeden Tag auf dieser Erde so zu leben als wäre es mein letzter. Mit diesem Blick auf meine eigene Sterblichkeit, gehe ich behutsamer mit mir und meinen Mitmenschen um. Ich möchte jeden meiner Tage so leben, dass er Bestand hat für die Ewigkeit.
9. November
Gedanken zum Sonntag:
Aus Glauben teilen – St. Martin
Von Pfarrerin Johanna Fischer
„Martin, Martin, Martin war ein frommer Mann. Zündet viele Lichter an, dass er oben sehen kann, was er unten hat getan.“
So klingt es, wenn viele Kinder mit ihren Familien durch die Straßen ziehen. Die Martinsgeschichte wird erzählt, leuchtende Laternen werden getragen und Lieder gesungen. Als Abschluss gibt es heiße Getränke und Martinsgänse, schöne Begegnungen mit wärmenden Gesprächen.
Die Geschichte von St. Martin erzählt davon, dass er seinen Mantel teilt und einem anderen Menschen so Wärme schenkt. Das tut er aus seinem Glauben heraus. Aus Glauben heraus teilen, dafür ist gerade eine gute Zeit. Wir haben viel zu geben. Manches fällt uns leicht, weil wir es überhaben. Anderes ist gar nicht so einfach zu teilen.
Ich teile gerade gerne meinen Hoffnungstrotz. Das, was mich über das Weltgeschehen hinaus auf das Gute, auf Gottes Wirken hoffen lässt, mich trotzdem Gutes tun lässt. Mich trägt dabei der Zuspruch: „Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn Gott ist mit dir.“ (Jos 1,9)
Haben Sie schon mal etwas von Ihrem Glauben geteilt? Durften Ihre Enkelkinder schon mit Ihnen beten? Wissen Ihre Kinder, was Sie trägt? Aus Glauben heraus teilen – Ihren Glauben teilen – anderen Wärme schenken. Jetzt ist die Zeit dafür.
Glaubenssache:
Wahnvorstellungen
Von Pfarrer i.R. Ulrich Trzeciok
„Gefährlich ist´s, den Leu zu wecken, verderblich ist des Tigers Zahn, jedoch der Schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn.“ (Schiller, Die Glocke). Der 9. November 1938 bestätigt dies in schrecklichem Maß. In der „Reichspogromnacht“ wurden landesweit jüdische Geschäfte und Einrichtungen geplündert und zerstört, Synagogen niedergebrannt, Juden geächtet, verfolgt, verletzt und getötet. „Die Straßen füllen sich und Hallen, und Würgebanden zieh´n umher.“ (Die Glocke).
Beschönigend hieß es dann „Reichskristallnacht“, so als wären bei einer Demonstration ein paar Glasscheiben zu Bruch gegangen. Es war aber das Fanal für das Ausrottungsprogramm für die jüdische Bevölkerung in Europa, den Holocaust. Geweckt wurde der Leu, der Löwe des Rassenwahns aber schon viel eher in den Köpfen von Philosophen, Wissenschaftlern und Machthabern: Die „weiße Rasse“ sei allen anderen überlegen, könne deshalb nach Belieben schalten und walten. Die Krönung von allem: der „germanische Herrenmensch.“ Die NS-Rassengesetze von 1936 haben das deutlich gezeigt. Dazu kam noch die Wahnvorstellung einer Weltverschwörung: „Die Juden sind an allem Schuld.“
Lassen sich nicht auch in unserer Gegenwart viele Leute in ihrem Denken und Handeln von alten und neuen Wahnvorstellungen leiten? Von interessierter Seite werden sie offen oder versteckt geschürt. In Kirche und Welt sollten wir die Mahnung ernst nehmen, die Jesus Christus sagt: „Das Aussehen der Erde und des Himmels könnt ihr deuten. Warum könnt ihr dann die Zeichen dieser Zeit nicht erkennen?“ Sonst wird wieder das eintreten, was Friedrich Schiller in dem Lied von der Glocke schreibt: „Weh dem, der dem Ewigblinden des Lichtes Himmelfackel leiht. Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden und äschert Stadt und Länder ein.“
Ulrich Trzeciok ist Stadtpfarrer im Ruhestand und Geistlicher Rat aus Naumburg.
2. November
Gedanken zum Sonntag:
Allerheiligen - Halloween?
Von Pfarrer Andreas Schreiner
Allerheiligen und Allerseelen, Totensonntag, Volkstrauertag: November ist der Monat des Totengedenkens, mit ernsten und mahnenden Gottesdiensten und Veranstaltungen. Aber seit einiger Zeit kommt Halloween dazu, und das ist nun gar nicht ernst und seriös.
Ich werde manchmal gefragt, was wir von der Kirche von Halloween halten. Ich kann natürlich nicht für alle sprechen, aber ich selbst habe gar nichts gegen Halloween. Auch wenn es keine Tradition bei uns ist, sondern erst aus dem angelsächsischen Raum zu uns gekommen. Die Dekos, Monster und Ungeheuer sind schon gewöhnungsbedürftig, aber Kleine und Große haben Spaß am Verkleiden und am spielerischen Umgang mit dem Gruseln, was immer noch besser ist als Angst zu haben vor allem, was fremd und erst mal unheimlich ist.
Halloween ist nichts anderes als die in der englischen Umgangssprache abgeschliffene Bezeichnung „All Hallows Even“ für den Vorabend des Allerheiligenfestes. In den südamerikanischen Ländern wird Allerheiligen auf den Friedhöfen laut und fröhlich gefeiert im Bewußtsein, daß die Toten weiter zu uns gehören, zur großen Gemeinschaft der Glaubenden, der Gemeinschaft aller Heiligen. Allerheiligen ist das Fest für alle, die ihr Menschsein ernstgenommen haben; die in ihrem Leben auch Gott Raum gelassen haben - und die anderen geholfen haben, Mensch zu sein und glücklich zu sein.
Glaubenssache:
Alte weis(s)e Männer
Von Pfarrer Kai Michael Scheiding
Mit meinen bald 50 Jahren muss ich mich wohl langsam dazuzählen. Klar weiß ich, dass das eher Mansplainer oder Altherrenwitze auf zwei Beinen meint als mich. Aber ich beobachte, wie auch in dieser Hinsicht unverdächtige Männer immer mehr das Gefühl bekommen, dass „man“ wegen seiner Hautfarbe, seines Geschlechts und Alters zu manchen Themen „bald nichts mehr sagen darf.“ Und das in Zeiten, die behaupten, Rassismus, Sexismus und Altersdiskriminierung überwinden zu wollen.
Jedenfalls wundern sich viele Männer, was sie angeblich alles falsch machen und falsch sehen, ohne es zu checken. Frust und Protest äußern sich dann in Veganer-Bashing, Gender-Hass oder als Kreuz auf dem Wahlzettel. Der Diskurs verroht oder man redet gar nicht mehr miteinander, der gesellschaftliche Zusammenhalt erodiert. Nicht nur deswegen, aber auch.
Seit Jahren überlege ich, wie unser gesellschaftlicher Zusammenhalt besser werden könnte. Dazu dürfte auch die Art gehören, wie wir miteinander umgehen. In der Bibel schreibt Paulus den Korinthern ins Stammbuch, dass sie wie ein Körper seien, an dem jedes Körperteil seine Berechtigung hat. Wenn ein Körperteil – und sei es das kleinste – leidet, leiden alle anderen mit. Die Nase ist zwar klein, aber bei einem Schnupfen merkt man, wie das den ganzen Körper schwächt.
So könnte es gehen. Jeder (Körper-)Teil unserer Gesellschaft sollte mit seiner Lebenserfahrung und Weltsicht beachtet werden. Alte weiße Männer ebenso wie junge woke Frauen. Wenn wir mehr miteinander statt übereinander reden und es dabei nicht mit Betonköpfen zu tun haben, könnten wir eine Menge voneinander lernen.
26. Oktober
Gedanken zum Sonntag:
Die Mitte der Religion
Von Pfarrer Andreas Kölling
Meine Frau und ich waren jüngst in Nordzypern. Eine Studienreise. Dabei kamen wir auch zu einigen Kirchen bzw. meist ehemaligen Kirche. Es hat uns bewegt, diese Zeugen einer christlichen Kultur, eines christlichen Lebens zu sehen, die es dort nicht mehr gibt. Oder haben wir nur nicht genau genug hingesehen?
Ich habe an Mose (Bibel, 2.Buch Mose/Exodus) gedacht, der zwar Jude war, aber als Adoptivkind über seine Religion, ihre Lehren und Riten, wenig wusste. Was die Religion in ihm dann doch lebendig werden ließ, war etwas anderes: Er begegnete Gott. Manche werden von der Geschichte mit dem brennenden Dornbusch gehört haben. Dieser Gott stellte sich Mose vor als Gott seiner Väter. Und Mose verstand: 1. Dieser Gott kann dann ja auch mein Gott sein. Er und ich haben etwas, das uns miteinander für immer verbindet. 2. Dieser Gott sagte, dass er die Not seines Volkes gesehen habe und nun helfen wolle.
Dieses Versprechen wurde zentral für die religiöse Praxis des Mose und sie ist auch zentral für meine eigene religiöse Praxis: Religion entfaltet sich in unseren schönen Kirchen, in der Lehre und in Riten wie einem Gottesdienst. Doch das soll mich ja alles nur hinweisen auf einen Gott, der real ist, der mich sieht und nie alleine lässt.
Glaubenssache:
Martin Luther tschüss ...
Von Lektorin Maryam Parikhahzarmehr
Vor einigen Jahren waren wir in Eisenach. Wir haben dort einen schönen Tag verlebt und Orte kennen gelernt, die für uns unseren neuen Glauben sehr fremd waren. Aber wenn man geschichtlich interessiert ist, ist man schnell »Feuer und Flamme« von dem, was man dort erlebt: die monumentale Wartburg zum Beispiel. Es war ergreifend, dort zu sein, wo Luther die Bibel übersetzt hat.. Wir haben den herrlichen Blick auf Eisenach genossen, die Geburtsstadt Johann Sebastian Bachs, bei dessen Weihnachtsoratorium wir später mitsingen durften.
Unsere jüngste Tochter hatte bald Gefallen an einer Lutherfigur, die an einer beweglichen Drahtrolle befestigt ist. Ihre Patentante hat sie im Wohnzimmer hängen. Und als das Mädchen die Lutherfigur zum ersten Mal gesehen hat, hat sie die bis nach unten gezogen – und dann hat sie Martin Luther nach oben schnellen lassen mit den Worten »Martin Luther tschüss.« Und hat sich aber auch so was von gefreut. Später hat sie auch ein wenig von Luther erfahren und hat die Wartburg bestaunt, die ihre Schwester zusammengeklebt hat. Sie weiß heute ein wenig, was Luther bedeutet.
Mit dem morgigen Sonntag sind wir wieder in einer »Lutherwoche«. Am Donnerstag feiern wir den Reformationstag mit einem festlichen Gottesdienst. Und erinnern uns an die 95 Thesen von Martin Luther, die er vor 507 Jahren an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg geschlagen hat. Das war quasi die Geburtsstunde der evangelischen Kirche. Und das muss gefeiert werden. Kommen Sie bitte. Es lohnt sich. Da wird aus »Martin Luther tschüss« »Willkommen, Martin Luther«. Die Gottesdienstzeiten finden Sie in dieser Zeitung.
19. Oktober
Glaubenssache:
Entscheidungssache
Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs
Da waren sie wieder, die ungeliebten Erinnerungen: An die Mutter, die zu viel trank und dann übergriffig wurde. An den Vater, der ihn nicht vor ihr geschützt hatte. Er hätte heulen können. Weil es weh tat, auch noch nach so vielen Jahren. Viel hatte er erreicht in seinem Leben. Und trotzdem lagen diese Erlebnisse wie ein Schatten auf ihm. Sie hatten ihn geprägt, waren mitgewandert durch die Jahrzehnte. Und oft hatten sie seine Lebensfreude getrübt.
War er ein Opfer seiner Vergangenheit? Waren andere schuld, wenn er nicht gut streiten konnte oder sich schützen musste vor zu viel Nähe? Lange hatte er das gedacht. Bis ihn wie ein Blitzschlag die Erkenntnis traf: Ich bin ja selbst derjenige, der darüber entscheidet, wie er sein Leben erzählen will. Als eine Geschichte, in der es nur darum geht, wie schwer ich es gehabt habe? Oder lieber als eine Geschichte, in der ich auch darauf schaue, wer und was mir alles geschenkt wurde?
„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Timotheus 1,7). So stand es auf einer Karte, die ihm eine Freundin geschickt hatte. Ein Mutmach-Spruch aus der Bibel, der ihn berührte: Ich soll die Kraft haben, über meine frühen Kindheitsprägungen hinauszuwachsen? Sie zwar nicht zu verleugnen, aber ihnen auf keinen Fall die Macht zu geben, mein gegenwärtiges Leben zu bestimmen? Das soll gehen?
Elke Heidenreich, die große Literaturliebhaberin, fiel ihm ein. Sie hat als über 80-Jährige ein Buch über das Altern geschrieben und genau das geschafft: Nichts schön zu reden von dem, was nicht schön gewesen war. Stattdessen aber sich dafür zu entscheiden, eine Geschichte vom Lieben und Geliebt-werden zu erzählen, von guten Freunden, schöner Arbeit und viel Dankbarkeit. Beeindruckend, dachte er. Und wenn sie das kann, dann kann ich das auch.
12. Oktober
Gedanken zum Sonntag
Von Pfarrerin Nina Marie Nadolny
Wenn ich Menschen danach frage, wie es ihnen mit dem Glauben geht, bekomme ich oft die Antwort: „Also sonntags in den Gottesdienst, da gehe ich nicht hin.“ Oder: „Ich bin ausgetreten aus der Kirche.“
Aber ist das eigentlich die Antwort, auf die Frage, wie es einem mit dem Glauben geht?
Ich finde, diese Frage hat zunächst wenig mit Mitgliedschaft und Kirchenbesuch zu tun.
Beim Glauben geht es doch um etwas zutiefst Persönliches:
Wie geht es Ihnen mit Gott? Können Sie an ihn glauben?
Was hat Jesus Christus mit Ihrem Leben zu tun?
In der Bibel steht im 1. Johannesbrief 4,16:
„Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm.“
Ich mache immer wieder neu die Erfahrung:
Gott, also die Liebe, ist unendlich und bedingungslos - immer noch mehr als ich es erwartet habe. Und Gott zwingt mich nie. Er sucht mich. Er wartet auf mich.
Ich glaube daran: Gott will auch Ihre Leere im Herzen füllen.
Machen sie doch mal ein Experiment: Sagen Sie Gott im Gebet, dass er in Ihrem Leben bemerkbar machen soll. Bitten Sie ihn, Ihnen dort wo Hoffnungslosigkeit oder Zweifel stark sind, Liebe und Zuversicht zu schenken. Ich bin sicher, dass Gott es tun wird. Denn das ist sein Versprechen an uns.
Glaubenssache:
Schöne Menschen!
Von Pastor Karl-Alfred Dautermann
„Glauben macht den Menschen schön!“ – Dieser Satz aus meinem Andachtsbuch spricht mich sofort an. Ich laufe noch mal schnell zum Spiegel und schaue nach. Nein, so kann das nicht gemeint sein. Ich fühle mich zwar nicht hässlich, aber eine ausgesprochene Schönheit bin ich nun auch nicht. Die Halbglatze und der Bauchansatz lassen sich nicht wegdiskutieren, trotz meinem Glauben. Nein, das muss anders gemeint sein. – Ach ja, es geht um die inneren Werte, natürlich.
Da lese ich in der Bibel: „Ein Lobpreis seiner Herrlichkeit sollen wir sein – wir alle, die wir durch Christus von der Hoffnung erfüllt sind!“ (Eph. 1,12) – Es geht also um eine Schönheit, die von Innen heraus strahlt. Und dazu haben wir als Christen nun wirklich allen Grund. Nicht nur, dass wir wie alle Menschen auf der Welt zum Ebenbild Gottes geschaffen wurden, sondern auch weil wir erlöste Menschen sein können, und damit gelöste und lockere Menschen. Diese Schönheit kommt durch die Hoffnung, die in uns wohnt, durch die Freude über Gott, durch die Liebe, die wir empfangen haben, und die durch Jesus in unseren Adern fließt. Es gibt also gar keinen Grund dafür resigniert durch die Gegend zu laufen, trotz aller Probleme, die es natürlich gibt. Ein Blick in den Spiegel der grausamen Realität zeigt das ja sofort.
Das ist schlimmer als eine Halbglatze und ein Bauchansatz. Trotzdem: als Christ darf voller Hoffnung und Optimismus sein. Als Christ will ich mit anpacken, so gut ich das kann. Als Christ will ich das Lachen des Glaubens weitergeben und meine Mitmenschen ermutigen. „Glauben macht den Menschen schön!“ – Was wäre das für ein wunderbarer Sonntag, wenn diese Schönheit morgen in den Gottesdiensten wieder neu zum Tragen kommt.
Gott sei Dank
Ich finde, es ist eine sinnvolle Frage: Wie kannst du in deinem Alltag Dankbarkeit und Einheit fördern?
28. September
Gedanken zum Sonntag:
Brot vom Himmel
Von Pfarrer Christian Brandt
Gehören sie auch zur Spezies der Jäger und Sammler? Das könnte ich noch gebrauchen, das lege ich mal lieber in den Keller oder auf den Dachboden: Kleidung, Schrauben, Bücher, Bretter, Stoffreste und Hefte. Und wenn man dann nach Jahren mal den Keller durchstöbert, fällt einem auf, dass man das meiste gar nicht gebracht hat. Warum sich also nicht davon trennen? „Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck“, so in einem Song der Gruppe Silbermond.
Im Minimalismus musste sich auch das Volk Israel üben bei seiner Wanderung durch die Wüste. Die Israeliten marschierten mit leichtem Gepäck. So wurde ihr Marsch schnell zu einer Vertrauensübung. Die Vorräte waren aufgebraucht und das Volk murrte. Gott ließ daraufhin das Manna vom Himmel regnen, das Brot vom Himmel. Vermutlich handelte es sich dabei um ein süßes Sekret der Blätter des Tamariskenstrauchs, das zu Boden fiel und als Nahrung verwendet werden konnte. Oder ist es als eine theologische Symbolgeschichte zu verstehen?
