Von Pfarrer Andreas Schreiner 

Es ist das Wochenende der Wahl. Nach einem extrem kurzen Wahlkampf sind wir an die Urnen gerufen, um unsere Stimmen abzugeben. Ich erinnere mich an die Zeit meiner Kindheit und Jugend in den 60er und 70er Jahren, da gaben die Kirchen und die Pfarrer zu den Wahlen noch echte Wahlempfehlungen ab, welche Partei man als Christ zu wählen habe.

Diese Zeiten sind lange vorbei. Die Kirchen haben Christen und Einfluß verloren. Heute gibt es keine Partei mehr, die rein christliche oder sogar kirchliche Positionen in ihrem Programm vertritt. Jedenfalls keine, die eine Chance hat, mit mehr als fünf Prozent gewählt zu werden. Stattdessen finden sich bei allen Parteien (bei der einen mehr, bei der anderen weniger) Punkte, die mit christlichem Verständnis von Leben und Gesellschaft vereinbar sind oder auch nicht. Und das betrifft nicht nur die großen ethischen Fragen wie Abtreibung oder Euthanasie oder Bewahrung der Schöpfung.

Aber auf jeden Fall sollten wir alle die Chance nutzen und unsere Stimme abgeben. Wer nichts tut, kann auch nichts verändern. Das gilt auch für die Wahl. Eine echte klassische kirchliche Wahlempfehlung kann es nicht geben. Außer einer: bitte gehen Sie zur Wahl, ganz gleich, für welche Partei Sie sich entscheiden.

Für mich selbst ist das Kriterium für meine Wahl, wo ich das christliche Gebot der Liebe zu Gott und dem Mitmenschen am ehesten und am vernünftigsten verwirklicht sehe, und wo am wenigsten.

Andreas Schreiner ist katholischer Pfarrer in Immenhausen, Ihringshausen und Vellmar