Wichtig finde ich die besondere Eigenschaft des Mannas: Es ließ sich nicht aufbewahren, weil am nächsten Tag schon alles verdorrt war. So musste Israel jeden Tag neu auf Gott vertrauen und lebte von der Hand in den Mund, oder besser: aus Gottes Hand. Um mit leichtem Gepäck zu reisen, braucht es also Vertrauen. Jesus lädt uns ein, das mit ihm zu wagen, wenn er sagt: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten“ (Joh 6,35).
Glaubenssache:
Wo ist Kirche?
Von Pfarrer Jens Holstein
Diese Frage haben sich schon Menschen seit Anbeginn des Christentums gestellt. Der Reformator Philipp Melanchthon hat darauf eine prägnante Antwort gegeben. Kirche ist dort, wo das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden. Das klingt für unsere Ohren sperrig. Aber im Kern ist diese Antwort immer noch gültig.
Allerdings wird das Evangelium heutzutage wesentlich vielfältiger verkündigt als früher. Immer noch im normalen Sonntagsgottesdienst, aber auch zu vielen anderen Gelegenheiten. Vor der Kirche beim Dorfjubiläum mit Modenschau, bei der Kirche im Grünen, letztens beim Konficamp des Kirchenkreises mit vielen jungen Menschen.
Trotz reichhaltigen Angeboten, die Kirche macht, wird es aber zunehmend schwerer, Menschen für Gott zu gewinnen. Die Zahl der Christen wird auch im ländlichen Bereich unleugbar weniger. Nun werden nicht zeitnah unsere Kirchengebäude im Wolfhager Land stillgelegt oder verkauft werden. Aber von anderen Gebäuden wird man sich trennen müssen, auch von Pfarrhäusern.
Kirche verändert sich. Ob Pfarrerinnen und Pfarrer in Pfarrhäusern oder woanders vor Ort wohnen, ist dann kein Problem. Wichtig ist, dass Gott unter uns wohnt.
Und das kann an Orten sein, wo man es zunächst gar nicht vermutet. Jesus selbst fordert auf, die Menschen im Gefängnis zu besuchen. Auch die Kranken sollen besucht werden. Deshalb gibt es Klinikseelsorge in Merxhausen, feiern Christen aus dem Dorf und aus der Klinik sonntags gemeinsam in der Klosterkirche regelmäßig Gottesdienst.
Wo ist Kirche? Sie ist dort, wo das Wort Gottes lebendig erfahren wird und Menschen tröstet, wo das nötig ist.
21. September
Gedanken zum Sonntag:
Herbstliches Totengedenken
Von Pfarrer Christian Trappe
Wenn die Blätter sich verfärben und schließlich fallen, wird uns wieder die Vergänglichkeit allen Lebens besonders bewusst. Der Herbst ist darum die klassische Zeit des Totengedenkens. Doch wie Trauer nicht nur traurig ist, sondern viele Facetten hat, muss auch das herbstliche Gedenken nicht immer im nasskalten Novembergrau stattfinden. Der beginnende Herbst ist eine Zeit von ganz eigener Schönheit, in der die Farben der Bäume besonders aufleuchten - gerade so wie manchmal Erinnerungen an geteiltes Leben in uns aufsteigen, uns wärmen und mit Dankbarkeit erfüllen.
Gut ist es, wenn es Anstöße zum Gedenken gibt: Denkmäler des Erinnerns in Raum und Zeit. Das kann die Grabstelle auf dem örtlichen Friedhof sein, die jetzt noch einmal Pflege braucht, um sie winterfest zu machen. Es kann auch das „Herbstliche Totengedenken“ sein, das alljährlich im September im Friedwald Reinhardswald stattfindet (dies Jahr: Sonntag, 22. September um 15 Uhr).
Die Kurfürstenallee, deren Bäume wie eine Naturkathedrale zueinanderstreben, bietet einen eindrucksvollen Andachtsraum für diese Feier, die seit nunmehr 14 Jahren von der Klosterkirche Lippoldsberg und dem dortigen Posaunenchor gestaltet wird. Anstoß zum Erinnern gibt im Friedwald Reinhardswald neuerdings auch die „Trostschaukel“, auf der man sich in der Geborgenheit des Waldes wiegen kann und dabei „von oben“ gehalten wird.
Glaubenssache:
Hoffnung trotz Schrumpfen
Von Pfarrer Johannes Heicke
In vielen Kirchen in Deutschland beschäftigt uns ein großes Thema: der Mitgliederschwund, der dafür sorgt, dass viele kirchliche Gebäude nicht mehr erhalten werden können.
Über die Gründe lässt sich spekulieren: naturwissenschaftlich-materielle Weltsicht, Missbrauchsskandal, fehlende zeitgemäße Angebote – oder schlichtweg der hohe Lebensstandard, der uns das Gefühl gibt, Gott nicht mehr zu brauchen. Da kann man Sorge um die Kirche bekommen.
Vielleicht lohnt sich ein Perspektivwechsel: Weltweit betrachtet wächst das Christentum rasant und ist mit 2,6 Milliarden Christen die größte Glaubensgemeinschaft. Besonders in Afrika und Asien floriert das Christentum, und auch im Untergrund in arabischen Ländern nehmen die Zahlen zu – obwohl dort gar keine Kirchen gebaut werden dürfen.
Aber auch in Deutschland ist Glaube lebendig. In zwei Wochen fahre ich wieder zum Jugendfestival unserer Kirche in einer Schule in Northeim. 200 Jugendliche aus allen Regionen Deutschlands treffen sich – um zu singen, zu beten, Spaß zu haben und sich über Glauben und Leben auszutauschen! Auch in anderen Kirchen ist Konfi- und Jugendarbeit lebendig. Mir tut es gut, Gott hier am Werk zu sehen. Vielleicht tut er das anders als in den „fetten Jahren“ – aber ging es nicht Jesus genauso? „Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.“ (Die Bibel, Lukasevangelium 9,58). Jesus kommt ganz ohne Unterkunft aus, und Gemeinde ist auch außerhalb von Kirchgebäuden lebendig.
Vielleicht hilft uns dieser Perspektivwechsel, einen neuen Blick auf die Erhaltung unserer kirchlichen Gebäude zu finden.
14. September
Gedanken zum Sonntag:
Wie ein Wasserfall
Von Pfarrerin Renate Wollert
Ein Wasserfall ist ein beeindruckendes Naturschauspiel. Wenn ein Fluss tosend Felsen herunterstürzt, die Luft erfüllt ist von Sprühregen, und es rauscht und rauscht und rauscht, endlos.
„Das Leben ist wie ein Wasserfall“, heißt es im Song „Waterfall“ von Michael Schulte und DJ R3HAB. Er steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes zum „Hit from Heaven Sonntag“, den im September auch in unserer Region einige Kirchengemeinden feiern.
Das Leben ist wie ein Wasserfall? Es bringt nichts, gegen die Wellen zu kämpfen, sagt das Lied. Es geht darum, loszulassen, sich tragen zu lassen, im Flow zu sein.
Aber: wenn ich loslasse, wer fängt mich dann auf? Das würde ich schon gerne wissen. Denn einen Wasserfall hinunterzustürzen, davor hätte ich riesige Angst!
Ich vertraue darauf, dass Gott mich auffängt. „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir“, so heißt es in Psalm 139. Ich gestehe: in einen Wasserfall würde ich trotzdem nicht springen. Aber im übertragenen Sinne kann ich loslassen, was ich gerne selbst bestimmen will und doch nicht kann.
Im Kirmesgottesdienst in Westuffeln haben wir Wünsche und Bitten aufgeschrieben und in den Taufstein gelegt. Was uns bewegt können wir Gott überlassen. Bei Gott ist unser Leben aufgehoben, auf den Höhen und in den Tiefen.
Glaubenssache:
Wer wird Millionär?
Von Prädikant Günther Dreisbach
Kürzlich habe ich die Antwort auf die Eine-Million-Euro-Frage gewusst. Die Fernsehzeitung wollte wissen, welche Nationalhymne die gleiche Melodie hat wie die von Großbritannien. Und dann wurden vier Länder aufgeführt. Drei waren natürlich falsch, aber eine war richtig: Liechtenstein. Das hatte ich 1965 bei Fräulein Schmincke in der Realschule gelernt: »Droben am deutschen Rhein lehnet sich Liechtenstein.« Na und? Was hat’s mir gebracht? Erinnerung an eine gute Lehrerin. Sonst nichts. Keine Million Euro. Na und?
Ist es denn erstrebenswert, Millionär zu werden? Die Sehnsucht haben viele. Was könnte man mit einer Million nicht alles Gutes tun! In der Sendung »Wer wird Millionär?« werden solche Träume ja immer mal artikuliert. Und nicht wenige erzählen, wie sie Menschen oder Vereine oder Organisationen unterstützen wollen. Und das ist schön. In der Bibel ist von Abraham die Rede. Gott fordert den Urvater auf, aus seinem Zelt herauszugehen und die Sterne zu zählen. Das geht natürlich nicht. Aber Gott verspricht Abraham, dass seine Nachkommen so zahlreich sein würden wie die Sterne am Himmel.
Abraham strebte nicht nach weltlichem Reichtum, sondern nach dem Segen und nach den Verheißungen Gottes. Günther Jauchs Show legt den Fokus auf materiellen Reichtum. Die Bibel macht deutlich: Wahrer Reichtum liegt in Gottes Verheißungen und ist Glaubenssache. Was ist wirklich wertvoll? Ist es Geld? Ich kann für niemanden antworten. Ich weiß nur, dass stimmt, was Paulus an seinen Freund Timotheus geschrieben hat: »Wir haben nichts in die Welt gebracht; darum können wir auch nichts hinausbringen.«
7. September
Gedanken zum Sonntag:
Heimat
Von Pfarrer Martin Schöppe
Nach einem Krankenbesuch gehe ich durch die lange Flure des Klinikums und komme an einem „Raum der Stille“ vorbei. Ich nehme mir einige Minuten, spreche ein Gebet für die Kranken und sortiere meine nächsten Termine. Bei einem Blick in das Gästebuch sehe ich ein kleines gemaltes Herz und daneben, offensichtlich mit Kinderhand geschrieben, das Wort „Mama“.
Für ein Kind ist die Krankheit der Mutter eine Anfrage an sein ganzes Leben, an das, was es bisher als Heimat, als sein Zuhause begriffen hat. Angst und Unsicherheit werden größer und brauchen einen Raum, um damit fertig zu werden. Oft bieten diesen Raum Menschen die einander nahestehen und dadurch Sicherheit vermitteln.
Nicht nur Kinder, sondern auch Jugendliche und Erwachsene brauchen Räume, um über Ängste und Sorgen zu sprechen und vielleicht sogar an der leidvollen Situation zu wachsen. Am Ende des Tages könnte ein Heimatgefühl stehen, das nicht mehr fragt „Warum?“, sondern mit den Höhen und Tiefen des Lebens mitwächst.
Und ich wundere mich am Ende meines Tages was ein kleiner Raum der Stille in einem Krankenhaus so alles bewirken kann.
Glaubenssache:
Ich lasse los
Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs
Etwas wehmütig war mir in dieser Woche schon zumute: Zum letzten Mal mein Olivenöl und frische Lavendelsträuße auf dem südfranzösischen Markt kaufen, den ich so liebe. Ein Freund hat hier ein kleines Häuschen, vor dem zu sitzen, zu lesen und zu träumen für mich fast wie im Himmel ist. So viele Gespräche bei Wein und gutem Essen. Oft gelacht, philosophiert über eigene und fremde Lebenswege, manchmal auch geweint. Viele Jahre war ich im Sommer hier. Das Haus und die karge Landschaft mit den zirpenden Grillen und den typisch provençalischen Gerüchen, sie waren so etwas wie Rückzugsräume, wo meine Seele sich entfalten und zu sich kommen konnte. Mal allein und oft mit anderen. Nun wechselt das Haus den Besitzer, und ich lasse los.
Das fällt mir nicht leicht. Vielleicht weil ich mein Herz so oft verliere. An Menschen und Orte, aber auch an Lebensphasen, manchmal sogar nur an Augenblicke. Und wenn es intensive Erlebnisse waren, die ich mit ihnen verbinde, dann möchte ich sie gerne festhalten, so lange wie möglich. Und weiß doch gleichzeitig, dass das nicht geht!
„Alles hat seine Zeit“, heißt es in der Bibel, „und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“ (Prediger 3, 1ff.) Deshalb übe ich mich im Loslassen. Nicht immer ohne Bitterkeit, aber viel öfter mit großer Dankbarkeit dafür, dass und wie Menschen und Orte mein Leben reich gemacht haben. Sie alle haben in mir als Erfahrungen auch weiterhin ihren Platz. Aber ich halte sie nicht mehr fest. Und das fühlt sich gut an. Denn ich merke, dass nur so Raum für Neues und Unerwartetes entstehen kann: Für neue Seelenorte mit ganz eigenen Tönen und Gerüchen. Für überraschende Begegnungen und Augenblicke, die das Herz weit machen. Ich lasse los - und bin sooo neugierig, was jetzt passiert!
31. August
Gedanken zum Sonntag:
Save the…
Von Pfarrerin Britta Steinkamp
Und was haben Sie das letzte Mal vergessen? Bei mir waren es die Unterlagen, die ich mir schon griffbereit in den Flur gelegt hatte… Manchmal ist es einfach nur ärgerlich, wenn man etwas vergessen hat. Manchmal entstehen daraus auch nette Anekdoten, über die man später lachen kann.
Und was tun Sie, um irgendetwas nicht zu vergessen? Einen Termin, einen Auftrag, eine Besorgung, einen Anruf… Viele nutzen gut und gerne die Reminder in ihrem Smart- oder I-phone. Ich als eher analoger Mensch habe auch schon mal noch papierne Haftis mit Stichworten auf der Schreibtischplatte kleben.
Und ist es nicht verrückt: manchmal gibt es ja auch Dinge: Ereignisse, Erlebnisse, Bemerkungen, die man gern vergessen würde, weil sie einem schwer oder unangenehm sind, nicht gut taten oder tun oder aus anderen Gründen lieber verdrängt werden. Doch oft genug haften gerade diese „Dinge“ einem ständig an und sind irgendwie kaum wegzukriegen aus dem Kopf und der Erinnerung.
Und dann gibt es da aber auch das andere: Erfahrungen, Glückserlebnisse, Segensmomente, die man auf gar keinen Fall vergessen will, die man im Herzen festhalten will. Und was tun Sie damit?
Ich bekam vor einiger Zeit ein kleines Buch, einen Kalender der Achtsamkeit geschenkt. Vier freie Zeilen pro Tag. Zu wenig um Termine einzutragen, aber genug Platz um abends in Stichworten aufzuschreiben, was ich Gutes festhalten möchte von diesem Tag. Und dieses noch mal hinschauen, erinnern und festhalten guter Erlebnisse und Gedanken tut mir gut. Das müssen ja gar nicht große Ereignisse sein. Manchmal sind es gerade die kleinen Begebenheiten, Nebensätze von Gesprächen, kleine Gesten, helfende Hände oder überraschend Geglücktes, was noch einmal aufleuchtet, das Herz erfüllen und dankbar werden lassen kann. Dankbar für mein Leben, dankbar zu anderen und dankbar zu Gott, der in seiner bedingungslosen Liebe zu uns und in seinem unverlierbaren Dasein für uns doch immer wieder so viel schenkt, mitten im Trubel der Welt und den vielen Herausforderungen.
Der Wochenspruch – Worte der Bibel, die uns in den kommenden sieben Tagen besonders begleiten und den Blick schärfen wollen – sagt uns in Psalm 103, Vers zwei: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“
Lassen Sie uns das Gute festhalten, an Gott denken und gemeinsam die Spuren seiner Güte unter uns entdecken, gerade auch, wenn die Zeiten schwierig sind.
Save the goodness of god! – Speichern Sie die Güte Gottes!
Glaubenssache:
Sportlich, friedlich, paralympisch
Von Diakon Alexander von Rüden
Paris bewegt: Zogen mich vor wenigen Wochen die Übertragungen der Olympischen Sommerspiele in den Bann, so ahne ich nun schon, dass auch die kommenden Tage mich wieder mitfiebern lassen, wenn dort die Paralympics für Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung ausgetragen werden.
Da geht für Tausende Sportler ein großer Traum in Erfüllung: Durch konsequentes Training und Leistungswillen können sie die Talente, die Gott ihnen gegeben hat, großartig entfalten. Und ein begeistertes Publikum spornt und feuert sie an – vielleicht ähnlich wie schon Paulus seine Leserschaft vor fast zweitausend Jahren: „Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt!“ (1 Kor 9,24) Ich freue mich mit über die errungenen Medaillen und schaue zugleich mit großem Respekt auf diejenigen Sportlerinnen und Sportler, denen ein Platz auf dem Podest trotz aller Anstrengung leider nicht vergönnt ist. Alle verdienen Hochachtung für ihre Leistung und dafür, dass sie es so weit gebracht haben!
Olympische Spiele und Paralympics möchten ihrer Idee nach zu einer friedlichen Gesellschaft und zur Wahrung der Menschenwürde beitragen. So steht es auch in der Olympischen Charta. Gerade in diesen unruhigen Zeiten, da auf unserer Erde große Kriege wüten, auf unschuldige Menschen Anschläge verübt werden und vielerorts Ängste und Unsicherheiten vorherrschen, finde ich es wegeweisend, dass Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt in Frieden zusammenkommen – natürlich auch zum Kräftemessen. Aber es bewegen mich insbesondere die Begebenheiten, in denen die Sportlerin des einen Landes den Sportler eines anderen Landes tröstet, sich Sieger und Unterlegene umarmen, die Letzte beim Marathon gefeiert wird wie eine Siegerin. Sport hat einfach eine grenzüberwindende und verbindende Kraft. Nehmen wir ihn uns zum Vorbild!
24. August
Gedanken zum Sonntag:
„Lobe den Herrn meine Seele, und vergiss nicht, was er Dir Gutes getan hat“ (Psalm 103,2).
Von Pfarrerin Kirsten Pflüger-Jungbluth
„Gott loben? Habe ich denn Grund dazu?“, mögen Sie vielleicht fragen. Tatsächlich scheint Vieles dagegen zu sprechen - ein Blick in die Nachrichten genügt. Viel eher finden wir Gelegenheiten zu jammern – auch im Kleinen: Das Wetter ist zu nass oder zu heiß. Die Termine sind zu viel oder es ist nichts los. Ständig will jemand etwas von mir oder nie lässt sich jemand blicken. Sechs Wochen Schulferien, in denen die Kinder zu beschäftigen sind, und jetzt geht der Schulstress wieder los.
„Warum lobe ich Gott so selten?“, fragte sich die Theologin Dorothee Sölle und nahm sich vor, jeden Tag drei Dinge zu finden, die sie loben könnte. Würden Sie das schaffen?
Nehmen wir heute: Finden Sie daran drei Sachen zum Loben und eher drei Sachen zum Jammern?
Man kann so einen Tag von verschiedenen Perspektiven sehen. Ich kann sagen: „Was habe ich heute wieder für einen Stress. Am Montag beginnt der Schulalltag wieder. Einkaufen muss ich auch noch. Und heute Nachmittag müssen wir alle zum Geburtstag der Schwiegermutter. Fürchterlich!“ Ich kann aber genauso sagen: „Mein Gott, habe ich es gut! Das war ein erholsamer Urlaub. Vielleicht treffe ich nachher beim Einkaufen Bekannte, das wäre doch nett! Und nachmittgas darf ich mich an den gedeckten Tisch setzen und mich entspannen. Was für ein Leben!“
Warum ich Gott so selten lobe? Manchmal nehme ich vielleicht einfach die falsche Perspektive ein.
„Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind“, hat schon der Philosoph Francis Bacon erkannt. Deshalb tut uns der Psalmbeter einen wunderbaren Dienst, wenn er uns dazu aufmuntert: „Lobe den Herrn meine Seele, und vergiss nicht, was er Dir Gutes getan hat.“
Glaubenssache:
Mein Verein
Von Lektorin Anja Mueller-Opfermann
Mein Verein, der CVJM-Wolfhagen e.V. feiert heute sein 100-jähriges
Jubiläum. Ich selbst bin schon seit ich acht bin dabei, zunächst in der
Jungschar, dann als Mitarbeiterin und später für viele Jahre als Vorsitzende.
Heute wird es einen Dankgottesdienst geben. Danach wollen wir mit allen, die dem CVJM verbunden sind, einige schöne Stunden verbringen.
Die Definition für einen Verein lautet: „Der Verein bezeichnet eine
freiwillige, auf Dauer angelegte Vereinigung von Menschen zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks.“
Die Bibel erzählt, wie Jesus seine ersten Jünger beruft. Zu den Fischern Simon und Andreas sagte er: „Kommt, folgt mir nach ich will euch zu Menschenfischern machen.“ Ganz gewöhnliche Menschen lassen sich von ihm rufen und sind bereit ihm nachzufolgen und sich freiwillig zu engagieren. Irgendwie stelle ich mir Jesus und seine Jünger ein bisschenwie einen Verein vor. Denn gemeinsam begleiten die Jünger Jesus auf seinem Weg, halten ihm den Rücken frei, hören zu, wenn er von Gott erzählt und geben später Jesu Botschaft weiter.
Für die Jünger, aber auch für das Leben in einem Verein, war und ist es wichtig, sich für andere zu öffnen und Zeit, Mühe und Tatkraft einzubringen, um die Aufgaben des Vereins zu erfüllen. So kann gemeinsames Tun gelingen. Leider fällt es Vereinen immer schwerer Menschen zu finden, die bereit sind sich zu engagieren. Wir wollen darauf hoffen, dass sich auch in Zukunft Menschen finden, die Lust haben, in Vereinen ehrenamtlich mitzuwirken und dort ihre Fähigkeiten und Zeit einzusetzen. Denn das Tun in einem Verein ist nicht nur Arbeit, sondern auch ein persönlicher Gewinn
an Gemeinschaft, Selbsterfahrung und Freude.
17. August
Gedanken zum Sonntag:
Gottsbüren ohne Gott?
Von Pfarrer Markus Schnepel
Auch gut zwei Wochen nach den sintflutartigen Regenfällen in Gottsbüren und Gieselwerder mit immensen Zerstörungen, sitzt der Schock noch tief. Für die Betroffenen liegt noch eine lange Zeit des Wiederherstellens vor ihnen. Ist Gottsbüren nicht der Ort, zu dem die Menschen aus ganz Europa vor gut 700 Jahren gepilgert kamen, um die Gegenwart Gottes auf besondere Weise zu erfahren? Nun, das ist lange her. Hat Gott Gottsbüren verlassen?
Immerhin ist die Kirche verschont geblieben, sie steht hoch genug. Das hilft den Betroffenen aber auch nicht. Wenn eine Katastrophe uns so hart trifft, dann fragen wir trotzdem nach: Wo bist du Gott? Manche bringt es Gott näher, für andere ist dann endgültig Schluss mit Glauben. Ich stelle mir Gott allerdings nicht wie so einen Wettergott vor, der den Regen mal mehr dahin, mal mehr dahin schiebt, je nach Lust und Laune. Das wäre einfach nur grausam.
Nun erzählt die Legende von Gottsbüren, dass der Leichnam Jesu Christi im Reinhardswald gefunden wurde, und daraufhin die vielen Menschen nach Gottsbüren pilgerten. Ist das nicht seltsam? In jeder Kirche finden wir diesen toten Christus. Heißt das aber nicht, dass Gott da ist, wo Not, Zerstörung und Tod am Werk sind? Nicht als ihr Verursacher, sondern als Opfer an der Seite der Opfer. Die Bibel erzählt, dass Gott gerade dahin kommt, wo Menschen verzweifelt um ihre Existenz ringen. Gott kennt die Not. Und Gott kommt mit seinen Botinnen und Boten. Viele berichten mir, dass sie in Gottsbüren geholfen haben. Ein Dank an die Rettungskräfte, Feuerwehr, THW und alle, die angepackt haben und zum Teil noch tun. Dieses Erlebnis wird alle verändern. Nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Helferinnen und Helfer.
Im Bibelspruch für die nächste Woche heißt es von Gott: „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen“ (Jesaja 42,3). Das scheint nicht viel. Aber Danke an alle, die Stabilität nach Gottsbüren bringen und ein Licht in dunkler Zeit!
Glaubenssache:
Ich hab´ Rücken
Von Pfarrer Lars Bachmann
Vielleicht kennen Sie das auch: es gibt Tage, da machen mich die Nachrichten von Gewalt und Krieg stumm, da möchte ich die Augen vor den dramatischen Folgen des Klimawandels verschließen, da mag ich die berechtigte Klage über die Ungerechtigkeiten in unserer Welt nicht hören. Wenn dieser Druck „im Kreuz“ übermächtig wird und es sich anfühlt als hätte ich einen „Schnitzbuckel“, würde ich am liebsten einfach die Bettdecke über den Kopf ziehen und liegen bleiben.
Gott sei Dank gibt es eine Hoffnungs- und Protestgeschichte guten Lebens, die mir die Augen, Ohren und Mund öffnen. Denn ein neuer Horizont tut sich auf.
Mir wird bewusst, dass ich durchaus in einer privilegierten Situation bin: ich kann mich entscheiden, die Augen zu verschließen, nicht hinzuhören, mich nicht aufzurappeln. Es gibt aber viel zu viel Menschen, die stumm, taub und lahm gemacht werden, damit wir sie kaum noch hören können – wie die bucklige Alte (Lk 13,10-17).
Jesus hat die schwer gebeugte „Bucklige“ – wie sie abwertend von einigen Mitmenschen genannt wurde – ausdrücklich kennen lernen wollen. Er hat diese tapfere Frau gesehen, die trotz ihrer gebeugten Haltung noch weitergearbeitet hat, Wäsche gewaschen, Stuben gefegt.
Jesus bleibt nicht stumm. Er richtet das Wort an den „Ungeist“: „Frau, sei frei von deiner Krankheit!“ Weil Jesus das Schicksal, die Person sieht und nicht in menschlichen Prinzipien und Strukturen stecken bleibt, kann er in dieser Frau ein Kind Abrahams gesehen. Er kann in ihr eine Gesegnete sehen. Und weil es am Sabbat um „recreation“ geht, richtet Jesus die Geknickten auch am Sabbat wieder auf.
10. August
Glaubenssache:
Bibellosigkeit
Von Ursula Muth
Wenn wir Besuch haben, bin ich immer hin- und hergerissen. Einerseits möchte ich mit den Gästen reden, andererseits fühle ich den Druck, eine gute Gastgeberin zu sein, für Essen und Trinken zu sorgen. So eine Szene gibt es schon in der Bibel. Die beiden Schwestern Maria und Marta haben Jesus und seine Jüngerschar eingeladen. Maria setzt sich zu Jesus und hört ihm voll konzentriert zu. Dagegen ist Marta gestresst, weil sie die Gäste bewirtet. Neulich hatte ich Geburtstagsgäste - wir waren uns schnell einig, dass in jedem von uns ein Stück Marta und ein Stück Maria stecke. Marta hat die Tür geöffnet und die Begegnung gesucht, wenn auch sich selbst überfordert. Maria zeigt die Offenheit für eine neue Begegnung. Das umsichtige Kümmern der Marta ist wichtig, wenn auch manchmal nervig. Aber ebenso wichtig ist das gute Zuhören der Maria. Ich habe genossen, dass diese Geschichte und die damit vermittelten christlichen Werte meine Gäste und mich miteinander verbunden haben. Da war nichts zu erklären – da war einfach ein Verstehen.
Die großen Geschichten der Bibel haben mich von meiner Kindheit an geprägt, sie wirken heute unbewusst. Aber wer erzählt sie noch? Ich lese von einer “narrativen Krise“, die sich als Sinnleere und Orientierungslosigkeit äußere, auch von „Bibellosigkeit“. Lasst uns wieder biblische Geschichten erzählen und ihre Weisheit entdecken – es steckt mehr drin, als wir oft vermuten.“
3. August
Gedanken zum Sonntag:
Von der Schönheit bei Olympia
Von Pfarrerin Heidrun Goldbach
Ich bin Olympia-Fan. Mit Staunen und Begeisterung habe ich die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Paris verfolgt. So viele Brücken zwischen Geschichte und Gegenwart, Musik und Kultur, Jung und Alt wurden da gebaut. Die vielfältige und verbundene Menschheit spiegelte sich darin wider.
Aus der Rede von Cheforganisator Tony Estanguet ist mir etwas im Gedächtnis geblieben: Er sprach von der „Schönheit der Athletinnen und Athleten“. Bei dem früheren Leistungssportler und Kanu-Goldmedaillengewinner spürte man eine besondere Verbundenheit zu den Wettkämpfenden.
Wie wunderbar wäre es, wenn sie das Gute zum Leuchten bringen: Teamgeist, Trost in Niederlagen und Strahlen vor Freude über persönliche Höchstleistungen. Dabei misst sich Erfolg eben nicht nur in Medaillen!
Ich möchte mir - ohne als naiv zu gelten - die Hoffnung nicht nehmen lassen, dass ein fairer und friedlicher Wettkampf möglich ist, bei dem Menschen über sich hinauswachsen. Ihnen dabei zuzusehen, mitzufiebern, mitzuleiden und sich mitzufreuen wird in diesen Tagen immer wieder meinen Alltag unterbrechen. Ich sehe als gläubiger Mensch in den teils ungeheuren Darbietungen der Sportlerinnen und Sportler auch einen Widerschein des Schöpfers: So wunderbar sind wir Menschen also auch gemacht - allem sonstigen Verzweifeln an der Menschheit zum Trotz.
Der US-amerikanische Pastor und Philosoph Ralph Waldo Emerson (1803-1882) hat den Gedanken in einem Spruch zusammengefasst, den ich mir auf jeden Fall merken möchte: „Verpasse nie die Gelegenheit etwas Schönes zu sehen, denn Schönheit ist die Handschrift Gottes.“
27. Juli
Gedanken zum Sonntag:
Gott steh uns bei!
Von Pfarrerin Dr. Gabriele Kölling
Alle reden von Trump. Und der redet von Gott. Gottes Gnade sei es, dass der Schuss eines Attentäters ihn nur leicht verletzt habe. Manche seiner Anhänger werden noch deutlicher: Dass er das Attentat überlebt hat, sei ein klares Zeichen dafür, dass Gott auf seiner, Trumps Seite stehe. Das Foto von Donald Trump mit blutendem Ohr und kämpferisch erhobener Faust ging um die Welt. Ein Bild der Stärke, das seinen politischen Gegner, US-Präsident Joe Biden, umso schwächer erscheinen lässt.
Gott auf der Seite der Starken? Dieser Gedanke ist nicht neu. Er hält sich hartnäckig. Obwohl er so gar nicht dazu passt, dass Gott für große Aufgaben grundsätzlich Leute wählt, die ein eher armseliges Bild abgeben. Gott wählt Mose zum Anführer eines Volkes. Einen Mann, der nicht gut reden kann und einen schwachen Auftritt hat. Den jungen und unerfahrenen David bestimmt Gott zum König. In Jesus wird Gott Mensch, so machtlos und hilfsbedürftig wie die Menschen, auf deren Seite Jesus sich später stellte.
Gott ist selten dort, wo wir ihn vermuten, selten im Scheinwerferlicht, aber immer bei denen, die in Not sind. Auch bei einem Trump in Lebensgefahr. Aber bei einem Trump in Siegerpose? Wo ist da Platz für Gott?
Glaubenssache:
Sommer-Abend-Segen
Von Pfarrerin Kathrin Wittich-Jung
Seit ein paar Tagen fühle ich mich irgendwie glücklich und gut. Wir hatten Besuch von Freunden und der Abend war ein richtiger Segen:
Wir sitzen auf der Terrasse. Der Grill kühlt langsam ab. Die Teller sind leer gegessen. Über uns geht langsam der Sternenhimmel auf. Wir machen die Feuerschale an und sitzen drum herum, die Weingläser in der Hand.
Ich sitze da und genieße: Der Garten ist erfüllt von unseren Stimmen und dem Lachen.
Wir erzählen von unseren Sorgen und Träumen. Vom Urlaub und der Frage, ob der Jobwechsel jetzt wohl ins Leben passt. Von den älter werdenden Eltern und der Sorge, was wird, wenn sie nicht mehr können. Und dann lachen wir wieder zusammen. Wir reden, hören zu und es kommen auch nicht so leichte Themen zur Sprache.
Für solche Abende bin ich dankbar. Ich denke an den Satz aus der Bibel: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.“ (1. Mose 2,18) Ja, gemeinsam Zeit haben und füreinander da sein, da liegt Segen drauf. Ich spüre ihn im gemeinsamen Essen und Trinken, in der guten Atmosphäre und in der Freundschaft. Wir besprechen die großen und kleinen Themen des Lebens. Dafür haben wir an diesem Abend Zeit. Wir stärken uns gegenseitig. Und können irgendwie so sein, wie wir sind. Das alles lässt mich glücklich sein. Den Alltag schaffe ich dann auch ein bisschen leichter. Weil ich aufgetankt und Segen gespürt habe.
Ich bin dankbar für die Menschen, die Gott mir an die Seite gestellt hat. Und ich möchte es ihnen öfter sagen und ihnen auch eine Freundin sein, die sie als Geschenk Gottes sehen. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.“ – Ja, Gott danke, dass Du uns alle geschaffen hast.
20. Juli
Gedanken zum Sonntag:
Tiefenentspannt...?
Von Pfarrer Jürgen Schiller
Die Sommerferien haben begonnen. Einige sind schon auf Reisen, für viele steht der große Jahresurlaub unmittelbar bevor, und manche wollen sich zuhause oder in der näheren Umgebung erholen.
Zeiten zum entspannen und erholen sind mit dem Menschsein eng verbunden. Schon im biblischen Schöpfungsbericht kommen sie vor. Wobei es da Gott selbst ist, der sich den 7. Tag als Ruhetag gönnt. Und diese Ordnung, sechs Tage arbeiten – einen Tag ruhen, geht in die Gebote ein. Das Gebot der Feiertagsheiligung wird begründet mit dem Ruhetag des Schöpfers.
Das Wort, das ursprünglich im hebräischen Text steht und das Martin Luther schlicht mit 'ruhen' übersetzte, hat noch eine tiefere Bedeutung. Es geht nicht bloß um das Pausieren von der Arbeit, sondern um ein völliges Loslassen. Das Wort Schabbat, das auch dem jüdischen Wochenfesttag den Namen gab, bezeichnet ein völliges Loslassen von Pflicht und Arbeit, ein tiefes inneres Entspannen und völliges Entkrampfen, so dass dem Menschen wieder neue Kraft zufließen kann. Unser Körper kann regenerieren, unsere Seele wird gestärkt.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie loslassen können. Nach den Anstrengungen des Tages, einmal für einen Tag in der Woche, oder den Urlaub genießen können als „Schabbat“ des Jahres. Weil Gott es so will.
Glaubenssache:
Vergeben und Verzeihen
Von Jürgen Krackrügge
Kürzlich las ich in einem Zeitschriftenbeitrag eine bemerkenswerte Aussage des bekannten ZDF Moderators Markus Lanz. Bei der Preisverleihung einer christlichen Medieninitiative äußerte er, dass er seit seiner Kindheit vom „Momentum des Verzeihens“ fasziniert sei. Verzeihen bedeute für ihn, es gibt jemanden, der dich von deinen Fehlern befreien und erlösen kann. Weiter führte er aus, dass die Möglichkeit des Verzeihens verloren ginge, wenn der Einzelne und die Gesellschaft immer mehr christliche Werte aufgäbe.
Meine Beobachtung ist, dass in der heutigen Zeit viele Menschen oft geradezu massiv angegriffen werden, wenn bekannt wird, dass sie sich etwas haben zu Schulden kommen lassen. Natürlich sind die aufgedeckten Missbrauchsfälle schlimm, und es ist gut, wenn politische Unkorrektheiten aufgedeckt werden. Die Frage für mich ist aber, wie ich dann mit den beteiligten Menschen umgehe.
Ich werde dabei an das Gebet erinnert, dass Jesus Christus seinen Nachfolgern gelehrt hat. Im Vaterunser beten wir: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“
In dem Moment, in dem ich dieses Gebet vor Gott ausspreche, wird mir bewusst, dass ich zunächst selbst vor Gott der Schuldige bin. Ich muss gestehen, dass ich schon oft meinem Nächsten vor allem auch Gott gegenüber schuldig geworden bin. Wie gut ist es, dass ich meine Schuld bei Jesus Christus abladen darf, der mir seine Vergebung zuspricht.
Wäre es dann nicht richtig, diese Vergebung auch meinem Nächsten zu gewähren?
13. Juli
Gedanken zum Sonntag:
Trau dich…!
Von Gemeindereferent Peter Happel
Schon einige Male hatte ich die Gelegenheit, an der religionspädagogischen Arbeit der katholischen Kindertagestätte teilzunehmen. Immer wieder bin ich beeindruckt, wie Kinder auf die Geschichten aus der Bibel reagieren.
Beim letzten Mal durften die Kinder die Erzählung vom Sturm auf dem See hautnah miterleben. Mit einfachen Figuren und einem blauen Tuch tauchten wir Zuhörer in die Wundergeschichte ein und spürten: Das hat ja was mit mir zu tun, wenn Jesus den Petrus auffordert ihm auf dem Wasser entgegen zu kommen! Obwohl die Erzählung schon viele Jahre alt ist kann sie mir bis heute sagen, wenn ich meinen Blick auf Jesus richte und ihm vertraue, eröffnet sich für mich eine neue Welt! Schwierige Situationen lösen sich dann nicht einfach auf wie durch Zauberhand.
Im Glauben an Jesus und im Gespräch mit ihm wächst mir die Kraft zu, auf den „Wellen des Lebens zu gehen!“. Weil Jesus alle meine Wege mitgeht und mich gerade in Krisen begleitet, auch wenn ich das im Alltag gar nicht immer wahrnehme. Die ruhige und einfühlsame Arbeit mit den Kindern hat mir wieder neu die Augen dafür geöffnet auf die Suche zu gehen, wo ich den leisen Ruf von Jesus auch in meinem Alltag hören kann: „Trau dich, DEINEN Weg weiter zu gehen“, sagt Jesus. „Ich gehe alle deine Wege mit- auch die Umwege, die du gehst!“
Diese Erfahrung wünsche ich auch Ihnen und ich wünsche Ihnen eine erholsame und gesegnete Urlaubszeit!
Peter Happel ist Gemeindereferent der katholischen Kirchengemeinde St. Peter in Hofgeismar.
Glaubenssache:
Frage-Engel
Von Pfarrer Dr. Michael Dorhs
Am Wochenende war ich unterwegs. Mit der Bahn. Und ich habe alles dafür getan, dass sich niemand neben mich setzte. Erschöpft wie ich war, wollte ich von keinem Fremden angesprochen werden. Hinterher dachte ich: Eigentlich schade. Wer weiß, was Dir entgangen ist?
Manchmal brauche ich das, mich abzuschotten. Da ist mir jeder Frager lästig, der mich aufhält oder ablenkt. Aber was wäre, wenn gerade solche unerwarteten Fragen sich als mein Glück erwiesen?
Blickst Du noch durch? Verstehst Du, was Du hörst und siehst und liest? Einer der so störte und sich einmischte, hieß Philippus. Die Bibel (Apostelgeschichte 8, 26-39) erzählt, ein Engel habe ihn geschickt. Damals stand er an der Ausfallstraße von Jerusalem. Heute würde er vielleicht im ICE nach dem freien Platz an meiner Seite fragen. Er lief neben dem Wagen her, in dem laut lesend der Kämmerer aus Äthiopien saß. Der hatte sich ein Buch gekauft, von dem er sich die Lösung seiner Fragen erhoffte. Die Lautstärke, mit der er las, bedeutete aber keineswegs, dass er verstanden hatte. Man sollte sich nie bluffen lassen von lauten Stimmen! Sie sind nur manchmal ein Zeichen für innere Klarheit. Viel öfter übertönen sie Angst und Dummheit.
Wie gut, wenn wir sie nicht abschrecken müssen, die unbequemen Frager. Alle, die uns anhalten und verunsichern. Wir sollten sie ruhig eine Strecke mitnehmen. Der Kämmerer ließ sich auf den fremden Frager ein. Ein Stückchen Lebensweg hatten sie gemeinsam. Als sie sich trennten, war der Mann aus Äthiopien ein anderer geworden. Seine glatte Fahrt war unterbrochen. Richtungswechsel! Oft bringen sie uns dem Leben näher, das Gott für uns bereithält. Daran erkennt man auch heute noch die Frage-Engel. Sie halten uns an, sie fragen, und sie helfen uns, unseren eigenen Weg zu finden - wenn wir sie lassen.
6. Juli
Gedanken zum Sonntag:
Begegnungen in Siebenbürgen
Von Pfarrer i.R. Karl Christian Kerkmann
Ich freue mich sehr auf die Reise der Männergruppe der evangelischen Kirchengemeinden Hofgeismar nach Rumänien, nach Siebenbürgen.
Die Fahrt ab Sonntag, 7. Juli ist für mich eine Reise auf den Spuren von Eckhard und Doris Deutsch, bei denen ich Anfang der 80er Vikar war in Oedelsheim, Gieselwerder und Gottstreu. Sie fuhren über viele Jahre nach Herrmannstadt (Sibiu) in Siebenbürgen, um die „Siebenbürger Sachsen“ (die Deutschen in Rumänien) materiell und geistlich zu unterstützen.
Und zugleich ist es eine Reise auf den Spuren von Ottmar Rudert und Günther Rüddenklau, über die ja aktuell immer wieder berichtet wird.
Für mich sind es gelebte Verbindungen und gelebte Begegnungen unter Völkern, Völkergemeinschaften und Christen.
Und es ist zugleich Ausdruck des Glaubens und Vertrauens, wie es heute im Büchlein der Losungen heißt: „Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.“ Wir werden in Siebenbürgen tatsächlich sogenannte Kirchenburgen besichtigen. In den Losungen heute heißt es entsprechend:
„Du bist Burg und Zufluchtsstätte …“
Für diesen Sonntag steht in den Losungen ein Segensgebet: „Segne alle, die ihre Gaben einsetzen für Versöhnung und Menschenwürde. Stärke auch uns, Verantwortung zu übernehmen in deiner Welt. Hilf allen Völkern, zu einer gerechten Ordnung zu kommen, dass nicht unser Überfluss andere hindert zu leben.“
Glaubenssache:
Suchen und finden
Von Monika Kugler
Haben Sie als Kind auch gerne verstecken gespielt? Da will ich natürlich nicht, dass mich der Partner findet. Für den Partner ist es aber eine große Freude, wenn er das Versteck des Freundes gefunden hat. Wir Erwachsene verstecken uns doch auch gerne. Verstecken uns hinter der Arbeit, hinter guten Vorsätzen, hinter Terminen, hinter Ausreden und oft auch vor Gott. Dabei ist es eine Botschaft der Bibel, dass uns Gott sucht. Adam und Eva verstecken sich im Paradies vor Gott. Gott sucht sie.
Der Vater wartet auf seinen verloren geglaubten Sohn, bis er endlich da ist. Gott sucht auch Dich und mich, wenn wir uns vor ihm verstecken. Er sucht uns vielleicht in einer Krankheit, in einem persönlichen Schicksalsschlag aber auch bei der Arbeit, im Urlaub oder wenn es uns gut geht. Gesucht werden heißt für mich "Jemand vermisst Dich, jemand hat Dich lieb." Gott macht sich auf die Suche nach uns und will, dass jeder gefunden wird und nicht verloren geht. Es gibt natürlich auch Menschen, die sich nicht finden lassen wollen, das tut weh. Aber wo ich als Mensch nicht mehr suchen kann, bleibt Gott dran, er sucht immer weiter.
Aber Gott ist auch ein Gott, der selbst gesucht werden will. Ein großer Teil von ihm bleibt uns verborgen und geheimnisvoll. Wo können wir ihn finden, wenn wir auf die Suche nach ihm gehen? In einem Lied heißt es "suchen und finden im Buch des Lebens (Bibel), denn wer hier sucht, sucht nicht vergebens."
Wir suchen Gott - Gott sucht uns - und wenn wir uns gefunden haben, wird große Freude sein.
Monika Kugler, SELK Kirchengemeinde Balhorn.
29. Juni
Gedanken zum Sonntag
Von Pfarrer Jonathan Bergau
„Ick bin all hier!“ ruft der Igel als der Hase mit langen Schritten auf das Ziel zueilt. Sofort fordert dieser Revanche. Schließlich kann es doch nicht angehen, dass der große schnelle Hase gegen einen kleinen Igel mit seinen schiefen Beinen verliert. Das kecke „Ick bin all hier!“ jeweils am Ziel, fordert den Hasen immer wieder zu neuen Wettläufen heraus. Sein Eifer stets der schnellste und beste sein zu wollen, kostet dem Hasen schließlich das Leben.
Es fällt mir schwer nach Lesen dieses Märchens mit „Ende gut, alles gut“ zum nächsten zu blättern. Im von Anfang an unfairen Wettkampf geht einer zu Grunde. Der Hase scheitert an seinem Selbstbild stets der schnellste sein zu wollen. Die schlauen aber auch unfairen Igel schaffen es nicht, ihr Verwirrspiel rechtzeitig zu beenden. Alle drei Beteiligten befinden sich im letztendlich totbringenden Kreislauf, um jeden Preis der Sieger sein zu müssen.
Von einem etwas anderem Wettlauf schreibt Paulus im Philipperbrief (Phil 3,14): „Ich laufe auf das Ziel zu, um den Siegespreis zu gewinnen: die Teilhabe an der himmlischen Welt, zu der Gott uns durch Christus Jesus berufen hat.“ Von einer anderen Idee von Wettlauf ist hier die Rede. Der Lauf zur himmlischen Welt, zu der wir gerufen sind. Es ist eine Welt, in der es nicht die Stärke und das Gewinnen zählt. Es ist eine Welt, in der man
Ich glaube fest daran, dass das eine Welt ist, bei der ich nicht um jeden Preis die Sieger sein muss und trotzdem nicht mein Gesicht verliere. Dann wird am Ende doch alles gut werden.
Glaubenssache:
Oasen
Von Pfarrerin Isabell Paul
Inmitten unbarmherziger Hitze erscheint eine Oase wie ein Wunder – ein Ort des Lebens und der Hoffnung.
Auf ihrer Flucht durch die Wüste, weg von denen, die sie und ihr Kind nicht wollen, verzweifelt Hagar. Das Wasser ist aufgebraucht, sie sieht keinen Ausweg. Sie legt ihren Sohn Ismael unter einen Strauch und entfernt sich, um nicht sehen zu müssen, wie er stirbt. Sie zerreißt innerlich. Da erscheint ein Engel Gottes und zeigt ihr eine Quelle.
Gott lässt die Ausweglosigkeit nicht stehen, gibt Raum zum Leben – eine Oase der Hoffnung.
Auf deinem Weg durchs Leben, bei schweren Prüfungen, wenn das Elternsein alles abverlangt, wenn die Ehe scheitert, ein Herzensmensch stirbt.
An einem Tag mit schwerer Entscheidung oder wenn nichts gelingen will.
Immer, wenn es ausweglos erscheint, braucht es eine Oase. Einen Ort, der aufleben lässt, der neue Kraft gibt. Einen Rückzugsort.
Was ist das für ein Ort – deine Oase?
Der Garten mit Hängematte. Das Sofa mit Decke über der Nase. Vielleicht zwischen vielen, die mit dir die gleiche Mannschaft anfeuern. Vielleicht ein Tagtraum. Eine Atemübung.
Und wie findest du den Weg dorthin?
Manchmal schaffst du es gut allein. An anderen Tagen braucht es einen Engel Gottes auf dem Weg zur Oase. Die Buchhändlerin, die dir das Buch vorschlägt, das dir einen neuen Blick schenkt. Das Gespräch vor dir an der Kasse, aus dem du den Satz raushörst, der dich wieder aufrichtet. Oder der Steuerberater, der sagt: Ich sortiere das für Sie.
Gott, der sich auf so unterschiedliche Weise zeigt, der Ausweglosigkeit nicht stehen lässt, der Raum gibt zum Leben.
22. Juni
Gedanken zum Sonntag:
United!
Von Pfarrerin Jennifer Schwarz
Es ist wieder soweit: Die EM in Deutschland lässt das Fußballfieber wieder aufleben. Die Menschen strömen in die Stadien und zum Public Viewing. In Fußball-Trikots und mit Deutschlandfarben im Gesicht. Und dann geht es los: Der Einzug der Spieler. Die Nationalhymne. Der Anpfiff. Und aus den vielen Einzelnen an vielen verschiedenen Orten wird eine Gemeinschaft, die anfeuert und mitleidet bei allen verpassten Chancen, Fouls und (Gegen)Toren.
Fußball verbindet. Da wird zusammen gefeiert und zusammen geweint. Fußball bringt Menschen zueinander, die sich sonst nicht begegnen würden.
United by Football heißt das Motto der diesjährigen EM.
United by Music heißt das Motto des Eurovision Song Contests (ESC) seit dem letzten Jahr.
United so heißt unser Gottesdienst, den wir in der Nordspitze Hessen in drei Wochen feiern.
United – also verbunden sein und zusammengehören. In einer Welt mit immer mehr Gräben, Mauern und verhärteten Fronten tut es gut, etwas zu haben, das uns miteinander verbindet. Wir Christen nennen das den Heiligen Geist. Er vereint uns im Glauben. Ich wünsche mir, dass die Gemeinschaft, die aus ihm heraus entsteht, genauso sehr feiert, wie die Fans von EM und ESC. Dass sie hoff und mitfiebert und über Scheitern klagt und doch leidenschaftlich dran glaubt, dass es am Ende gut ausgeht.
Glaubenssache:
Jesus ins Boot
Von Prädikant Günther Dreisbach
Vor einem Monat wurde Geburtstag gefeiert. Unser Grundgesetz hatte Geburtstag. Ich habe die Feierlichkeiten verfolgt. Die Präambel, die über der Verfassung unseres Landes steht, blieb weitgehend außen vor. Das verstehe ich nicht. Das ist doch das Wichtigste: Auf welche Grundlage baut man das Zusammenleben der Menschen in einem Land? Für die Mütter und Väter des Grundgesetzes war klar: Die neue Verfassung nach den schrecklichen Erlebnissen der letzten Jahrzehnte kann nur entstehen: »Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ...« Und mit »Gott« haben die Parlamentarier vor 75 Jahren den Vater Jesu Christi gemeint.
Für Christen kann das doch nur heißen: Holt Jesus ins Boot bei euren Gesprächen, bei euren Debatten, bei euren Auseinandersetzungen. Holt Jesus ins Boot, der gesagt hat: »Selig sind« – das bedeutet so viel wie: Auf die Seite Gottes gehören - »die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.« Und: »Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern« - und Schwestern - »das habt ihr mir getan.« Wenn darauf politisches Handeln ausgerichtet wäre, wäre die Welt eine andere. Niemand würde ausgegrenzt und niemand würde beleidigt. Oder andersherum gedacht: Wenn jemand – aus welchen Gründen auch immer – ausgegrenzt oder beleidigt wird, dann wird Jesus ausgegrenzt. Dann wird Jesus beleidigt. Das kann man machen. Man muss es nur wissen.
Dass unser ganzes Volk sich bewusst der Verantwortung vor Gott stellt, lässt mich hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Es bleibt ein hartes Stück nötige Arbeit. Aber mit Jesus im Boot kann es gelingen.
15. Juni
Gedanken zum Sonntag:
„Der Mensch denkt…“
Von Pfarrer Andreas Schreiner
Im Frühling waren die Nachrichten voll von den Bauernprotesten quer durch Europa. Ihre Betriebe haben es schwer, denn vieles liegt nicht in ihrer Hand.
Der Mensch kann eben nur aussäen und dann hoffen, dass die Frucht aufgeht. Es gibt keine Garantie auf eine guten Ernte.
Das Gleichnis von dem Mann, der auf dem Feld arbeitet, das Saatgut ausbringt, alles tut, was in seinen Kräften steht, und der dann am Ende doch nur zusehen kann, was schließlich dabei herauskommen wird, gehört zu meinen Lieblingsstellen in der Heiligen Schrift (Mk4, 26-43). Es wird heute in den Gottesdiensten gelesen.
Wir machen Pläne fürs Leben, für Arbeit, Kinder und Familie, wir arbeiten und schaffen, und müssen dann feststellen, dass es am Ende nicht in unserer Hand liegt.
Das Gleichnis aus dem Markusevangelium hilft mir. Denn es sagt mir: es kommt nicht auf mich an. Ich kann oft genug nur den Samen ausstreuen. Wachsen, reifen und gedeihen lassen muß ein anderer. Mein Leben, mein Planen liegt in Gottes Hand.
Wir können ein kleines Samenkorn, vielleicht sogar nur ein Senfkorn einpflanzen, und manchmal wird aus dem kleinen Senfkorn ein riesiger, wunderschöner Baum. Und nur der Himmel ist die Grenze.
Glaubenssache:
Heute schon gelächelt?
Von Pfarrer Friedemann Rahn
Heute, am 15. Juni, ist der „Smile Power Day“. Zumindest in den USA wird er wohl begangen. Woher er kommt, weiß man nicht so genau. Und woher das Lächeln selbst kommt, weiß man auch nicht so genau. Wir müssen es nicht lernen – es scheint uns angeboren zu sein. Selbst Blinde lächeln. Schon als Babys lächeln wir reflexartig. Bestimmt haben Sie das ein oder andere Foto, auf dem Ihre Kleinsten das sogenannte „Engelslächeln“ zeigen. Göttlich, wenn man so einen Moment erhaschen kann.
Vielleicht ist „göttlich“ tatsächlich der richtige Ausdruck an dieser Stelle. Ich glaube nämlich, dass Gott uns mit der Macht des Lächelns begabt hat. Smile power, wie im Himmel, so auf Erden. Heißt es nicht im Segen, dass Gott sein Angesicht leuchten lässt über uns? Ein strahlendes Lächeln, das er uns schenkt, voller Liebe und Großherzigkeit für seine Menschen. Lächeln segnet das Gegenüber. Diese Macht haben wir von Gott bekommen.
Wir sagen zu Recht: Lächeln entwaffnet. Jedenfalls, wenn es ein echtes Lächeln ist und nicht nur ein Service-Lächeln an der Kasse. Echtes Lächeln erkennen wir an den Falten um die Augen. Dann leuchtet unser Angesicht auf, so wie Gott sein Angesicht über uns leuchten lässt. Segen strömt von uns in diesem Moment aus. Segen für den Mitmenschen, der uns vielleicht eben noch ärgerlich oder missmutig begegnet ist. Wer angelächelt wird, entspannt sich. Und wer lächelt, sitzt am längeren Hebel Gottes. Denn er oder sie hat in diesem Moment die Macht, Frieden zu starten.
Ist das nicht eine großartige Fähigkeit? Ich wünsche Ihnen heute die volle Smile Power Gottes!
8. Juni
Gedanken zum Sonntag
Von Pfarrerin Christina Schnepel
Europa wählen! Demokratie, Freiheit und Menschenwürde wählen!
In Vorbereitung auf die Europawahl habe ich bei unseren Partnerkirchen nach einem Statement zu Europa gefragt.
Erzbischof Urmas Viilma, Evangelisch von der Lutherischen Kirche in Estland sagt: Ich wähle Europa, weil wir nur gemeinsam frei sein können!
Bischof Reinhart Guib, von der Evangelischen Kirche in Rumänien schreibt: Ich wähle Europa, weil es für Freiheit, Toleranz und Gemeinschaft steht und Zukunft nur in Gemeinschaft möglich ist!
Gerade in einem gemeinsamen Europa finde ich es wichtig zu hören, was andere an der EU schätzen. Zusammen beobachten wir aktuell große Herausforderungen in der EU: wachsender Populismus und Nationalismus, soziale Ungleichheiten, die Klimakrise und Krieg in Europa.
Die Perspektive aus dem Osten der EU erinnert uns daran, was wir manchmal für viel zu selbstverständlich nehmen. Nationalismus bedroht das friedliche, vielfältige Zusammenleben von Nachbarnationen und stiftet Unfrieden in den Ländern.
Als christliche Kirchen fordern und engagieren wir uns für eine EU, die sich zur unveräußerlichen, gleichen Würde aller Menschen bekennt. Dem Schutz dieser Würde dienen der Einsatz für Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte.
Machen Sie bei der Wahl von Ihrer Stimme Gebrauch. Wählen Sie eine gemeinsame Zukunft in einem starken Europa!
Glaubenssache:
Tag der Ozeane
Von Pfarrerin Kathrin Wittich-Jung
Ich freue mich schon auf meinen Sommerurlaub. Wir fahren wieder ans Meer. Ich liebe es auf’s Meer rauszuschauen und am Spülsaum entlang zu laufen.
Ein lebenswerter Ort, aber nicht nur idyllisch:
Wenn ich so am Meer entlang laufe, merke ich, dass auch dort der Klimawandel und die Zerstörung dieses einzigartigen Lebensraumes voranschreiten: Plastikmüll. Dosen. Flaschen. Reste von Fischereinetzen. Manchmal auch ein verendeter Vogel. Das macht mir Sorge. Denn die Meere und Ozeane sind ja wichtiger Bestandteil der Welt und des Klimas.
Heute ist Tag der Ozeane. Die vereinten Nationen haben ihn 2009 ins Leben gerufen. Sie wollen auf die Lage der Ozeane aufmerksam machen. Überfischung, Verschmutzung und Erwärmung. Die Ozeane leiden am Klimawandel. Und damit über kurz oder lang auch wir Menschen.
Die Ozeane liefern uns Nahrung, produzieren mehr als die Hälfte des benötigten Sauerstoffs und stabilisieren das Klima.
Der Tag der Ozeane soll auch ermahnen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
In der Bibel vertraut Gott uns Menschen die Welt an. Wir sollen sie bebauen UND: Wir sollen sie bewahren. Bewahrung der Schöpfung nennen wir das. Eigentlich wäre es gut, wenn wir keine solcher Gedenktage bräuchten. Wenn wir immer auch auf die Umwelt und das Klima achten würden.
Ich glaube ja, wenn wir alle in dem Bewusstsein leben, dass die Erde und die Ozeane unsere Lebensgrundlage sind, dann bewahren und schützen wir sie auch. Und vielleicht schaffen wir’s und können irgendwann am Spülsaum entlang gehen, ohne ständig auf Plastik und Müll zu stoßen. Das wäre wunderbar!
1. Juni
Gedanken zum Sonntag:
Wie redest du heute?
Von Pfarrer David Seibel
Jesus sagt zu seinen Jüngerinnen und Jüngern: "Wer euch hört, hört mich." (Lukas 10,16)
Moment mal – der Satz lässt mich stocken. Durch Jesus hören wir doch Gottes Wort, aber die Jüngerinnen und Jünger waren ganz normale Menschen?! Sie stritten, waren ungeduldig und neidisch, wollten sich Vorteile sichern. Sie verloren auch mal vor Begeisterung die Realität aus dem Blick. Und bei Gefahr liefen sie davon, ließen ihren besten Freund Jesus im Stich.
Aber das war nicht alles. Das ist bei keinem Menschen alles, die „Schwachpunkte“. Die Jüngerschaft Jesu konnte auch anders, konnte auch so reden, dass Gott durch ihre Worte erklang. Jeder von uns kann das! Auch du und ich. Was dafür nötig ist? Dass du von dir absiehst, damit du für Gottes Wort frei und durchlässig wirst. Dann werden deine Worte freundlich, sie trösten, geben Hoffnung, benennen das Unrecht, machen Mut.
Deine Worte haben Weite, in denen Raum ist für andere und für anderes. Und so kommst du vom Reden ins Hören, vom Hören ins Handeln… und Gott kommt in die Welt. „Wer euch hört, hört mich.“
Kleine Übung: Höre auf dich – was und wie redest du heute?
Glaubenssache:
Harmonie
Von Pfarrer Philipp Ruess
In der Schule hatte ich einen Biologielehrer, der zu Beginn einer jeder Doppelstunde mit uns einen Kanon gesungen hat: ♫ „Wo man singt, da lasse dich nieder, böse Menschen haben keine Lieder“ Es gibt viele Strophen zu diesem Lied, aber im Kern zielen alle darauf ab, dass man singend nie einen bösen Gedanken oder eine böse Absicht hegt. Singen ist von seinem Ur-sprung her auf das soziale Miteinander angelegt. Gemeinsamer Gesang funktioniert nur, wenn man auch aufeinander hört und einstimmt. Sonst wird aus dem schönen Lied oder Kanon nur noch disharmonisches Schreien. Ich vermute, deswegen hat die paar Minuten geopfert, denn auch wir als Klasse waren dann ruhiger, eingestimmt und der Unterricht harmonischer.
Der anstehende erste Sonntag nach Trinitatis richtet den Blick auch auf eine solche Harmonie des sozialen Miteinander: „Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst“ Aber wie kann das gelingen? Für mich ist es eine gute Hörhilfe auf den Gesang der Bibel zu hören, in den viele Menschen im Laufe der Jahrhunderte eingestimmt haben: In die Worte und Taten Jesu, in das Zeugnis seiner Nächstenliebe, mit dem er wiederum eingestimmt hat in die Worte des Alten Testamentes und der Propheten. Und damit sind wir keinesfalls allein. Auch andere Religionen und Kulturen kennen diesen Gesang der Nächstenliebe. Es ist ein schöner Gesang, in den jeder Mensch einstimmen kann. Vielleicht hilft es ja, sich zu Beginn eines jeden Tages diesen Gesang der Nächstenliebe vor Augen zu rufen und dann in den Tag zu starten. Denn zumindest in Bio hat das hervorragend funktioniert.
25. Mai
Gedanken zum Sonntag:
Wo finde ich das Land ohne Hürden?
Von Pfarrer Andreas Kölling
Eine Frau aus der Kirchengemeinde hat mir erzählt, warum sie seit ihrer Kindheit dabei ist. Weil es in der Kirche keine Grenzen gibt. Weil jede und jeder mitmachen kann. Ist doch überall selbstverständlich.
Die Frau meinte: Nein, überall sind Hürden. Wer in einer Mannschaft mitspielen will, sollte sportlich sein. Wer im Chor singen will, sollte (zumindest etwas) singen könne. Hürden! Und sie werden ja scheinbar immer mehr. Denken wir nur an die politische Debatte bzw. immer wieder die Unmöglichkeit der Debatte. Da stehst du an einer Hürde und das Reden hört auf. - In der Kirche erlebt die Frau es anders: Da spielt z.B. die Herkunft keine Rolle, egal ob du Deutsche, Afghane oder Südafrikaner bist. Da sind Menschen mit und ohne Behinderung. Begabung spielt schon eine Rolle. Aber Christen glauben, dass Gott jeden begabt.
Wer also Sehnsucht nach einem Land ohne Hürden hat – manchmal arbeiten wir in der Kirche noch daran – der sollte es dort wirklich einmal versuchen. Übrigens: Am 14.Juli feiern die evangelischen Gemeinden aus Hessens Nordspitze Gottesdienst im Carlsdorfer Dorfgemeinschaftshaus unter dem Motto „United“. Wir wollen keine Hürden mehr!
Glaubenssache:
Tage voller Leben
Von Pfarrer Jens Holstein
Fritzlar ist im Ausnahmezustand. Der Hessentag dominiert alles. Die Zahl der Veranstaltungen und Aussteller ist unüberschaubar. Von der AOK bis zum Zissel in Kassel e.V. ist so gut wie alles vertreten. Besonders präsent scheinen Landfrauen und Karnevalisten.
Der Hessentag soll die Einheit und die Identität Hessens stärken. Das ist ein guter Grund zum Feiern. Die Veranstalter rechnen mit 500000 Besuchern. Aus allen Himmelsrichtungen kommen die Schaulustigen herbei. Es hat etwas von einer weltlichen Wallfahrt, wie die Menschen in diesen Tagen nach Fritzlar strömen.
Deshalb beteiligen sich auch die Kirchen aktiv an diesem Fest. Da sind besondere Angebote wie Blaulichtgottesdienst, Gottesdienste mit Gospelmusik, getanzte Feiern in der Kirche und vieles mehr. Aber es gibt auch Angebote der Stille. Die evangelische Kirche lädt ein zur Segnung für Alle, die katholische Kirche schafft Gelegenheit zu Gesprächen, Beichte und Segen.
Kirche und Glaube sollen bei diesem Fest sichtbar und vor allem erfahrbar werden. Die Kirchen öffnen auf besondere Weise in Fritzlar ihre Türen für viele unterschiedliche Menschen. Die Fülle des Lebens und des Glaubens hat darin ihren festen Platz.
Von daher kann der Hessentag auch eine Pilgerfahrt in diese Stadt mit seinen Kirchen und Gottesdiensten an besonderen Orten sein. Viele kirchliche Aktivitäten laden zur Begegnung mit Gott und seiner lebendigen Kirche ein.
Wer sich auf den Weg nach Fritzlar macht, sollte das bei diesem Großereignis im Blick haben und ist herzlich eingeladen.
18. Mai
Gedanken zum Sonntag:
,,Pfingsten, das liebliche Fest ist gekommen!"
Von Pfarrer Thomas Steinrücken
Und dennoch: Auch bei so manchen Christen führt das Pfingstfest - im Gegensatz zu Weihnachten oder auch Ostern - ein Schattendasein. Mit Gott Vater und Gottes Sohn Jesus Christus kann man ja noch 'was anfangen...
aber was ist der Heilige Geist?
Vielleicht hilft es, nicht zu fragen ,,was ist der Hl. Geist?", sondern ,,wie ist er?". Die Bibel und auch frühe christliche Texte helfen uns zu einer Antwort: Da ist vom Geist des Beistands die Rede, vom Geist der Liebe und Zuwendung, vom Geist des Mutes und der Kraft, von ihm als Lehrer, der Glaube, Hoffnung und Vertrauen schenkt.
An Pfingsten vor 2000 Jahren kam der Hl. Geist mit großem Nachdruck auf die ersten Freundinnen und Freunde Jesu herab. An Pfingsten 2024 sind wir aufgefordert, uns 'mal zu fragen: ,,Wess' Geistes Kind bin ich?"
Ein gesegnetes, erfolgreiches Pfingstfest!
Glaubenssache:
Happy Birthday Kirche
Von Lektorin Anja Mueller-Opfermann
Als ich im letzten Jahr gefragt wurde, was ich an Pfingsten machen werde, antwortete ich ganz spontan: „Na, Geburtstag feiern. Die Kirche hat Geburtstag, das muss doch gefeiert werden.“ Natürlich erntete meine
Aussage unverständliche Blicke, aber warum eigentlich? Schließlich wäre Pfingsten kein Feiertag, wenn wir Christen das Geschehen in Jerusalem 50 Tage nach Ostern nicht feiern würden.
Nachdem Jesus auferstanden war und an Himmelfahrt die Erde wieder verlassen hatte, ließ er seine Freunde ängstlich, allein und ratlos zurück. Plötzlich kam ein Brausen, ein Sturm auf und Flammen erschienen über den Köpfen der Jünger. In der Bibel ist beschrieben, dass den Jüngern in diesem Moment der Heilige Geist wieder neuen Mut und Kraft gegeben hat. Sie waren so erfüllt, dass sie hinaus gehen konnten, um den Menschen von Jesus, seinem Leben und seiner Botschaft zu erzählen. Menschen aus den verschiedensten Ländern konnten die Jünger plötzlich verstehen. Die ersten Gemeinden wurden gegründet, Menschen wurden getauft und der Glaube in alle Welt weitergetragen.
Geht man davon aus, dass das erste Pfingstfest etwa im Jahr 30 nach Jesu Geburt stattfand, weiß man, wie viele Geburtstage die Kirche schon gefeiert hat. Von Anfang an war ein ständiger Wandel ihr Begleiter – schöne, aber auch viele schmerzhafte Veränderungen fanden statt. Menschen prägten die Kirche und auch jetzt, wo sich viele von ihr abwenden, ist sie da und steht weiter für alle offen, die sich Gemeinschaft wünschen, nach dem Sinn des Lebens fragen oder Trost und Hilfe brauchen. Ansprechpartner findet man besonders in der Diakonie mit ihren Beratungsstellen, bei den Pfarrerinnen und Pfarrern und bei den vielen Ehrenamtlichen in den Gemeinden.
Das alles ist ein Grund zu feiern: Mit Blumen, Kuchen, Kerzen und ganz vielen Gästen.
Happy Birthday Kirche!
11. Mai
Gedanken zum Sonntag:
Wie lieblich ist der Maien
Von Pfarrerin Renate Wollert
Überall blüht es. Flieder, Weißdorn, Kastanien, dazu der Sonnenschein: ein Traum!
Seit wir es an Himmelfahrt im Gottesdienst gesungen haben, ist mir ein Lied im Sinn: „Wie lieblich ist der Maien“. Ja, jetzt ist Zeit zum Aufatmen, zum Hoffen, zum Genießen.
Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt: das Lied steht im Evangelischen Gesangbuch, denn es ist nicht nur ein Lob auf die Natur, sondern ein kleines Glaubensbekenntnis. Die Natur ist wunderschön – und das liegt an der Güte Gottes.
Das macht den Unterschied aus. Ich kann mich einfach daran freuen, dass die Tage länger werden, dass es im Garten wächst und gedeiht. Oder ich kann dabei dankbar sein, kann erkennen, dass alles, was lebt und webt, durch Gott geworden ist.
Ob ich diesen kleine Unterschied erkenne, das ist Gottes Geist zuzuschreiben.
So heißt es in der 3. Strophe des Liedes: Herr, lass die Sonne blicken ins finstre Herze mein, damit sichs möge schicken fröhlich im Geist zu sein.
Sicher, manches Finstere lässt sich nicht so einfach weglächeln. Und doch ist es gut, auf Gottes Geist zu vertrauen. Ich kann Gott bitten, mich aufatmen zu lassen und mein Herz zu berühren.
Fröhlich und dankbar zu sein, mit Sonne im Herzen: das wünsche ich mir und Ihnen in diesen Tagen!
Glaubenssache:
Da fehlen die Worte
Von Lektor Günter Schnellenpfeil
Wir kennen das, dein Gegenüber schleudert dir einen Satz entgegen. Du bist völlig perplex, da fehlen die Worte.
Wenn ein lieber Mensch von uns geht, fehlen uns auch die Worte. Wir stammeln: „Herzliches Beileid.“ Oder: „Herzliche Teilnahme.“ Die Wege Gottes können wir oft nicht verstehen, ergeben aus unserer Sicht keinen Sinn. Wir müssen den Abschied aushalten.
Wir kommen gerade von Christi Himmelfahrt her. Können kaum fassen, dass Jesus vom Tod auferstanden ist. Nun, vierzig Tage danach, entschwindet ER vor den Augen seiner Jünger (s. Apostelgesch. 1 v 3-11) in den Himmel. Das ist doch der zentrale Punkt unseres christlichen Glaubens. Der dreieinige Gott hat durch Jesu Kreuzestod u. Auferstehung den Tod, ein- für allemal, besiegt und uns eine neue ewige Heimat (Wohnung) bereitet. Ganz freiwillig -ohne jede Vorschrift- lässt er uns leben.
Zwei Dinge genügen dazu: Die Taufe und der Glaube an den Auferstandenen (s. Markus 16 v 16). Beides schenkt Gott. Wir bitten und beten um den Glauben an Jesus, der Mittler zu Gott. So haben wir die Chance auf ein Leben bei ihm. Daher ist für mich diese Osterbotschaft der zentrale Punkt jeder Beerdigung. Dann, wenn mir die Worte fehlen, braucht es diese Botschaft. Wir sind vom irdischen u. vergänglichen Lebensweg auf einem Weg zur ewigen Gottesgemeinschaft. Was für eine einmalige Chance. Da braucht´s klare Worte!
5. Mai
4. Mai
Gedanken zum Sonntag:
Hoffnung(s)Los?!
Von Pfarrer Christian Hoenemann
„So pessimistisch wie noch nie!“ So lautete letzte Woche die Überschrift eines Berichts zur aktuellen Trendstudie „Jugend in Deutschland“. Eigentlich sollten junge Menschen doch mit einer positiven Vision ins Leben starten: Idealistisch, offensiv, zupackend – zuversichtlich, es auf jeden Fall besser hinzukriegen als die „Alten“ (also alle jenseits der 30)! Stattdessen: Erschöpfung, Stress, Hilflosigkeit angesichts von Sorgen über Klimawandel, Krieg, Inflation und Altersarmut.
Mich macht das betroffen! Was kann daraus folgen? Parteien mit den einfachsten (schlechten) Antworten bekommen Zulauf, Egoismus triumphiert, der Einsatz für Gerechtigkeit, Demokratie, Klima usw. wird abebben, wenn es „eh nichts bringt“… – Kurz: Noch mehr Grund, besorgt zu sein.
Was gibt Hoffnung? – Die Studie zeigt mir, wie dringlich die Frage ist! Denn wenn wir es selbst nicht sagen können, wie wollen wir junge Menschen dann ermutigen?
Bei mir persönlich ist es der Glaube, dass Gott diese Welt noch nicht aufgegeben hat. Wir haben weiterhin Osterzeit: Jesus ist vom Tod auferstanden. Dank ihm geht noch was. Immer! – Und: Nein, das schreib ich nicht, weil ich das von Berufswegen ja sagen muss.
Was ist Ihre Antwort? Was sagen Sie Ihren Kindern, Enkeln usw.? Schreiben Sie es mir gern.
Glaubenssache:
Alles neu …
Von Diakon Alexander von Rüden
… macht der Mai! So heißt es in einem bekannten Frühlingslied. Ich hoffe Sie hatten einen schönen Maifeiertag! – Und nun wird alles neu?
Im Blick auf diesen Mai 2024 gehen meine Gedanken gerade zur neuen „Groß-“ Pfarrei St. Heimerad hier im Wolfhager Land. Ihre Neugründung aus den bisherigen katholischen Gemeinden Wolfhagen, Naumburg (mit Bad Emstal) und Volkmarsen (mit Breuna) hatte der Fuldaer Bischof zum 1. Januar 2024 veranlasst. Kommenden Sonntag, am 5. Mai, soll sie nun mit einem feierlichen Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche Naumburg und einem anschließenden Fest besiegelt werden, zu dem Sie alle herzlich eingeladen sind.
In den Sinn kommt mir auch die Einführung des neuen evangelischen Dekans des Kirchenkreises Hofgeismar-Wolfhagen, ebenfalls am 5. Mai.
Alles neu macht der Mai? Irgendwie scheint es so. Wenn man hinter die Kulissen schaut, ist das allerdings nicht nur mit schönen Frühlingsgefühlen behaftet. Da schwingt auch Schweres mit, Enttäuschung, Unsicherheit, wie es in Zukunft werden wird, mit welchen Veränderungen man klarkommen muss usw. Aber vielleicht ist auch Neugier geweckt: Welche Möglichkeiten eröffnen sich? Wo kann ich vielleicht neu meinen Platz finden? Welche Angebote und Ansätze warten auf mich?
Ja, im Mai bricht Neues an – und es liegt an jedem und jeder von uns, ob wir das auch als eine Chance wahrnehmen und nach vorne schauen. Halten wir uns vor Augen, wer unsere Gegenwart Wirklichkeit werden lässt. Da gibt nämlich Gott selbst die Antwort: „Seht, ich mache alles neu.“ (Offb 21,5) Er ist es, der immer wieder erneuert und Neues entstehen lässt. Seit der Himmelfahrt seines Sohnes Jesus Christus, die wir nächste Woche wieder feiern, sendet er seinen Heiligen Geist zu uns und wirkt in der Welt. Auch in uns! An uns ist es, ihm zu vertrauen, ein wenig von uns selbst wegzukommen und auf andere zuzugehen. Finden wir Offenheit für die Nächsten, die Welt und das Wirken Gottes. Er macht alles neu – auch im Mai!
27. April
Ich bin bei dir
Von Prädikant Günther Dreisbach
Am kommenden Mittwoch beginnt Jan Friedrich Eisenberg seinen Dienst als Dekan im Kirchenkreis Hofgeismar-Wolfhagen. Am Sonntag Rogate, am 5. Mai, wird er in sein Amt eingeführt. Das ist ein Festtag für die Gemeinden von Arenborn im hohen Norden bis Altendorf im Süden, von Oedelsheim im Osten bis Viesebeck im Westen.
Wenn er am Mittwoch seinen Dienst beginnt, steht im Losungsbuch der Herrnhuter Brüdergemeinde, einer täglichen Glaubensration für die Christenheit, ein Wort aus dem Buch des Propheten Jeremia: »Ich bin bei dir, spricht der Herr, dass ich dir helfe.« Darauf wird sich der neue Dekan verlassen. Das wird ihm Kraft geben für alles, was in dem neuen Amt auf ihn zukommt. Manche werden sagen: Das ist ein schöner Zufall, dass das am ersten Diensttag des Dekans im Losungsbuch steht. Mag sein. Aber Albert Schweitzer hat einmal gesagt: »Zufall, das ist das Augenzwinkern des lieben Gottes.« Und ich kann mir vorstellen, dass Dekan Eisenberg das genau so sieht.
Und dann: Die Einführung ist am Sonntag Rogate. Auch das mag Zufall sein. Aber der Sonntag Rogate (»Betet!«) ist für die evangelischen Christen der Sonntag, an dem besonders an das Beten gedacht wird. Und da ist es eine schöne Aufgabe, sich vorzunehmen, den Dekan regelmäßig ins Gebet zu nehmen, was heißt: für ihn zu beten. Das und die Gewissheit, dass Gott ihm hilft, wird ihn zuversichtlich seinen Dienst tun lassen.
Übrigens: Der erste Diensttag ist der 1. Mai. Da kann man das in Escheberg entstandene Lied umdichten: »Der Dekan ist gekommen!« Und: Gott ist bei ihm, dass er ihm hilft. Was will er mehr?
20. April
Gedanken zum Sonntag:
Erst einmal zuhören
Von Pfarrer Martin Schöppe
Die Texte der christlichen Bibel beschreiben die Person des Jesus von Nazareth als jemand, der zunächst zuhört, wenn er mit Menschen in Kontakt kommt. "Was willst du, dass ich dir tue?" Das ist oft seine Frage, um eine Begegnung zu eröffnen. Er möchte zunächst verstehen in welcher Situation ein Mensch ist und was ihn bewegt. So kann ein wirklich bereichernder Austausch stattfinden.
Dann erst beginnt das, was die Bibel als neues Leben oder auch Heilung des Menschen beschreibt. Im Mittelalter bringt der Gelehrte Thomas von Aquin eine wissenschaftliche Methode zur Perfektion, die ähnlich funktioniert. Bevor die eigenen Argumente vorgetragen werden, muss erst nachgewiesen werden, dass die Position des Dialogpartners richtig verstanden wurde. Dann erst wird die eigene Position vorgetragen und es kann zu einem Austausch kommen, der im besten Fall beide weiter und zu einem Ergebnis führt.
Zuhören, um den anderen besser zu verstehen ist auch in der aktuellen Situation der Gesellschaft wichtig, damit Auseinandersetzung und Streit im demokratischen Ringen zu einem Ergebnis führen, das möglichst viele Menschen mitnimmt. Erst einmal zuhören, um den anderen und sich selber besser zu verstehen. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von wirklicher Stärke.
Gerade weil gelebte Demokratie keine Harmonieveranstaltung ist, braucht es diese Stärke. Gerade weil in unserer Gesellschaft und den menschlichen Beziehungen schon zu viel kaputt gegangen ist, wird es Zeit sich daran zu erinnern.
Glaubenssache:
Ruhe im Baum
Von Pfarrer Kai Michael Scheiding
Es wird stiller in Feld und Flur: Laut einer Studie des NABU sind seit 1980 etwa 600 Millionen Singvögel in der EU verschwunden. Betroffen sind vor allem Arten in Feldern und Gärten. Ein Grund: weniger Insekten. Grund dafür wiederum sind effektivere Insektenvertilgungsmittel in der Landwirtschaft und: überpflegte Gärten.
Ein schöner Garten besteht nach althergebrachter Meinung oft aus Blumenrabatten, die zwar imposant, aber häufig ohne Nährwert sind; dazwischen sauber geharkte Erde, akkurat gestutzte Hecken und millimeterkurz getrimmtem Rasen. Wo es anders aussah, galt ein Grundstück als „verkommen“.
Aber ist diese Ästhetik noch zeitgemäß? Ist das „der schönen Gärten Zier“, die Paul Gerhardt einst in seinem Sommerlied besang? Der Wissenschafts-Journalist Dirk Steffens bezeichnet solche Rasenflächen als „degeneriert und ökologisch tot“. Dort kann nichts krabbeln, summen oder brummen. Und in der Folge in den Bäumen nichts singen, zwitschern und tirilieren.
Noch ist der „stille Frühling“ nicht Realität. Aber vielleicht ist es Zeit zum Umdenken; für eine neue, andere Garten-Ästhetik. „Der schönen Gärten Zier“ kann auch das pralle Leben in ihnen sein, das im Gras summt und brummt, im Laub des Vorherbstes raschelt und singende Vögel, die dort reichlich Nahrung finden und Nester bauen. Viele Kommunen haben (wenn auch aus Geldnot) schon reagiert und lassen im Sommer das Gras auf manchen öffentlichen Flächen hochwachsen. Schöpfungsbewahrung und weniger Arbeit in einem. Unsere Gärten sollen nicht verwildern! Aber eine gezähmte Wildnis hilft, dass es nicht still wird in ihnen.
13. April
Gedanken zum Sonntag:
„Richtet nicht, …“
Von Pfarrer Achim Wittenberg
„… damit ihr nicht gerichtet werdet,“ ruft Jesus uns in der Bergpredigt zu. Diese Forderung erwächst aus einer Einsicht: Aller Schuld anderer Menschen liegen Bedürfnisse zugrunde, die auch ich teile. Luther macht aus Jesu Forderung die wohl machbarere „Trennung von Person und Werk“, d. h. „Gott liebt den Sünder, aber hasst die Sünde“.
Oder wie es einer meiner Professoren im Studium formulierte: „Gott liebt den Menschen unabhängig von seinen Taten und Eigenschaften. Denn erst durch die Liebe Gottes kann der Mensch (positive) Eigenschaften entwickeln und Taten leisten.“ Das ist eine tiefe Grundwahrheit unseres Lebens: Nur wo wir uns geliebt und angenommen fühlen, sind wir in der Lage wirklich liebevoll zu handeln und unsere Fähigkeiten zu entfalten. Und es ist ein probates Mittel zum Umgang mit Konflikten, das ebenfalls von Jesus empfohlen wird.
Nur wo mein Gegenüber wieder in ein entspanntes Vertrauen finden kann, wird es bereit sein, sich auf meine Sicht des Konflikts einzulassen. Um ein solches Vertrauen im Konflikt schenken zu können, brauche ich selbst eine große Geborgenheit, die ich persönlich nur durch regelmäßiges Gebet finde. Das ist sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe, aber eine, die sich lohnt.
Glaubenssache:
Der Ginkgo
Von Pfarrerin Kathrin Wittich-Jung
In unserem Garten steht ein Ginkgo-Baum.
Wahrscheinlich wurde er vor 20 oder 30 Jahren gepflanzt. Da haben wir noch nicht in dem Haus gewohnt. Ich freue mich immer wieder an diesem Baum.
Gerade gewachsen steht er da und spendet Schatten, wenn wir auf der Terrasse sitzen.
Er braucht im Frühjahr von allen Bäumen am längsten, bis seine Blätter sprießen. Zart und vorsichtig kommen die Blätter dann aus den Knospen.
Ein Ginkgo im Garten steht für Frieden und Freundschaft.
Er steht auch für Hoffnung:
Als 1945 die Atombombe über Hiroshima fällt, wird alles zerstört.
Auch der Ginkgo vor dem Kloster geht in Flammen auf. Alles Leben ist erloschen.
Da war keine Hoffnung, dass in dem atomar verseuchten Gebiet je wieder Leben sein würde.
Aber der Ginkgo trotzte dem. Elf Jahre später passierte ein kleines Wunder: Er trieb im Frühjahr wieder aus und neue Blätter kamen vorsichtig aus den Knospen. Das Leben hat gesiegt. Und neue Hoffnung hat Einzug gehalten. Trotz allem lebt er weiter und das lässt ihn für viele Menschen zu einem Symbol für Hoffnung werden.
Gerade in diesen Zeiten, in denen jeden Tag neue Nachrichten vom Krieg kommen, wo die eigene Zukunft vielleicht ungewiss ist, da brauche ich Hoffnung und einen Ort, an dem ich meine Sorgen ablegen kann. Im Glauben finde ich Hoffnung. Das heißt nämlich, mich nicht der Mutlosigkeit hinzugeben. Im Glauben finde ich die Kraft und den Mut, das Leben trotz allem anzugehen – auch wenn die Nachrichten erdrückend sind.
Und manchmal braucht es den Ginkgo im Garten, das nicht zu vergessen: „Es gibt eine Hoffnung für deine Zukunft.“ (Jeremia 31,17)
6. April
Gedanken zum Sonntag:
Kaum zu glauben?!
Von Pfarrer Sven Wollert
Doch! Über ihn wird gesprochen: Thomas. Unter den Jüngern von Jesus spielt er eigentlich eine etwas unrühmliche Rolle. Sie hätte das Zeug dazu, aus Thomas den peinlichen Verwandten zu machen, den man lieber verschweigt.
Denn Thomas ist kein Vorbild in Sachen Glauben. Alle erzählen ihm, dass sie den auferstandenen Jesus gesehen haben. Voller Begeisterung erzählen sie ihm nach Ostern von dem fast Unglaublichen. Und Thomas? Er glaubt es nicht. Nicht den Jüngern, nicht den Frauen, die am Grab waren.
Ein leeres Grab kann viele Gründe haben. Deshalb will Thomas Beweise, handfeste Beweise, um seine Zweifel zu überwinden: "Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich’s nicht glauben."
Warum erzählt die Bibel von ihm? Warum sprechen wir auch heute noch über Thomas?
Weil wir lieber wie die anderen Jünger wären: voller Glauben. Aber mindestens heimlich sind wir eher so wie Thomas. Der Zweifel nagt. Beweise sind rar. Die schriftlichen Zeugnisse sind alt. Die Geschichte der Bezeugung dieses Glaubens durch die Kirche ist voller Brüche.
Thomas hatte die Chance, seine Zweifel durch eine Begegnung mit dem Auferstandenen auszuräumen. Auch davon erzählt die Bibel. Sie will uns Mut machen, um zu vertrauen, um mit Thomas auch heute zu bezeugen: Der Herr ist auferstanden!
Glaubenssache:
Glaube und Zweifel
Von Prädikant Günther Dreisbach
Mit dem heutigen Ostersamstag geht die erste Woche nach Ostern zu Ende. Viele haben die Weite gespürt, die zwischen dem Karsamstag und dem Ostersamstag liegt, österliche Weite. Von der Enttäuschung über den Tod Jesu an Karfreitag, die Freude über die Auferstehung an Ostern bis zum Zweifel, ob das wirklich passiert ist, das mit Jesus. Oder war es ein Hirngespinst?
Am Sonntag nach Ostern geht es in den evangelischen und in den katholischen Predigten um Glaube und Zweifel. Es lohnt sich, zum Gottesdienst zu gehen und mit zu zweifeln, mit zu denken, mit zu hoffen und vielleicht dann auch mit zu glauben. Denn natürlich war das alles andere als normal, das mit Jesus von Nazareth. Klar, wir haben Ostern gefeiert und damit deutlich gemacht: Es ist wahr! Jesus ist auferstanden! Aber nach der Freude am Ostersonntag und in der Woche danach bis zum Ostersamstag sind doch auch Zweifel hochgekommen.
Im Evangelium des Sonntags zweifelt Thomas. Und es ist sein gutes Recht. Er kann das alles nicht begreifen. Und schon bald hat er seinen Namen weg: Thomas, der Zweifler. Einfach glauben, das geht nicht. Er ist ein Praktiker. Er will sehen, ob der, der ihm da gegenübersteht, auch der ist, den er als Jesus kannte. Geduldig lässt Jesus den Test über sich ergehen. Und dann glaubt Thomas.
Bin ich wie Thomas? Ich weiß es nicht. Manchmal schon. Und dann denke ich darüber nach, dass Jesus zu Thomas sagt: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Vielleicht gibt mir ja die Predigt von morgen nähere Erkenntnisse. Am besten, Sie gehen zum Gottesdienst und testen es. Gesegneten Sonntag!
30. März
Glaubenssache:
Leben
Von Pfarrer Johannes Heicke
In unserem Garten steht ein knorriger alter Apfelbaum. Die kahlen, vergreisten Äste recken sich zum Himmel wie in einem letzten Todesseufzer. Da ist keine Lebendigkeit, keine Bewegung, kein Grün. Wenn ich nicht schon erlebt hätte, dass Laubbäume jedes Jahr so tot aussehen, würde ich es nicht glauben: Da gehen doch tatsächlich an diesem alten, knorrigen Baum die ersten zarten Knospen auf, die ersten grünen Blättchen zeigen sich, die ersten weißen Blüten fangen an, sich zu entfalten!
Jesus hängt am Kreuz. Die Arme weit ausgestreckt nach seinem letzten Todesseufzer. Da ist kein Leben mehr, wirklich überhaupt keins. Sie nehmen ihn ab und legen ihn ins Grab. Drei Tage liegt er da, komplett tot.
Und dann kommt der Ostermorgen: Er ist wieder da! Er zeigt sich seinen Jüngerinnen und Jüngern. Die können es nicht recht glauben: Wie soll denn ein Grab leer sein? Wie soll denn jemand aus dem Tod wiederkommen? Das hat es doch noch nie gegeben! Immer wieder schwanken sie zwischen Glauben und Zweifeln hin und her, obwohl sie ihn vor sich sehen, ja sogar berühren: Kann das wirklich wahr sein?
Bis heute schwanken wir Christenleute zwischen Glaube und Zweifel hin und her. Und das, obwohl wir die Knospen, ja sogar die Blüten und Früchte des starken Baums sehen können, den wir Kirche, Leib Christi, nennen: Zwei Milliarden Menschen auf der Erde gehören dazu, und ihre Zahl wächst stetig! Sie tun Gutes in aller Herr:innen Länder, engagieren sich gegen den Hunger und für den Frieden, gehen auf die Straße gegen Rassismus und Gewalt. Woher nehmen sie diese Kraft? Sie bekommen sie vom auferstandenen Herrn Jesus: Er lebt!
23. März
Glaubenssache:
Eine stille Woche
Von Lektorin Maryam Parikhahzarmehr
Nein, nicht weil es Schulferien gibt, nennt man die Woche, die morgen beginnt, die »stille Woche«. Alles soll ein bisschen ruhiger laufen. Am Freitag gibt es sogar einen freien Tag. Ein Geschenk an alle, die Tag für Tag arbeiten. Und aus Dankbarkeit dafür geht man dann zum Gottesdienst. Was aber ist der Grund für die Dankbarkeit?
Die christlichen Kirchen denken in dieser Woche an das Leiden und den Tod Jesu. Und auch wenn manche Arbeitnehmer diesen freien Tag als eine soziale Errungenschaft ansehen: das ist er natürlich nicht. Der Tod Jesu – eine soziale Errungenschaft? Wer das glaubt, hat irgendwie nicht verstanden, um was es geht. Ich finde es gut, dass bestimmte Dinge am Karfreitag einfach nicht sein dürfen: Tanzveranstaltungen und Sportveranstaltungen zum Beispiel. Das kann man doch einmal aushalten, allemal dann, wenn man die Jahre nach dem zählt, dessen Tod man an diesem Tag gedenkt.
Jesus ist das Zentrum dieser Woche. Um ihn dreht sich alles. In den Andachten und in den Gottesdiensten und in den Abendmahlsfeiern. Wir bedenken, was er aushalten musste und was ihm die Machthaber seiner Zeit angetan haben. Und auch dann, wenn am nächsten Samstag, dem Karsamstag, Grabesruhe herrscht. Nein: Das ist noch nicht der Ostersamstag; der ist erst eine Woche später. Ordnung muss sein.
Das wär’s doch: Eine Woche in aller Stille denken an Jesus, der für uns als Christen der Weg ist, den wir gehen sollen, die Wahrheit, die wir weitersagen sollen und das Leben, auf das wir uns freuen. Aber das feiern wir dann Ostern. Das ist jetzt noch nicht das Thema.
16. März
Gedanken zum Sonntag:
„Frühjahrsputz“
Von Pfarrerin Johanna Fischer
Es geht los, hier und da wird schon der Lappen geschwungen, die Fenster geputzt, der Schrank ausgewischt, unnötiges aussortiert. Auch der Wintermantel darf langsam der Übergangsjacke weichen.
Im Garten wurden trockene Äste geschnitten und Blumen gepflanzt. Der erste Kaffee auf der Terrasse ist getrunken, ein Plausch am Gartenzaun gehalten, in Gedanken schon Feste für den Sommer geplant.
Noch haben wir Passionszeit, Fastenzeit. Manche nutzen diese Zeit für einen Frühjahrsputz der Seele. Sich von altem Ballast befreien, eigene Erwartungen anschauen und entstauben, Prioritäten setzen und Visionen erschaffen.
Was wollen Sie loslassen? Welche Erwartungen entstauben Sie? Worauf freuen Sie sich besonders? Was ist Ihnen wichtig geworden? Worauf hoffen Sie?
In zwei Wochen ist Ostern. Da feiern wir das Fest der Auferstehung Jesu. Ein Ausblick, der mir Hoffnung schenkt. Hoffnung auf Begleitung von einem, der den Tod durchschritt und uns lebendig macht. Hoffnung auf eine schöne Zeit mit Familie und Freunden. Hoffnung darauf, dass die Farben wiederkommen, in der Natur und in unseren Herzen und Köpfen. Manchmal sogar ganz ohne unser Zutun.
Glaubenssache
Von Pfarrer i.R. Ulrich Trzeciok
„Im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt …“. Gut, heute nimmt er dafür den Traktor, aber an der Sache hat sich nichts geändert. Das Ackerland muss bestellt werden, damit die Samenkörner ausgesät werden können. Wenn nicht, wenn Unwetterkatastrophen oder Krieg es verhindern, dann können keine neue Pflanzen wachsen und reifen, dann gibt es nichts zu ernten, dann gibt es Hunger. Es ist gut, wenn die Traktoren jetzt nicht zu Demonstrationen auf den Straßen rollen, sondern auf den Äckern ihre Arbeit verrichten. Die eigentliche Arbeit freilich verrichten die Bauern und Bäuerinnen. Sie müssen von ihrer Arbeit existieren und leben können.
In einem Gleichniswort greift Jesus dieses Geschehen von Aussaat und Ernte auf, wenn er sagt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ (Joh 12, 20ff). Morgen, am 5. Sonntag in der Fastenzeit, wird es in der Liturgie der katholischen Kirche zu hören sein. Das verweist uns auf das Glaubensgeheimnis des Osterfestes: Das irdische Leben des Jesus von Nazaret sinkt in die Erde und stirbt – und ersteht zu einem neuen Leben als Jesus, der Christus. Er will auch uns in dieses neue Leben führen.
Bei denen, die ihm –bewusst oder unbewusst- auf diesem Weg folgen, sehen wir es ähnlich: bei Mahatma Gandhi. Gewaltlos ist er eingetreten für die Freiheit und Gerechtigkeit für sein indisches Volk. Oder bei dem Pastor Martin Luther King. Gewaltlos ist er aufgetreten gegen Rassenwahn und die Unterdrückung der „farbigen“ US-Amerikaner. Beide wurden ermordet, aber ihre Saat ist aufgegangen und hat gute Frucht gebracht. Wird es bei Alexej Nawalny in Russland auch so werden?
Ulrich Trzeciok ist Stadtpfarrer im Ruhestand und Geistlicher Rat aus Naumburg.
9. März
Gedanken zum Sonntag:
Wie geht’s dir wirklich?
Von Pfarrer Jonathan Bergau
„Na, wie geht's?“, fragt mich mein Nachbar. „Muss…“, sage ich und gehe schnell weiter. Ich möchte nichts erzählen von meiner dicken Erkältung. Von meiner Krankheit braucht der Nachbar nichts zu wissen. Ich möchte nichts preisgeben, möchte stark sein, alles selber schaffen. Dieses Bild möchte ich nach außen vermitteln.
Wäre es nicht schön, zu sagen was mir fehlt? Eigentlich möchte ich doch meine Verärgerung darüber auszudrücken, dass diese Krankheit mir jetzt so gar nicht in den Kram passt. Dann müsste ich aber vor meinem Nachbarn ehrlich sein. Kann ich einfach so zu ihm gehen? Erwartet er eine ehrliche Antwort von mir, wenn er fragt, wie es mir geht? Zu wem kann ich gehen?
Mir kommt ein Stück Bibel in den Sinn: „Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen.“(Jes 53, 4) Das berichtet das Prophetenbuch Jesaja über den Knecht Gottes, der leidet. Im leidenden Gottesknecht sehe ich als Christ Jesus am Kreuz. Er führt mit vor Augen, dass nicht Stärke zählt. Nicht nur am Kreuz hält er das Leben aus. Auch in seinem Leben weicht er dem nicht aus, was dieses schwer macht. Jesus versteckt seinen Unmut über das Schwere in seinem Leiden nicht, am Kreuz schreit er sogar die Wut über sein Gott-verlassen-Sein heraus und begibt sich dann in Gottes Hände.
Darf ich also auch meine Schwäche zugeben – sogar vor meinem Nachbarn?
Bleiben Sie behütet Ihr Pfarrer Jonathan Bergau
Glaubenssache:
Danke fürs Vergessen
Von Pfarrer Martin Jung
Sie denkt an alles. Sie hat alles Blick. Im Büro, in der Familie, in der Freizeit – sie weiß ganz genau, wann was wo sein muss. Sie hat Listen, führt den Familienkalender und kleine Klebezettel erinnern sie an die wichtigsten Dinge. Doch jetzt ist es passiert. Sie hat ihre Freundin vergessen. Vor zwei Monaten hatten sie einen Termin zum Pizzaessen ausgemacht. Und sie wollte die Uhrzeit eintragen. Aber dann ging das im Stress des Alltags irgendwie verloren. Sie lag im Bett und ihre Freundin saß allein beim Italiener. Das Handy war aus und am Morgen kam das böse Erwachen: „Wo bist du?“, drei Anrufe in Abwesenheit. Und dann die Nachricht „Ich gehe jetzt heim. Danke fürs Vergessen.“
Fehler passieren. Die Welt und unser Leben sind komplex. Wir haben unglaubliche Möglichkeiten unsere Lebenszeit zu füllen. Die Erwartungen im Beruf und Privatleben sind hoch. Termine und Absprachen vergessen, ist vorprogrammiert. Ich kann gar nicht alles schaffen und denke doch oft, ich könnte es. Und oft genug erwartete ich das auch von anderen. Wenn denen dann Fehler passieren, bin hart und unbarmherzig. Sie sind es ja schließlich auch mit mir. Ein Teufelskreis. Jesus sagte einmal: „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist.“ Wer so lebt, der weiß: Vergessen und Vergessenwerden gehört zum Leben mit dazu. Fehler werden gemacht und müssen auch angesprochen werden, aber was kommt dann? Jesus sagt: Barmherzig sein. Es gut sein lassen. Vergeben und vergessen. Das bringt viel mehr. Das führt uns weiter, weiter in eine Welt mit mehr Herz und Liebe. So wie sie Gott sich gedacht hat. Dann klappt´s auch nochmal mit der Pizza.
2. März
Gedanken zum Sonntag:
Es gibt so viel, was man nicht muss
Von Pfarrer Simon Diederich
„Es gibt so viel, was man nicht muss.“ Ein Satz, der mich angesprochen hat. Ein Buchtitel, der für mich inmitten all der Bücher, die mir sagen, was ich alles muss, wohltuend anders klingt. Inmitten all der „101 Sachen, die du tun musst, bevor du stirbst“- Literatur. Die Vorstellung meinem Leben einen tieferen Sinn zu geben, indem ich jene 101 Biersorten trinke, die der Autor empfiehlt, oder jene recht beliebig ausgewählten 1001 Orte besuche, von denen der Autor mir weismachen will, dass mein Leben ohne einen Besuch dort sinnlos gewesen sei, schien mir schon immer etwas seltsam.
Tomas Sjödin, der schwedische Theologe und Autor der genannten Kolumnensammlung, versteckt hinter seinem Titel keine weitete Sammlung von „Du musst“-Sätzen. Ganz im Gegenteil.
Er legt in seinen Kolumnen dar, dass es gerade die Entzauberung und Vernichtung von vielen dieser „Du musst“- Sätzen ist, die uns wirklich guttut.
Es sind gerade die Situationen, in denen ich aufhöre, mich zusammenzureißen, in denen ich die Zügel aus der Hand gebe, es aufgebe all dem vermeintlichen Müssen nachzukommen, die einen wirklich voranbringen. Raum schaffen für Veränderung. Für Hilfe.
Raum für Gott und Raum für andere Menschen.
24. Februar
Gedanken zum Sonntag:
Mit Liebe gemacht…!
Von Gemeindereferent Peter Happel
Vor einigen Wochen habe ich eine selbstgemachte Mütze geschenkt bekommen. Meine Mutter überreichte sie mir mit den Worten: „Ich hoffe, dass du damit gut durch den Winter kommst“. Ich spürte, alles war mit Liebe gemacht und ausgesucht.
Mit Liebe gemacht war auch die Ausgabe des „Kirchenfensters“ für die Monate Dezember und Januar der evangelischen Stadtkirchengemeinde in Hofgeismar. Der Titel greift die Jahreslosung auf und hat mich nachdenken lassen über die vielen Kleinigkeiten, die Menschen, oft ungefragt, für mich erledigen.
Der Nachbar, der meine Tonne mit raustellt, weil ich es mal wieder vergessen habe. Oder wenn jemand für mich den Weg von Eis und Schnee freihält. Ohne diese Hilfen wäre mein Alltag wesentlich schwieriger. Ich will in den nächsten Tagen meinen Blick auf diese scheinbaren Kleinigkeiten richten und mich darüber freuen. Gehen sie doch mit mir auf Entdeckungsreise und kommen den kleinen Dingen des Alltags auf die Spur, für die Sie dankbar sind! Vermutlich werde ich nicht alle Aufgaben mit Liebe erledigen, die in der neuen Arbeitswoche anstehen aber versuchen kann ich es!
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag!
Peter Happel ist Gemeindereferent der katholischen Kirchengemeinde St. Peter in Hofgeismar.
Glaubenssache:
Wie geht Frieden?
Von Pfarrerin Katharina Ufholz
Ein Mann ging im Park spazieren. Da sah er, wie ein paar Kinder mit Stöcken aufeinander einschlugen. „Hört sofort auf!“, fuhr er dazwischen. Die Kinder versicherten ihm, dass sie doch nur spielten. Auf die Frage, was das für ein Spiel sei, bekam er zur Antwort: „Wir spielen Krieg.“ Energisch sagte der Mann: „Krieg, Krieg – ihr solltet lieber Frieden spielen!“ Die Kinder stutzten und legten die Stöcke beiseite. Als der Mann weiterging, folgte ihm einer der Jungen, zupfte an seinem Ärmel und blickte ihn fragend an: „Wie spielt man denn Frieden?“
Mit dieser Frage endet die Geschichte. Schade, denke ich mir. Ich hätte zu gerne gewusst, was die Antwort des Mannes gewesen wäre. Aber das offene Ende regt zum Nachdenken an.
In der Bibel sagt Jesus: „Selig sind, die Frieden stiften…“ In diesem Satz wird deutlich: Frieden muss mehr sein als nur die Abwesenheit von Krieg. Frieden darf nichts Unkonkretes bleiben, er muss mit Inhalt gefüllt sein. Frieden muss gelernt und gemacht werden.
Der wichtigste Lernort ist sicher das Zuhause. Im besten Fall bekommen Kinder hier vorgelebt, wie man streitet und sich wieder verträgt, wie man Empathie und Mitgefühl zeigt. In Kindergärten und Schulen gibt es pädagogische Programme, die Kindern „Handwerkszeug“ für einen friedlichen Umgang miteinander auf den Weg geben. All das ist wichtiger denn je.
Heute jährt sich der Kriegsbeginn in der Ukraine zum zweiten Mal. 731 Tage Krieg sind 731 Tage zu viel! Wie dringend brauchen wir hier und in all den anderen Kriegen und gewaltsamen Konflikten eine Antwort auf die Frage: Wie geht Frieden?
17. Februar
Gedanken zum Sonntag:
Das Größte? – Die Liebe!
Von Pfarrerin Dr. Gabriele Kölling
Der 14. Februar ist Valentinstag. Schon im Jahr 496 wurde er in der katholischen Kirche als Gedenktag des heiligen Valentin in den Kalender aufgenommen und 1969 wieder gestrichen.
Warum, weiß ich nicht. Auch nicht, ob es diesen Valentin überhaupt gab. Da gehen die Meinungen auseinander. Diejenigen, die behaupten, dass er gelebt hat, erzählen sich, dass er Menschen getraut hätte, denen das Heiraten verboten war. Dass die evangelische Kirche den Valentinstag für sich entdeckt, ist eher neu.
Am 14. Februar laden wir Paare zu Gottesdiensten ein und segnen sie. Verheiratete, liierte, jung Verliebte und Paare mit einer längeren Liebesgeschichte. Warum? Weil es ein großes Glück ist, einen Menschen zu finden, den man liebt und mit dem man das Leben teilen kann. Das ist nicht selbstverständlich und machbar sowieso nicht. Es ist ein Geschenk, zum Freuen und zum Hegen und Pflegen. Gottes Geschenk. Am Valentinstag haben wir in der vergangenen Woche Paare in die Brunnenkirche eingeladen. Wir haben ihnen die Hände aufgelegt und gesagt: „Gott segnet und beschützt eure Liebe. Vertraut ihm!“
Falls Sie den Valentinstag in diesem Jahr verpasst haben, denken Sie dran: das gilt auch für Sie. Feiern Sie Ihre Liebe, immer wieder! Es gibt nichts Größeres.
Glaubenssache:
Geiersbach geht
Von Ursula Muth
Haben Sie „Soziale Energie“? Klar! Haben Sie!
Du raffst dich abends - leicht erschöpft - noch einmal auf, zu einer Chorprobe, einem Kinobesuch, … und kommst dann aber munter wieder zurück. Das nennt der Soziologe Hartmut Rosa „Soziale Energie“. Diese Energie müsse man nicht erst irgendwo tanken und die verliere man auch nicht bei gewissen Aktivitäten. Sie kommt aus diesen Aktivitäten selbst. Unser Kirchenmusiker Bernd Geiersbach wird an diesem Sonntag verabschiedet. Wie viel Lebensenergie mag er in seinen 36 Dienstjahren aktiviert haben? Allein das unglaubliche Finale in der Weihnachtszeit dieses Jahres mit 411 Beteiligten und tausenden Gästen hat diese Lebensenergie, die in uns allen steckt, vielfach wachwerden lassen. Allein der Gedanke an die Szene, in der von allen Seiten Engel zwischen drei und 70 Jahren in weiß strahlenden Gewändern zur Krippe vorn in der Kirche flatterten, erheitert mich noch heute.
Es sind die „guten Mächte“, die uns treu und still umgeben. Sie stecken in den Erfahrungen von Musik, Literatur und Gemeinschaft, die viele von uns seit der Kindheit in Familie und Kirchengemeinde prägen. Längst ist erwiesen, wie gesund Singen ist – vor allem im Chor. „Soziale Energie“ sei eben „keine individuelle Ressource, sondern eine kollektive Kraft“, so Hartmut Rosa. Sie entstehe direkt in ihrer Verausgabung. Ob diese „Soziale Energie“ auch mit „Heiliger Geist“ zu übersetzen ist?
Wir brauchen die Kirchenmusik, wir brauchen das Singen, die Literatur und die Gemeinschaft. Ich finde das in Gottesdiensten – und im anschließenden Gespräch, von klein auf.
10. Februar
Gedanken zum Sonntag:
Gute Freunde
Von Vikar Philipp Rennert
„… kann niemand trennen. Gute Freunde sind nie allein.“ So sang der erst kürzlich verstorbene Franz Beckenbauer, der Kaiser, im Kreise seiner Freunde und Mitspieler.
Gute Freunde sind nie allein, trotz schwerer Zeiten. Danach sind sie im besten Fall immer noch füreinander da. Wir Christen begehen diese Woche als Vorbereitung auf die anstehende Passions- und Fastenzeit. Eine Zeit, in der sich das Leben Jesu und seiner Anhänger zuspitzt: Er zieht mit ihnen in Jerusalem ein. Es gibt Auseinandersetzungen auf dem Markt und im Tempel. Die Menschen sind verunsichert. Jesus ahnt sein Schicksal: Er wird denunziert, verklagt, zum Tode verurteilt. Freund Petrus wird ihn verleugnen. Trotzdem geht Jesus auf schwere Zeiten zu, ohne die Flucht zu ergreifen. Jesus, kein Kaiser, für manche aber ein König, spielt mit. Er vergibt allen, auch dem Freund.
An manchen Momenten weiß ich, da steht mir noch was bevor! Life goes on, auch in Erwartung einer eigenen schweren Phase, die ich durchlaufen muss. Herausfordernde Zeiten sind eine Bewährungsprobe für Freunde. Bin ich allein? Nein. Ich glaube, ich bin es nicht. Ob ich über meine Sorgen singe oder spreche, es kommt jemand und wird mit mir die Worte teilen. Es ist Zeit für gute Freunde.
Glaubenssache:
Hörst du nicht die Glocken?
Von Pfarrer Karl-Alfred Dautermann
An Silvester las ich in meinem Andachtsbuch: „Um Mitternacht werden in vielen Kirchen die Glocken läuten. Ob man es hören kann, wenn die Silvesterraketen mit Pfeifen und Knallen in den Himmel steigen? Doch die Glocken werden klingen und dem Übergang vom alten zum neuen Jahr eine Grundmelodie geben: In Höhen und in Tiefen sind wir von Gott begleitet.“
Das hat mich gepackt und neugierig gemacht. Die schwerste Glocke Deutschlands ist mit 24 Tonnen der „Dicke Pitter“ vom Kölner Dom, wow. Für den Aufzug der 3,22 m breiten Glocke musste 1924 das Portal des Doms ausgebaut werden. Ein „LKW“ im Glockenturm! - Die älteste Glocke hängt in Bad Hersfeld und ist fast tausend Jahre alt. - Las ich doch auch, dass viele Glocken eine Inschrift tragen: O Land, Land höre des Herrn Wort. (Jeremia 29,22) Das wär´ doch mal was, mit jedem Glockenschlag dringt die Liebe Gottes in unsere Herzen und wird von uns weitergetragen. Dann sähe unsere Welt aber anders aus.
Hörst du nicht die Glocken? Wann haben sie das letzte Mal die Glocken vom Kirchturm bewusst gehört? Als Zeitgeber haben sie ja längst ihre Bedeutung verloren. Aber als Boten der Liebe und des Trostes Gottes aus der Höhe, da taugen sie immer noch, egal was wir Menschen tief unter ihnen anstellen und uns ausdenken. Denn die Grundmelodie bleibt: In Höhen und in Tiefen sind wir von Gott begleitet. Verlassen sie sich drauf! Und hören sie auf sein Wort, morgen wieder im Gottesdienst!
3. Februar
Gedanken zum Sonntag:
Wo ist Liebe in der Welt?!
Von Pfarrer i.R. Karl Christian Kerkmann
Bei dem Wort Liebe denke ich an das Bibelwort:
Gott ist Liebe - und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm!
Wo ist Liebe in der Welt? Viele sagen: Liebe, ja… schon…, aber: schau da, schau da … Gegeneinander statt Miteinander, Verurteilung, Hass, Krieg, Lieb-Losigkeit in allen Varianten „Liebe, ja … aber“! Das möchte ich mal „Aber-Glauben“ nennen!!
Denn: wenn wir nur darauf schauen, auf dieses Aber, dann werden wir abgelenkt von unserer Bestimmung als Christen: nämlich Liebe zu sein – Ausdruck der Liebe Gottes in dieser Welt!! Als bewussten Gegenpart in dieser vielfach so lieb-losen Welt. Das ist unsere große und wunderbare Aufgabe!!
Ganz konkret wird das in einem Lied beschrieben:
Singt von Liebe in der Welt dort, wo Menschen hassen,
wo auf Macht, Besitz und Geld alle sich verlassen,
wollen wir in allem Tun uns auf Christus gründen.
Singt von Liebe in der Welt, lasst von ihr uns künden!
In einem Lied des Gospelchores Hofgeismar, wo ich sehr gerne mitsinge, heißt es:
Brücken bauen dort, wo Gräben sind.
Hände reichen nach dem langen Streit.
Hoffnung säen, bis der Friede blüht.
Augen öffnen, Gott im Andern sehn …
Und darum gilt: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, wie es die Jahreslosung 2024 sagt.
Glaubenssache:
Unmögliches vor dem Frühstück
Von Pfarrerin Isabell Paul
„Etwas Unmögliches kann man nicht glauben“, sagt Alice.
„Du wirst darin eben noch nicht die rechte Übung haben.
Zuzeiten habe ich vor dem Frühstück bereits bis zu sechs unmögliche Dinge geglaubt.“, sagt da die Königin zu Alice im Wunderland in Lewis Carrolls Roman.
Und weil ich vielleicht auch noch nicht die rechte Übung habe, hier mein Versuch.
Was könnten heute noch alles für Wunder geschehen?
Es könnte doch sein…
… Du triffst schon ein Schneeglöckchen, das Dir sagt: Es wird nicht für immer Winter sein.
… die Wolken am Himmel melden sich für einen ganzen Tag krank und die Sonne kommt gar nicht mehr raus aus dem Strahlen.
… einer verschenkt heute warmes Essen und es reicht für viele mehr als gedacht.
… die Diagnose lautet: Gesund!
… Oma winkt einmal kurz aus dem Himmel, nur damit Du weißt, alles ist gut.
… eine beginnt zu sehen, dass es großartig ist, dass er so anders ist als sie und andere machen mit.
An unmögliche Dinge zu glauben, macht mir Hoffnung für die Welt, in der wir leben. So lässt sich die Welt – und ja auch mein Leben – aus einer anderen Perspektive betrachten. Es könnte doch sein, dass heute etwas Positives geschieht und vielleicht wirkt schon diese Haltung Wunder. Ich jedenfalls glaube, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt, als wir sehen und begreifen können. Eine Kraft – ich nenne sie Gott – die mir in dieser Welt das Vertrauen schenkt, dass es hier nicht aussichtslos ist. Egal, ob du da mitgehen kannst oder nicht, ich finde, es kann doch nichts schaden darauf zu hoffen, dass heute noch ein Wunder geschieht.
Also: An welche unmöglichen Dinge glaubst Du heute?
27. Januar
Gedanken zum Sonntag:
Worte und Wörter
Von Pfarrer Andreas Schreiner
Wir Menschen reden und erzählen gern, wir lesen und hören gern anderen zu. Zu alten Zeiten war das direkt gesprochene Wort die einzige Form der Kommunikation, aber Zeitungen gibt es seit Jahrhunderten, Talkshows im Fernsehen sind seit vielen Jahren eine Garantie für feste Einschaltquoten., seit es die sozialen Medien gibt, kommen da auch Podcasts dazu oder die Tweets auf X (vormals Twitter), WhatsApp und Facebook und so weiter.
Worte strömen täglich zu zehntausenden auf uns ein, werden dabei von Worten zu bloßen Wörtern, die wir gelernt haben bewußt oder unbewußt zu überhören. Dabei haben können Worte mächtig sein. Sie beeinflussen unsere Gefühle, ändern unser Denken und bestimmen unser Handeln. Manche Worte sind besonders.
Gottes Wort wird uns überliefert in der Bibel. Seit über 40 Jahren gibt es den ökumenischen Bibelsonntag am letzten Sonntag im Januar, seit einiger Zeitmzusammen mit den katholischen Sonntag des Wortes Gottes. „Gottes Geschöpf - Geschenk und Verantwortung“ ist in diesem Jahr das Leitwort.
Gottes Wort in der Heiligen Schrift verbindet alle Christen auf der ganzen Welt. Lassen wir es in der Wörterinflation nicht untergehen.
Glaubenssache:
Warten
Von Lektor Günter Schnellenpfeil
Worauf wartest du? Auf die baldige Beendigung der Kriege im nahen Osten und der Ukraine? Oder ganz banal: auf Möbel oder auf eine Paketlieferung?
Ganz anders ergeht es Simeon, einem alten u. erfahrenen Christen, der auf die Zusage Gottes wartet. Dieser hatte ihm versprochen, dass er den angekündigten Heiland und Erretter Israels, mit den eignen Augen sehen würde, bevor er sterben werde. Nun da er oft in den Tempel geht, begegnet er eines Tages auch Josef & Maria mit dem Jesuskind.
Simeon erkennt sofort in diesem Kind, den von Gott angekündigten Messias. Mit den Augen des Glaubens sieht er den weiteren Weg von diesem Kind Jesus: Er heilt Lahme u. Blinde. Menschen erfahren Vergebung u. neues Leben. Das Gewaltigste aber bleibt, dass dieser Jesus für dich und mich, sich ans Kreuz schlagen lässt. Nach drei Tagen hat er den Tod besiegt, damit wir die Chance haben, ewig bei ihm zu leben.
Simeon kann gar nicht anders, als das bekannte Loblied anzustimmen: Herre, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, den du bereitet hast vor allen Völkern, … (Lk.2, s. ab v 25 ff). Hier spürt Simeon wirklichen Halt und Geborgenheit. Er spürt, dass das Warten auf die Zusage Gottes gelohnt hat. Du merkst, dass Warten kann sehr unterschiedlich sein. Wir dürfen wie einst Simeon auf Jesus schauen, den nun erhöhten u. mächtigen Herrn. Ihm unser Herz öffnen und ihn bitten, heilsam in unserem Leben und in der Welt zu wirken.
20. Januar
Gedanken zum Sonntag:
Liebe die keinen Spaß macht
Von Arno Backhaus
Für 2024 lautet die Jahreslosung in unseren Kirchen "Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe". Wussten Sie, dass es eine Steigerung von Liebe gibt? Jesus sagt in Joh. 15 „Niemand hat eine größere Liebe, als der der sein Leben für seine Freunde hingibt.“, d.h. aber, es gibt auch eine niedrigere Liebe.
Das alles kann Liebe sein in unterschiedlicher Intensität und Steigerung: Wenn ich einer älteren Dame die Türe im Laden aufhalte; wenn ich einen Behinderten über eine stark befahrene Straße verhelfe; wenn ich 1000 € spende für Amnesty International; wenn ich Zeit investiere für ein Ehepaar, die Konflikte miteinander haben; wenn ich jemanden wochenlang helfe beim Umbau seines Hauses; wenn ich ehrenamtlich mich bei der Tafel engagiere; wenn ich meiner Frau im sexuellen Bereich näherkomme.
Die größte Liebe, sagt Jesus, ist, wenn ich mein Leben riskiere, z.B. in dem ich versuche jemand zu retten der im Eis eingebrochen und am Ertrinken ist. Die macht aber doch keinen Spaß. Mutter Teresa hatte doch, als sie noch lebte, keinen Spaß, als sie in den Slums von Kalkutta sterbende Menschen versorgte? Auch Jesus hatte keinen Spaß, als er vor lauter Liebe für uns am Kreuz gestorben ist. Liebe hat ein Ziel, ist Aktion, nicht Reaktion, kein Ergebnis und Verdienst. Liebe kann schwierig sein.
Ich wünsche Ihnen im neuen Jahr die Kraft „von oben“, wenn sie gegen ihre Gefühle trotzdem lieben…
13. Januar
Gedanken zum Sonntag
Von Pfarrer Andreas Kölling
Am 7. Januar ist Franz Beckenbauer gestorben. Damit ist vielleicht der größte des deutschen Fußballs von uns gegangen. Wir wissen heute auch um seine Fehler. Dennoch ist da noch genug, dass wir bewundern und zu dem wir aufschauen können.
Wir normalen Menschen scheinen da irgendwie zu schrumpfen. Der „Kaiser“ zeigt uns unser Normalmaß. Das haben schon früher die Mitspieler in seiner Mannschaft so empfunden. - Doch es gibt auch das Gemeinsame, was jeden von uns mit Franz Beckenbauer verbindet: Er wuchs wie viele in einem Arbeiterviertel auf. Er hat gezeigt, wie wichtig Fleiß und Ehrgeiz sind, auch wenn man noch so talentiert ist. Darin ist er ein Vorbild.
Ein Vorbild kann er uns auch sein in seinem Glauben an Gott. Gott und Kirchgang waren für ihn selbstverständlich. Und einmal hat er auch erklärt: „Ich bete jeden Tag das Vaterunser. Es hilft mir, die täglichen Herausforderungen zu bewältigen und für meine Familie da zu sein. Es ist für mich das Gebet der Gebete, es gibt mir Kraft und Stärke.“ Das auch ein „Kaiser“ die Hände gefaltet und sich vor Gott gebeugt hat, finde ich sehr sympathisch. Er hat Gott um Kraft und Stärke gebeten. Und mit Blick auf sein Lebenswerk können wir wohl sagen: Franz Beckenbauer hat sie auch bekommen.
Glaubenssache:
Widerständige Nachfolge
Von Pfarrer Lars Bachmann
Was haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, in den vergangenen 10 Jahren erlebt und getan? – Was sind schon 10 Jahre, mögen Sie vielleicht fragen? Eine lange Zeit im Leben eines jeden Menschen, so schreibt es der Theologe Dietrich Bonhoeffer vor 80 Jahren an Freunde. Im Rückblick fragt er sich, ob es verlorene, unaufgefüllte, leere Zeit war. In seinem immer noch lesenswerten Buch „Widerstand und Ergebung“ legt er Rechenschaft darüber ab, dass es keine verlorene Zeit war, auch wenn Vieles, Unermessliches verloren gegangen ist.
Es ist zwar für ihn eine Gnade vergessen zu können. Aber vor allem das Gedächtnis, das Wiederholen empfangener Lehren befähigen seiner Meinung nach zu einem verantwortlichen Leben im Angesicht der Maskerade des Bösen, die nicht nur unsere bequemen Gewohnheiten sondern auch ethische Begriffe durcheinander wirbelt.
In solchen Zeiten konnte er sogar für sich formulieren: „Ich glaube, dass mir nichts Sinnloses widerfährt und dass es für uns alle gut so ist, wenn es auch unseren Wünschen zuwiderläuft. Ich sehe in meinem gegenwärtigen Dasein eine Aufgabe und hoffe nur, dass ich sie erfülle. Von dem großen Ziel her gesehen sind alle Entbehrungen und versagten Wünsche geringfügig.“
Von diesem Geist der widerständigen Nachfolge brauchen wir mehr in Tagen wie diesen! Wir brauchen Widerstand, wo Leben und Freiheit bedroht werden, und Ergebung in die Nachfolge Christi, der uns auf den Weg der teuren Liebe stellt. Das können wir, weil gilt: Wir sind „von guten Mächten treu und still umgeben behütet und getröstet wunderbar“.
6. Januar 2024
Gedanken zum Sonntag:
All You need is love?
Von Pfarrer Markus Schnepel
"Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!", heißt der Spruch aus der Bibel, der viele Menschen in diesem Jahr 2024 begleitet. Noch bin ich erfüllt von schönen und sehr gut besuchten Gottesdiensten an Weihnachten und zum Jahreswechsel. Mit dem Schwung geht das gut. Und so sollte es ja auch sein. Da sind wir uns sicher alle einig. Aber ist das im Alltag nicht nur ein frommer Wunsch?
Mir selber gelingt das mal besser, mal schlechter. Ich rufe eine ältere Freundin an, die sich riesig freut, dass ich mal wieder zum Tee vorbeikommen möchte. Gut gemacht! Ich schnauze den Mitarbeiter einer Hotline an, weil ich einfach die Geduld verliere, da niemand sich um mein Anliegen kümmern möchte. Das war lieblos.
Gut, dass es in der Bibel nicht einfach darum geht, dass ich ein bisschen lieber sein soll, 2024. Das würde wohl zu den Vorsätzen gehören, die sich in wenigen Wochen wieder erledigt haben. Gott liebt uns so sehr, dass er an Weihnachten ein kleines Menschenkind wurde und direkt an unserer Seite ist. Wenn ich dem vertraue, zieht die Liebe in mein Leben ein. Dann kann ich lieben und auch verzeihen. Auch mir selbst.
Das wird uns helfen im neuen Jahr. Im Kleinen und im Großen. So wünsche ich Ihnen ein liebevolles Jahr 2024!
Glaubenssache:
Alles in Liebe
Von Pröpstin Wienold-Hocke
Alles wird besser, wenn es mit Liebe geschieht. Wenn ich sanft geweckt werde und gnädig in den Spiegel schaue, ist der Tag mein Freund. Der Kaffee ist ein Genuss, und es interessiert mich wirklich, wie es der Kollegin am Morgen geht. Liebe im Alltag bringt das Beste zum Vorschein, in den Menschen und in den Dingen.
"Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen" - mit dieser Losung kann das Jahr 2024 gut losgehen. "Sei liebevoll, und sei liebevoll auch zu dir selbst." Achtsam, freundlich und zugewandt sein kostet kein Geld und oft nicht einmal mehr Zeit, aber es verträgt keinen Druck. Und die Liste der Aufgaben und Vorsätze ist lang.
Der Bibelvers für 2024 stellt eine Frage an den Kalender. Kann ich alles das, was ich mir vornehme, wirklich in Liebe tun? Oder muss ich Termine streichen, wenn ich zugewandt sein will? Weniger ist mehr, wenn die Dinge in Liebe geschehen sollen. Für Viele, besonders für Frauen in Familienverantwortung, ist die Überlastung ein alltägliches Problem, das sie allein nicht lösen können. Sie brauchen helfende Hände, damit sie nicht ausbrennen.
Die Liebe zu den Dingen des Alltags gehört nicht auf die To-Do-Liste. Liebevoll sein kann ich ein-üben, aber ich kann es nicht erledigen. Die Liebe ist eine Kraft, die vom Geben und Nehmen lebt, sie ist Gottes schöpferische Kraft. In vielen kleinen und großen Menschen und Dingen kommt sie mir im Alltag freundlich entgegen. Dafür will ich mir Zeit nehmen, ich will mich berühren und in Anspruch nehmen lassen von dieser Liebe, von Gottes Segen. Vor allen Dingen lasst die Liebe geschehen! Ein neues Jahr voller Liebe wünsche ich ihnen, liebe Leserinnen und Leser!